Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Bevollmächtigung
Leitsatz (amtlich)
Zum Nachweis der Bevollmächtigung gem. § 80 Abs. 1 ZPO ist das Original der Vollmachtsurkunde vorzulegen. Schriftstücke, die lediglich einen durch technische Übertragungsverfahren hergestellten Abdruck der Originalurkunde enthalten (Telefaxe, Fotokopien) reichen hierfür nicht aus.
Normenkette
ZPO § 80 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Herausgabe verschiedener Handelstextilien. Sie hat behauptet, sie sei Eigentümerin der Ware; sie habe diese bei der Beklagten, einem Speditions- und Lagerhaus, eingelagert. Die Beklagte ist den Behauptungen der Klägerin entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage wegen Unbestimmtheit des Klageantrags als unzulässig abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Klägerin - trotz Rüge der Beklagten - nicht nachgewiesen habe, daß sie die für sie auftretenden Rechtsanwälte bevollmächtigt habe.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte ist nicht vertreten gewesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die uneingeschränkt statthafte (§ 547 ZPO) und auch im übrigen zulässige Revision hat keinen Erfolg.
1.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Klägerin die Bevollmächtigung der für sie tätigen Rechtsanwälte trotz entsprechender Rüge der Beklagten nicht nachgewiesen habe. Das beanstandet die Revision ohne Erfolg.
2.
Zum Nachweis der Bevollmächtigung ihrer Rechtsanwälte hat die Klägerin Schriftstücke vorgelegt, bei denen es sich nicht um das Original der Vollmachtsurkunde, sondern um Kopien (technisch hergestellte Abdrucke) handelt. Mit diesen Schriftstücken könnte der erforderliche Nachweis der Bevollmächtigung nur dann als geführt angesehen werden, wenn die Vorlagepflicht nach § 80 Abs. 1 ZPO auch durch einen technisch hergestellten Abdruck des Originals, wie er vorgelegt worden ist, erfüllt werden könnte. Das ist indessen nicht der Fall.
Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß im Fall der Einlegung von (fristgebundenen) Rechtsmitteln wie auch bei bestimmenden Schriftsätzen ein bei dem Gericht eingehender Telebrief (zum Begriff vgl. BGHZ 87, 63, 64) oder ein unmittelbar an das Gericht übertragenes Telefax als wirksame schriftliche Erklärung anzusehen ist, sofern die Kopiervorlage erkennbar ordnungsgemäß unterschrieben ist (vgl. BGHZ aaO. S. 65; BGH, Beschl. v. 6.10.1988 - VII ZB 17/88, NJW 1989, 589; Beschl. v. 12.12.1990 - XII ZB 64/90, VersR 1991, 894, 895).
Die in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze können jedoch auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragen werden. In den vorerwähnten Fällen von Rechtsmitteleinlegung oder Übermittlung bestimmender Schriftsätze geht es darum, ob von einer Partei (oder ihrem Bevollmächtigten) mittels technischer Übertragungsmittel abgegebene Erklärungen, für die aufgrund prozessualer Vorschriften Schriftlichkeit und somit grundsätzlich handschriftliche Unterzeichnung durch die verantwortliche Person erforderlich sind, als mit der körperlichen Übermittlung des Originalschreibens gleichwertig angesehen werden können. Im Gegensatz hierzu handelt es sich im Streitfall um den nach § 80 Abs. 1 ZPO in bestimmter Weise ("durch eine schriftliche Vollmacht"; vgl. § 420 ZPO) vorgeschriebenen Nachweis, daß die als Bevollmächtigter einer Partei auftretende Person tatsächlich von dieser Partei bevollmächtigt worden ist. Dieser Nachweis kann, wenn er wie hier durch schriftliche Vollmacht zu erbringen ist, nur durch Vorlage der Urkunde selbst - gegebenenfalls in beglaubigter Form (§ 80 Abs. 2 ZPO) - geführt werden. Denn insoweit geht es nicht um die (rechtzeitige) Einreichung eines Schriftsatzes unter Wahrung der Schriftform mittels moderner Übertragungsmittel, sondern um den Nachweis eines tatsächlichen Geschehens mittels Schriftstücken, die ihrer Funktion, Beweis zu erbringen, auch gerecht werden können. Schriftstücke, die lediglich die Kopie einer Urkunde über ein solches Geschehen - hier der Bevollmächtigung - enthalten (Fotokopien, Telefaxe) genügen dem nicht. Um solche Kopien geht es im Streitfall. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei den vorgelegten Schriftstücken um Telefaxe. Möglich ist aber auch, daß es sich, da eine Absenderkennung auf den Schriftstücken nicht enthalten ist, lediglich um Kopien oder um Kopien von Kopien handelt. Mit derartigen Schriftstücken kann der Nachweis der Bevollmächtigung nicht geführt werden (vgl. BFH BB 1987, 1027, 1028; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 52. Aufl., § 80 Rdn. 11; zur Notwendigkeit der Vorlage der Vollmacht im Original vgl. auch BFH BB 1991, 2363, 2364).
