Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen und damit eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG liegt schon vor, wenn tatsächlich mehrere gleichartige Handlungen vorgenommen werden.
Es können deshalb auch Verkäufe von Gegenständen des Privatvermögens steuerbare Umsätze ergeben, ohne daß es auf den Beweggrund dieser Verkäufe oder einen vorweg gefaßten, auf Wiederholung gerichteten Willensentschluß ankäme.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist allein, ob Verkäufe des Steuerpflichtigen von Gegenständen des Privatvermögens steuerbare Umsätze darstellen. Der Steuerpflichtige hat in den Veranlagungszeiträumen II/1948 und 1949 in einem mehr als ein Jahr betragenden Zeitraum Gegenstände, die aus seinem und seiner Schwester gemeinsamen Haushalt in Berlin stammten, in der Bundesrepublik an verschiedene Abnehmer im eigenen Namen veräußert, darunter Stoffe, Mäntel, Pelze, Persianerfelle, Ferngläser, Briefmarken, Teppiche u. a., und aus diesen Verkäufen 16.808 DM erlöst. Den Erlös hat er zum Bau eines Einfamilienhauses verwandt. Das Finanzamt hat in den Verkäufen steuerbare Umsätze nach § 1 Ziff. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erblickt, während das Finanzgericht in freier Beweiswürdigung zu der überzeugung gelangt ist, der Steuerpflichtige habe den Entschluß gefaßt, nur einmalig einen bestimmten Teil seiner entbehrlichen Sachen zum Zwecke der Finanzierung seines Hausbaues zu verkaufen, er habe dagegen nicht die Absicht gehabt, auch bei späteren Gelegenheiten derartige Sachen zu verkaufen. Bei dieser Sachlage hat das Finanzgericht die Voraussetzung der Nachhaltigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG verneint und den Steuerpflichtigen von der Umsatzsteuer freigestellt.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist Voraussetzung für die Annahme steuerbarer Umsätze, daß der Steuerpflichtige nachhaltig tätig geworden ist. Nachhaltigkeit ist schon dann anzunehmen, wenn tatsächlich mehrere Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses vorgenommen werden. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat den Begriff "nachhaltig" stets in weitem Sinne ausgelegt. Dies entspricht dem Wesen der Umsatzsteuer als der allgemeinen Verbrauchsteuer. Nachhaltigkeit setzt nicht, wie der Steuerpflichtige meint, eine Planmäßigkeit voraus, bei der eine Vielheit von Handlungen und ein vorweg gefaßter, auf Wiederholung gerichteter Willensentschluß vorliegen. Wesentlich ist nur der äußere Sachverhalt, nach dem unstreitig mehrere aufeinanderfolgende, gleichartige Verkäufe vorgekommen sind (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 948/26 vom 18. Februar 1927, Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 115). Die Beweggründe dieser Verkäufe sind dabei ebenso unbeachtlich wie die Tatsache, daß die Verkaufsgegenstände aus bereits in früheren Jahren versteuertem Privatvermögen stammten. Liegt aber eine solche nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen vor, so ist sie auch als gewerblich im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzusehen. Der Begriff der gewerblichen Tätigkeit im Sinne des UStG ist ein Sonderbegriff, der sich mit dem Begriff des Gewerbebetriebs nach dem Einkommensteuergesetz und dem Gewerbesteuergesetz nicht deckt (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 129/42 vom 25. Juni 1943, RStBl. S. 614). Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist für diesen Begriff nicht erforderlich. Auch bei Gegenständen des Privatvermögens und bei Veräußerungen außerhalb der sonstigen gewerblichen Tätigkeit des Stpfl. kann danach gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts vorliegen.
Die Berufung des Steuerpflichtigen auf die Rechtsprechung (Urteil des Reichsfinanzhofs V A 617/28 vom 28. September 1928, Slg. Bd. 24 S. 114, RStBl. 1929 S. 69) wäre hiernach nur dann gerechtfertigt, wenn auch im Streitfalle nur eine Leistung oder Lieferung vorläge; nur solchenfalls käme es nach dem angeführten Urteil auf einen Entschluß zur Fortsetzung der Tätigkeit an. Im Streitfall liegen aber zahlreiche Verkäufe an verschiedene Personen vor, der Steuerpflichtige hat seine Abnehmer durch Inserate und Vermittlung dritter Personen ermittelt. Einen solchen Tatbestand als nur einen Verkauf würdigen zu wollen, wie der Stpfl. meint, ist auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht möglich. Angesichts zahlreicher, sich über ein Jahr erstreckender Verkäufe kann es vielmehr, wie oben ausgeführt, auf den Beweggrund des Handelns nicht ankommen.
Da die Vorentscheidung diese Rechtslage verkannt hat, war sie aufzuheben und die Berufung des Steuerpflichtigen gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 18. Juli 1953 als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407949 |
BStBl III 1954, 238 |
BFHE 1955, 75 |
BFHE 59, 75 |