Entscheidungsstichwort (Thema)
Parteistellung im Prozeß nach Zustellung der Klage gegen den Gemeinschuldner an den Konkursverwalter; mietrechtlicher Rückgabeanspruch als Aussonderungsanspruch; Räumungskosten als Masseschuld
Leitsatz (amtlich)
a) Stellt das Gericht eine in Unkenntnis der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner gerichtete Klage dem Konkursverwalter zu, so wird zunächst weder der eine noch der andere zur beklagten Partei. Der Konkursverwalter erlangt die Parteistellung nicht vor der Erklärung, daß sich die Klage gegen ihn richtet.
b) Der Inhalt eines vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Mieters entstandenen, aber noch nicht erfüllten Rückgabeanspruchs (§ 556 Abs. 1 BGB) ändert sich nicht, wenn er als Aussonderungsanspruch geltend gemacht wird (im Anschluß an BGHZ 86, 204, 211). Soweit er die Entfernung zurückgelassener Sachen umfaßt, ist er vom Konkursverwalter zu Lasten der Masse zu erfüllen (Fortführung von BGHZ 104, 304).
Normenkette
ZPO §§ 50, 253 Abs. 1, 2 Nr. 1; BGB § 556 Abs. 1; KO § 43
Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Urteil vom 02.02.1993; Aktenzeichen 3 U 3157/92) |
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 17.09.1992; Aktenzeichen 7 O 970/92) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 2. Februar 1993 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer eines ca. 2.600 qm großen unbebauten Grundstücks, das sie am 1. Juli 1991 an den Bauunternehmer Günter W. zum Betrieb eines Lagerplatzes vermieteten. Da dieser keine Mietzahlungen leistete, kündigten die Kläger das Mietverhältnis mit Schreiben vom 17. Januar 1992 fristlos und forderten den Mieter auf, das Grundstück bis zum 31. Januar 1992 zu räumen.
Am 31. Januar 1992 wurde über das Vermögen des Mieters das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich aus dem Eigentum des Gemeinschuldners noch ältere Baumaterialien, Schutt und sonstige unverwertbare Hinterlassenschaften sowie ein schrottreifer Lastkraftwagen auf dem Grundstück. In der Folgezeit wurden weitere Gegenstände des Gemeinschuldners, unter anderem ein Baukran, auf dem frei zugänglichen Grundstück gelagert; zwischen den Parteien ist streitig, ob dies auf Veranlassung oder mit Duldung des Beklagten erfolgte.
In Unkenntnis der Konkurseröffnung reichten die Kläger mit Schriftsatz vom 4. Februar 1992 eine Klage auf Räumung, Herausgabe und Zahlung rückständiger Mietzinsen gegen den Gemeinschuldner ein, die jedoch auf Veranlassung des Gerichts nicht diesem, sondern am 3. März 1992 dem Beklagten zugestellt wurde.
Mit Schriftsatz vom 17. März 1992 teilte der Beklagte mit, daß er der Klage in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen des Gemeinschuldners entgegentreten und beantragen werde, die Klage abzuweisen. Diesen Antrag begründete er mit Schriftsatz vom 31. März 1992 unter anderem damit, daß die Kläger ihre Forderung nach Konkurseröffnung nur noch zum Konkursverfahren anmelden könnten.
Die Kläger stellten daraufhin mit Schriftsatz vom 15. April 1992 klar, die geschehene Klagezustellung nicht veranlaßt zu haben, die Räumungsklage aber nunmehr gegen den Beklagten zu richten, den Zahlungsanspruch hingegen weiterhin gegen den Gemeinschuldner. Dieser Schriftsatz ging den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 22. April 1992 formlos zu; am 22. Juni 1992 wurde er ihnen förmlich zugestellt.
Nach Abtrennung der Forderungsklage gab das Landgericht der Räumungsklage gegen den Beklagten statt, da dieser als Konkursverwalter verpflichtet sei, das Grundstück gemäß § 43 KO aus der Masse auszusondern und an die Kläger herauszugeben.
Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein, die er damit begründete, die Kläger hätten das Grundstück seit langem wieder in Besitz genommen. Der Aussonderungsanspruch der Kläger beschränke sich auf die Verschaffung des Besitzes; diesen Anspruch habe er stets anerkannt. Den Anspruch auf Räumung von Schrott und Schutt habe er zu Recht abgelehnt, da es sich insoweit um eine nicht bevorrechtigte Konkursforderung handele.
Außerdem habe er – was unstreitig ist – mit Schreiben vom 24. November 1992 an den Gemeinschuldner die Freigabe sämtlicher Gegenstände auf dem Lagergelände erklärt und sei daher nicht mehr Schuldner des Räumungsanspruchs.
Mit Rücksicht darauf, daß die Kläger die gelagerten Gegenstände zwischenzeitlich auf einer im Süden des Grundstücks gelegenen Teilfläche zusammengeschoben und eine Teilfläche von rund 1.200 qm im Nordosten ab Mitte April 1992 anderweitig vermietet hatten, beschränkten sie den Antrag auf Räumung und Herausgabe mit Schriftsatz vom 11. Januar 1993 auf eine näher bezeichnete südliche Teilfläche von 1.135 qm und erklärten die Hauptsache im übrigen einseitig für erledigt. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 1993 wurde dem Beklagten nachgelassen, auf diesen Schriftsatz zu antworten. In dem nachgelassenen Schriftsatz trug der Beklagte vor, am 19. Januar 1993 festgestellt zu haben, daß sich nur noch einige zerbrochene Steine, Bretter und Plastikkübel auf dem Grundstück befänden, die zusammen höchstens eine Fläche von rund 10 qm beanspruchten.
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in EWiR § 265 ZPO 1/93, 1245 von Eckert besprochen worden ist, berücksichtigte diesen Vortrag nicht. Es bestätigte das Räumungsurteil der Vorinstanz, soweit die Kläger ihren Anspruch aufrechterhalten hatten, und stellte im übrigen fest, daß die Hauptsache erledigt sei.
Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht führt aus, durch die fristlose Kündigung, deren Berechtigung außer Streit steht, sei das Mietverhältnis noch vor Konkurseröffnung beendet worden. Da die Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners über sein Vermögen gemäß § 6 KO mit Eröffnung des Konkursverfahrens geendet habe, hätten die Kläger ihren Herausgabeanspruch aus § 985 BGB und aus § 556 ZPO zu Recht im Wege der Aussonderung nach § 43 KO gegen den Beklagten geltend gemacht. Zwar sei in der Klageschrift der Gemeinschuldner als Beklagter bezeichnet worden; nachdem die Kläger aber klargestellt hätten, daß der Anspruch auf Herausgabe und Räumung gegen den Beklagten verfolgt werde, und dieser sich auf die ihm zugestellte Klage eingelassen habe, sei der ursprüngliche Mangel gemäß § 295 ZPO mit Rückwirkung auf den 3. März 1992 geheilt worden.
Soweit der Anspruch auf Herausgabe und Räumung nicht für erledigt erklärt worden sei, sei er auch noch nicht erfüllt, da ein nicht unerheblicher Teil des Grundstücks noch nicht geräumt sei und den Klägern daher nach wie vor vorenthalten werde.
Die Freigabe der auf dem Grundstück lagernden Gegenstände sei ohne Einfluß auf das Verfahren, da sie – entgegen BGHZ 46, 249 ff. – nicht zu einem Parteiwechsel führe, sondern – in Übereinstimmung mit der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung – in entsprechender Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO der Fortsetzung des Verfahrens zwischen den bisherigen Prozeßparteien nicht entgegenstehe. Wegen dieser Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei die Revision zuzulassen.
Die hiergegen erhobenen Rügen der Revision führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Nach Konkurseröffnung stand den Klägern ein auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks gerichtetes Aussonderungsrecht nach § 43 KO gegen den Beklagten zu.
