Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Anspruchs auf Bestellung eines Erbbaurechts begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer.
Normenkette
GrEStG 1940 § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
Der Ehemann der Klägerin hatte kraft Vertrages mit dem Eigentümer Anspruch auf Bestellung eines Erbbaurechts. Vor Eintragung des Erbbaurechts in das Grundbuch hat er sämtliche Rechte aus dem Vertrage an die Klägerin abgetreten. Der Eigentümer (Besteller) stimmte der Übertragung der Rechte zu und vereinbarte mit der Klägerin Änderungen und Ergänzungen des ursprünglichen Vertrages.
Das FA - Beklagter - setzte eine Grunderwerbsteuer nach dem Einheitswert der Grundstücke fest. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Das FG hat den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufgehoben. Es hielt die Abtretung des Rechts auf Bestellung eines Erbbaurechts nicht für steuerpflichtig, da auch die erstmalige Bestellung des Erbbaurechts steuerfrei sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des Beklagten ist begründet.
1. Die Revision ist zwar der Ansicht, die Bestellung eines Erbbaurechts sei steuerfrei; sie meint aber, die Abtretung des Rechts auf Bestellung eines Erbbaurechts unterliege der Grunderwerbsteuer. Dem kann nicht gefolgt werden. Würde die Bestellung eines Erbbaurechts nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen, wäre auch die Abtretung des Anspruchs auf Bestellung eines Erbbaurechts nicht grunderwerbsteuerpflichtig. Die Abtretung eines Anspruchs auf Bestellung eines Erbbaurechts kann keine stärkeren steuerrechtlichen Wirkungen zeitigen als der unmittelbare Erwerb des Anspruchs auf Bestellung des Erbbaurechts. Denn § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG ist zwar ein § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG gegenüber selbständiger Steuertatbestand, er dient aber nur dem gleichen Besteuerungsprinzip wie diese Vorschriften.
2. Der Revision war aus anderen Gründen stattzugeben (§ 118 Abs. 3 Satz 2; vgl. umgekehrt § 126 Abs. 4 FGO).
a) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG stehen Erbbaurechte den Grundstücken gleich. Daraus ergibt sich bei jeweiligem Austausch der Begriffe Grundstück und Erbbaurecht, daß dem § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG nicht nur die Übertragung einer schon bestehenden Erbbauberechtigung des Veräußerers an den Erwerber, sondern auch die Übertragung aus dem Eigentum des Bestellers in das Erbbaurecht des ersten Erwerbers der Grunderwerbsteuer unterliegt. Denn das Erbbaurecht entsteht nicht originär, sondern ist aus dem Eigentum des Bestellers abgeleitet. Zur Begründung im einzelnen wird auf das Urteil II R 37/66 vom 28. November 1967 Bezug genommen.
b) Entspricht ein obligatorischer Anspruch auf Bestellung eines Erbbaurechts somit einem Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks, so ist die Abtretung des Anspruchs auf Bestellung des Erbbaurechts der nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Abtretung eines Übereignungsanspruchs gleichzustellen. Die Vorgänge, welche der Klägerin einen Anspruch auf Bestellung des Erbbaurechts verschafften, unterlagen folglich der Grunderwerbsteuer.
c) Ob der Erwerb der Klägerin auf Grund besonderer Vorschriften, etwa des Niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaues von der Grunderwerbsteuer, von der Besteuerung befreit ist, hat das FG nicht geprüft (und brauchte es nach seinem Standpunkt auch nicht zu prüfen). Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen hierüber und in bezug auf die Besteuerungsgrundlage war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Enttscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
3. Ob es geboten erscheint, die Steuer aus Billigkeitsgründen zu erlassen (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AO), weil die Bestellung eines Erbbaurechts in bislang ständiger Praxis nicht der Grunderwerbsteuer unterworfen worden war, und weil von diesem Standpunkt aus auch der vorliegende Fall hätte unbesteuert bleiben müssen, hatte der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Diese Umstände sind jedoch ein hinreichender Anlaß, gemäß § 140 Abs. 1 FGO, § 7 des Gerichtskostengesetzes anzuordnen, daß die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens nicht erhoben werden.
Fundstellen
Haufe-Index 412856 |
BStBl II 1968, 222 |
BFHE 1968, 205 |