Leitsatz (amtlich)
- Art. 13 Abs. 3 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 13) vom 26. März 1998 (BGBl I S. 610) ist mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar.
- Zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG gehört die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung. In diesen Bereich darf die akustische Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung (Art. 13 Abs. 3 GG) nicht eingreifen. Eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zwischen der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und dem Strafverfolgungsinteresse findet insoweit nicht statt.
- Nicht jede akustische Überwachung von Wohnraum verletzt den Menschenwürdegehalt des Art. 13 Abs. 1 GG.
- Die auf die Überwachung von Wohnraum gerichtete gesetzliche Ermächtigung muss Sicherungen der Unantastbarkeit der Menschenwürde enthalten sowie den tatbestandlichen Anforderungen des Art. 13 Abs. 3 GG und den übrigen Vorgaben der Verfassung entsprechen.
- Führt die auf eine solche Ermächtigung gestützte akustische Wohnraumüberwachung gleichwohl zur Erhebung von Informationen aus dem absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung, muss sie abgebrochen werden und Aufzeichnungen müssen gelöscht werden; jede Verwertung solcher Informationen ist ausgeschlossen.
- Die Vorschriften der Strafprozessordnung zur Durchführung der akustischen Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf den Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), den vom Rechtsstaatsprinzip umfassten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in vollem Umfang.
Nachgehend
Tenor
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen Art. 13 Abs. 3 bis 6 GG sowie gegen Vorschriften der Strafprozessordnung, mit denen die akustische Überwachung von Wohnungen zu Strafverfolgungszwecken ermöglicht wird.
I.
1. Der Einführung der akustischen Wohnraumüberwachung zu Strafverfolgungszwecken ging eine langjährige kontroverse Diskussion in der Öffentlichkeit über den so genannten Großen Lauschangriff voraus.
Vor dem Hintergrund neuer Erscheinungsformen der Kriminalität, insbesondere der Organisierten Kriminalität, ist seit Beginn der 1990er Jahre immer wieder ein Bedarf für das Abhören von Wohnungen zur Aufklärung von Straftaten geltend gemacht worden. Entsprechende Gesetzesinitiativen blieben jedoch zunächst erfolglos. Mit dem Gesetz vom 15. Juli 1992 (BGBl I S. 1302), das Maßnahmen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität enthielt, wurde zwar eine Ermächtigung zum Abhören von Gesprächen außerhalb von Wohnungen in die Strafprozessordnung aufgenommen. Eine im Gesetzentwurf zunächst vorgesehene Befugnis zum Abhören von Wohnraumgesprächen im Beisein eines nicht offen ermittelnden Beamten wurde hingegen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken fallen gelassen.
Auch nach dieser Änderung der Strafprozessordnung wurde die öffentliche Diskussion über die Einführung von Befugnissen zur akustischen Wohnraumüberwachung fortgesetzt. Weitgehend bestand Einigkeit darüber, dass die gesetzliche Ermöglichung derartiger Ermittlungsmaßnahmen einer Grundgesetzänderung bedurfte. Umstritten blieben aber die rechtliche Zulässigkeit sowie die kriminalpolitische Notwendigkeit dieser Ermittlungsmaßnahme.
2. Im Oktober 1997 wurden von den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P. gemeinsam diejenigen Gesetzentwürfe eingebracht, die schließlich zur Änderung des Grundgesetzes und zur Einführung der entsprechenden Befugnisse in die Strafprozessordnung führten. Die Änderung des Art. 13 GG wurde mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 13) vom 26. März 1998 (BGBl I S. 610) vorgenommen. In Art. 13 GG wurden die Absätze 3 bis 6 eingefügt. Der bisherige Absatz 3 wurde Absatz 7.
a) Art. 13 Abs. 3 GG sieht nunmehr die Befugnis zur akustischen Überwachung von Wohnungen zum Zwecke der Strafverfolgung vor. Überwachungsobjekt darf nur eine Wohnung sein, in der sich der Beschuldigte vermutlich aufhält. Ferner ist Voraussetzung, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht einer durch Gesetz im Einzelnen zu bestimmenden besonders schweren Straftat begründen und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos ist. Verfassungsrechtlich geregelt wurde die Pflicht, die Maßnahme zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Lediglich bei Gefahr im Verzug darf sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.
Art. 13 Abs. 3 GG lautet:
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.
Der neue Absatz 4 des Art. 13 GG betrifft den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung von Wohnungen zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Diese Ermächtigung ist nicht auf das Abhören beschränkt. Art. 13 Abs. 5 GG regelt den Einsatz technischer Mittel zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen und die Verwertung der dabei erlangten Erkenntnisse. Art. 13 Abs. 6 GG verpflichtet die Bundesregierung zu einem jährlichen Bericht an den Bundestag über die zu Strafverfolgungszwecken erfolgten Wohnraumüberwachungen sowie über die präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachungen im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder haben eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle zu gewährleisten.
b) Auf der Grundlage des geänderten Art. 13 Abs. 3 GG ist das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 (BGBl I S. 845) ergangen. Zentrale Norm der einfachgesetzlichen Ausgestaltung, die durch Art. 2 dieses Gesetzes erfolgte, ist § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO. Danach darf das in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochene Wort eines Beschuldigten mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass er eine der in der Vorschrift bezeichneten Straftaten, der so genannten Katalogtaten, begangen hat. Der Katalog enthält insbesondere Deliktstatbestände, die für das Phänomen der Organisierten Kriminalität als typisch angesehen werden. Hinzu kommen einzelne Staatsschutzdelikte. Die Überwachungsmaßnahme ist nur zulässig zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Täters, sofern dies auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme darf sich nach § 100c Abs. 2 Satz 1 StPO nur gegen den Beschuldigten selbst richten. Allerdings stellt § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO ausdrücklich klar, dass auch Wohnungen anderer Personen abgehört werden dürfen, sofern – bei gleichem Verdachtsgrad – zu vermuten ist, dass der Beschuldigte sich in diesen Wohnungen aufhält.
§ 100c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 3 StPO lautet in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität:
(1) Ohne Wissen des Betroffenen
…
3. darf das in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochene Wort des Beschuldigten mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand
a) eine Geldfälschung, eine Wertpapierfälschung (§§ 146, 151, 152 des Strafgesetzbuches) oder eine Fälschung von Zahlungskarten und Vordrucken für Euroschecks (§ 152a des Strafgesetzbuches),
einen schweren Menschenhandel nach § 181 Abs. 1 Nr. 2, 3 des Strafgesetzbuches,
einen Mord, einen Totschlag oder einen Völkermord (§§ 211, 212, 220a des Strafgesetzbuches),
eine Straftat gegen die persönliche Freiheit (§§ 234, 234 a, 239 a, 239b des Strafgesetzbuches),
einen Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches) oder einen schweren Bandendiebstahl (§ 244a des Strafgesetzbuches),
einen schweren Raub (§ 250 Abs. 1 oder Abs. 2 des Strafgesetzbuches), einen Raub mit Todesfolge (§ 251 des Strafgesetzbuches) oder eine räuberische Erpressung (§ 255 des Strafgesetzbuches),
eine Erpressung (§ 253 des Strafgesetzbuches) unter den in § 253 Abs. 4 Satz 2 des Strafgesetzbuches genannten Voraussetzungen,
eine gewerbsmäßige Hehlerei, eine Bandenhehlerei (§ 260 des Strafgesetzbuches) oder eine gewerbsmäßige Bandenhehlerei (§ 260a des Strafgesetzbuches),
eine Geldwäsche, eine Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte nach § 261 Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuches,
eine Bestechlichkeit (§ 332 des Strafgesetzbuches) oder eine Bestechung (§ 334 des Strafgesetzbuches),
b) eine Straftat nach § 52a Abs. 1 bis 3, § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, Satz 2 des Waffengesetzes, § 34 Abs. 1 bis 6 des Außenwirtschaftsgesetzes oder nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
c) eine Straftat nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen oder eine Straftat nach §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, § 30a oder § 30b des Betäubungsmittelgesetzes,
d) Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80 bis 82, 85, 87, 88, 94 bis 96, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
e) eine Straftat nach § 129 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1, § 129a des Strafgesetzbuches oder
f) eine Straftat nach § 92a Abs. 2 oder § 92b des Ausländergesetzes oder nach § 84 Abs. 3 oder § 84a des Asylverfahrensgesetzes
begangen hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen sich nur gegen den Beschuldigten richten. Gegen andere Personen sind Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 dürfen gegen andere Personen nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit dem Täter in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, dass die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 3 dürfen nur in Wohnungen des Beschuldigten durchgeführt werden. In Wohnungen anderer Personen sind Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 3 nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der Beschuldigte sich in diesen aufhält, die Maßnahme in Wohnungen des Beschuldigten allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters führen wird und dies auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre.
(3) Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
Zwischenzeitlich ist § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO mehrfach geändert worden, ohne dass dadurch die Ermächtigung in grundsätzlicher Weise modifiziert worden ist. Durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches vom 26. Juni 2002 (BGBl I S. 2254) wurden in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a die Wörter “einen Mord, einen Totschlag oder einen Völkermord (§§ 211, 212, 220a des Strafgesetzbuches)” durch die Wörter “einen Mord, einen Totschlag (§§ 211, 212 des Strafgesetzbuches) oder einen Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches)” ersetzt. Durch Art. 3 Nr. 1 des Vierunddreißigsten Strafrechtsänderungsgesetzes – § 129b StGB vom 22. August 2002 (BGBl I S. 3390) wurde in § 100c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e nach der Angabe “§ 129a” die Angabe ”, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1,” eingefügt. Durch Art. 6 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970) wurden in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b die Wörter “eine Straftat nach § 52a Abs. 1 bis 3, § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, Satz 2 des Waffengesetzes” durch die Wörter “eine Straftat nach §§ 51, 52 Abs. 1 Nr. 1, 2 Buchstabe c und d, Abs. 5, 6 des Waffengesetzes” ersetzt. Durch Art. 2 des Fünfunddreißigsten Strafrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2838) wurden in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a nach dem Wort “Zahlungskarten” die Wörter “mit Garantiefunktion” eingefügt und die Angabe “§ 152a des Strafgesetzbuches” durch die Angabe “§ 152b des Strafgesetzbuches” ersetzt. Ferner wurden seit In-Kraft-Treten des § 100c StPO einige der in Absatz 1 Nr. 3 in Bezug genommenen Strafrechtsnormen geändert. Für das vorliegende Verfahren von Bedeutung ist insbesondere die Änderung von § 129a StGB durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2836).
Die Überwachung darf nach § 100d Abs. 2 StPO nur durch eine Staatsschutzkammer des Landgerichts, bei Gefahr im Verzug auch durch ihren Vorsitzenden angeordnet werden. Sie ist nach § 100d Abs. 4 Satz 1 StPO auf höchstens vier Wochen zu befristen. Eine begrenzte Verlängerung ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Für die Vernichtung der angefallenen Daten verweist § 100d Abs. 4 Satz 3 StPO auf Vorschriften über die Telefonüberwachung in § 100b StPO. Hinsichtlich des Abhörens und Aufzeichnens von Gesprächen des Beschuldigten mit Zeugnisverweigerungsberechtigten differenziert § 100d Abs. 3 StPO zwischen den in § 53 StPO genannten Berufsgeheimnisträgern und den nach den §§ 52 und 53a StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Angehörigen und Berufshelfern. Für Gespräche der Berufsgeheimnisträger gilt ein Beweiserhebungsverbot. Bei Angehörigen und Berufshelfern sieht die Regelung hingegen nur ein Beweisverwertungsverbot vor, das nicht absolut gilt, sondern ausdrücklich unter den Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit gestellt wird. § 100d Abs. 5 Satz 2 StPO regelt die Verwertung von Zufallserkenntnissen. Nach § 100d Abs. 6 StPO ist ein Rechtsmittel auch nach Beendigung der Maßnahme zulässig.
Die neuen Regelungen des § 100d StPO lauten:
(2) Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 dürfen nur durch die in § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte Strafkammer des Landgerichts angeordnet werden, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch durch den Vorsitzenden getroffen werden. Dessen Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von der Strafkammer bestätigt wird. § 100b Abs. 2 Satz 1 bis 3 gilt sinngemäß.
(3) In den Fällen des § 53 Abs. 1 ist eine Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 unzulässig. Dies gilt auch, wenn zu erwarten ist, dass sämtliche aus der Maßnahme zu gewinnenden Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen. In den Fällen der §§ 52 und 53a dürfen aus einer Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 gewonnene Erkenntnisse nur verwertet werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Bedeutung des zugrundeliegenden Vertrauensverhältnisses nicht außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhaltes oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters steht. Sind die zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer Teilnahme oder einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig, so ist Satz 1 unanwendbar; außerdem muss dieser Umstand bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Über die Verwertbarkeit entscheidet im vorbereitenden Verfahren das in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Gericht.
(4) Eine Anordnung nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 ist auf höchstens vier Wochen zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als vier Wochen ist zulässig, solange die Voraussetzungen für die Maßnahme fortbestehen. § 100b Abs. 4 und 6 gilt sinngemäß.
(5) Personenbezogene Informationen, die durch die Verwendung technischer Mittel nach § 100c Abs. 1 Nr. 2 erlangt worden sind, dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100a bezeichneten Straftat benötigt werden. Personenbezogene Informationen, die durch eine Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 erlangt worden sind, dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100c Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Straftat benötigt werden.
(6) Auch nach Erledigung einer Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 kann der Beschuldigte, in den Fällen des § 100c Abs. 2 Satz 5 auch der Inhaber dieser Wohnung, die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie der Art und Weise des Vollzugs beantragen. Vor Erhebung der öffentlichen Klage entscheidet das in Absatz 2 Satz 1 genannte, danach das mit der Sache befasste Gericht. Dieses kann über die Rechtmäßigkeit in der Entscheidung befinden, die das Verfahren abschließt.
§ 100e Abs. 1 StPO regelt die Pflicht der Staatsanwaltschaft, der jeweils zuständigen obersten Justizbehörde über Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO zu berichten. Im Rahmen des Berichts ist unter anderem auch auf den Erfolg der Maßnahme und die Benachrichtigung der Betroffenen oder auf die Gründe für ihr Unterbleiben einzugehen. Ferner konkretisiert § 100e Abs. 2 StPO die bereits durch Art. 13 Abs. 6 GG begründete Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag. § 100e StPO lautet:
(1) Die Staatsanwaltschaft berichtet der jeweils zuständigen obersten Justizbehörde spätestens drei Monate nach Beendigung einer Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der Maßnahme sowie über die erfolgte Benachrichtigung der Beteiligten oder die Gründe, aus denen die Benachrichtigung bislang unterblieben ist und den Zeitpunkt, in dem die Benachrichtigung voraussichtlich erfolgen kann. Nach Abschluss des Verfahrens wird der Bericht entsprechend ergänzt. Ist die Benachrichtigung nicht innerhalb von vier Jahren nach Beendigung der Maßnahme erfolgt, ist die Staatsanwaltschaft jährlich zur erneuten Vorlage eines entsprechenden Berichtes verpflichtet.
(2) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag auf der Grundlage von Ländermitteilungen jährlich über die durchgeführten Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3.