Im Konkurs des Mieters sind sowohl der Eigentumsherausgabeanspruch des Vermieters (§ 985 BGB) als auch dessen schuldrechtlicher Rückgabeanspruch nach Beendigung des Mietverhältnisses (§ 556 Abs. 1 BGB) im Wege der Aussonderung nach § 43 KO gegen den Konkursverwalter geltend zu machen (vgl. BGHZ 72, 263, 265; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 43 Rdn. 49, 61; Hess/Kropshofer, KO 4. Aufl. § 43 Rdn. 4, 124).
Von noch zu erörternden Ausnahmen abgesehen, gilt dies auch dann, wenn das Mietverhältnis – wie hier durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 17. Januar 1992 – bereits vor Konkurseröffnung beendet wurde, der Mieter seiner Rückgabeverpflichtung aber noch nicht nachgekommen ist (vgl. Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 2. Aufl. Kap. VII Rdn. 210; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch § 38 Rdn. 1; OLG Hamm ZIP 1985, 628).
1. Für den Anspruch aus § 556 Abs. 1 BGB gelten nach Konkurseröffnung nicht die Sonderregelungen der §§ 19 bis 21 KO, die ein fortbestehendes Miet- oder Pachtverhältnis voraussetzen, sondern die allgemeinen Regeln (vgl. Gottwald/Huber aaO § 38 Rdn. 1).
Der Auffassung, bei vor Konkurseröffnung beendeten Mietverhältnissen sei nicht der Konkursverwalter, sondern stets nur der Gemeinschuldner zur Rückgabe verpflichtet (so Eckert EWiR § 265 ZPO 1/93, 1245, 1246 – zum vorliegenden Fall – und EWiR § 59 KO 1/94, 77, 78), vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
Zu Unrecht beruft diese Auffassung sich auf das Urteil des OLG Hamm ZIP 1992, 1563 und dessen Bestätigung durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. November 1993 (VIII ZR 240/92 – ZIP 1993, 1874). Diese Entscheidungen betrafen die Frage, ob Abwicklungsansprüche des Leasinggebers (im entschiedenen Fall Entschädigungsansprüche aus § 557 BGB wegen Vorenthaltung der Leasingsache) einfache Konkursforderungen oder aber Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO sind. Die hier zu entscheidende Frage, ob und in welcher Weise der Konkursverwalter einen Anspruch des Vermieters auf Aussonderung der Mietsache zu erfüllen hat, liegt anders. Dementsprechend ist in dem angefochtenen Urteil vom 24. November 1993 die Frage, ob der Konkursverwalter in die Rückgabeverpflichtung der Gemeinschuldnerin aus § 556 BGB eintritt, ausdrücklich offengelassen worden (aaO S. 1875).
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, daß der Beklagte das Grundstück der Kläger zu keinem Zeitpunkt als zur Konkursmasse gehörend beansprucht habe und folglich ein Aussonderungsrecht nicht bestehe.
Ein Aussonderungsanspruch kommt zwar nur dann in Betracht, wenn der auszusondernde Gegenstand massebefangen ist, der Konkursverwalter ihn also im Verwaltungsbesitz hat oder für die Masse in Anspruch nimmt; andernfalls kann der Berechtigte sich nur an den Gemeinschuldner persönlich halten (Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 43 Rdn. 7, 60; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 1 Rdn. 5; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 43 Rdn. 9, 71).
Richtig ist ferner, daß der Konkursverwalter fremdes Vermögen, das er von vornherein als solches erkennt, nicht nach § 117 Abs. 1 KO zur Masse ziehen darf, und zwar auch dann nicht, wenn er annimmt, die Masse sei mit einer Rückgabepflicht belastet, oder weil er Belange des Berechtigten wahrnehmen will, etwa weil er den rückgabepflichtigen Gemeinschuldner für unzuverlässig hält (vgl. Jaeger/Lent aaO § 43 Rdn. 57).
