Leitsatz (amtlich)
1. Der zugelassene Bühnenvermittler ist Makler und als solcher Gewerbetreibender; seine Vermittlungsgebühren sind Mäklerlohn im Sinne der Vorschriften der §§ 652 ff. BGB.
2. Ermittelt der Bühnenvermittler seinen Gewinn durch Vermögensvergleich nach § 5 EStG, sind die Vermittlungsgebühren für am Bilanzstichtag abgeschlossene Verträge auch insoweit zu bilanzieren, als sie noch nicht fällig geworden sind.
Normenkette
EStG §§ 5, 15, 18
Tatbestand
Die Revisionskläger sind Eheleute. Der steuerpflichtige Ehemann (Steuerpflichtiger) ist ein von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (im folgenden Bundesanstalt) zugelassener Bühnenvermittler im Sinne des § 54 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung – AVAVG – in der Fassung vom 3. April 1957 (BGBl I 1957, 321). Er vermittelte Engagements zwischen Opern- und Operettensängern einerseits und den entsprechenden Bühnen andererseits. Er erhält für seine Tätigkeit eine Vermittlungsgebühr nach Maßgabe der Bestimmungen der Zehnten Verordnung zur Durchführung des AVAVG – 10. DV AVAVG – vom 23. März 1960 (BGBl I 1960, 189), wenn ein Engagement durch seine Vermittlung zustande kommt. Diese Gebühr, die sich nach einem bestimmten Prozentsatz der Gage des von ihm vermittelten Künstlers bemißt und vom Künstler und der Bühne je zur Hälfte zu tragen ist, wird monatlich bei Auszahlung der Gage fällig (§ 15 der 10. DV AVAVG). Die Bühne behält den vom Künstler zu zahlenden Anteil an der Vermittlungsgebühr ein und überweist diesen zusammen mit dem auf sie entfallenden Anteil an den Steuerpflichtigen.
Der Steuerpflichtige, der seinen Gewinn durch Vermögensvergleich nach § 5 EStG ermittelt, hatte seine Einkünfte aus der Vermittlungstätigkeit für die Streitjahre 1958 bis 1961 als solche aus Gewerbebetrieb erklärt. Anläßlich einer bei ihm im Jahre 1962 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Revisionsbeklagte (das FA) fest, daß der Steuerpflichtige in seiner Bilanz lediglich die am Bilanzstichtag bereits fälligen Vermittlungsgebühren aktiviert hatte. Das FA war demgegenüber der Ansicht, daß auch die weiteren bereits entstandenen, aber noch nicht fälligen Teile dieser Vermittlungsgebühren zu aktivieren seien. Das Risiko der Verwirklichung der Ansprüche insoweit berücksichtigte das FA durch eine Wertberichtigung in Höhe von 10 v. H. der gesamten noch nicht fälligen Teile der Ansprüche.
Gegen die in diesem Sinne berichtigten Einkommenssteuer-Bescheide für die Streitjahre legte der Steuerpflichtige Einspruch ein, in dem er entgegen seiner bisherigen Auffassung die Ansicht vertrat, daß die Gebühren aus der Vermittlungstätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien; im übrigen bestritt er die Aktivierungspflicht der vom FA zusätzlich aktivierten Forderungen. Das FA wies den Einspruch nach Einholung von Stellungnahmen des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen und des BdF als unbegründet zurück. Auch die Klage des Steuerpflichtigen, mit der er die Berücksichtigung des Freibetrages für freie Berufe und die Rückgängigmachung der zusätzlichen Aktivierungen begehrte, blieb im wesentlichen ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß der Steuerpflichtige gewerbsmäßig auf dem Gebiet der Arbeitsvermittlung tätig sei. Daß diese Arbeitsvermittlung im öffentlichen Interesse liege und unter Aufsicht der Bundesanstalt stehe, könne nicht