§ 100 f StPO betrifft die Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse. Die bei der Überwachung nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO ermittelten personenbezogenen Informationen dürfen grundsätzlich nur für Zwecke eines Strafverfahrens verwertet werden. Dieses kann das Verfahren sein, in dem die Maßnahme angeordnet wurde, oder ein anderes eine Katalogtat des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO betreffendes Strafverfahren (§ 100d Abs. 5 Satz 2 StPO). Absatz 1 lässt weiter in eingeschränktem Umfang die Verwertung auch für präventiv-polizeiliche Zwecke zu. § 100 f StPO sieht vor:
(1) Personenbezogene Informationen, die durch eine Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 ermittelt worden sind, dürfen nur für Zwecke eines Strafverfahrens (§ 100d Abs. 5 Satz 2) und zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit einer Person oder erhebliche Sach- oder Vermögenswerte verwendet werden.
(2) Sind personenbezogene Informationen durch eine polizeirechtliche Maßnahme erlangt worden, die der Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 entspricht, dürfen sie zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100c Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Straftat benötigt werden.
Schließlich wurden durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität die Vorschriften über die Benachrichtigung der Betroffenen teilweise neu gefasst. Die Benachrichtigungsregelung für Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO entspricht den für die Telefonüberwachung und das Abhören außerhalb von Wohnungen geltenden Vorschriften. Jedoch bedarf die Zurückstellung der Benachrichtigung in den Fällen des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO über sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme hinaus der richterlichen Zustimmung, für die bis zur Erhebung der öffentlichen Klage das für die Anordnung zuständige, danach das mit der Strafsache befasste Gericht zuständig ist. Die Unterlagen über die Maßnahme werden zunächst nicht zu den Akten genommen, sondern bei der Staatsanwaltschaft in einem gesonderten Vorgang oder in den Handakten verwahrt. Ihre Übernahme in die Hauptakten ist an die Benachrichtigung gekoppelt. Die Absätze 1 und 4 des § 101 StPO lauten derzeit wie folgt:
(1) Von den getroffenen Maßnahmen (§§ 81e, 99, 100a, 100b, 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 und 3, §§ 100d, 100 g und 100h) sind die Beteiligten zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, der öffentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben einer Person sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann. Erfolgt in den Fällen des § 100c Abs. 1 Nr. 3 die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Benachrichtigung der richterlichen Zustimmung. Vor Erhebung der öffentlichen Klage entscheidet das in § 100d Abs. 2 Satz 1 genannte, danach das mit der Sache befasste Gericht.
(4) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 und 3 werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.
II.
1. Die Beschwerdeführer zu 1 wenden sich mit ihrem Antrag unmittelbar gegen Art. 13 Abs. 3 bis 6 GG in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 1998. Weiter richtet sich ihre Verfassungsbeschwerde gegen die gesetzliche Ermächtigung zum elektronischen Abhören in Wohnräumen in § 100c Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 StPO sowie gegen die geänderten Benachrichtigungsvorschriften in § 101 Abs. 1 und 4 StPO. Die Beschwerdeführer sehen sich durch die angegriffenen Bestimmungen gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 und Art. 79 Abs. 3 sowie aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.
a) Sie führen aus, es sei ihnen nicht bekannt, ob gegen sie Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO bereits angeordnet worden seien. Nach den angegriffenen Regelungen könne von derartigen Maßnahmen weder vor noch während ihrer Durchführung Kenntnis genommen werden. Auch nach Beendigung der Maßnahme könne eine Benachrichtigung für Monate oder gar Jahre unterbleiben. Unter diesen Umständen sei die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Gesetz zulässig.
b) In der Sache machen die Beschwerdeführer geltend, dass die Grundgesetzänderung nicht die Anforderungen erfülle, die nach Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 GG an eine Verfassungsänderung zu stellen seien. Die Grundgesetzänderung diene – anders als es das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 15. Dezember 1970 (BVerfGE 30, 1) für die Änderung des Art. 10 GG festgestellt habe – nicht dem Schutz der Verfassung, sondern nur der Ermöglichung wirksamerer Strafverfolgung. Zwar sei auch die effektive Strafverfolgung ein wichtiges Rechtsgut. Sie rechtfertige aber selbst dann, wenn es um Schwerkriminalität gehe, keine elementaren Grundrechtseinschränkungen. Diese genügten nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Gegen die Geeignetheit der Maßnahme spreche bereits, dass sich das organisierte Verbrechen ohne weiteres auf die Abhörmaßnahmen einstellen könne. Zudem fehle es bisher an jeglichem Beleg für die Erforderlichkeit der akustischen Wohnraumüberwachung. Sie bleibe auch nach den ersten Erfahrungen mit diesem Instrument zweifelhaft. Ein Großteil der Maßnahmen sei nach den jährlichen Berichten der Bundesregierung für das Strafverfahren nicht relevant gewesen. Unter den Betroffenen sei zudem jeweils eine hohe Anzahl Nichtbeschuldigter. Eine derart geringe Relevanz könne die massive Grundrechtseinschränkung durch Art. 13 Abs. 3 bis 6 GG nicht rechtfertigen. Zu beanstanden seien in Ansehung des tief greifenden Grundrechtseingriffs auch die in Art. 13 Abs. 3 GG vorausgesetzte geringe Verdachtsschwelle (einfacher Tatverdacht) und die fehlende Bestimmtheit des Begriffs der besonders schweren Straftaten. Damit stehe das Grundrecht zur Disposition des einfachen Gesetzgebers, der den Straftatenkatalog nach Belieben gestalten und erweitern könne.
Ungeachtet dessen scheitere die Grundgesetzänderung vor allem daran, dass sie einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung berühre, der der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogen sei. Dies folge einerseits aus der Garantie des Wesensgehalts der Grundrechte und zum anderen aus dem Kern der Persönlichkeit als Teil der unantastbaren Würde des Menschen. In diesen Kernbereich werde durch die Grundgesetzänderung eingegriffen. Wenn man in seiner Wohnung nicht mehr sicher sein könne, im privaten und intimen Kreis, ja sogar bei Selbstgesprächen nicht belauscht zu werden, so bleibe vom Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nichts mehr übrig. Auf das Telefonieren und Briefeschreiben könne gegebenenfalls verzichtet werden, auf eine letzte Rückzugsmöglichkeit in der eigenen Wohnung nicht. Auch der Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 31, 296) sehe das Mithören und Verwerten von Wohnungsgesprächen als Eingriff in den Wesensgehalt und Kernbereich privater Lebensgestaltung an. Nach alledem handele es sich bei Art. 13 Abs. 3 bis 6 GG um verfassungswidriges Verfassungsrecht.
Darüber hinaus verstoße die Regelung der Benachrichtigungspflicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Die Benachrichtigung könne ohne richterliche Zustimmung bis zu sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme, mit richterlicher Zustimmung auch noch länger zurückgestellt werden. Es sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, dass sich die Betroffenen gegen unberechtigte Eingriffe in ihre Intimsphäre nicht zeitnah zum Eingriff wehren könnten. Die Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten verdeckten Ermittlers könne das Verfassungsgebot des effektiven Rechtsschutzes nicht außer Kraft setzen, da die Ausnahmeregelung des Art. 19 Abs. 4 Satz 3 GG nur Maßnahmen nach Art. 10 Abs. 2 GG erfasse.
Mit Schriftsatz vom 29. August 2001 haben die Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer zu 1a verstorben sei. Seine Ehefrau beabsichtige, als Alleinerbin des Verstorbenen das Verfassungsbeschwerdeverfahren fortzuführen.
2. Die Beschwerdeführer zu 2 wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und mittelbar gegen das Gesetz zur Änderung des Art. 13 GG. Sie rügen die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 und Art. 79 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG. Sie halten § 100c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 4 und 5, § 100d Abs. 2 bis 5, §§ 100e und 100 f sowie § 101 Abs. 1 und 4 StPO für verfassungswidrig.
a) Die Beschwerdeführer machen geltend, durch die angegriffenen gesetzlichen Bestimmungen unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen zu sein. § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO gestatte den Ermittlungsbehörden, unmittelbar und heimlich in verfassungsrechtlich geschützte Rechte der Beschwerdeführer einzugreifen, ohne dass gegen sie ein Verdacht der Beteiligung an einer strafbaren Handlung bestehe. Dadurch, dass § 101 StPO ein dauerhaftes Unterbleiben der Benachrichtigung ermögliche, schließe das Gesetz zudem eine gerichtliche Anfechtung der Einzelmaßnahmen aus. Ob die Beschwerdeführer etwas von dem Lauschangriff erführen und dagegen Rechtsmittel einlegen könnten, hänge völlig von Überlegungen der Exekutive und damit von Umständen ab, die die Beschwerdeführer nicht beeinflussen könnten. Dass eine Benachrichtigung überwiegend nicht stattfinde, zeigten die jährlichen Berichte der Bundesregierung an den Bundestag, wonach in 69 vom Hundert der Fälle keine Benachrichtigung erfolgt sei. Eine Erschöpfung des Rechtswegs sei danach nicht möglich, weil die Beschwerdeführer sonst darauf verwiesen wären, vorbeugende Unterlassungsklage zu erheben, ohne in der Lage zu sein, dazu konkrete Umstände vorzutragen. Es liege auf Grund ihrer persönlichen Verhältnisse und beruflichen Betätigung auch nicht außerhalb jeder plausiblen Wahrscheinlichkeit, dass sie Gegenstand eines Lauschangriffs würden oder bereits geworden seien. Es stelle sich als problematische Forderung dar, wenn sie zur Wahrung ihrer Grundrechte gehalten wären, von sich aus tatsächliche Umstände vorzutragen, die einen einfachen Tatverdacht gegen sie begründeten, und damit diejenige Ermittlungsmaßnahme ermöglichten, deren Verfassungswidrigkeit sie geltend machten.
b) Zur Begründetheit ihrer Verfassungsbeschwerde führen die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus:
Für die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen sei nicht nur von Bedeutung, ob diese dem Art. 13 GG in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 1998 entsprächen. Vorrangig sei vielmehr die Frage, ob die Verfassungsänderung ihrerseits mit dem Verfassungsgrundsatz der unverletzbaren Menschenwürde vereinbar sei. Das Bundesverfassungsgericht habe wiederholt darauf hingewiesen, dass es einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung geben müsse, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen sei. Dabei komme der Wohnung eine besondere Bedeutung zu.
Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings erhebliche Eingriffe in den privaten Bereich zugelassen. Folge man seiner so genannten Tagebuch-Entscheidung mit den außerordentlich weiten Einschränkungen der unantastbaren Privatsphäre, dann seien zumindest wirksame Vorkehrungen für den Grundrechtsschutz zu verlangen. Der Gesetzgeber müsse die erforderlichen Abwägungen unter Berücksichtigung des Gebots der Normenklarheit selbst vornehmen. Verfassungsrechtlich notwendig sei ferner eine nachträgliche Benachrichtigung über das Eindringen in die Privatsphäre, die allein eine gerichtliche Kontrolle in einem kontradiktorischen Verfahren gewährleiste. Die gesetzgeberische Verpflichtung zur Grundrechtssicherung sei umso größer, je näher die staatlichen Eingriffe auf den engsten Persönlichkeitsbereich einwirkten. Das heimliche Abhören eines vertraulich gesprochenen Worts in der eigenen Wohnung des Betroffenen sei der schärfste Grundrechtseingriff zur staatlichen Informationsgewinnung überhaupt. Der Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre erfordere, dass die Rechtsordnung schon hinsichtlich der Zulässigkeit des Abhörens sachgerecht unterscheide und nicht erst bei der Frage der Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse.
Diesen Grundsätzen würden die angegriffenen Vorschriften nicht gerecht. Art. 13 Abs. 3 GG ermögliche nicht nur einen Verstoß gegen grundlegende Persönlichkeitsrechte, sondern lasse auch eine Verletzung der Menschenwürde zu. Die Vorschrift löse sich schon nach ihrem Wortlaut von der angeblichen Zweckbestimmung des Lauschangriffs, da sie keinerlei Beschränkungen auf Straftaten der Organisierten Kriminalität enthalte. Ferner sei zu beanstanden, dass mit dem einfachen Anfangsverdacht und der unverhältnismäßigen Erschwerung der Ermittlungen eine sehr niedrige Eingriffsschwelle in Art. 13 Abs. 3 GG benannt werde, während weitaus weniger intensive Eingriffe nach der Strafprozessordnung einen dringenden Tatverdacht voraussetzten. Die Vorschrift erlaube darüber hinaus Grundrechtseingriffe zu Lasten von Personen, die keinerlei Anlass hierfür durch ihr eigenes Verhalten gegeben hätten. Der Wortlaut des Art. 13 Abs. 3 GG lasse es offen, ob das Abhören nur zulässig sei, wenn der Beschuldigte sich tatsächlich in der Wohnung aufhalte, oder ob allein die anfängliche Vermutung eines solchen Aufenthalts für ein weiteres Abhören ausreichend sei. Auch § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO enthalte insoweit keine Präzisierung. Die Unverhältnismäßigkeit der angegriffenen Vorschriften zeige sich auch anhand der jährlichen Berichte der Bundesregierung über die durchgeführten Lauschangriffe. Dabei falle nicht nur ins Gewicht, dass überwiegend Nichtbeschuldigte von den bisher durchgeführten Lauschangriffen betroffen gewesen seien. Nicht zu übersehen seien auch die geringe Anzahl bisher durchgeführter Ermittlungsmaßnahmen nach den angegriffenen Vorschriften und die noch geringere Zahl relevanter Erkenntnisse für die sich anschließenden Strafverfahren. Angesichts dieser praktischen Erfahrungen könne keine Rede davon sein, dass der große Lauschangriff ein unverzichtbares Instrument der Strafverfolgung sei, denn er habe in der Realität offenkundig keine signifikante Bedeutung erlangt.
Die auf der Grundlage des Art. 13 Abs. 3 und 6 GG eingeführten Vorschriften der Strafprozessordnung seien auch dann als verfassungswidrig anzusehen, wenn man entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht von einer Vereinbarkeit der Verfassungsänderung mit Art. 79 Abs. 3 GG ausgehe. Schon der Straftatenkatalog des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO gehe weit über den Bereich der besonders schweren Straftaten hinaus. Es handele sich zwar durchweg um Straftaten nicht unerheblicher Bedeutung, jedoch gefährdeten keineswegs alle Tatbestände die Grundsätze des Rechtsstaats in einer Weise, dass die Strafverfolgung dieser Taten schwerwiegende Grundrechtseingriffe der hier in Rede stehenden Art rechtfertigen könne. Die Vorschrift verstoße außerdem deshalb gegen Art. 13 Abs. 3 GG, weil sie über den Wortlaut der Grundrechtsnorm hinaus Eingriffe auch zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Täters zulasse. Die erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens eingefügten Verwertungsverbote bewirkten keinen hinreichenden Schutz nicht beschuldigter Dritter gegen die schwerwiegenden Grundrechtseingriffe. Mit dem wortreichen Verweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in § 100d Abs. 3 StPO habe sich der Gesetzgeber seiner Verantwortung entzogen und gegen das Gebot der Normenklarheit verstoßen. Insbesondere wenn es um das Belauschen eines Gesprächs von Ehepartnern gehe, die selbst nicht Beschuldigte seien, könne es keine Abwägung mit Strafverfolgungsinteressen geben, da jedenfalls dann der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betroffen sei.