Dies bedeutet entgegen der Auffassung der Revision aber nicht, daß ein in fremdem Eigentum stehendes Mietgrundstück schon aus diesen Gründen nicht massebefangen sein kann. Die Aussonderung nach § 43 KO setzt gerade voraus, daß der auszusondernde Gegenstand nicht zur Masse gehört (vgl. hierzu und zur Unterscheidung zwischen Sollmasse und Istmasse Jaeger/Henckel aaO § 1 Rdn. 5). Massebefangen und damit aussonderungsfähig ist ein Mietgrundstück daher auch dann, wenn der Konkursverwalter zwar das Eigentum des Vermieters anerkennt, aber das Recht für sich in Anspruch nimmt, das Grundstück für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob, wann und in welcher Weise er es an den Vermieter zurückgibt. Nicht erforderlich ist hingegen, daß der Konkursverwalter das Grundstück auch in Besitz genommen hat (vgl. Kuhn/Uhlenbruck aaO § 43 Rdn. 9).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte sich zunächst, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, für befugt gehalten, anstelle des Gemeinschuldners über die Modalitäten der Rückgabe des vom Gemeinschuldner als Betriebsgelände genutzten Mietgrundstücks zu entscheiden.
Vor allem aber lag eine tatsächliche Inanspruchnahme des Grundstücks für die Konkursmasse insoweit vor, als darauf Gegenstände des Gemeinschuldners gelagert waren, die der Verwaltungsbefugnis des Beklagten unterlagen und daher jedenfalls bis zur Freigabe am 24. November 1992 anderweitig hätten gelagert werden müssen. Nach dem Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 15. April 1992 hat der Beklagte sogar mitgeteilt, auf seine Veranlassung seien von anderen Baustellen Baumaterialien und Maschinen auf das streitgegenständliche Grundstück abgezogen worden. Der Beklagte hat dies nicht bestritten, sondern mit Schriftsatz vom 9. Juni 1992 lediglich ausgeführt, Maschinen und Geräte, hinsichtlich derer eine Räumungspflicht bestehe, zwischenzeitlich vom Grundstück entfernt zu haben.
Auch insoweit ist der vorliegende Fall nicht mit jenem vergleichbar, über den das OLG Hamm und der Bundesgerichtshof (ZIP 1992 aaO und 1993 aaO) entschieden haben. Dort hatte der Konkursverwalter die Herausgabe zu keinem Zeitpunkt abgelehnt und die Mietsache auch nicht für die Masse genutzt. Das OLG Hamm weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, daß anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Konkursverwalter die Mietsache zur Masse gezogen hätte, indem er ihre Herausgabe abgelehnt oder sie gar für die Masse genutzt hätte (aaO S. 1563 re. Sp.; so auch Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts Rdn. 433).
Die Revision kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf die Erklärung des Beklagten im Schriftsatz vom 28. August 1992 berufen, daß sich auf dem Grundstück keine Gegenstände und Geräte mehr befänden, die zugunsten der Konkursmasse „reklamiert” würden. Die Befugnis, das zur Konkursmasse gehörige Vermögen des Gemeinschuldners zu verwalten und darüber zu verfügen, geht nach § 6 KO kraft Gesetzes bereits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner auf den Konkursverwalter über und nicht erst, wenn dieser den einzelnen Gegenstand als massezugehörig in Anspruch nimmt (vgl. Jaeger/Henckel aaO § 6 Rdn. 2). Zur Konkursmasse gehören auch solche Gegenstände des Betriebsvermögens, die unverwertbar sind; erst deren Freigabe löst sie aus dem Konkursbeschlag (vgl. Jaeger/Henckel aaO § 6 Rdn. 17; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 1 Rdn. 5). Die Freigabe ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Konkursverwalters gegenüber dem Gemeinschuldner, welche den Willen, die Massezugehörigkeit auf Dauer aufzugeben, bestimmt erkennen läßt (vgl. Kilger/Schmidt, KO 16. Aufl. § 6 Anm. 4 d aa). Nicht die im Prozeß den Klägern gegenüber abgegebene Erklärung, die auf dem Grundstück lagernden Gegenstände nicht oder nicht mehr für die Konkursmasse in Anspruch zu nehmen, sondern erst die dem Gemeinschuldner gegenüber abgegebene Freigabeerklärung vom 24. November 1992 hat hier die Konkursbefangenheit der auf dem Grundstück lagernden Gegenstände beendet. Ihr kam daher im Gegensatz zur Auffassung der Revision nicht nur klarstellende Bedeutung zu.