Dem steht nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - worauf sich die Revision beruft - Prozeßvollmacht auch durch Telegramm erteilt werden kann (BFH BB 1987, 2012), erst recht also auch durch ein Telefax (vgl. BGHZ 87, 63, 65). Denn diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs betrifft nicht die Anforderungen an den Nachweis einer Bevollmächtigung, sondern die ganz andere Frage der Zulässigkeit einer Vollmachtserteilung durch technische Übertragungsmittel anstelle der Übermittlung des Originalschreibens. Demgemäß betrifft sowohl die vorerwähnte Entscheidung des Bundesfinanzhofs als auch eine weitere Entscheidung desselben Gerichts, die sich auf eine im Telebriefverfahren übermittelte Vollmacht bezieht (BFH BB 1989, 2179), allein die Frage der Wirksamkeit einer Vollmachtserteilung mittels der angeführten technischen Verfahren und nicht den Nachweis der Bevollmächtigung, um den es im Streitfall geht. Dieser Nachweis kann, auch soweit die Vollmacht durch Telegramm, Telebrief oder Telefax zulässigerweise erteilt werden kann, auf entsprechende Rüge des Gegners (§ 88 ZPO) nur durch Einreichung der schriftlichen (Original-)Vollmacht (§ 80 Abs. 1 ZPO), gegebenenfalls durch öffentliche Beglaubigung der Vollmachtsurkunde (§ 80 Abs. 2 ZPO), geführt werden.
3.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Beklagte habe nach Vorlage der in Rede stehenden Kopien nicht mehr bestritten, daß die Anwälte der Klägerin von dieser bevollmächtigt worden seien. Bei diesem Vorbringen übersieht die Revision, daß die Beklagte den Mangel der Bevollmächtigung der Rechtsanwälte der Klägerin gerügt hat und daß sie davon später auch nicht erkennbar abgerückt ist, sondern - nach Vorlage der von der Klägerin zum Nachweis der Bevollmächtigung ihrer Anwälte vorgelegten Kopien - geltend gemacht hat, daß eine Vorlage der Vollmachtsurkunden im Original erforderlich sei.
4.
Die Revision macht ferner geltend, daß jedenfalls das Berufungsgericht die Berufung nicht ohne weiteres als unzulässig hätte verwerfen dürfen, sondern hätte prüfen müssen, ob eine einstweilige Zulassung der Rechtsanwälte der Klägerin zur Prozeßführung in Betracht kam; darüber enthalte das Berufungsurteil keinerlei Gründe (§ 551 Nr. 7 ZPO). Auch diese Beanstandung bleibt ohne Erfolg. Die von der Revision vermißte einstweilige Zulassung ist stillschweigend erfolgt, wie die prozeßleitende Verfügung vom 21. Februar 1992, mit der der Einzelrichter eine Frist zur Beibringung der Vollmacht gesetzt hat, erkennen läßt. Demgemäß war das Berufungsgericht auch nicht gehindert, nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist und nachdem die für die Klägerin auftretenden Rechtsanwälte auch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ihre Bevollmächtigung nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen hatten, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
II.
Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1456464 |
BGHZ, 266 |
BB 1994, 1525 |
NJW 1994, 2298 |
ZIP 1994, 1214 |