Die angegriffenen Vorschriften verletzten ferner das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG und den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. § 100d Abs. 6 StPO sehe zwar eine nachträgliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Lauschangriffs vor. Dadurch, dass das Gesetz erlaube, eine Benachrichtigung auf Dauer zu unterlassen, würden die Betroffenen indes potentiell rechtlos gestellt. Komme das Gericht nach sechs Monaten zu dem Ergebnis, dass Gründe für einen weiteren Aufschub der Benachrichtigung gegeben seien, finde eine nochmalige gerichtliche Prüfung gemäß § 101 Abs. 1 StPO nicht mehr statt. Erst nach weiteren vier Jahren setze eine Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft ein, ohne dass das Gesetz jedoch eine Maximalfrist bestimme, nach deren Ablauf die Benachrichtigung zu erfolgen habe. Auch die Berichte der Bundesregierung seien hinreichender Beleg dafür, dass eine Benachrichtigung in der Praxis überwiegend unterbleibe. Die Regelung des Art. 13 Abs. 6 GG in Verbindung mit § 100e Abs. 2 StPO über den Bericht der Bundesregierung an den Bundestag schaffe keinen Ersatz für die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Sie lasse jede Präzisierung insbesondere hinsichtlich der Tatsachen vermissen, die der Bericht zu enthalten habe. Eine wirksame Kontrolle könne das zuständige Gremium des Bundestags schon deshalb nicht ausüben, weil ihm geheimhaltungsbedürftige Umstände, wie etwa die Gründe für die Zurückstellung der Benachrichtigung eines Betroffenen, nicht mitgeteilt würden. Mit Art. 103 Abs. 1 GG sei es unvereinbar, dass nach § 101 Abs. 1 Satz 3 StPO das Gericht der Hauptsache im Rahmen seiner Entscheidung über die Benachrichtigung vom Inhalt des Lauschprotokolls Kenntnis nehmen könne, der Angeklagte hiervon aber nichts erfahre. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass sich das Gericht bei seiner Urteilsfindung nicht von den durch das Lauschprotokoll bekannt gewordenen Tatsachen beeinflussen lasse.
Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 (BVerfGE 100, 313) zu den erweiterten Befugnissen des Bundesnachrichtendienstes machen die Beschwerdeführer außerdem mit Schriftsatz vom 17. Juli 1999 geltend, dass es der Gesetzgeber unterlassen habe, für die Weitergabe der aus dem Lauschangriff gewonnenen Informationen nach § 100d Abs. 5 Satz 2 und § 100 f Abs. 1 StPO eine Kennzeichnungspflicht vorzusehen. Auch die Vernichtungsregelung nach § 100d Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 100b Abs. 6 StPO halte einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand, weil danach diejenigen Unterlagen vernichtet werden könnten, die der Betroffene zum Nachweis der Rechtswidrigkeit eines gegen ihn gerichteten Lauschangriffs benötige.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben schriftlich Stellung genommen: das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, die Datenschutzbeauftragten der Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Richterbund und die Bundesfachgruppe Justiz der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft.
1. Das Bundesministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.
a) Prüfungsmaßstab für die Grundgesetzänderung sei allein Art. 79 Abs. 3 GG, der wegen seines Ausnahmecharakters eng auszulegen sei. Die Änderung des Art. 13 Abs. 3 GG eröffne keinen Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Die Grenze zwischen dem unantastbaren Kernbereich und dem dem staatlichen Zugriff offen stehenden Bereich des privaten Lebens lasse sich abstrakt nur schwer beschreiben. Sie könne letztlich nur auf Grund einer Abwägung zwischen hochrangigen Verfassungsgütern ermittelt werden. Die Einschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung beruhe auf einer Abwägung dieses Grundrechts mit dem ebenfalls hochrangigen Verfassungsgut einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung. Der Bedeutung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung habe der verfassungsändernde Gesetzgeber durch eine strikte Begrenzung der Eingriffsvoraussetzungen Rechnung getragen.
Der Eingriff sei auf besonders schwere Straftaten beschränkt worden. Von einer Bezugnahme auf die Organisierte Kriminalität sei abgesehen worden, weil es sich hierbei nicht um einen rechtstechnischen, sondern nur um einen deskriptiv-kriminalitätsphänomenologischen Begriff handele. Durch Art. 79 Abs. 3 GG sei es nicht geboten, die Verdachtsschwelle auf den dringenden Tatverdacht anzuheben. Der dringende Tatverdacht sei auf die Anordnung der Untersuchungshaft zugeschnitten. Für Ermittlungsmaßnahmen könne er nicht verlangt werden, da diese die Begründung eines für die Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Tatverdachts erst ermöglichen sollten. Durch das Erfordernis, dass sich der Beschuldigte in der Wohnung vermutlich aufhalte, und durch die strenge Subsidiarität werde der betroffene Personenkreis erheblich eingeschränkt. Art. 13 Abs. 3 GG dürfe zudem nicht isoliert aus seinem Wortlaut heraus ausgelegt werden. Bei der Entscheidung über den Einsatz technischer Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen müssten vielmehr die Grundrechte der Betroffenen berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber sei dem durch eine starke Begrenzung der Zulässigkeit der Maßnahme in Wohnungen Nichtbeschuldigter und durch Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote nachgekommen. Die Richter müssten darüber hinaus bei jeder Anordnung die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme überprüfen.
b) Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Regelungen des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität seien mit dem Grundgesetz ebenfalls vereinbar. § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO stehe mit Art. 13 Abs. 3 GG in Einklang. Bei den aufgeführten Delikten handele es sich um besonders schwere Straftaten. Der Umstand, dass der Straftatenkatalog weit gefasst worden sei, begründe keinen Verfassungsverstoß. Allerdings sei § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine akustische Überwachung von Wohnungen nicht in Betracht komme, wenn sich der Verdacht von vornherein auf ein Vergehen in einem minderschweren Fall richte. Auch § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO entspreche den Anforderungen des Art. 13 Abs. 3 GG für die Begrenzung des Eingriffs in das Grundrecht Nichtbeschuldigter.
Die Einschränkung der Benachrichtigungspflicht durch § 101 Abs. 1 StPO sei mit Art. 13 Abs. 3 sowie mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar. Die Vorschrift stelle klar, dass die Benachrichtigung nur aufgeschoben werde, nicht aber gänzlich unterbleiben dürfe. Die Zurückstellung der Benachrichtigung über sechs Monate hinaus sei zudem von einer richterlichen Zustimmung abhängig. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass es staatliche Aufgaben gebe, die zu ihrer Erfüllung der Geheimhaltung bedürften.
Bei der Regelung zum Schutze der Zeugnisverweigerungsrechte habe der Gesetzgeber eine sachgerechte Differenzierung vorgenommen. Grund für die Zeugnisverweigerungsrechte nach § 52 StPO sei nicht ein absolut geschütztes Vertrauensverhältnis, sondern die Rücksicht auf eine mögliche Zwangslage des Zeugen. Daher sei es nicht sachwidrig, dass der Gesetzgeber für diesen Personenkreis nur ein Beweisverwertungsverbot nach Maßgabe einer Abwägungsentscheidung vorgesehen habe. Die angegriffenen Regelungen genügten auch insgesamt dem Bestimmtheitsgebot. Eine weiter gehende Präzisierung der Voraussetzungen sei dem Gesetzgeber nicht möglich gewesen, weil die Maßnahmen in erheblichem Umfang auf Prognosen beruhten, die einer begrifflichen Fixierung nicht zugänglich seien. Den Richtern müsse die Möglichkeit verbleiben, den vielfältigen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen.
2. Die Bayerische Staatsregierung sieht die Verfassungsbeschwerden teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet an.
a) Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 1 sei unzulässig, soweit sie sich unmittelbar gegen das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes richte, da Art. 13 Abs. 3 GG erst der einfachgesetzlichen Umsetzung bedürfe und damit noch keine Rechtsbetroffenheit der Beschwerdeführer auslöse. Zulässigkeitsbedenken bestünden auch gegen die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 2. Hinsichtlich der in Art. 13 Abs. 6 GG, § 100e StPO enthaltenen Bestimmungen über die Berichtspflicht der Bundesregierung und der Staatsanwaltschaften fehle es an einer Betroffenheit in eigenen Rechten. Unzulässig sei die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 2 auch insoweit, als sie erstmalig mit nachgereichtem Schriftsatz vom 17. Juli 1999 die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in § 100d Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2, § 100 f StPO zum Gegenstand ihrer Ausführungen machten. Die Rüge sei insoweit verspätet.
b) Die Änderung des Art. 13 GG verstoße nicht gegen Art. 79 Abs. 3 GG. Die Ewigkeitsklausel solle nicht einen Wandel, sondern lediglich die Aushöhlung der Verfassung verhindern. Die Ermächtigung zur elektronischen Wohnraumüberwachung berühre nicht die unantastbare Menschenwürde. Die Annahme, dass alle in Wohnungen geführten Unterhaltungen zum unantastbaren Privatbereich gehörten, sei unhaltbar. Erst im konkreten Einzelfall und auf der Grundlage des verfassungskonkretisierenden Gesetzesrechts könnten die in Rede stehenden Gemeinwohlbelange des Schutzes vor Straftaten einerseits und das allgemeine Persönlichkeitsrecht andererseits gegeneinander abgewogen und zum Ausgleich gebracht werden. Wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber das Recht der räumlichen Privatsphäre in Sonderfällen einschränke, um eine im überragenden Interesse liegende Verfolgung besonders schwerer Straftaten zu ermöglichen, dann stelle er den Kerngehalt des Art. 13 Abs. 1 GG nicht zur Disposition, sondern lege ihn seiner Neugestaltung zu Grunde.
Auch die angegriffenen strafprozessualen Vorschriften seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Festlegung der besonders schweren Straftaten komme dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu. Art. 13 Abs. 3 GG schließe die Durchführung der Überwachung zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Täters nicht aus. Sie sei Bestandteil der Verfolgung einer Tat. Eine akustische Überwachung dürfe ausnahmslos nur auf den Beschuldigten zielen. Eingriffe in die Rechte Dritter seien zudem einem ultima ratio-Vorbehalt unterworfen. Die Datenvernichtungsvorschriften stellten eine zusätzliche Schutzmaßnahme dar, die die umfassenden Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote noch ergänzten. Das von den Beschwerdeführern gezeichnete Bild eines hemmungslosen Belauschens treffe nicht zu. Nach den bisherigen Erfahrungen sei davon auszugehen, dass nur äußerst selten von Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO Gebrauch gemacht werde.
Die Neufassung des § 101 StPO halte einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Der Gesetzgeber habe auf Grund einer zutreffenden Abwägung der betroffenen Rechtsgüter eine Zurückstellung der Benachrichtigung nach richterlicher Bestätigung vorgesehen. Die Benachrichtigungspflicht werde zusätzlich durch die Berichtspflichten nach § 100e StPO flankiert. Der Vorwurf der Beschwerdeführer, dass der dem Bundestag erstattete Bericht für eine Einzelfallkontrolle ungeeignet sei, gehe ins Leere, weil § 100e Abs. 2 StPO der gesetzgeberischen Beobachtung der Normeffizienz sowie der politischen Kontrolle diene, nicht aber eine nachgehende parlamentarische Rechtmäßigkeitsprüfung bezwecke. Die gegen die Zuständigkeitsbestimmung in § 101 Abs. 1 Satz 3 StPO erhobenen Einwände seien ebenfalls nicht berechtigt. Art. 103 Abs. 1 GG werde durch diese Vorschrift schon deshalb nicht verletzt, weil die Erkenntnisse aus der Wohnraumüberwachung im Falle der Fortdauer ihrer Geheimhaltung bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung außer Betracht blieben. Schließlich würden auch Möglichkeiten einer weiteren Verwendung der gewonnenen Daten präzise und bereichsspezifisch durch § 100d Abs. 5 Satz 2 und § 100 f StPO geregelt.
3. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz teilt mit, dass er die vorgenommenen Änderungen des Art. 13 GG mitgetragen habe. Den von ihm eingebrachten Empfehlungen sei im Wesentlichen Rechnung getragen worden. Das gelte insbesondere für die Beschränkung der Ermittlungsmaßnahme auf die Verfolgung besonders schwerer Straftaten. Die vorgesehenen Schutzvorkehrungen sehe er als ausreichend an. Auch die Benachrichtigungspflicht genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Durch die Notwendigkeit einer richterlichen Zustimmung für die weitere Zurückstellung einer Benachrichtigung könne einer willkürlichen Umgehung der Verpflichtung wirksam entgegengetreten werden. Eine zusätzliche Sicherung stelle die Berichtspflicht der Bundesregierung dar, die sich auch auf die Anzahl und die Gründe unterbliebener Benachrichtigungen beziehe.
4. Die Landesbeauftragten für den Datenschutz, die sich zu den Verfassungsbeschwerden geäußert haben, erheben demgegenüber verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angegriffenen Vorschriften. Die akustische Wohnraumüberwachung schränke die für die Verwirklichung des Persönlichkeitsrechts und eines menschenwürdigen Lebens unverzichtbare Möglichkeit ein, sich in eine Wohnung zurückzuziehen und von jedermann unbeobachtet zu kommunizieren. Der Erfahrungsbericht der Bundesregierung zu den Wirkungen der Wohnungsüberwachung zeige zudem, dass die Erforderlichkeit dieser Maßnahme bisher in keiner Weise begründet werden könne. Nicht mit Art. 13 Abs. 3 GG zu vereinbaren sei der Straftatenkatalog des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO, weil er sich entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe nicht auf besonders schwere Straftaten beschränke. Die in § 100d Abs. 3 StPO getroffene Regelung über die Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote bei Zeugnisverweigerungsberechtigten berücksichtige nicht, dass insbesondere die Unterhaltung von Eheleuten dem unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sei. § 101 Abs. 1 StPO bedürfe einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass zu den Beteiligten auch die unvermeidbar Mitbetroffenen gehörten. Die Vorschriften über die Verwertung von Zufallsfunden blieben hinter den datenschutzrechtlichen Standards zurück, weil nach § 100d Abs. 5 Satz 2, § 100 f StPO nur die Verwertung zu Beweiszwecken, nicht aber eine Verwertung als Ermittlungsansatz an den Verdacht einer Katalogtat gebunden sei.
5. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Grundgesetzänderung für vereinbar mit Art. 79 Abs. 3 GG. Die Verfassungsbeschwerden seien jedoch insoweit begründet, als die angegriffenen einfachgesetzlichen Regelungen nicht sicherstellten, dass die von Überwachungsmaßnahmen betroffenen Personen nach einem angemessenen Zeitraum benachrichtigt würden. Das Unterbleiben jeglicher Benachrichtigung sei die denkbare Konsequenz des § 101 StPO, der die Benachrichtigungspflicht umfassenden Einschränkungen unterwerfe. § 101 StPO verstoße deshalb gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Zu beanstanden sei außerdem, dass nach § 100d Abs. 3 Satz 4 StPO eine Überwachung des Gesprächs zwischen dem Beschuldigten und seinem Strafverteidiger bereits dann zulässig sei, wenn der Verdacht einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei bestehe. Dies widerspreche der Rechtsgarantie des unüberwachten mündlichen Verkehrs zwischen Verteidiger und Beschuldigtem. Eine Einschränkung komme nur in Betracht, wenn der Strafverteidiger einer Täterschaft oder Teilnahme an einer Katalogtat verdächtig sei.
6. Nach Auffassung des Deutschen Richterbundes bestehen keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angegriffenen Vorschriften. Mit dem Richtervorbehalt in § 100d Abs. 2 StPO habe der Gesetzgeber eine hinreichende verfahrensrechtliche Sicherung vorgesehen. Auch die ausgewählten Katalogtaten seien unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Vorwurfs nicht zu beanstanden.