II.
Soweit die Kläger die Hauptsache hinsichtlich des von ihnen wieder in Besitz genommenen und Mitte April 1992 weitervermieteten Grundstücksteils von 1.200 qm einseitig für erledigt erklärt haben, war der mit der Klage geltend gemachte Anspruch schon vor Rechtshängigkeit erloschen. Die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung der Erledigung der Hauptsache kann daher keinen Bestand haben (vgl. BGHZ 83, 12, 14).
Die Klage ist dem Beklagten zwar bereits am 3. März 1992 zugestellt worden. Sie war jedoch nicht gegen ihn, sondern gegen den Gemeinschuldner gerichtet und bezeichnete diesen als die beklagte Partei. Infolgedessen wurde zunächst weder der Gemeinschuldner noch der Beklagte Prozeßpartei: der Gemeinschuldner nicht, weil es insoweit an einer Zustellung fehlte, der Beklagte nicht, weil dieser ausweislich der Klageschrift nicht Partei sein sollte (vgl. MünchKomm/Lindacher, ZPO Rdn. 17 vor § 50 m.w.N.).
Auch der vom Berufungsgericht als Aufnahme des Rechtsstreits gewertete Umstand, daß der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft anzeigte und sich auf den Rechtsstreit einließ, führte noch nicht zu seiner Parteistellung. Denn nicht vom Willen des Zustellungsempfängers, sondern allein vom objektiv erkennbaren Sinn der prozeßbegründenden Erklärung des Klägers hängt es ab, wer die Stellung der beklagten Partei erlangt (Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. Rdn. 7 vor § 50), ohne daß es darauf ankommt, ob dieser auch der richtige Beklagte ist (vgl. BGHZ 4, 328, 334).
Zwar kann ein Zustellungsmangel nach § 295 ZPO rückwirkend geheilt werden, wenn die Person, der vom Kläger die Beklagtenrolle zugedacht war, sich rügelos einläßt (vgl. MünchKomm/Lindacher aaO Rdn. 20 vor § 50). Hier war die Beklagtenrolle aber eindeutig dem Gemeinschuldner zugedacht, zumal die Kläger von dem wenige Tage zuvor eröffneten Konkursverfahren und damit von der Existenz eines Konkursverwalters keine Kenntnis hatten. Sie haben sodann mit Schriftsatz vom 15. April 1992 klargestellt, daß sie die Zustellung an den jetzigen Beklagten nicht veranlaßt hätten. Bei dieser Sachlage war erst die im gleichen Schriftsatz enthaltene Erklärung, daß sich der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Räumung und Herausgabe nunmehr gegen den Konkursverwalter richte, geeignet, diesen zum Beklagten zu machen.
Es kann offenbleiben, ob erst die förmliche Zustellung dieses Schriftsatzes am 22. Juni 1992 zur Rechtshängigkeit der Räumungsklage führte, oder ob bereits dessen tatsächlicher Zugang am 22. April 1992 die Rechtshängigkeit auslöste. Denn auch am 22. April 1992 war der Herausgabeanspruch der Kläger bereits erloschen, soweit sie einen 1.200 qm großen Teil des Grundstücks im Wege der Selbsthilfe geräumt und ab Mitte April 1992 anderweitig vermietet hatten.
III.
