Leitsatz (amtlich)
1. Die gemischte Schenkung eines Grundstücks ist von der Grunderwerbsteuer nur insoweit befreit, als das Geschäft unentgeltlich ist. Im Umfang der vereinbarten Gegenleistung entsteht die Steuer aus dieser.
2. Die einer Grundstücksschenkung beigefügte Auflage gehört im Sinne des § 10 Abs. 1 GrEStG insoweit zur Gegenleistung, als sie die Bereicherung des Beschenkten vermindert (BFHE 117, 280, BStBl II 1976, 126).
Normenkette
GrEStG 1940 § 3 Nr. 2, §§ 10-11
Tatbestand
Dem Kläger war von seiner Tante ein bebautes Grundstück unter Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs geschenkt und aufgelassen worden. Das FA (Beklagter) hat gegen ihn Grunderwerbsteuer aus dem Wert des Nießbrauchs festgesetzt. Das FG hat den Steuerbescheid aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Die zugelassene Revision des Beklagten ist begründet.
Die Schenkung des Grundstücks unterlag der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) aus der Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG), nämlich dem der Schenkerin vorbehaltenen Nießbrauch (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Insoweit war sie von der Grunderwerbsteuer nicht gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG befreit (Urteil des BFH vom 17. September 1975 II R 42/70, BFHE 117, 280, BStBl II 1976, 126).
Gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind Schenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Eine solche lag - sei es als gemischte Schenkung, sei es als Schenkung unter Auflage (§ 525 Abs. 1 BGB) - vor (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959, § 516 Abs. 1 BGB). Eine gemischte Schenkung ist jedoch nur insoweit befreit, als sie Schenkung ist, also die Pflicht zur Übereignung des Grundstücks unentgeltlich übernommen wird, nicht aber insoweit, als sich der Erwerber zu einer Gegenleistung verpflichtet. Schenkungen unter einer Auflage sind gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG nur soweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstücks (§ 12 GrEStG) den Wert der Auflage übersteigt. Im übrigen greift die Grunderwerbsteuer nach den allgemeinen Regeln ein.
Das FG hat § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG nicht für eingreifend erachtet, weil "das Grundstück nur übertragen werden sollte, wenn gleichzeitig zugunsten der Schenkerin ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingeräumt wird" und es sich also "um eine vertraglich vereinbarte Gegenleistung" und nicht um eine Auflage im Sinne des § 525 Abs. 1 BGB handele. Diese Konstruktion ist - je nach der Willensrichtung des Beteiligten - bürgerlich-rechtlich möglich. Das FG hat jedoch außer acht gelassen, daß sich bei dieser Konstruktion das erfüllte Verpflichtungsgeschäft nicht mehr nur als Schenkung darstellt, sondern daß es unter der Annahme einer - die Hingabe des Grundstücks nicht voll entgeltenden - Gegenleistung als gemischte Schenkung zu qualifizieren ist, die sowohl Elemente einer Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) als auch Elemente eines Kaufs (§ 433 BGB) enthält (vgl. auch § 445 BGB). Eine solche gemischte Schenkung ist nicht voll befreit, da sie nicht in vollem Umfang Schenkung ist. Hinsichtlich der vereinbarten Gegenleistung greift daher die Steuer unmittelbar aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ein.
Andererseits schließen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht aus, die Schenkung als eine solche unter Auflage (§ 525 Abs. 1 BGB) zu würdigen. Der Anspruch auf Erfüllung der Auflage entsteht zwar erst, wenn der Schenker seinerseits geleistet hat. Das hindert aber den Beschenkten nicht, ihr schon bei Ausführung der Schenkung nachzukommen. Wäre demzufolge die Schenkung als eine solche unter Auflage zu beurteilen, wäre deren Befreiung (§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG) durch § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG eingeschränkt. Folglich träte auch diesfalls die Besteuerung aus der Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne ein (§ 10 Abs. 1 GrEStG), und zu dieser zählen - wie sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ergibt - abweichend vom bürgerlichen Recht - die dem Veräußerer vorbehaltenen Nutzungen (BFHE 117, 280 [282], BStBl II 1976, 126) auch und erst recht dann, wenn der "Vorbehalt" nicht nur obligatorisch ist, sondern sich in einem dinglichen Nutzungsrecht niedergeschlagen hat; es mindert die Bereicherung des Beschenkten.
Demgegenüber verneint der Kläger eine Auflage ebenso wie ein "Austauschverhältnis" mit der Begründung, der Beschenkten sei von vornherein nur das mit dem Nießbrauch der Schenkerin belastete Grundstück geschenkt worden. In der dinglichen Erfüllung eines entsprechenden Schenkungsversprechens (§ 518 BGB) würde eine solche Konstruktion voraussetzen, daß der Eigentümer eines Grundstücks befugt wäre, sich selbst an dem Grundstück einen Nießbrauch zu bestellen. Ob das zulässig ist, ist umstritten. Das kann aber um so mehr dahingestellt bleiben, als es unbeschadet des § 306 BGB auch möglich wäre, im obligatorischen Teil (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) des "Schenkungsgeschäftes" die "Zuwendung" (§ 516 Abs. 1 BGB) in dem zu sehen, was der Beschenkte nach der Einigung beider Teile unentgeltlich erhalten soll. Für die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung bleibt dann - im Ergebnis ebenso wie bei der Schenkung unter Auflage - maßgebend, daß der Beschenkte das Grundstück nur mit der Last beschwert erwirbt.
Die dingliche Übernahme der Belastung ist entweder eine vereinbarte oder eine gesetzliche; in beiden Fällen zählt die Verpflichtung dazu - unabhängig vom bürgerlichen Recht - für die Grunderwerbsteuer zur Gegenleistung (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG). Aus dem Zusammenhang der beiden Sätze des § 3 Nr. 2 GrEStG folgt, daß bei gegebener Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne (§ 10 Abs. 1 GrEStG) die Schenkung in deren Umfang nicht befreit ist (BFHE 117, 280 [282 ff.], BStBl II 1976, 126); § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG befreit die Schenkung nur insoweit, als andernfalls gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG wegen fehlender Gegenleistung die Besteuerung aus dem Wert des Grundstücks einträte. Auch die reine Schenkung eines belasteten Grundstücks ist folglich aus dem Wert der Last zu versteuern, sofern es sich nicht im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG um eine dauernde Last handelt.
Demzufolge ist der angefochtene Steuerbescheid dem Grunde nach zutreffend und das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Besteuerungsgrundlage ergibt sich aus dem Jahreswert des Nießbrauchs (§ 15 BewG) mit dem Vervielfältiger des § 14 Abs. 2 BewG. Dabei ist der Jahreswert dem Wert der Nutzungen des Grundstücks (§ 1030 BGB), soweit sie dem Nießbraucher zustehen (§ 1030 Abs. 2, § 1039 BGB), abzüglich der nach bürgerlichem Recht vom Nießbraucher zu tragenden Lasten (§§ 1041 ff. BGB) zu entnehmen. Tatsächliche Feststellungen darüber fehlen. Die Sache war daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 72404 |
BStBl II 1977, 676 |
BFHE 1978, 355 |