7. Die Bundesfachgruppe Justiz der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft weist darauf hin, dass die Zweifel an der Erforderlichkeit des “Großen Lauschangriffs” und an der im Gesetzgebungsverfahren aufgestellten Behauptung, dieser sei ein unverzichtbares Mittel der Verbrechensbekämpfung, durch die geringe Zahl jährlicher Anordnungen bestätigt worden seien. Ungeachtet der bestehenden Bedenken gegen die materielle Eingriffsnorm komme der Ausgestaltung des Richtervorbehalts mit Blick auf die Eingriffstiefe der Maßnahme besondere Bedeutung zu. Hier seien über die gesetzlichen Regelungen hinaus zusätzliche Sicherungen verfassungsrechtlich geboten. Dem US-amerikanischen Vorbild entsprechend sollte das Prinzip der persönlichen Verantwortung der zuständigen Richter gegenüber den Betroffenen und der Öffentlichkeit bestehen. Das setze eine Verpflichtung der Staatsschutzkammer zur Verlaufs- und Erfolgskontrolle voraus. Die Kammer müsse auch die Befugnis zum jederzeitigen Abbruch der Abhörmaßnahme sowie zur Löschung dem Verwertungsverbot unterliegender Informationen haben. Notwendig sei schließlich eine Erhöhung der Prüfungs- und Begründungsanforderungen gerade bei Verlängerungen der Überwachungsmaßnahme.
IV.
In der mündlichen Verhandlung haben sich geäußert: die Beschwerdeführer, die Bundesregierung, der Generalbundesanwalt, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, die Datenschutzbeauftragten der Länder Berlin und Sachsen-Anhalt, der Deutsche Richterbund, die Bundesfachgruppe Justiz der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft sowie als Sachverständige Professor Dr. Kerner, Professor Dr. Pfeiffer, Privatdozent Dr. Kinzig, Oberstaatsanwalt Dr. Thiel und Vorsitzender Richter am Landgericht Schaberg.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind überwiegend zulässig.
I.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1a hat sich allerdings durch seinen Tod erledigt (vgl. BVerfGE 6, 389 ≪442 f.≫; 12, 311 ≪315≫). Die Fortführung des Verfahrens durch die Ehefrau als Alleinerbin ist nicht zulässig. Eine Rechtsnachfolge im Verfassungsbeschwerdeverfahren kommt grundsätzlich nicht in Betracht, weil diese Verfahrensart regelmäßig der Durchsetzung höchstpersönlicher Rechte dient. Ausnahmen sind im Hinblick auf solche Rügen zugelassen worden, die der Rechtsnachfolger im eigenen Interesse geltend machen kann (vgl. BVerfGE 6, 389 ≪442 f.≫; 17, 86 ≪90 f.≫; 23, 288 ≪300≫; 37, 201 ≪206≫; 69, 188 ≪201≫). Ein solches zur Fortführung der Verfassungsbeschwerde berechtigendes Interesse liegt bei der Ehefrau des verstorbenen Beschwerdeführers nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde verfolgt allein die Durchsetzung höchstpersönlicher Rechte des Verstorbenen.
Unter diesen Umständen ist lediglich auszusprechen, dass sich das Verfahren durch den Tod des Beschwerdeführers erledigt hat.
II.
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 2 gegen § 100d Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2, § 100 f Abs. 1 StPO ist unzulässig, weil sie insoweit nicht innerhalb der Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG erhoben worden ist.
Die angegriffenen Normen, in denen zum einen die Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse außerhalb des betreffenden Ermittlungsverfahrens und zum anderen die Vernichtung nicht mehr benötigter Daten geregelt werden, sind durch Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität in die Strafprozessordnung eingefügt worden. Das Gesetz ist nach seinem Art. 7 am 9. Mai 1998 in Kraft getreten. Erst mit Schriftsatz vom 17. Juli 1999 haben die Beschwerdeführer zu 2 die Regelungen über die Verwendung und Vernichtung der gewonnenen Daten zum Gegenstand ihrer Ausführungen gemacht.
Bei der Rüge handelt es sich nicht lediglich um eine nach Ablauf der Beschwerdefrist erfolgte Ergänzung des Vortrags in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, sondern um eine nach Fristablauf unzulässige Erweiterung des Verfahrensgegenstands. Nach § 92 BVerfGG bedarf es der genauen Bezeichnung des Hoheitsakts, der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden soll (vgl. BVerfGE 8, 141 ≪142≫). Bei Rechtsnormen reicht es daher regelmäßig nicht aus, das gesamte Gesetz zum Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zu machen. Notwendig ist vielmehr die exakte Bezeichnung der einzelnen mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Bestimmungen. Die genannten datenschutzrechtlichen Normen haben im ursprünglichen Verfassungsbeschwerdeschriftsatz jedoch noch keinerlei Erwähnung gefunden.
III.
Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig. Den Beschwerdeführern zu 1b und 2 fehlt insbesondere nicht die Beschwerdebefugnis. Diese setzt, wenn eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz erhoben wird, voraus, dass der Beschwerdeführer durch die angegriffene Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in Grundrechten betroffen ist (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪101 ff.≫; 100, 313 ≪354≫). Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf den Angriff gegen die Vorschriften der Strafprozessordnung erfüllt.
1. An einer unmittelbaren Betroffenheit fehlt es allerdings insoweit, als der Beschwerdeführer zu 1b neben den gesetzlichen Ausführungsbestimmungen der Strafprozessordnung unmittelbar auch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 26. März 1998 angreift. Der mit der Grundgesetzänderung eingefügte Art. 13 Abs. 3 GG gibt keine verfassungsunmittelbare Befugnis zum Grundrechtseingriff, sondern bedarf der Ausführung durch einfaches Gesetz. Die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Grundrechtsschranke hat der Gesetzgeber mit Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vorgenommen.
Die Gültigkeit der einfachgesetzlichen Regelungen, insbesondere der strafprozessualen Befugnis zur akustischen Wohnraumüberwachung in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO, hängt indessen von der Unbedenklichkeit der Grundgesetzänderung ab. Die gegen die Änderung des Art. 13 GG erhobenen Einwendungen sind unter diesen Umständen nicht als selbständige Rügen anzusehen, deren Unzulässigkeit gesondert festzustellen wäre, sondern als Anregung zur inzidenten Nachprüfung der Zulässigkeit der Verfassungsänderung, soweit sie für die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschriften von Bedeutung ist (vgl. BVerfGE 30, 1 ≪17≫). Diese Nachprüfung gehört zu der in diesem Verfahren dem Bundesverfassungsgericht gestellten Aufgabe.
2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1b und 2 erfüllen die genannte Zulässigkeitsvoraussetzung, soweit sie gegen die gesetzliche Ermächtigung zur akustischen Wohnungsüberwachung in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO und weitere in diesem Zusammenhang stehende Regelungen gerichtet sind.
a) Den Beschwerdeführern zu 1b und 2 steht die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die von ihnen angegriffenen gesetzlichen Regelungen zu.
Grundsätzlich ist Voraussetzung einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung, dass ein Akt der Rechtsanwendung zwischen die abstrakte gesetzliche Regelung und die Rechtssphäre der Beschwerdeführer tritt. Ein Beschwerdeführer, der das Gesetz selbst angreift, muss deshalb geltend machen können, gerade durch die angegriffene Rechtsnorm und nicht erst durch ihren Vollzug in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerfGE 16, 147 ≪158 f.≫; 68, 287 ≪300≫). Setzt das Gesetz zu seiner Durchführung rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen staatlichen Praxis einen besonderen, vom Willen der vollziehenden Stelle beeinflussten Vollziehungsakt voraus, muss der Beschwerdeführer grundsätzlich zunächst diesen Akt angreifen und den gegen ihn eröffneten Rechtsweg erschöpfen, bevor er die Verfassungsbeschwerde erhebt (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪102 f.≫).
Die Verfassungsbeschwerde kann sich jedoch ausnahmsweise unmittelbar gegen ein vollziehungsbedürftiges Gesetz richten, wenn der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht beschreiten kann, weil es ihn nicht gibt (vgl. BVerfGE 67, 157 ≪170≫) oder weil er keine Kenntnis von der Maßnahme erlangt (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪354≫). In solchen Fällen steht ihm die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Gesetz ebenso zu wie in jenen Fällen, in denen die grundrechtliche Beschwer ohne vermittelnden Vollzugsakt durch das Gesetz selbst eintritt (vgl. BVerfGE 30, 1 ≪16 f.≫; 67, 157 ≪169 f.≫; 100, 313 ≪354≫).
Beim Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Worts in Wohnungen handelt es sich um Maßnahmen, von denen der Betroffene weder vor noch während der Durchführung etwas erfährt, so dass fachgerichtlicher Rechtsschutz insoweit nicht in Anspruch genommen werden kann. Der Umstand, dass § 101 Abs. 1 StPO eine nachträgliche Benachrichtigung der Beteiligten von den getroffenen Maßnahmen vorsieht, steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Ihre Erhebung unmittelbar gegen das Gesetz ist nicht nur dann zulässig, wenn nach der gesetzlichen Regelung die Betroffenen zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von einem heimlichen Vollzugsakt erhalten, sondern darüber hinaus auch dann, wenn eine nachträgliche Bekanntgabe zwar vorgesehen ist, von ihr aber auf Grund weit reichender Ausnahmetatbestände auch langfristig abgesehen werden kann. Unter diesen Umständen ist ebenfalls nicht gewährleistet, dass der Betroffene effektiven fachgerichtlichen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern ≪MVVerfG≫, LKV 2000, S. 345 ≪346≫). Solche Ausnahmetatbestände enthält § 101 Abs. 1 StPO, nach dem die Benachrichtigung erst erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, von Leib und Leben einer Person, der öffentlichen Sicherheit sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten, nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann. Insbesondere nach den beiden zuletzt genannten Alternativen kann die Mitteilung an die Betroffenen auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen sein.
b) Die Beschwerdeführer zu 1b und 2 sind auch selbst und gegenwärtig durch die angegriffenen Vorschriften betroffen.
Die Möglichkeit der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit ist grundsätzlich erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird (vgl. BVerfGE 67, 157 ≪169 f.≫; 100, 313 ≪354≫). Der geforderte Grad der Wahrscheinlichkeit wird davon beeinflusst, welche Möglichkeit der Beschwerdeführer hat, seine Betroffenheit darzulegen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪355 f.≫). So ist bedeutsam, ob die Maßnahme auf einen tatbestandlich eng umgrenzten Personenkreis zielt (dazu vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, DVBl 2001, S. 1057) oder ob sie eine große Streubreite hat und Dritte auch zufällig erfassen kann. Darlegungen, durch die sich der Beschwerdeführer selbst einer Straftat bezichtigen müsste, dürfen zum Beleg der eigenen gegenwärtigen Betroffenheit nicht verlangt werden.
In diesem Sinne genügen die Darlegungen der Beschwerdeführer zum Nachweis persönlicher und gegenwärtiger Betroffenheit, da von ihnen geführte Gespräche Gegenstand einer auf § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO beruhenden Vollzugsmaßnahme werden können. Betroffener ist jeder, in dessen Persönlichkeitsrechte durch die akustische Wohnraumüberwachung eingegriffen wird, auch wenn er nicht Zielperson der Anordnung ist.
Die Möglichkeit, Objekt einer akustischen Wohnraumüberwachung zu werden, besteht praktisch für jedermann und damit auch für die Beschwerdeführer. Der akustischen Überwachung unterliegt nicht nur die eigene Wohnung des Beschuldigten. Es dürfen nach § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO auch sämtliche dem Wohnungsbegriff unterfallende Räumlichkeiten Dritter überwacht werden, sofern sich der Beschuldigte darin vermutlich aufhält. Damit können Wohnungsinhaber betroffen werden, die selbst unter Tatverdacht stehen, aber auch solche, die lediglich mit einem Beschuldigten in Kontakt stehen, ohne in die verfolgten Straftaten verwickelt zu sein. Der Überwachung ausgesetzt sind schließlich diejenigen Personen, die sich als unverdächtige Dritte in der Wohnung des Beschuldigten oder eines anderen, von einer Anordnung betroffenen, Wohnungsinhabers aufhalten. Maßnahmen dürfen nach § 100c Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit zulässig, teilweise begründet. Zwar erfüllt die in Art. 13 Abs. 3 GG vorgenommene Verfassungsänderung die Anforderungen des Art. 79 GG. Die angegriffenen Vorschriften der Strafprozessordnung stehen demgegenüber nicht in vollem Umfang im Einklang mit dem Grundgesetz.
I.
Der durch Verfassungsänderung eingefügte Art. 13 Abs. 3 GG ist verfassungsgemäß.
1. Art. 13 Abs. 3 GG erlaubt eine Beschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG. Dieses Grundrecht verbürgt dem Einzelnen einen elementaren Lebensraum und gewährleistet das Recht, in ihm in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 32, 54 ≪75≫; 42, 212 ≪219≫; 51, 97 ≪110≫). Art. 13 Abs. 1 GG schützt die räumliche Privatsphäre insbesondere in Gestalt eines Abwehrrechts (vgl. BVerfGE 7, 230 ≪238≫; 65, 1 ≪40≫). Die Norm enthält das an Träger der öffentlichen Gewalt gerichtete grundsätzliche Verbot, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in die Wohnung einzudringen und darin zu verweilen (vgl. BVerfGE 76, 83 ≪89 f.≫), aber auch Abhörgeräte in der Wohnung zu installieren oder sie dort zu benutzen (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪40≫).
Im Zeitpunkt der Schaffung des Grundgesetzes diente das Grundrecht des Art. 13 Abs. 1 GG primär dem Schutz des Wohnungsinhabers vor unerwünschter physischer Anwesenheit eines Vertreters der Staatsgewalt. Seitdem sind neue Möglichkeiten für Gefährdungen des Grundrechts hinzu gekommen. Die heutigen technischen Gegebenheiten erlauben es, in die räumliche Sphäre auch auf andere Weise einzudringen. Der Schutzzweck der Grundrechtsnorm würde vereitelt, wenn der Schutz vor einer Überwachung der Wohnung durch technische Hilfsmittel, auch wenn sie von außerhalb der Wohnung eingesetzt werden, nicht von der Gewährleistung des Absatzes 1 umfasst wäre. Art. 13 Abs. 3 GG schafft demnach eine konstitutive Beschränkung des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG.
2. Art. 13 Abs. 3 GG ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
Art. 13 Abs. 3 GG ist durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 26. März 1998, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ergänzt hat, in das Grundgesetz eingefügt worden (vgl. Art. 79 Abs. 1 GG). Das verfassungsändernde Gesetz ist gemäß Art. 79 Abs. 2 GG mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit des Bundestags und des Bundesrats verabschiedet worden.
3. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat auch die materiellrechtlichen Grenzen beachtet, die durch das Grundgesetz einer Verfassungsänderung gezogen sind.
a) Art. 79 Abs. 3 GG verbietet Verfassungsänderungen, durch welche die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden. Zu ihnen gehört das Gebot der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), aber auch das Bekenntnis zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit (Art. 1 Abs. 2 GG). In Verbindung mit der in Art. 1 Abs. 3 GG enthaltenen Verweisung auf die nachfolgenden Grundrechte sind deren Verbürgungen insoweit der Einschränkung durch den Gesetzgeber grundsätzlich entzogen, als sie zur Aufrechterhaltung einer dem Art. 1 Abs. 1 und 2 GG entsprechenden Ordnung unverzichtbar sind (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪121≫).
Ebenso sind grundlegende Elemente des Rechts- und des Sozialstaatsprinzips, die in Art. 20 Abs. 1 und 3 GG zum Ausdruck kommen, zu achten.
