Leitsatz (amtlich)
Überträgt jemand ein Grundstück auf eine GmbH & Co. KG, so ist der Rechtsvorgang auch dann nicht nach § 3 Nr. 7 GrEStG befreit, wenn die Anteile an der GmbH von ihm und seinen Abkömmlingen gehalten werden und Kommanditisten wiederum nur er und seine Abkömmlinge sind. Die GmbH ist innerhalb der GmbH & Co. KG eine der "Vereinigung" i. S. von § 3 Nr. 7 GrEStG angehörende Person, die die Begünstigung auf Grund dieser Vorschrift ausschließt.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 7
Tatbestand
Der inzwischen verstorbene Kaufmann H betrieb in B und G ein Herstellungsunternehmen. Zum Betriebsvermögen gehörten in B und G je ein Grundstück. 1964 gründete er zusammen mit seinen Söhnen eine GmbH. Die GmbH wurde Komplementärin der am selben Tage gegründeten KG, an der wiederum der Vater und seine beiden Söhne als Kommanditisten beteiligt waren, und zwar jeweils im selben Verhältnis, nämlich 70 zu 15 zu 15. Am selben Tage (4. März 1964) wurde außerdem ein Vertrag notariell beurkundet, der als stiller Gesellschaftsvertrag bezeichnet war. In § 1 Abs. 3 des Vertrages erklärte der Vater, daß er seine Söhne "durch Schenkung und Abspaltung von den jeweiligen Kapitalkonten ... in Höhe von ... 15 % beteiligt". § 1 Abs. 4 des Vertrages enthält die Erklärung, daß sie (Vater und Söhne) "das gesamte Betriebsvermögen der bisherigen beiden Einzelfirmen als stille Gesellschaftseinlage in das Unternehmen" der GmbH & Co. KG einbringen. Der Vater verpflichtete sich in § 1 Abs. 6 des Vertrages zur Übertragung des Eigentums der den beiden Betrieben in B und G dienenden Grundstücke auf die GmbH & Co. KG. Das Betriebsvermögen der KG vor Leistung der Einlage betrug laut Gründungsvertrag 120 000 DM.
Das FA leitete aus § 8 des Vertrages ab, das Vermögen der "Einzelfirma" in B zu dem auch ein Grundstück gehörte, sei auf eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) übergegangen. Dieser Erwerb sei gemäß § 3 Nr. 7 GrEStG steuerfrei. Der Übergang des Betriebsvermögens (samt Grundstück) von der GdbR auf die GmbH & Co. KG erfülle nicht mehr den Tatbestand des § 3 Nr. 7 GrEStG, weil zwischen der veräußernden und der erwerbenden Gesamthand ein Verwandtschaftsverhältnis nicht denkbar sei. Die Befreiungsvorschrift des § 6 GrEStG greife nicht ein, weil die Söhne ihre Anteile an der veräußernden GdbR erst unmittelbar vor der Veräußerung an die GmbH & Co. KG erworben hätten, also die Sperrfrist gemäß § 6 Abs. 4 GrEStG von fünf Jahren nicht eingehalten sei.
Das FA setzte die Grunderwerbsteuer vorläufig fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Grunderwerbsteuer wurde in der Einspruchsentscheidung endgültig festgesetzt.
Das FG wies die Klage (vormals Berufung) als unbegründet zurück.