Soweit die Kläger die Hauptsache nicht für erledigt erklärt haben, geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nicht durch Erfüllung erloschen ist, solange sich noch eine mehr als nur geringfügige Menge von Gegenständen des Gemeinschuldners auf dem Grundstück befinden.
Der Rückgabeanspruch des Vermieters aus § 556 Abs. 1 BGB umfaßt außer der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung (BGHZ 86, 204, 210; 104, 285, 288; Roquette, Das Mietrecht des BGB, § 556 Rdn. 5 m.N.). Überläßt der Mieter dem Vermieter zwar den Besitz, entfernt aber die zum Zwecke der Gebrauchsnutzung auf das Grundstück geschafften Sachen nicht, so gibt er die Mietsache nicht zurück, sondern enthält sie dem Vermieter vor (BGH aaO; Roquette aaO).
1. Dies gilt grundsätzlich auch im Konkurs des Mieters.
Der gegenteiligen Auffassung, wonach Abwicklungs- und Erfüllungspflichten im Konkurs nicht gleichgestellt werden dürften und der Aussonderungsanspruch des Vermieters daher vom Konkursverwalter nicht in derselben Weise wie der Rückgabeanspruch erfüllt werden brauche (Eckert EWiR aaO), vermag der Senat nicht zu folgen.
Nach dieser Auffassung, die sich auf BGHZ 72, 263 ff. beruft, dient die Aussonderung lediglich dem Zweck, dem Berechtigten den Besitz an der nicht zur Masse gehörenden Sache zu verschaffen, damit diese nicht bei der Verteilung mitverwertet werde. Dieser Zweck werde auch bei nicht gehöriger Erfüllung der Rückgabepflicht erfüllt. Im Ergebnis sei es daher nicht gerechtfertigt, die Konkursmasse für die Kosten der Entfernung auf dem Grundstück zurückgebliebener Sachen haften zu lassen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß auch die Entscheidung BGHZ 72, 263 ff. – wie auch das oben erörterte Urteil vom 24. November 1993 – lediglich die Frage betraf, ob Abwicklungsansprüche des Vermieters (hier: der vertraglich vereinbarte Anspruch auf Erstattung der Kosten des Abbaus und der Abholung der Mietsache nach Vertragsbeendigung) einfache Konkursforderungen oder aber Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO waren. Die Frage, ob der Rückforderungsanspruch aus § 556 Abs. 1 BGB als solcher im Konkurs nach § 59 KO privilegiert sein könne, hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung unter Hinweis darauf, daß ein solcher Anspruch unter § 43 KO falle, ausdrücklich offengelassen (BGHZ aaO S. 265).
Die Ansicht, der Inhalt des Rückgabeanspruchs ändere sich, wenn dieser im Wege der Aussonderung geltend gemacht werde, findet im Gesetz keine Stütze. Denn § 43 KO trifft insoweit gerade keine Sonderregelung, sondern bestimmt, daß sich die Ansprüche auf Aussonderung „nach den außerhalb des Konkursverfahrens geltenden Gesetzen” richten. In den Motiven zu dem Entwurf einer Konkursordnung heißt es dazu (S. 158): „die Ansprüche bleiben dem außerhalb des Konkursverfahrens geltenden Recht unterworfen. Der Berechtigte macht die Ansprüche gegenüber der Konkursmasse nach demjenigen Recht geltend, welches maßgebend sein würde, falls der Gemeinschuldner nicht in Konkurs gerathen wäre.”
Auch sonst ist nicht ersichtlich, warum der Inhalt der Rückgabepflicht sich ändern sollte, wenn diese vom Konkursverwalter anstelle des Gemeinschuldners zu erfüllen ist. So hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß sich am Inhalt der Rückgabepflicht des Konkursverwalters nichts ändert, wenn die Verpflichtung zur Rückgabe des Grundstücks erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens ausgelöst worden ist (BGHZ 86, 204, 211).