Art. 79 Abs. 3 GG ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die den verfassungsändernden Gesetzgeber nicht hindert, die positivrechtlichen Ausprägungen dieser Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪120 f.≫; 94, 49 ≪102 f.≫). Das Bundesverfassungsgericht hat das Recht des verfassungsändernden Gesetzgebers zu respektieren, einzelne Grundrechte zu ändern, einzuschränken oder sogar aufzuheben, sofern er die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze nicht berührt. Aus sachgerechten Gründen erfolgende Modifikationen der positivrechtlichen Ausprägung dieser Grundsätze sind dem Gesetzgeber nicht verwehrt (vgl. BVerfGE 94, 49 ≪103 f.≫). Was im Rahmen einzelner Grundrechte zum Gewährleistungsinhalt des Art. 1 Abs. 1 GG gehört, ist durch Auslegung der jeweiligen Grundrechtsnorm eigenständig zu bestimmen.
Verfassungsänderungen sind nicht an der Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG zu messen. Diese Garantie bindet den einfachen, nicht aber den verfassungsändernden Gesetzgeber. Eine Antastung des Wesensgehalts im Sinne von Art. 19 Abs. 2 GG kann zwar im Einzelfall zugleich den von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Menschenwürdegehalt eines Grundrechts beeinträchtigen. Der Wesensgehalt ist aber nicht mit dem Menschenwürdegehalt eines Grundrechts gleichzusetzen. Eine mögliche Kongruenz im Einzelfall ändert nichts daran, dass Maßstab für eine verfassungsändernde Grundrechtseinschränkung allein der durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Menschenwürdegehalt eines Grundrechts ist.
b) Art. 13 Abs. 3 GG ist mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar.
Der Maßstab der Menschenwürde ist mit dem Blick auf die spezifische Situation näher zu konkretisieren, in der es zum Konfliktfall kommen kann. Die akustische Überwachung von Wohnräumen zu Strafverfolgungszwecken verletzt nicht generell den Menschenwürdegehalt von Art. 13 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Allerdings können Art und Weise der Durchführung der Wohnraumüberwachung zu einer Situation führen, in der die Menschenwürde verletzt ist. Dem wirkt Art. 13 Abs. 3 GG durch ausdrückliche rechtliche Vorkehrungen entgegen; hinzu kommen weitere durch Verfassungsauslegung ermittelte Vorgaben. Die verfassungsrechtliche Ermächtigung zur Einführung der akustischen Wohnraumüberwachung in Art. 13 Abs. 3 GG verstößt daher nicht gegen Art. 79 Abs. 3 GG, denn die erforderliche gesetzliche Regelung kann und muss sicherstellen, dass die Menschenwürde im Einzelfall nicht verletzt wird. Die Ermächtigung des Art. 13 Abs. 3 GG umfasst nur den Erlass von Normen, die dies gewährleisten.
aa) Die Menschenwürde ist tragendes Konstitutionsprinzip und oberster Verfassungswert (vgl. BVerfGE 6, 32 ≪36≫; 45, 187 ≪227≫; 72, 105 ≪115≫). Der Gewährleistungsgehalt dieses auf Wertungen verweisenden Begriffs bedarf der Konkretisierung. Dies geschieht in der Rechtsprechung in Ansehung des einzelnen Sachverhalts mit dem Blick auf den zur Regelung stehenden jeweiligen Lebensbereich und unter Herausbildung von Fallgruppen und Regelbeispielen (vgl. zu Art. 100 BV etwa Bayerischer Verfassungsgerichtshof, BayVBl 1982, S. 47 ≪50≫). Dabei wird der Begriff der Menschenwürde häufig vom Verletzungsvorgang her beschrieben (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪104≫; 27, 1 ≪6≫; 30, 1 ≪25≫; 72, 105 ≪115 ff.≫). Anknüpfend an die Erfahrungen in der Zeit des Nationalsozialismus standen in der Rechtsprechung zunächst Erscheinungen wie Misshandlung, Verfolgung und Diskriminierung im Zentrum der Überlegungen. Es ging insbesondere, wie das Bundesverfassungsgericht in einer seiner ersten Entscheidungen formulierte, um den Schutz vor “Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung usw.” (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪104≫). Später wurde die Menschenwürdegarantie im Hinblick auf neue Gefährdungen maßgebend, so in den 1980er Jahren für den Missbrauch der Erhebung und Verwertung von Daten (vgl. BVerfGE 65, 1). Im Zusammenhang der Aufarbeitung des Unrechts aus der Deutschen Demokratischen Republik wurde die Verletzung von Grundsätzen der Menschlichkeit unter anderem bei der Beschaffung und Weitergabe von Informationen zum Gegenstand der Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 93, 213 ≪243≫). Gegenwärtig bestimmen insbesondere Fragen des Schutzes der personalen Identität und der psychisch-sozialen Integrität die Auseinandersetzungen über den Menschenwürdegehalt.
(1) Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass es mit der Würde des Menschen nicht vereinbar ist, ihn zum bloßen Objekt der Staatsgewalt zu machen (vgl. BVerfGE 30, 1 ≪25 f. und 39 ff.≫; 96, 375 ≪399≫). So darf ein Straftäter nicht unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wert- und Achtungsanspruchs behandelt und dadurch zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung und Strafvollstreckung gemacht werden (vgl. BVerfGE 45, 187 ≪228≫; 72, 105 ≪116≫).
Allerdings sind der Leistungskraft der Objektformel auch Grenzen gesetzt (vgl. BVerfGE 30, 1 ≪25≫). Der Mensch ist nicht selten bloßes Objekt nicht nur der Verhältnisse und der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern auch des Rechts, dem er sich zu fügen hat. Die Menschenwürde wird nicht schon dadurch verletzt, dass jemand zum Adressaten von Maßnahmen der Strafverfolgung wird, wohl aber dann, wenn durch die Art der ergriffenen Maßnahme die Subjektqualität des Betroffenen grundsätzlich in Frage gestellt wird. Das ist der Fall, wenn die Behandlung durch die öffentliche Gewalt die Achtung des Wertes vermissen lässt, der jedem Menschen um seiner selbst willen zukommt. Solche Maßnahmen dürfen auch nicht im Interesse der Effektivität der Strafrechtspflege und der Wahrheitserforschung vorgenommen werden.
Dabei führt ein heimliches Vorgehen des Staates an sich noch nicht zu einer Verletzung des absolut geschützten Achtungsanspruchs. Wird jemand zum Objekt einer Beobachtung, geht damit nicht zwingend eine Missachtung seines Wertes als Mensch einher. Bei Beobachtungen ist aber ein unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung zu wahren (zu dessen Garantie vgl. BVerfGE 6, 32 ≪41≫; 27, 1 ≪6≫; 32, 373 ≪378 f.≫; 34, 238 ≪245≫; 80, 367 ≪373≫). Würde der Staat in ihn eindringen, verletzte dies die jedem Menschen unantastbar gewährte Freiheit zur Entfaltung in den ihn betreffenden höchstpersönlichen Angelegenheiten. Selbst überwiegende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff in diesen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGE 34, 238 ≪245≫).
(2) Der Schutz der Menschenwürde wird auch in dem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG konkretisiert. Die Unverletzlichkeit der Wohnung hat einen engen Bezug zur Menschenwürde und steht zugleich im nahen Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Gebot unbedingter Achtung einer Sphäre des Bürgers für eine ausschließlich private – eine “höchstpersönliche” – Entfaltung. Dem Einzelnen soll das Recht, in Ruhe gelassen zu werden, gerade in seinen Wohnräumen gesichert sein (vgl. BVerfGE 75, 318 ≪328≫; siehe auch BVerfGE 51, 97 ≪110≫).
Zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört die Möglichkeit, innere Vorgänge wie Empfindungen und Gefühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher Art zum Ausdruck zu bringen, und zwar ohne Angst, dass staatliche Stellen dies überwachen. Vom Schutz umfasst sind auch Gefühlsäußerungen, Äußerungen des unbewussten Erlebens sowie Ausdrucksformen der Sexualität. Die Möglichkeit entsprechender Entfaltung setzt voraus, dass der Einzelne über einen dafür geeigneten Freiraum verfügt. Auch die vertrauliche Kommunikation benötigt ein räumliches Substrat jedenfalls dort, wo die Rechtsordnung um der höchstpersönlichen Lebensgestaltung willen einen besonderen Schutz einräumt und die Bürger auf diesen Schutz vertrauen. Das ist regelmäßig die Privatwohnung, die für andere verschlossen werden kann. Verfügt der Einzelne über einen solchen Raum, kann er für sich sein und sich nach selbst gesetzten Maßstäben frei entfalten. Die Privatwohnung ist als “letztes Refugium” ein Mittel zur Wahrung der Menschenwürde. Dies verlangt zwar nicht einen absoluten Schutz der Räume der Privatwohnung, wohl aber absoluten Schutz des Verhaltens in diesen Räumen, soweit es sich als individuelle Entfaltung im Kernbereich privater Lebensgestaltung darstellt.
(3) Dieser Schutz darf nicht durch Abwägung mit den Strafverfolgungsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden (vgl. BVerfGE 34, 238 ≪245≫; vgl. auch BVerfGE 75, 369 ≪380≫; 93, 266 ≪293≫). Zwar wird es stets Formen von besonders gravierender Kriminalität und entsprechende Verdachtssituationen geben, die die Effektivität der Strafrechtspflege als Gemeinwohlinteresse manchem gewichtiger erscheinen lässt als die Wahrung der menschlichen Würde des Beschuldigten. Eine solche Wertung ist dem Staat jedoch durch Art. 1 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 GG verwehrt.
bb) Die akustische Wohnraumüberwachung zu Strafverfolgungszwecken verstößt dann gegen die Menschenwürde, wenn der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht respektiert wird.
Ob ein Sachverhalt dem unantastbaren Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon ab, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist, also auch in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367 ≪374≫). Maßgebend sind die Besonderheiten des jeweiligen Falles (vgl. BVerfGE 34, 238 ≪248≫; 80, 367 ≪374≫). Entscheidend ist, ob eine Situation gegeben ist, in der auf Grund von konkreten Hinweisen oder typischerweise und ohne gegenteilige tatsächliche Anhaltspunkte im Einzelfall der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen wird, etwa im Zuge der Beobachtung von Äußerungen innerster Gefühle oder von Ausdrucksformen der Sexualität.
cc) Die Ermächtigung zur gesetzlichen Einführung der akustischen Wohnraumüberwachung in Art. 13 Abs. 3 GG verstößt nicht gegen Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, da sie nur gesetzliche Regelungen und darauf aufbauende Maßnahmen ermöglicht, die diese Grenzen wahren. Begrenzungen der verfassungsrechtlichen Ermächtigung sind zum einen in Art. 13 Abs. 3 GG enthalten, ergeben sich darüber hinaus aus anderen im Zuge systematischer Verfassungsauslegung heranzuziehenden Verfassungsnormen. Soweit Elemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedeutsam werden, stellen sie nicht die Absolutheit des Schutzes der Menschenwürde in Frage. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist vielmehr nur dort als weitere Einschränkung heranzuziehen, wo eine Abhörmaßnahme die Menschenwürde nicht verletzt. Entsprechende Begrenzungen der Ermächtigung zur akustischen Wohnraumüberwachung zielen dabei allerdings auch darauf, das Risiko der Verletzung des Menschenwürdegehalts des Art. 13 Abs. 3 GG bei der Durchführung der Maßnahmen auszuschließen.
(1) Art. 13 Abs. 3 GG regelt materielle und formelle Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit des Eingriffs.
Die akustische Überwachung nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 GG ist nur zur Verfolgung von im Gesetz einzeln bestimmten, besonders schweren Straftaten zulässig, wenn ein auf sie gerichteter Verdacht durch bestimmte Tatsachen begründet wird (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 4 ff.). Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat dabei vor allem Straftaten in den Blick genommen, die typischerweise durch organisiert vorgehende Banden, insbesondere durch zur so genannten Organisierten Kriminalität gehörende Täter, begangen werden (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 4; 13/9660, S. 3). Die Aufklärung solcher Straftaten erschöpft sich regelmäßig nicht in der Möglichkeit der Erhebung der öffentlichen Anklage, einer Verurteilung und der Vollstreckung der Strafe. Wird das vom verfassungsändernden Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien angestrebte Ziel erreicht, in den Kernbereich solcher Organisierten Kriminalität einzudringen und die Aufhellung ihrer Strukturen zu ermöglichen, besteht die Chance, dass dies mittelbar zugleich der Verhütung von weiteren Straftaten dient.
Zudem verlangt Art. 13 Abs. 3 GG, dass die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos ist. Dadurch wird im Verfassungstext selbst klargestellt, dass die Abhörmaßnahme als besonders schwerer Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Wohnung ultima ratio der Strafverfolgung ist. Die Überwachung einer Wohnung kommt im Übrigen nur in Betracht, wenn und solange der Beschuldigte sich vermutlich in ihr aufhält.
Die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen hat der verfassungsändernde Gesetzgeber durch das Erfordernis einer richterlichen Anordnung der Überwachungsmaßnahme zusätzlich verfahrensmäßig abgesichert. Er hat dabei vorgesehen, dass die Anordnung grundsätzlich durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper getroffen wird und zu befristen ist.
(2) In Art. 13 Abs. 3 GG sind nicht alle Grenzen ausdrücklich beschrieben, die sich für die Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung zum Zwecke der Strafverfolgung aus dem Gebot ergeben, den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung absolut zu schützen. Weitere Grenzen ergeben sich – wie bei allen Grundrechtsnormen – aus anderen Verfassungsbestimmungen. Der verfassungsändernde Gesetzgeber ist auch bei Modifikationen von Grundrechtsnormen nicht gehalten, alle ohnehin maßgebenden verfassungsrechtlichen Regeln erneut zu normieren. Der Überprüfung am Maßstab des Art. 79 Abs. 3 GG unterliegt dementsprechend Art. 13 Abs. 3 GG in Verbindung mit solchen anderen verfassungsrechtlichen Vorgaben.
(a) Die durch Verfassungsänderung eingefügten Grundrechtsschranken sind daher in systematischer Interpretation unter Rückgriff auf andere Grundrechtsnormen, insbesondere Art. 1 Abs. 1 GG, und unter Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auszulegen (vgl. BVerfGE 30, 1 ≪20 f.≫). Die Grenzen der Auslegung von Verfassungsrecht liegen auch für eine durch Verfassungsänderung geschaffene Norm dort, wo einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Vorschrift ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm grundlegend neu bestimmt oder das normative Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt würde (vgl. BVerfGE 11, 77 ≪84 f.≫; 33, 52 ≪69≫; 54, 277 ≪299≫; 82, 1 ≪11 ff.≫).
(b) Für die Annahme der Überschreitung dieser Grenzen gibt es vorliegend keinen Anhalt. Denn Art. 13 Abs. 3 GG ermächtigt nur zu einer gesetzlichen Ausgestaltung, die den von Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Eingriffsgrenzen hinreichend Rechnung trägt. Ergänzend ist auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zurückzugreifen. Eine solche Auslegung steht nicht im Widerspruch zum Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers.