Das FG ging davon aus, in dem Vertrag vom 4. März 1964 seien zwei steuerbare Vorgänge vereinbart worden, nämlich die Vereinbarung einer aus dem Vater und seinen Söhnen bestehenden Gesellschaft, auf die der Vater sein Unternehmen samt Grundstücken übertragen habe, und die weitere Vereinbarung, daß diese Gesellschaft anschließend "das gesamte Betriebsvermögen (einschließlich der Grundstücke) in die Klägerin" einbringt, "um sich an ihr still zu beteiligen". Die Verpflichtung des Vaters, das Eigentum unmittelbar auf die Klägerin zu übertragen, stelle eine Vereinfachung im Grundbuchinteresse dar. Die Erklärung der Auflassung durch den Vater und die Söhne zeige, daß die drei Gesellschafter der GdbR sich für verfügungsberechtigt hielten und es auch tatsächlich gewesen seien. Der Anspruch der GdbR auf Übereignung der Grundstücke nach § 1 Abs. 5 des Vertrages sei nach § 3 Nr. 7 GrEStG steuerfrei. Die Verpflichtung der GdbR, das Grundstück in B in die GmbH & Co. KG einzubringen, sei steuerlich nicht begünstigt. § 3 Nr. 7 GrEStG setze voraus, daß der Grundstückserwerb durch eine ausschließlich aus dem Veräußerer und seinen Abkömmlingen oder aus diesen allein bestehende Vereinigung erfolge. Das sei bei der GmbH & Co. KG nicht der Fall, weil die erwerbende Vereinigung aus denselben Personen bestehe, die als Veräußerer beteiligt seien (Urteil des RFH vom 24. Januar 1922 II A 583/21, RFHE 8, 115). Auch § 6 GrEStG führe zu keiner Steuerfreiheit, weil die Söhne ihre Anteile an der veräußernden GdbR erst kurz vor der Übertragung des Grundstücks auf die GmbH & Co. KG erworben hätten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, weil die Auswirkungen von § 5 Abs. 2 und § 3 Nr. 6 GrEStG außer Betracht geblieben sind.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das FG entschieden, daß der Erwerb des Grundstücks durch die GmbH & Co. KG nicht steuerfrei nach § 3 Nr. 7 GrEStG ist.
Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 7 GrEStG ist vorgesehen für den Erwerb durch eine ausschließlich aus dem Veräußerer und seinen Abkömmlingen oder diesen allein bestehenden Vereinigung. Vereinigung in diesem Sinne kann eine Personenvereinigung, aber auch eine juristische Person sein.
§ 3 Nr. 7 GrEStG begünstigt aber nur den Erwerb durch eine in bestimmter Weise zusammengesetzte Vereinigung, nicht auch den Erwerb durch aus verschiedenen Personen und Personengruppen zusammengesetzte Vereinigungen (vgl. auch das rechtskräftige Urteil des FG München vom 11. März 1971 IV 160/70, EFG 1971, 456).
Die Erwerberin besteht im Streitfall außer aus dem Veräußerer und seinen Abkömmlingen als Kommanditisten zusätzlich aus der GmbH als Komplementär. Zwar stellt die Gesamtheit der Inhaber der Anteile an der GmbH für sich allein eine begünstigte Vereinigung i. S. von § 3 Nr. 7 GrEStG dar. Der Umstand, daß beim Erwerb eines Grundstücks durch eine GmbH, deren Anteile dem Veräußerer und seinen Abkömmlingen gehören, die Rechtsform der juristischen Person durchstoßen und die juristische Person wie eine Vereinigung aus miteinander verwandten Personen behandelt wird, rechtfertigt nicht, diesen Durchgriff auch auf den Fall auszudehnen, daß die Erwerberin eine von der Rechtsordnung als Personengesellschaft behandelte Rechtsfigur ist, an der eine in bestimmter Weise zusammengesetzte juristische Person beteiligt ist. Der Gesetzgeber des Grunderwerbsteuergesetzes 1940 hat die Vorschrift des § 3 Nr. 7 GrEStG in Kenntnis der Auslegung geschaffen, daß der Begriff "Vereinigung" auch juristische Personen umfaßte. Dadurch sieht sich der Senat zwar daran gehindert, den Begriff "Vereinigung" - die Besteuerung verschärfend - dahin auszulegen, daß nur Vereinigungen natürlicher Personen darunter zu