Das Ergebnis, daß in Fällen der vorliegenden Art die Konkursmasse mit Räumungskosten belastet werden kann, ist auch nicht systemwidrig. Es geht dabei nicht darum, Ansprüche des Vermieters auf Wiederherstellung des früheren Zustandes der Mietsache (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. März 1994 – IX ZR 236/93 – zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wegen Schlechterfüllung von Mieterpflichten auf die Masse zu überwälzen. Vielmehr handelt es sich bei den Räumungskosten um Kosten, die erforderlich sind, um den Aussonderungsanspruch des Vermieters überhaupt erfüllen zu können. Derartige Kosten fallen auch der Masse zur Last, wenn es sich um die Aussonderung beweglicher Sachen handelt (vgl. BGHZ 104, 304).
2. Das Oberlandesgericht ist zutreffend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, daß der Rückgabeanspruch des Vermieters nicht erfüllt ist, solange der Mieter seine auf das Grundstück verbrachten Sachen nicht fortschafft, daß Teilleistungen bei der Erfüllung der Rückgabepflicht unzulässig sind (§ 266 BGB) und daß eine nur teilweise Erfüllung der Rückgabepflicht grundsätzlich bedeutet, daß dem Vermieter die gesamte Mietsache vorenthalten wird. Etwas anderes könne im Einzelfall nur gelten, wenn lediglich einzelne Gegenstände wie z. B. geringfügiges Gerümpel zurückgelassen werden (BGHZ 104, 285, 289). An diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten.
a) Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß im Zeitpunkt der Konkurseröffnung und auch noch einige Zeit danach dem Gemeinschuldner gehörende Gegenstände auf dem Grundstück lagerten, und zwar Baumaterialien, Schutt, sonstige Abfälle sowie ein schrottreifer Lkw, zu denen nach Konkurseröffnung noch ein ebenfalls der Konkursmasse gehörender Baukran hinzukam. Diese Gegenstände hätten einen nicht unerheblichen Teil des Grundstücks belegt; ihre Entfernung hätte erfahrungsgemäß nicht unerhebliche Aufwendungen erforderlich gemacht. Diese Feststellungen tragen die Beurteilung des Oberlandesgerichts, zu dieser Zeit sei den Klägern das Grundstück im Sinne von § 557 BGB vorenthalten worden.
b) Dieser Zustand änderte sich noch nicht entscheidend dadurch, daß die Kläger in der Folge die auf dem Grundstück zurückgelassenen Gegenstände auf einer Teilfläche im Süden zusammenzogen und eine dadurch freigewordene andere Teilfläche von 1.200 qm weitervermieteten. Auch dies reichte zur Erfüllung des Rückgabeanspruchs noch nicht aus (BGHZ 86, 204, 210; 104, 285, 288).
c) Ebensowenig konnte die am 24. November 1992 erklärte Freigabe der auf dem Grundstück lagernden Gegenstände die Räumung ersetzen. Sie führte lediglich dazu, daß nunmehr der Gemeinschuldner die Befugnis zurückerhielt, über diese Gegenstände zu verfügen. Schuldner des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe blieb indes der Beklagte; er konnte sich dieser Verpflichtung nicht dadurch zu Lasten der Kläger entziehen, daß er durch Erklärung gegenüber dem Gemeinschuldner diesem die Verfügungsbefugnis über das Räumungsgut wieder übertrug – ebensowenig wie ein Mieter sich der Verpflichtung zur Räumung etwa entziehen kann, indem er sein Eigentum an zurückgelassenen Sachen aufgibt oder auf einen Dritten überträgt.
d) Die Revision rügt aber zu Recht, daß das Berufungsgericht Umfang und Ausmaß der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch auf dem Grundstück lagernden Gegenstände nicht hinreichend aufgeklärt hat.