Zwar bestanden in den Beratungen zur Verfassungsänderung erhebliche Kontroversen über die zu schaffenden rechtlichen Anforderungen an eine akustische Wohnraumüberwachung, und Bemühungen um Modifikationen der letztlich beschlossenen Fassung des Art. 13 Abs. 3 GG waren nicht erfolgreich. Darin manifestierte sich aber nicht der Wille des verfassungsändernden Gesetzgebers, weitere Konkretisierungen durch andere Verfassungsnormen auszuschließen. So wurde im Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags zu dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Art. 13 GG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die elektronische Wohnraumüberwachung von vornherein ausscheide, wenn ein Sachverhalt dem durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung unterfalle. Beispielhaft hierfür wurden das seelsorgerliche Gespräch und das höchstpersönliche Gespräch mit engsten Familienangehörigen genannt. Hinzugefügt wurde, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur zur Anwendung komme, wenn der absolut geschützte Kernbereich nicht betroffen sei. Für diesen Fall wurde auf die weitere Notwendigkeit verwiesen, die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Eingriffs umso strenger zu handhaben, je intensiver sich die Überwachung im Einzelfall auswirkt (vgl. BTDrucks 13/9660, S. 4). Diese Erwägungen zeigen, dass auch der verfassungsändernde Gesetzgeber von der Notwendigkeit einer restriktiven, insbesondere an der Menschenwürde orientierten Auslegung des Art. 13 Abs. 3 GG ausgegangen ist. Dabei hat er angenommen, dass diese Anforderung auch ohne weitere ausdrückliche Vorkehrungen in dem ohnehin sehr detaillierten Art. 13 Abs. 3 GG erfüllt ist.
Die Ablehnung von Anträgen auf die Aufnahme weiterer Beschränkungen in Art. 13 Abs. 3 GG, insbesondere von Zeugnisverweigerungsrechten, bedeutete nicht, dass dadurch die Maßgeblichkeit der Menschenwürdegarantie im Rahmen der veränderten Verfassungsbestimmung in Frage gestellt wurde. Entsprechende Aussagen finden sich auch nicht in den Protokollen der parlamentarischen Beratungen. Die Maßgeblichkeit anderer Verfassungsnormen neben Art. 13 Abs. 3 GG ist vielmehr ausdrücklich hervorgehoben worden, so beispielsweise durch den Abgeordneten Schily, als er ausführte, dass bei der Entscheidung, ob eine akustische Überwachungsmaßnahme stattfinden darf, Art. 1 GG zu beachten sei; dies könne dazu führen, dass sie von vornherein unterbleiben müsse (vgl. MdB Schily, 214. Sitzung des 13. Deutschen Bundestags vom 16. Januar 1998, Sten.Ber. Band 191, S. 19549). Der Abgeordnete hat auch im Übrigen zum Ausdruck gebracht, dass in Art. 13 Abs. 3 GG nicht solche verfassungsrechtliche Garantien aufgeführt werden müssten, die ohnehin gelten (vgl. MdB Schily, 197. Sitzung des 13. Deutschen Bundestags vom 9. Oktober 1997, Sten.Ber. Band 189, S. 17694).
(c) Art. 13 Abs. 3 GG ist dahingehend zu verstehen, dass seine gesetzliche Ausgestaltung die Erhebung von Informationen durch die akustische Überwachung von Wohnungen dort ausschließen muss, wo die Ermittlungsmaßnahme in den durch Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unantastbaren Bereich der privaten Lebensgestaltung vordringen würde.
dd) Erforderlich sind dementsprechend gesetzliche Regelungen, die unter Beachtung des Grundsatzes der Normenklarheit sicherstellen, dass die Art und Weise der akustischen Wohnraumüberwachung nicht zu einer Verletzung der Menschenwürde führt. Die Überwachung muss in Situationen von vornherein unterbleiben, in denen Anhaltspunkte bestehen, dass die Menschenwürde durch die Maßnahme verletzt wird. Führt die akustische Wohnraumüberwachung im Übrigen unerwartet zur Erhebung von absolut geschützten Informationen, muss sie abgebrochen werden, und die Aufzeichnungen müssen gelöscht werden; jede Verwendung solcher im Rahmen der Strafverfolgung erhobener absolut geschützter Daten ist ausgeschlossen.
(1) Vorkehrungen zum Schutz der Menschenwürde sind nicht nur in Situationen gefordert, in denen der Einzelne mit sich allein ist, sondern auch dann, wenn er mit anderen kommuniziert (vgl. BVerfGE 6, 389 ≪433≫; 35, 202 ≪220≫). Der Mensch als Person, auch im Kernbereich seiner Persönlichkeit, verwirklicht sich notwendig in sozialen Bezügen (vgl. BVerfGE 80, 367 ≪374≫). Die Zuordnung eines Sachverhalts zum unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung oder – soweit dieser nicht betroffen ist – zum Sozialbereich, der unter bestimmten Voraussetzungen dem staatlichen Zugriff offen steht, kann daher nicht danach vorgenommen werden, ob eine soziale Bedeutung oder Beziehung überhaupt besteht; entscheidend ist vielmehr, welcher Art und wie intensiv sie im konkreten Fall ist (vgl. BVerfGE 80, 367 ≪374≫).
(2) Gespräche, die Angaben über begangene Straftaten enthalten, gehören ihrem Inhalt nach nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung an (vgl. BVerfGE 80, 367 ≪375≫). Daraus folgt jedoch nicht, dass bereits jedwede Verknüpfung zwischen dem Verdacht einer begangenen Straftat und den Äußerungen des Beschuldigten zur Bejahung des Sozialbezugs ausreicht. Aufzeichnungen oder Äußerungen im Zwiegespräch, die zum Beispiel ausschließlich innere Eindrücke und Gefühle wiedergeben und keine Hinweise auf konkrete Straftaten enthalten, gewinnen nicht schon dadurch einen Gemeinschaftsbezug, dass sie Ursachen oder Beweggründe eines strafbaren Verhaltens freizulegen vermögen. Ein hinreichender Sozialbezug besteht demgegenüber bei Äußerungen, die sich unmittelbar auf eine konkrete Straftat beziehen.
(3) Ein Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in Wohnungen hat zur Vermeidung von Eingriffen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu unterbleiben, wenn sich jemand allein oder ausschließlich mit Personen in der Wohnung aufhält, zu denen er in einem besonderen, den Kernbereich betreffenden Vertrauensverhältnis steht – etwa mit Familienangehörigen oder sonstigen engsten Vertrauten – und es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, dass die zu erwartenden Gespräche nach ihrem Inhalt einen unmittelbaren Bezug zu Straftaten aufweisen. Zwar gehören nicht sämtliche Gespräche, die ein Einzelner mit seinen engsten Vertrauten in der Wohnung führt, zum Kernbereich privater Lebensgestaltung. Im Interesse der Effektivität des Schutzes der Menschenwürde spricht aber eine Vermutung dafür. Abhörmaßnahmen sind ausgeschlossen, wenn es wahrscheinlich ist, dass mit ihnen absolut geschützte Gespräche erfasst werden.
(4) Für die Einordnung eines Sachverhalts ist der Inhalt des Gesprächs maßgeblich. Gewissheit über die Zuordnung zum Bereich des Höchstpersönlichen oder zum Sozialbereich ist regelmäßig erst mit der Erhebung der Information zu erlangen. Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung fordert, dass vor Maßnahmen akustischer Wohnraumüberwachung tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sind, aus denen zumindest in typisierender Weise geschlossen werden kann, dass das Gespräch nicht den Bereich des Höchstpersönlichen betrifft. Die Ermittlungsmaßnahme muss dort unterbleiben, wo das Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in Wohnungen mit Wahrscheinlichkeit zu einer Kernbereichsverletzung führen wird.
Die Strafverfolgungsbehörden haben dementsprechend vor Beginn einer Maßnahme im Rahmen der von ihnen vorzunehmenden Prognose mögliche Indikatoren für kernbereichsrelevante Handlungen in der zu überwachenden Wohnung zu beachten. Dies ist auch praktisch möglich.
(a) Erste Anhaltspunkte zur Einschätzung der Situation können sich aus der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten ergeben.
(aa) So haben die in Betriebs- und Geschäftsräumen geführten Gespräche regelmäßig geschäftlichen Charakter und somit typischerweise einen Sozialbezug (vgl. BVerfGE 34, 238 ≪248≫). Gespräche in Räumen, die ausschließlich zu betrieblichen oder geschäftlichen Zwecken genutzt werden, nehmen zwar am Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG teil, betreffen bei einem fehlenden Bezug des konkreten Gesprächs zum Persönlichkeitskern aber nicht den Menschenwürdegehalt des Grundrechts. Geschäftsräumen ist nach ihrer Zweckbestimmung eine größere Offenheit nach außen eigen (vgl. BVerfGE 32, 54 ≪75≫). Ihnen fehlt regelmäßig die Vertrautheit und Geborgenheit der Privatwohnung. Dementsprechend ist es gerechtfertigt, sie in typisierender Betrachtung als geringer geschützt anzusehen als Privaträume. Werden hier gleichwohl höchstpersönliche Gespräche geführt, so setzt der absolute Schutz allerdings ein, wenn dies konkret erkennbar wird.
Anders sind Räume einzuordnen, die sowohl dem Arbeiten als auch dem Wohnen dienen. Für sie trifft die Vermutung des rein geschäftlichen Charakters der in Arbeitsräumen geführten Gespräche nicht zu. Gleiches gilt für Räume, die der Ausübung von Berufen dienen, die ein besonderes, den Bereich des Höchstpersönlichen betreffendes Vertrauensverhältnis voraussetzen.
(bb) Eine Vermutung für Gespräche aus dem unantastbaren Kernbereich besteht für Räume, denen typischerweise oder im Einzelfall die Funktion als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung zukommt. Innerhalb der Privatwohnung ist eine Unterscheidung nach den einzelnen Räumen allerdings regelmäßig nicht durchführbar. Auch höchstpersönliche Handlungen und Gespräche müssen nicht auf bestimmte Räume innerhalb der Privatwohnung beschränkt sein. Der Einzelne sieht im Allgemeinen jeden Raum seiner Wohnung als gleich überschaubar an und fühlt sich überall gleich unbeobachtet. Es widerspricht der Vielfalt individueller Nutzung einer Privatwohnung, die Handlungen nach einzelnen Räumen typisiert einzuordnen. Daher ist es ausgeschlossen, den Kernbereich der räumlichen Privatsphäre auf bestimmte Teile einer Privatwohnung festzulegen.
(b) Auch ist zu berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit, durch Überwachungsmaßnahmen in den Kernbereich der Persönlichkeit einzudringen, davon beeinflusst wird, wer sich in der zu überwachenden Wohnung aufhält.
Ein gewichtiger Anhaltspunkt für die Menschenwürderelevanz des Gesprächsinhalts ist die Anwesenheit von Personen des höchstpersönlichen Vertrauens. Der Einzelne konstituiert seine Persönlichkeit in erster Linie im Wechselspiel mit anderen, also in der Kommunikation. Ehe und Familie haben insoweit für die Kommunikation im höchstpersönlichen Bereich, gerade auch im Intimbereich, eine besondere Bedeutung. So fußt eine in der ehelichen Vertrautheit besonders leicht mögliche thematisch unbegrenzte Kommunikation mit dem Ehepartner auf der Erwartung, dass der Vorgang nicht von Außenstehenden zur Kenntnis genommen werden kann. Nichts anderes gilt für Gespräche mit anderen engsten Familienangehörigen, etwa Geschwistern und Verwandten in gerader Linie, insbesondere wenn sie im selben Haushalt leben. Neben Art. 13 Abs. 1 GG kommt hier auch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zum Tragen.
Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung umfasst auch die Kommunikation mit anderen Personen des besonderen Vertrauens (vgl. BVerfGE 90, 255 ≪260≫). Deren Kreis deckt sich nur teilweise mit den in §§ 52 und 53 StPO genannten Zeugnisverweigerungsberechtigten. Die aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung folgenden Abhörverbote sind nicht identisch mit den strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechten. So ist § 52 StPO nicht zum Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen den dort genannten Angehörigen und Beschuldigten geschaffen worden. Vorrangig soll vielmehr auf die Zwangslage des Zeugen Rücksicht genommen werden, der einer Wahrheitspflicht unterliegt und befürchten muss, einem Angehörigen zu schaden. Das Zeugnisverweigerungsrecht knüpft zudem an das formale Kriterium des Verwandtschaftsverhältnisses und nicht an ein besonderes Vertrauensverhältnis an, wie es insbesondere auch zu engen persönlichen Freunden bestehen kann.
§ 53 StPO schützt zwar seinem Grundgedanken nach das Vertrauensverhältnis zwischen dem Zeugen und dem Beschuldigten. Jedoch erfolgt auch dieser Schutz nicht in allen Fällen des § 53 StPO um der Menschenwürde des Beschuldigten oder der Gesprächspartner willen. Diese Annahme trifft allerdings auf das seelsorgerliche Gespräch mit einem Geistlichen zu. So gehört der Schutz der Beichte oder der Gespräche mit Beichtcharakter zum verfassungsrechtlichen Menschenwürdegehalt der Religionsausübung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Auch dem Gespräch mit dem Strafverteidiger kommt die zur Wahrung der Menschenwürde wichtige Funktion zu, darauf hinwirken zu können, dass der Beschuldigte nicht zum bloßen Objekt im Strafverfahren wird. Arztgespräche können im Einzelfall dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sein (vgl. BVerfGE 32, 373 ≪379≫). Die Zeugnisverweigerungsrechte der Presseangehörigen und der Parlamentsabgeordneten weisen demgegenüber keinen unmittelbaren Bezug zum Kernbereich privater Lebensgestaltung auf. Sie werden um der Funktionsfähigkeit der Institutionen willen und nicht wegen des Persönlichkeitsschutzes des Beschuldigten gewährt.
(5) Ein Abhören von Privatwohnungen hat sich, selbst wenn es grundsätzlich zulässig ist, auf Gesprächssituationen zu beschränken, die mit Wahrscheinlichkeit strafverfahrensrelevante Inhalte umfassen. Gegebenenfalls ist durch geeignete Vorermittlungen, die den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung unberührt lassen, zu sichern, dass die akustische Wohnraumüberwachung auf verfahrensrelevante Vorgänge in der Wohnung begrenzt bleibt. Nicht etwa darf in den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung eingegriffen werden, um erst festzustellen, ob die Informationserhebung diesen Bereich betrifft.
Eine zeitliche und räumliche “Rundumüberwachung” wird regelmäßig schon deshalb unzulässig sein, weil die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass dabei höchstpersönliche Gespräche abgehört werden. Die Menschenwürde wird auch verletzt, wenn eine Überwachung sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und derart umfassend ist, dass nahezu lückenlos alle Bewegungen und Lebensäußerungen des Betroffenen registriert werden und zur Grundlage für ein Persönlichkeitsprofil werden können (zu diesem Risiko vgl. BVerfGE 65, 1 ≪42 f.≫).
(6) Soweit nicht wegen hinreichender äußerer Anzeichen für die wahrscheinliche Erfassung absolut geschützter Gespräche ein Verbot der Durchführung einer akustischen Wohnraumüberwachung besteht, dürfen Gespräche des Beschuldigten daraufhin abgehört werden, ob sie der strafprozessualen Verwertung zugängliche Informationen enthalten. Eine für die Bewertung des Gesprächsinhalts unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Menschenwürde erforderliche erste “Sichtung” ist unter diesen Voraussetzungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gebotene größtmögliche Zurückhaltung ist aber durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen (vgl. BVerfGE 80, 367 ≪375, 381≫). So kann es der Schutz des Art. 1 Abs. 1 GG erforderlich machen, bei dem Abhören einer Privatwohnung auf eine nur automatische Aufzeichnung der abgehörten Gespräche zu verzichten, um jederzeit die Ermittlungsmaßnahme unterbrechen zu können.