ohne weiteres dazu führen, seine Tätigkeit als eine nicht mehr gewerbliche Tätigkeit anzusehen (Urteil des BFH I 157/63 U vom 30. November 1965, BFH 84, 97, BStBl III 1966, 36). Nach den für das Rechtsverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und den von ihm vermittelten Künstlern anzuwendenden Vorschriften über den Maklervertrag (§§ 652 ff. BGB) sei der Anspruch auf Mäklerlohn entstanden, wenn der Vertrag zwischen Künstler und Bühne zum Abschluß gekommen sei. Das FA habe auch nur die so bereits entstandenen Ansprüche und nicht etwa noch in Vorbereitung befindliche Geschäfte erfaßt. Anders als beim Agenten und beim Handelsvertreter komme es beim Makler nicht auf die Ausführung des vermittelten Vertrages, sondern allein auf dessen Abschluß an. Für die Aktivierungspflicht entstandener Forderungen als solcher sei es daher unerheblich, daß die zu entrichtende Vermittlungsgebühr erst mit der Auszahlung der Gage an den Künstler fällig werde. Angesichts der Tatsache, daß sich die Abwicklung und Erfüllung der Verträge zwischen den vom Steuerpflichtigen vermittelten Künstlern und den Bühnen oft über Jahre erstrecke und der Steuerpflichtige auch häufig noch nach Abschluß der Verträge längere Zeit mit ihrer Abwicklung und Durchführung befaßt sei, sei das Delkredere statt mit nur 10 v. H. mit 20 v. H. zu bemessen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision, zu deren Begründung vorgetragen wird:
Der Steuerpflichtige habe wiederholt ausgeführt, daß er seine Tätigkeit rechtlich nicht als die eines Maklers, sondern als die eines Agenten verstehe. Deshalb sei auch der Provisionsanspruch des Steuerpflichtigen erst zu aktivieren, wenn der Künstler (als Geschäftsherr) das Geschäft ausgeführt habe. Aber auch wenn man den Arbeitsvermittler rechtlich als Makler einordne, komme eine Aktivierung seines Provisionsanspruchs erst in Betracht, wenn er seinen Anspruch gegenüber den Vertragsparteien nach brancheüblichen Gepflogenheiten geltend machen könne, d. h. wenn das Geschäft abgewickelt worden sei (§§ 4 und 15 der 10. DV AVAVG). In diesen Fällen sei davon auszugehen, daß auch der Anspruch erst mit der Ausführung des Geschäfts entstehe.
Die Revisionskläger beantragen, sie unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der Revisionsbegründung für die Streitjahre zur Einkommensteuer zu veranlagen, hilfsweise, die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil I 157/63 U (a. a. O.) mit eingehender Begründung dargelegt hat, üben die nach § 54 AVAVG mit der Arbeitsvermittlung beauftragten Personen – unter ihnen die zugelassenen Bühnenvermittler – für die Bundesanstalt zwar öffentlich-rechtliche Befugnisse aus; auch stehen sie zur Bundesanstalt in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis eigener Art (Draeger-Buchwitz-Schönefelder, AVAVG, Anm. 4 zu § 54). Steuerrechtlich ist ihre Tätigkeit, d. h. die auf Gewinn gerichtete Arbeitsvermittlung, jedoch jedenfalls dann eine gewerbliche und keine freiberufliche Tätigkeit, wenn sie – wie hier der Steuerpflichtige – zu dem Personenkreis gehören, der nach § 55 Abs. 1 Satz 2 AVAVG höhere Gebühren erheben darf, als sie zur Deckung der Unkosten erforderlich sind (§ 15 Nr. 1 EStG, § 2 GewStG, § 1 GewStDV). Der Senat nimmt insoweit auf sein Urteil I 157/63 U (a. a. O.) Bezug. Die Ausführungen des Steuerpflichtigen geben ihm zu einer abweichenden Entscheidung keinen Anlaß.
2. Entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen hat der Senat die Tätigkeit des Arbeitsvermittlers – in Übereinstimmung mit Draeger-Buchwitz-Schönefelder, a. a. O., Anm. 46 zu § 54 – bereits in seiner vorgenannten Entscheidung als die eines Maklers angesehen. Zwar wird der Makler – ebenso wie der Handelsvertreter (früher: Handlungsagent) – für einen Auftraggeber tätig. Sein Gebührenanspruch (Mäklerlohn) ist jedoch – anders als in der Regel der Provisionsanspruch des Handelsvertreters (§ 87a Abs. 1 Satz 1 HGB) – bereits entstanden, wenn der von seinem Auftraggeber angestrebte Vertrag durch seine Vermittlung zustande gekommen ist (§ 652 Abs. 1 Satz 1 BGB); auf die Ausführung des Vertrages kommt es dabei nicht an. Daß hinsichtlich der Entstehung des Provisionsanspruchs des Handelsvertreters abweichende Vereinbarungen zwischen diesem und dem Kaufmann möglich sind (§ 87 Abs. 1 Satz 2 HGB), die in aller Regel auf eine Vorverlegung des Zeitpunkts der Entstehung des Anspruchs abzielen, kann nicht dazu führen, die Entstehung des Gebührenanspruchs des Steuerpflichtigen (als Makler) auf einen späteren Zeitpunkt als den des Abschlusses des von ihm vermittelten Vertrages anzunehmen, wenn eine solche Vereinbarung nicht nachgewiesen worden ist. Der Steuerpflichtige kann sich mangels Nachweises und im Zweifel auch mangels Vorliegens einer solchen Vereinbarung mit seinen Auftraggebern auch nicht auf § 4 der 10. DV AVAVG berufen; diese Bestimmung regelt nicht das Entstehen, sondern die Fälligkeit der Gebühr und steht zudem unter dem Vorbehalt der anderweitigen Regelung in § 15 a. a. O. Diese sieht für die Gebühr des Bühnenvermittlers aus § 10 a. a. O. deren Fälligwerden mit der Fälligkeit des Anspruchs seines Auftraggebers auf das Arbeitsentgelt gegen den Unternehmer vor.
3. Der BFH hat zur Frage der Aktivierung von Gebührenforderungen eines Maklers (Mäklerlohn) in den Urteilen I 179/54 vom 14. Februar 1956 (StRK, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 105), I 244/56 U vom 25. Februar 1958 (BFH 66, 431, BStBl III 1958, 168), IV 73/63 vom 17. August 1967 (BFH 90, 319, BStBl II 1968, 79) und I 104/65 vom 27. November 1968 (BFH 95, 37, BStBl II 1969, 296) Stellung genommen. Danach ist die Aktivierungspflicht gegeben, wenn das Geschäft seitens des Maklers im wesentlichen erfüllt ist, wirtschaftlich gesehen ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut vorliegt. Dabei muß der Ansicht des Kaufmanns (und brancheüblichen Gepflogenheiten) Rechnung getragen werden. Es ist mithin zu prüfen, wann die Verpflichtungen des Steuerpflichtigen – als Bühnenvermittler – seinem Auftraggeber gegenüber im wesentlichen erfüllt sind. Das ist, da sich aus den Bestimmungen der 10. DV AVAVG nichts anderes ergibt, mit dem Abschluß des von ihm vermittelten Vertrages zwischen Künstler und Bühne, nicht erst mit dem Antritt oder gar erst mit der Beendigung des Engagements durch den Künstler der Fall. Die besondere Regelung der Aufbringung der Gebühr durch Künstler und Bühne je zur Hälfte sowie der Fälligkeit des Gebührenanspruchs nach Maßgabe der Fälligkeit der Gage entspricht praktischen Erwägungen, ist aber für die steuerrechtliche Frage der Aktivierung der am Bilanzstichtag klar verdienten, indes noch nicht fälligen Teile der Vermittlungsgebühren ohne Bedeutung. Der Umstand, daß die noch nicht fälligen Teile der Forderungen am Bilanzstichtag in der Mehrzahl der Fälle nur in geschätzter Höhe erfaßt werden können, steht ihrer Aktivierung nicht entgegen. Die bei der Bewertung zu berücksichtigenden Risiken sind mit 20 v. H. des bilanzierten Betrages ausreichend berücksichtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 557277 |
BStBl II 1970, 517 |
BFHE 1970, 31 |