Entscheidungsstichwort (Thema)
Schallschutzwand als Betriebsvorrichtung
Leitsatz (NV)
1. Dass das öffentliche Recht bestimmte von den Ordnungsbehörden durchzusetzende Anforderungen an den Betriebsablauf stellt und deswegen hergestellte oder angeschaffte Anlagen unabdingbar für die Gewerbeausübung sind, reicht für die Annahme einer Betriebsvorrichtung nicht aus. An der hierfür erforderlichen Voraussetzung, dass durch die Vorrichtung das Gewerbe unmittelbar betrieben werden muss, fehlt es daher, wenn mit der Anbringung einer zusätzlichen Schallschutzwand an einer Schmiedehalle lediglich den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an den Schmiedebetrieb zur Nachtzeit genügt werden soll.
2. Schlichte Rechtsanwendungsfehler rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen Divergenz grundsätzlich nicht.
Normenkette
InvZulG 2005 § 2 Abs. 1; BewG § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 08.10.2012; Aktenzeichen 3 K 432/08) |
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt --FA--) ist bei erheblichen Bedenken hinsichtlich ihrer Zulässigkeit (zu den Darlegungsanforderungen siehe nur Senatsbeschluss vom 8. Mai 2013 III B 140/12, BFH/NV 2013, 1248) jedenfalls unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Divergenz liegt nicht vor. Denn das Urteil des Finanzgerichts (FG) leidet zwar an einem --schlichten-- Rechtsanwendungsfehler, weicht im Grundsätzlichen jedoch nicht von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.
Rz. 2
1. a) Eine Divergenz, die eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO rechtfertigt, liegt nach ständiger BFH-Rechtsprechung dann vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Hierbei kommt es nicht auf die Unrichtigkeit des FG-Urteils im Einzelfall an, sondern auf die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen. Geht das FG erkennbar von den höchstrichterlich entwickelten Rechtsgrundsätzen aus, wendet diese aber im konkreten Fall fehlerhaft an, dann liegt keine Abweichung vor; bloße Subsumtionsfehler genügen nicht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 53 ff., m.w.N.).
Rz. 3
b) Nach diesen Maßstäben ist dem FG im Streitfall lediglich ein schlichter Rechtsanwendungsfehler unterlaufen.
Rz. 4
aa) Zu den beweglichen Wirtschaftsgütern, deren Anschaffung oder Herstellung das Investitionszulagenrecht unter weiteren Voraussetzungen fördert, gehören nach ständiger BFH-Rechtsprechung unter anderem die Betriebsvorrichtungen i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Vorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Für die Annahme einer Betriebsvorrichtung reicht es nicht aus, wenn eine Vorrichtung für einen Gewerbebetrieb lediglich nützlich, notwendig oder behördlich vorgeschrieben ist (vgl. aus der reichhaltigen Rechtsprechung BFH-Urteile vom 1. Dezember 1989 III R 46/86, BFH/NV 1990, 598; vom 23. März 1990 III R 63/87, BFHE 161, 240, BStBl II 1990, 751; vom 7. September 2000 III R 48/97, BFHE 194, 289, BStBl II 2001, 253; vom 24. Mai 2007 II R 68/05, BFHE 217, 168, BStBl II 2008, 12; vom 28. Februar 2013 III R 35/12, BFHE 240, 453).
Rz. 5
bb) Das FG hat seiner angegriffenen Entscheidung genau diese abstrakten Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt. Ihm ist allerdings bei der Subsumtion der von ihm festgestellten Tatsachen (Errichtung einer auf einem gesonderten Betonsockel ruhenden Schallschutzwand, die im Abstand von 8 cm fest mit der Gebäudeaußenwand einer Schmiedehalle verankert ist) unter den in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung definierten Rechtsbegriff der Betriebsvorrichtung ein Fehler unterlaufen, als es den erforderlichen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Gewerbeausübung und Vorrichtung darin erblickt hat, dass ohne die in Übereinstimmung mit dem für die Durchführung des Immissionsschutzrechts zuständigen Regierungspräsidium angebrachte Schallschutzwand die öffentlich-rechtlichen Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für einen Betrieb der Schmiedehalle zur Nachtzeit nicht gegeben gewesen wären. Dass das öffentliche Recht bestimmte von den Ordnungsbehörden durchzusetzende Anforderungen an den Betriebsablauf stellt und deswegen hergestellte oder angeschaffte Anlagen unabdingbar für die Gewerbeausübung sind, reicht für die Annahme einer Betriebsvorrichtung aber gerade nicht aus. Da das FG auch im Übrigen nichts festgestellt hat, was die Annahme einer Betriebsvorrichtung im konkreten Fall rechtfertigen könnte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 161, 240, BStBl II 1990, 751, betreffend Schallschutzmaßnahmen zur Gewährleistung des reibungslosen Betriebsablaufs als solchem; vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2001 III R 21/98, BFHE 198, 160, BStBl II 2002, 310), ist das Urteil fehlerhaft. Das muss indes vom FA im Streitfall hingenommen werden, weil das prozessuale Institut der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu dient, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 29. Mai 2007 VIII B 205/06, BFH/NV 2007, 1634).
Rz. 6
2. Dass dieser Rechtsanwendungsfehler wegen seiner besonderen Schwere eine Korrektur durch das Revisionsgericht erforderlich machen würde (s. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68, m.w.N.), ist weder vom FA vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 5388319 |
BFH/NV 2013, 1816 |
StX 2013, 740 |