Sollte im Rahmen einer Wohnraumüberwachung eine Situation eintreten, die dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen ist, muss die Überwachung abgebrochen werden. Dennoch erfolgte Aufzeichnungen sind zu vernichten. Die Weitergabe und Verwertung der gewonnenen Informationen sind untersagt. Art. 13 Abs. 3 GG ist dahingehend auszulegen, dass bei entsprechenden Aufzeichnungen Beweisverwertungsverbote bestehen müssen (zur verfassungsrechtlichen Verankerung solcher Gebote vgl. BVerfGE 44, 353 ≪383 f.≫; vgl. auch BVerfGE 34, 238 ≪245 ff.≫).
c) Art. 13 Abs. 3 GG verletzt auch nicht Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit. Deshalb bedarf es keiner Klärung, wie weit Art. 79 Abs. 3 GG Elemente des Rechtsstaatsprinzips für unabänderlich erklärt.
Art. 13 Abs. 3 GG schränkt den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht ein, sondern lässt seine Geltung auch für die akustische Wohnraumüberwachung unberührt und enthält zudem Konkretisierungen, die ihm Rechnung tragen.
Das Gebot eines fairen Verfahrens wird durch Art. 13 Abs. 3 GG nicht beeinträchtigt. Dieser Grundsatz umfasst das Recht auf Aussage- und Entschließungsfreiheit innerhalb des Strafverfahrens, das unter anderem in den §§ 136a, 163a Abs. 4 Satz 2 StPO seinen Niederschlag gefunden hat. Dazu gehört, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. BVerfGE 56, 37 ≪49≫). Eine derartige Einflussnahme auf das Gespräch fehlt in Bezug auf die heimlich erfolgende akustische Wohnraumüberwachung.
Die Heimlichkeit von Maßnahmen der Strafverfolgung verstößt als solche auch nicht gegen das im Gebot des fairen Verfahrens wurzelnde Täuschungsverbot. Das heimliche Abhören nutzt zwar eine Fehlvorstellung des Betroffenen in Bezug auf die Abgeschirmtheit der Wohnung aus. Die Äußerung des Beschuldigten beruht vielmehr auf seiner freiwilligen Entscheidung. Nicht freiwillig ist allerdings die Kenntnisgabe dieser Äußerung an die Staatsgewalt. Ermittlungen in Heimlichkeit sind aber eine unabdingbare Voraussetzung des Erfolgs einer Reihe von Maßnahmen der Strafverfolgung, die nicht allein deshalb rechtsstaatswidrig sind.
II.
Die gesetzliche Ermächtigung zur Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung in § 100c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 3 StPO sowie die Regelung der Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote in § 100d Abs. 3 StPO tragen den Anforderungen, die nach Art. 13 Abs. 1 und 3 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG im Hinblick auf den Schutz des unantastbaren Bereichs privater Lebensgestaltung, auf die Ausgestaltung des Straftatenkatalogs und auf die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Übrigen zu stellen sind, nicht hinreichend Rechnung. Sie sind nur teilweise mit dem Grundgesetz vereinbar.
1. Maßstab zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in der Strafprozessordnung enthaltenen Ermächtigungen zur akustischen Wohnraumüberwachung sind vor allem Art. 13 Abs. 1 und 3 GG und daneben Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Von den durch die Normen ermöglichten Maßnahmen können aber auch andere Grundrechte, wie insbesondere Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, betroffen sein.
a) Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht kommt neben Art. 13 Abs. 1 GG allerdings nicht zur Anwendung, soweit Eingriffe in die räumliche Privatsphäre des Wohnungsinhabers zu überprüfen sind.
Art. 13 Abs. 1 GG enthält eine spezielle Gewährleistung des Schutzes vor staatlicher akustischer Überwachung der räumlichen Privatsphäre, die die allgemeinere Vorschrift insoweit verdrängt (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪358≫ zu Art. 10 GG). Diese Spezialität wirkt sich wegen des weiten Schutzbereichs von Art. 13 GG nicht nur gegenüber der staatlichen Überwachung selbst aus, sondern erstreckt sich auch auf notwendige Vorbereitungsakte und auf den Informations- und Datenverarbeitungsprozess, der sich an die Erhebung anschließt, sowie auf den Gebrauch, der von den erlangten Kenntnissen gemacht wird (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪359≫).
Mit dem Recht, in der Wohnung ungestört zu sein, und dem Recht am eigenen in der Wohnung gesprochenen Wort schützt Art. 13 Abs. 1 GG gerade den Teil der Privatsphäre, den sonst das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet. Dieses Recht ergänzt als unbenanntes Freiheitsrecht die speziellen Freiheitsrechte, die ebenfalls konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützen (vgl. BVerfGE 54, 148 ≪153 f.≫), nur insoweit, als Letztere keinen Schutz gewähren.
b) Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG greift hingegen ein, soweit von der Wohnraumüberwachung Personen betroffen werden, die sich nicht auf Art. 13 Abs. 1 GG berufen können. Grundrechtsträger des Art. 13 Abs. 1 GG ist jeder Inhaber oder Bewohner eines Wohnraums, unabhängig davon, auf welchen Rechtsverhältnissen die Nutzung des Wohnraums beruht. Bei mehreren Bewohnern einer Wohnung steht das Grundrecht jedem Einzelnen, bei Familien mithin jedem Familienmitglied zu. Maßnahmen der Wohnraumüberwachung können aber nicht nur Wohnungsinhaber, sondern auch zufällig in einer Wohnung Anwesende erfassen. Diese Personen sind zwar nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG, wohl aber in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen. Der Schutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG kann insofern allerdings nicht weiter reichen als derjenige aus Art. 13 Abs. 1 und 3 GG.
c) Der Schutz der räumlichen Privatsphäre und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann schließlich in Einzelfällen durch weitere Grundrechtsgarantien ergänzt sein. So wird das Gespräch zwischen Eheleuten in der eigenen Wohnung nicht nur von Art. 13 Abs. 1 GG, sondern zusätzlich durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt. Auch in Bezug auf die Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern können neben dem grundrechtlichen Schutz der räumlichen Privatsphäre Grundrechte in Betracht kommen, die – wie etwa Art. 4 GG im Hinblick auf das Gespräch mit einem Geistlichen – der besonderen Schutzbedürftigkeit der Kommunizierenden Rechnung tragen.
2. Die angegriffene gesetzliche Ermächtigung zum Abhören und Aufzeichnen von Wohnraumgesprächen ermöglicht Eingriffe in die Grundrechte aus Art. 13 Abs. 1 und aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
a) Ein Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung liegt sowohl im physischen Eindringen in den Wohnraum und in dem Anbringen von technischen Mitteln in den geschützten Räumen, als auch im Belauschen der Vorgänge in der Wohnung mit akustischen Hilfsmitteln (siehe oben C I 1). Er wird durch die Speicherung und Verwendung der gewonnenen Informationen sowie durch deren Weitergabe an andere Stellen fortgesetzt.
Einen Eingriff stellt jede Form akustischer oder optischer Wohnraumüberwachung dar, einerlei, ob er durch technische Mittel erfolgt, die in den geschützten Räumen angebracht oder von außerhalb der Wohnung eingesetzt werden, etwa unter Nutzung von Richtmikrophonen (vgl. Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, LVerfGE 4, 303 ≪383≫). Dies gilt allerdings nur insoweit, als die Überwachung von außen solche innerhalb der Wohnung stattfindenden Vorgänge erfasst, die der natürlichen Wahrnehmung von außerhalb des geschützten Bereichs entzogen sind. Zwar kann auch die Wahrnehmung der aus der Wohnung nach außen dringenden und ohne technische Hilfsmittel hörbaren Kommunikation deren Privatheit beeinträchtigen. Solche Lebensäußerungen nehmen aber nicht am grundrechtlichen Schutz des Art. 13 GG teil, weil der Betroffene die räumliche Privatsphäre nicht zu seinem Schutz nutzt, wenn er die Wahrnehmbarkeit der Kommunikation von außen selbst ermöglicht.
b) Die akustische Wohnraumüberwachung greift darüber hinaus in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, soweit Personen betroffen werden, die sich als zufällig Anwesende in einer überwachten Wohnung nicht auf das speziellere Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG berufen können (siehe oben C II 1 b).
3. Die gesetzliche Ermächtigung zur Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung zu Strafverfolgungszwecken ist nur teilweise verfassungsgemäß.
a) Die gesetzlichen Vorschriften müssen hinreichende Vorkehrungen dafür treffen, dass Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung unterbleiben und damit die Menschenwürde gewahrt wird. Wird dieses Verbot verletzt oder greift eine Maßnahme unerwartet in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung ein, muss sie abgebrochen werden, und es muss durch Löschungspflichten und Verwertungsverbote vorgesorgt sein, dass die Folgen beseitigt werden. Diesen Anforderungen wird § 100d Abs. 3 StPO nicht in hinreichender Weise gerecht.
aa) Der Gesetzgeber hat die mit Blick auf den Kernbereich privater Lebensgestaltung verfassungsrechtlich gebotenen Überwachungs- und Erhebungsverbote nicht in ausreichender Weise gesetzlich konkretisiert.
(1) Art. 13 Abs. 3 GG ermächtigt ausschließlich zum Erlass von gesetzlichen Regelungen, die gewährleisten, dass die akustische Wohnraumüberwachung den Kernbereich privater Lebensgestaltung unberührt lässt (siehe oben C I 3b cc). Die gesetzlichen Regelungen müssen deshalb das Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in Wohnungen untersagen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass absolut geschützte Gespräche erfasst werden.
Die Grenzen des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung sind oben (C I 3b dd) umschrieben worden. Der Schutzbedarf von Räumlichkeiten hängt von ihrer konkreten Nutzung ab. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Wohnraumüberwachung sind umso strenger, je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass mit ihnen Gespräche höchstpersönlichen Inhalts erfasst würden (vgl. auch Bericht des Bundestagsrechtsausschusses, BTDrucks 13/9660, S. 4). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist typischerweise beim Abhören von Gesprächen mit engsten Familienangehörigen, sonstigen engsten Vertrauten und einzelnen Berufsgeheimnisträgern gegeben. Bei diesem Personenkreis dürfen Überwachungsmaßnahmen nur ergriffen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Gesprächsinhalte zwischen dem Beschuldigten und diesen Personen keinen absoluten Schutz erfordern, insbesondere bei einer Tatbeteiligung der das Gespräch führenden Personen. Ein konkreter Verdacht auf solche Gesprächsinhalte muss schon zum Zeitpunkt der Anordnung bestehen. Er kann nicht erst durch eine akustische Wohnraumüberwachung begründet werden.
(2) Die danach verfassungsrechtlich gebotenen gesetzlichen Beschränkungen der Ermächtigung sind in § 100d Abs. 3 StPO nur teilweise enthalten. Der Vorschrift liegt zwar die allgemeine Erwägung zu Grunde, dass die akustische Wohnraumüberwachung ausscheidet, wenn ein Sachverhalt dem unantastbaren Bereich der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen ist. § 100d Abs. 3 StPO konkretisiert diese verfassungsrechtlichen Grenzen jedoch nur unzureichend.
(a) Soweit Gespräche zwischen dem Beschuldigten und Berufsgeheimnisträgern nach § 53 StPO von Verfassungs wegen einem Verbot der Überwachung unterliegen, ist dem in § 100d Abs. 3 Satz 1 StPO durch ein umfassendes Erhebungsverbot Rechnung getragen worden. Ob es verfassungsrechtlich geboten war, sämtliche Berufsgeheimnisträger nach § 53 StPO einem absoluten Überwachungsverbot zu unterstellen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedenfalls ist der Gesetzgeber nicht gehindert, mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz besonderer Vertrauensverhältnisse zusätzliche Beweisermittlungsverbote zu begründen.
(b) § 100d Abs. 3 StPO sichert hingegen nicht, dass eine Überwachung jedenfalls dann ausgeschlossen bleibt, wenn sich der Beschuldigte allein mit seinen engsten Familienangehörigen oder anderen engsten Vertrauten in der Wohnung aufhält und keine Anhaltspunkte für deren Tatbeteiligung bestehen.
Für Zeugnisverweigerungsberechtigte nach § 52 StPO, zu denen insbesondere die engsten Familienangehörigen zählen, ist nach § 100d Abs. 3 Satz 3 StPO kein generelles Überwachungsverbot, sondern nur ein Beweisverwertungsverbot nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorgesehen. Für Gespräche mit engsten Vertrauten, die nicht dem Kreis der Zeugnisverweigerungsberechtigten angehören, enthält § 100d Abs. 3 StPO keinerlei Einschränkungen.
Auch durch § 100d Abs. 3 Satz 2 StPO wird ein Überwachungsverbot für Gespräche mit engsten Vertrauten nicht in ausreichender Weise gewährleistet. Zwar ist danach die akustische Wohnraumüberwachung unzulässig, wenn zu erwarten ist, dass sämtliche aus der Maßnahme zu gewinnenden Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen. Solche Verwertungsverbote können sich nicht nur aus § 100d Abs. 3 Satz 3 StPO im Hinblick auf Zeugnisverweigerungsberechtigte ergeben, sondern auch unmittelbar aus den Grundrechten, insbesondere bei einer Berührung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung (vgl. Nack, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Aufl., 2003, § 100c Rn. 24; Rudolphi/Wolter, Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, § 100d Rn. 38, Stand: April 2001). Allerdings zielt die Regelung weder nach der gesetzgeberischen Intention noch nach ihrem Wortlaut auf ein Überwachungsverbot in Situationen, in denen eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass mit den Abhörmaßnahmen absolut geschützte Gespräche erfasst werden. Mit ihr sollte allein der auch für andere Ermittlungsmaßnahmen geltende Grundsatz klargestellt werden, dass eine Maßnahme, die nur zur Gewinnung unverwertbarer Erkenntnisse führen kann, bereits nicht geeignet ist, das mit einer strafprozessualen Maßnahme verfolgte Ziel der Gewinnung von verwertbaren Erkenntnissen zu erreichen (vgl. Bericht des Bundestagsrechtsausschusses, BTDrucks 13/9661, S. 7).
Ein Überwachungsverbot besteht nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift zudem nur, wenn sämtliche Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen würden. Das wird aber auch bei der Überwachung des Beschuldigten, der sich allein mit seinen engsten Familienangehörigen und Vertrauten in der Wohnung aufhält, praktisch niemals anzunehmen sein. Bei strikter Auslegung würde § 100d Abs. 3 Satz 2 StPO dazu führen, dass ein Überwachungsverbot allenfalls höchst ausnahmsweise besteht, weil Gespräche in der Regel durch eine Gemengelage unterschiedlicher Inhalte geprägt sind. Es genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn der Gesetzgeber die Unzulässigkeit der akustischen Wohnraumüberwachung nur für den Fall vorsieht, dass sämtliche Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen. Eine restriktive Auslegung, die zu einem verfassungsrechtlich befriedigenden Ergebnis führen würde, ist angesichts des klaren Wortlauts (“sämtliche Erkenntnisse”) ausgeschlossen.
bb) Der Gesetzgeber hat in § 100d Abs. 3 StPO auch keine hinreichenden Vorkehrungen dafür getroffen, dass die Überwachung abgebrochen wird, wenn unerwartet eine Situation eintritt, die dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen ist. Die Fortsetzung der Überwachung ist in solchen Fällen rechtswidrig.
cc) Ebenfalls fehlen ausreichende Regelungen dahingehend, dass eine Verwertung unterbleibt, wenn Erkenntnisse unter Verletzung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erlangt worden sind, und dass in diesem Fall schon erhobene Daten gelöscht werden.