verstehen seien. Werden von der Rechtsordnung gegebene Unterscheidungen (hier zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen), die ein Gesetz (wie hier das Grunderwerbsteuergesetz) beherrschen, an einzelnen Stellen durchbrochen, so muß jedoch ein darauf beruhender Durchgriff auf die hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen in überschaubarer Weise begrenzt bleiben. Eine Abwägung, inwieweit welchem Ordnungsprinzip Vorrang einzuräumen ist, zwingt dazu, die Aufgabe der Unterscheidung zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen, die bei der Auslegung des Begriffs "Vereinigung" zustande gekommen ist, selbst dann in Grenzen zu halten, wenn der Gesetzeszweck - Familienvereinigungen zu begünstigen - einer Auslegung über den Wortlaut hinaus nicht entgegensteht. Von diesem Grundsatz hat sich auch bisher die Rechtsprechung bei der Auslegung der Vorschrift des § 3 Nr. 7 GrEStG leiten lassen. So wird es z. B. als schädlich angesehen, wenn ein Elternteil ein ihm allein gehörendes Grundstück auf eine Vereinigung überträgt, an der außer dem veräußernden Elternteil und seinen Abkömmlingen auch der andere Elternteil beteiligt ist. Der Begünstigung steht auch entgegen, wenn auf der Veräußererseite außer einem Elternteil ein Abkömmling am Grundstück beteiligt ist, weil dann auf der Erwerberseite, sofern diese aus anderen Abkömmlingen mit oder ohne den bereits beteiligten Abkömmling besteht, nicht für alle Beteiligten ein Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie besteht. So ist auch die GmbH innerhalb der GmbH & Co. KG eine der "Vereinigung" i. S. von § 3 Nr. 7 GrEStG angehörende Person, die die Begünstigung auf Grund dieser Vorschrift ausschließt.
2. Das FG hat bei seiner Entscheidung jedoch nicht berücksichtigt, daß die Steuer auf Grund von § 5 Abs. 2 und § 3 Nr. 6 GrEStG teilweise nicht zu erheben ist.
Der Senat vermag nicht der Auffassung zu folgen, daß das Grundstück zuerst auf eine GdbR und von dieser auf die GmbH & Co. KG übertragen worden sei. Denn die vorgebliche GdbR ist mangels Eintragung im Grundbuch nicht im bürgerlich-rechtlichen Sinne Eigentümerin des Grundstücks geworden. Sie erlangte auch nicht die rechtliche oder wirtschaftliche Möglichkeit, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten; denn der aus dem Vertrag abgeleitete vermeintliche Anspruch, das Grundstück rechtlich oder wirtschaftlich erwerben zu können, war im Augenblick der Beurkundung zugleich mit der Verpflichtung belastet, das Grundstück auf die GmbH & Co. KG zu übertragen. Einer solchen, nur auf dem Papier stehenden Verwertungsbefugnis - die, wie dem FG zuzugeben ist, aus dem Wortlaut des Vertrages ableitbar erscheint - kommt kein rechtlicher oder wirtschaftlicher Gehalt zu.
Geht, wie hier, ein Grundstück von einem Alleineigentümer (dem Verstorbenen) auf eine Gesamthand (die GmbH & Co. KG) über, so wird die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand - nämlich als Kommanditist - beteiligt ist (§ 5 Abs. 2 GrEStG).
Von der Besteuerung ist ferner ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind (§ 3 Nr. 6 GrEStG). Die Vorschrift greift ein, soweit die Söhne des Verstorbenen als Kommanditisten an der GmbH & Co. KG beteiligt sind.
Der Senat vermag in der Sache selbst nicht zu erkennen, denn die Vorentscheidung enthält - vom Standpunkt des FG aus zu Recht - keine tatsächlichen Feststellungen über die Höhe der Beteiligung des Verstorbenen und seiner Söhne an der GmbH & Co. KG, soweit für sie die Steuerbefreiung in Betracht kommt, und zur Höhe der Gegenleistung bei unmittelbarer Übertragung des Grundstücks vom Verstorbenen auf die GmbH & Co. KG.
Fundstellen
Haufe-Index 71308 |
BStBl II 1975, 360 |
BFHE 1975, 504 |