Schon in seiner Klageerwiderung vom 9. Juni 1992 hatte der Beklagte u. a. vorgetragen, das Grundstück zwischenzeitlich – jedenfalls hinsichtlich solcher Maschinen und Geräte, zu deren Räumung er sich als verpflichtet ansehe – teilweise geräumt zu haben. Demgegenüber haben die Kläger im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1992 unter Beweisantritt behauptet, der Beklagte habe es dem Gemeinschuldner ermöglicht, in der Zeit von Februar bis April 1992 ca. 70 cbm Bauschutt, 15 cbm leere Teereimer, 10 cbm Eisenteile, 20 cbm Verpackungsmaterial und anderen Unrat, 10 cbm Holzabfälle sowie zwei Baufahrzeuge, einen LKW-Kipper und einen LKW-Pritschenwagen auf das Grundstück zu verbringen; dies alles hätten sie, die Kläger, im Wege der Selbsthilfe auf dem südlichen Teil des Grundstücks zusammengezogen.
Dem ist das Berufungsgericht nicht weiter nachgegangen, sondern es hat sich darauf beschränkt, mit seinem Beschluß vom 28. Dezember 1992 die Kläger aufzufordern, Lage und Größe des nach der Weitervermietung noch herauszugebenden Grundstücksteils in einer für die Vollstreckung geeigneten Weise zu bezeichnen.
Spätestens der nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 22. Januar 1993 ließ aber erkennen, daß der entscheidungserhebliche Sachverhalt bislang unzureichend aufgeklärt war. Denn in diesem Schriftsatz wurde vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß sich am 19. Januar 1993 nur noch einige zerbrochene Steine, Bretter und Plastikkübel auf dem Grundstück befunden und höchstens eine Fläche von 10 qm in Anspruch genommen hätten.
Die Wahrheit dieses Vortrags unterstellt, waren erhebliche Zweifel daran begründet, ob in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt noch von einem Vorenthalten des Grundstücks ausgegangen werden konnte. Die Erwägung des Berufungsgerichts, der vorgetragene Zustand könne erst in der Zeit nach der Schlußverhandlung vom 12. Januar 1993 herbeigeführt worden sein, lag den Umständen nach fern.
Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht den fraglichen Schriftsatz nicht unberücksichtigt lassen, weil er über eine Replik hinausgegangen sei. Denn aus dem neuen Vorbringen ergab sich, daß die bisherige Verhandlung lückenhaft war und vor deren Abschluß Veranlassung zur Ausübung des Fragerechts bestanden hätte; die mündliche Verhandlung hätte daher gemäß § 156 ZPO wiedereröffnet werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – VIII ZR 199/91 – NJW 1993, 134 m.w.N.).
Das angefochtene Urteil kann somit insgesamt keinen Bestand haben. Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage, weil weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Zu deren Nachholung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
IV.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, weil es in seiner Auffassung, die Freigabeerklärung des Beklagten vom 24. November 1992 habe gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO keinen Einfluß auf den vorliegenden Prozeß, eine Abweichung von der Entscheidung BGHZ 46, 249 ff. sieht, derzufolge mit der Freigabe des Streitgegenstandes ein Parteiwechsel stattfindet (zum Meinungsstreit vgl. Jaeger/Henckel aaO § 6 Rdn. 116 ff.).
Darauf kommt es im vorliegenden Fall indes nicht an. Denn mit seiner Erklärung vom 24. November 1992 hat der Beklagte nicht den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens – das auszusondernde Mietgrundstück der Kläger – freigegeben, sondern lediglich die darauf lagernden, dem Gemeinschuldner gehörenden Gegenstände. Folglich ergab sich aus der Freigabeerklärung nicht die Notwendigkeit eines Parteiwechsels, sondern der Beklagte blieb hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe und Räumung passiv legitimiert.
Unterschriften
Zysk, Krohn, Hahne, Gerber, Sprick
Fundstellen
Haufe-Index 542482 |
BGHZ |
BGHZ, 156 |
NJW 1994, 3232 |
Nachschlagewerk BGH |
Lwowski / Tetzlaff 2002 2002, 395 |
Lwowski / Tetzlaff 2002 2002, 398 |