(1) Das Grundgesetz stellt in beiden Hinsichten Anforderungen an den Gesetzgeber.
(a) Die Verfassung verlangt Regeln darüber, dass Daten nicht verwertet werden dürfen, die aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung stammen.
Das mit der akustischen Wohnraumüberwachung verbundene Risiko des Eingriffs in den Kernbereich privater Lebensgestaltung kann verfassungsrechtlich nur hingenommen werden, wenn Vorkehrungen dagegen bestehen, dass keine weiteren Folgen aus ausnahmsweise erfolgten Verletzungen entstehen. Es ist zu sichern, dass die durch den Eingriff erlangten Erkenntnisse keinerlei Verwendung im weiteren Ermittlungsverfahren oder auch in anderen Zusammenhängen finden.
Eines umfassenden Verwertungsverbots bedarf es zunächst für den Fall, dass die Strafverfolgungsbehörden unter Überschreitung der Ermächtigung die akustische Wohnraumüberwachung durchführen, etwa obwohl eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass mit ihr absolut geschützte Gespräche erfasst werden. Die in dem Zeitraum des Bestehens des Erhebungsverbots gewonnenen Informationen dürfen insgesamt und ungeachtet ihres Inhalts im Strafverfahren nicht verwertet werden. Das gilt nicht nur im Hinblick auf ihre Verwendung als Beweismittel im Hauptsacheverfahren, sondern auch, soweit sie als Spurenansätze für Ermittlungen in weiteren Zusammenhängen in Betracht kommen.
Ein Verwertungsverbot besteht ebenfalls dann, wenn nach den Umständen nicht von einem Erhebungsverbot ausgegangen werden kann, sich während der Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung aber gleichwohl eine Situation ergibt, die zum Abhören von höchstpersönlichen Gesprächen führt. Es wird in der Praxis immer wieder zu Fällen kommen, in denen keine ausreichenden äußeren Anzeichen bestehen, die zur Klärung führen, ob absolut geschützte Gespräche innerhalb der Wohnung zu erwarten sind oder nicht. Auch der Verdacht der Tatbeteiligung eines sich in der Wohnung aufhaltenden engsten Familienangehörigen wird nicht immer zweifelsfrei beurteilt werden können. Sichere Prognosen werden von den Strafverfolgungsbehörden insbesondere dort nicht gegeben werden können, wo eindeutige Zuordnungen nach dem sozialen Umfeld des Beschuldigten trotz entsprechender Bemühungen – etwa durch vorherige Beobachtung – nicht möglich sind. Ob es sich um Gespräche mit möglichen Tatbeteiligten handelt, wird sich nicht immer im Vorhinein feststellen lassen. Deshalb ist in Ergänzung zu dem Beweiserhebungsverbot ein Verbot der Verwertung für einen umfassenden Kernbereichsschutz unerlässlich. Daten aus Handlungen, die den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung betreffen, unterliegen von Verfassungs wegen einem absoluten Verwertungsverbot und dürfen weder im Hauptsacheverfahren verwertet werden noch Anknüpfungspunkt weiterer Ermittlungen sein (vgl. BVerfGE 44, 353 ≪383 f.≫).
(b) Soweit aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung stammende Informationen erhoben worden sind, müssen sie unverzüglich gelöscht werden. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG steht dem nicht entgegen. Insofern ist entscheidend, dass jede weitere Aufbewahrung von höchstpersönlichen Daten, die nicht hätten erhoben werden dürfen, zu dem Risiko einer Vertiefung der Persönlichkeitsverletzung führt. Auch im Rahmen des nachträglichen Rechtsschutzes könnte insoweit nur die Feststellung getroffen werden, dass das Abhören und Aufzeichnen der gelöschten Informationen rechtswidrig gewesen ist und eine Pflicht zur Datenvernichtung besteht. Dieses Anliegen ist jedoch auch mit einer sofortigen Löschung in verfassungsrechtlich hinreichender Weise erreicht, wenn der Löschung die Feststellung der Behörde zu Grunde liegt, dass die Aufzeichnung rechtswidrig gewesen ist. Unbefriedigt bleibt allerdings ein mögliches Interesse der Betroffenen auf vollständige Kenntnis darüber, welche Gesprächsinhalte von den Strafverfolgungsbehörden überwacht worden sind. Dieses Anliegen vermag jedoch die mit der weiteren Aufbewahrung verbundenen Risiken weiterer Grundrechtsverletzungen nicht zu rechtfertigen.
Zu löschen ist sowohl das Originalband als auch eine gegebenenfalls zwischenzeitlich erstellte Kopie. Die Strafverfolgungsbehörden trifft im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG die Pflicht, schriftlich festzuhalten, dass es zur Aufnahme absolut geschützter Gesprächsinhalte gekommen ist und die diesbezüglichen Aufzeichnungen deswegen vollständig gelöscht worden sind.
(2) Eine diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben genügende gesetzliche Regelung hat der Gesetzgeber nur teilweise getroffen.
(a) § 100d Abs. 3 Satz 1 StPO kann zwar dahingehend ausgelegt werden, dass ein Verwertungsverbot besteht, wenn Gespräche mit Berufsgeheimnisträgern nach § 53 StPO unter Verstoß gegen das gesetzliche Verbot abgehört und aufgezeichnet werden (vgl. etwa Bludovsky, Rechtliche Probleme bei der Beweiserhebung und Beweisverwertung im Zusammenhang mit dem Lauschangriff nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO, 2002, S. 331). Für andere Sachverhalte fehlen demgegenüber absolute Verwertungsverbote. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Verwertung von Gesprächen mit Zeugnisverweigerungsberechtigten nach den §§ 52 und 53a StPO herauszustellen.
(b) Die Beachtung von Verfassungs wegen bestehender Beweisverwertungsverbote bedarf außerdem einer ergänzenden verfahrensrechtlichen Sicherung. Auch daran fehlt es.
Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist angesichts der regelmäßig fehlenden Möglichkeit von Rechtsschutz durch die Betroffenen selbst – wenn nicht eine sofortige Löschung erfolgt – nur dann hinreichend gewährleistet, wenn es nicht allein den Strafverfolgungsbehörden obliegt, die Verwertbarkeit der von ihnen gewonnenen Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren oder gar als Ermittlungsansätze in anderen Verfahren zu beurteilen, sondern wenn hierüber eine unabhängige, auch die Interessen der Betroffenen wahrnehmende Stelle entscheidet.
§ 100d Abs. 3 Satz 5 StPO trifft eine solche verfahrensrechtliche Sicherung nicht in hinreichender Weise. Nach dieser Vorschrift entscheidet im vorbereitenden Verfahren das anordnende Gericht zwar über die Verwertbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse. Die Regelung bezieht sich jedoch nach der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags (vgl. BTDrucks 13/9661, S. 7) und nach ihrer systematischen Stellung allein auf solche Maßnahmen, bei denen Gespräche des Beschuldigten mit Personen abgehört worden sind, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Die Vorschrift hat also einen beschränkten Anwendungsbereich.
Vor allem fehlt es an einer eindeutigen Regelung, wer diese Entscheidung zu beantragen hat und dass eine Verpflichtung zur Einschaltung des Gerichts besteht. Die von der akustischen Wohnraumüberwachung Betroffenen haben in diesem Verfahrensstadium regelmäßig noch keine Kenntnis von der Maßnahme erlangt und können daher nicht selbst aktiv werden. Ob eine gerichtliche Entscheidung nach § 100d Abs. 3 Satz 5 StPO eingeholt wird, liegt in der Hand der Strafverfolgungsbehörden. Weder für das anordnende Gericht noch für die Strafverfolgungsbehörden sieht § 100d Abs. 3 Satz 5 StPO nach seinem Wortlaut eine Verpflichtung vor, eine Entscheidung über die Verwertbarkeit der Erkenntnisse im vorbereitenden Verfahren von Amts wegen herbeizuführen.
Die Einhaltung der Verwertungsverbote kann auf der Grundlage dieser Norm nicht gewährleistet werden. Zur Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustandes bedarf es einer Regelung, nach der eine Verwendung von Informationen, die durch eine akustische Wohnraumüberwachung erlangt worden sind, nur dann zulässig ist, wenn die Verwertbarkeit der Informationen zuvor von einer unabhängigen Stelle, etwa dem in § 100d Abs. 3 Satz 5 StPO bezeichneten Gericht, überprüft worden ist.
(c) Das Gebot der Löschung von erhobenen Daten, die aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung stammen, ist nicht in § 100d Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 100b Abs. 6 StPO geregelt. Diese Normen betreffen nur die Vernichtung der rechtmäßig erlangten Daten, wenn sie nicht mehr zur Strafverfolgung benötigt werden (siehe unten C VIII). Das Fehlen eines Gebots der unverzüglichen Löschung kernbereichsrelevanter Daten führt nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu erheblichen Unsicherheiten im Umgang mit den Daten. In der Folge kommt es insbesondere zu einer häufig lang anhaltenden Aufbewahrung von Originalaufzeichnungen. Die Lückenhaftigkeit der Regelung gefährdet den Grundrechtsschutz.
(d) Gesetzliche Regelungen sind im vorliegenden Zusammenhang nicht allein deshalb entbehrlich, weil das Verwertungsverbot und das Löschungsgebot aus der Verfassung abzuleiten sind. Der Gesetzgeber findet bei der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Vorgaben einen Spielraum vor, so dass die Gerichte seine Gestaltungsmacht zu respektieren haben. Die verbleibenden Lücken könnten – wenn überhaupt – allenfalls teilweise im Zuge der analogen Anwendung des § 100d Abs. 3 und 6 StPO oder durch entsprechende verfassungskonforme Auslegung geschlossen werden. Weiteres gesetzgeberisches Handeln bleibt daher erforderlich.
b) Soweit die akustische Wohnraumüberwachung nicht den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung betrifft, setzt ihre Verfassungsmäßigkeit die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit voraus, der in Art. 13 Abs. 3 GG zum Teil näher spezifiziert worden ist. Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Regelungen nicht in vollem Umfang gerecht. Sie verfolgen zwar einen legitimen Zweck (aa) und sind zu dessen Erreichung auch geeignet (bb) sowie erforderlich (cc). Die Beschränkung der Einsetzbarkeit der akustischen Wohnraumüberwachung auf besonders schwere Straftaten durch Art. 13 Abs. 3 GG ist vom Gesetzgeber in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO aber nur teilweise beachtet worden (dd). Im Übrigen begegnet die gesetzliche Ermächtigung bei restriktiver Auslegung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (ee).
aa) Die angegriffene Ermächtigung zur Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung verfolgt einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck.
Mit der Ermächtigung verfolgt der Gesetzgeber neben dem allgemeinen Zweck der Aufklärung schwerer Straftaten insbesondere das Ziel, das rechtliche Instrumentarium zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zu verbessern. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes soll die akustische Wohnraumüberwachung es ermöglichen, in den inneren Kreis entsprechender krimineller Organisationen einzudringen und deren Strukturen aufzuhellen (vgl. BTDrucks 13/8651, S. 1, 9). Eine Erweiterung des Instrumentariums um die akustische Wohnraumüberwachung wurde dafür als unverzichtbar angesehen, vor allem zum Zwecke der Ermittlung und für die Überführung der Hauptverantwortlichen, der Organisatoren, der Finanziers und Drahtzieher (vgl. BTDrucks 13/8651, S. 9 f., 12 f.). Allerdings ist das Gesetz seinem Anwendungsbereich nach nicht auf Fälle der Organisierten Kriminalität begrenzt worden.
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren – zur Überführung von Straftätern ebenso wie zur Entlastung Unschuldiger – betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet (vgl. BVerfGE 77, 65 ≪76≫; 80, 367 ≪375≫; 100, 313 ≪389≫; 107, 299 ≪316≫).
bb) Die akustische Wohnraumüberwachung auf der Grundlage des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO ist zur Verfolgung der in dieser Vorschrift aufgeführten Straftaten grundsätzlich auch geeignet.
Ein Gesetz ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann. Bei der Beurteilung der Eignung des gewählten Mittels sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Prognose und Einschätzung der der Allgemeinheit drohenden Gefahren steht dem Gesetzgeber ein Spielraum zu (vgl. BVerfGE 77, 84 ≪106≫; 90, 145 ≪173≫). Im Einzelnen wird die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter beeinflusst (vgl. BVerfGE 50, 290 ≪332 f.≫; 88, 203 ≪262≫; 90, 145 ≪173≫).
(1) Verfassungsrechtlich tragfähige Zweifel an der grundsätzlichen Eignung der akustischen Wohnraumüberwachung zur Ermittlung von Straftaten bestehen nicht.
Dies bestätigen die jährlichen Berichte und der zusammenfassende Erfahrungsbericht der Bundesregierung zu den Wirkungen der akustischen Wohnraumüberwachung. In den Berichtsjahren 1998 bis 2000 wurden in insgesamt 70 Verfahren 78 Wohnungen abgehört. In 41 der insgesamt 70 betroffenen Fälle waren die aus der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse nicht für das Ermittlungsverfahren von Bedeutung. Ein ähnliches Bild ergibt sich für das Jahr 2001. In diesem Berichtszeitraum sind in 17 Fällen Anordnungen zur akustischen Überwachung von Wohnungen getroffenen worden. In neun und damit wiederum mehr als der Hälfte aller Fälle waren die Abhörmaßnahmen ohne Relevanz für das weitere Ermittlungsverfahren.
Als Gründe für den bisher seltenen Einsatz der akustischen Wohnraumüberwachung werden der hohe personelle und finanzielle Aufwand sowie Probleme bei der technischen Realisierung der Maßnahme angeführt. In einigen Fällen sei es nicht zu verfahrensrelevanten Erkenntnissen gekommen, weil die Maßnahmen schon technisch gescheitert seien. Ferner weist die Bundesregierung darauf hin, dass sich vor allem die Einbringung der notwendigen technischen Mittel in die Wohnung des Beschuldigten oder des Dritten teilweise als schwierig erwiesen habe (vgl. BTDrucks 14/8155, S. 7 und 13). Nicht ersichtlich ist hingegen, dass entsprechende Gegenmaßnahmen der Verdächtigen den Erfolg der akustischen Wohnraumüberwachung in erheblichem Umfang vereitelt hätten.
Den Ermittlungsmaßnahmen ohne Relevanz steht aber auch eine Reihe von Wohnraumüberwachungen gegenüber, die nach Aussagen von mehreren Landesjustizverwaltungen Erkenntnisse zu Tage gefördert haben, die für das Strafverfahren von entscheidender Bedeutung gewesen sind. Dies habe insbesondere Fälle betroffen, in denen sich der Beschuldigte auch in Telefongesprächen äußerst konspirativ und bedeckt verhalten habe. In solchen Fällen habe im Wesentlichen die Auswertung der akustischen Wohnraumüberwachung zum angestrebten Ermittlungserfolg geführt. Auch die vom Senat angehörten Sachverständigen, Oberstaatsanwalt Dr. Thiel, die Professoren Dr. Pfeiffer und Dr. Kerner sowie Privatdozent Dr. Kinzig, gehen davon aus, dass die akustische Wohnraumüberwachung als verdeckte Ermittlungsmethode dazu beitragen kann, die damit verfolgten Straftaten aufzuklären.
Hat eine Maßnahme der Strafverfolgung jedenfalls zum Teil Erfolg, verletzt sie das Eignungsgebot nicht.
(2) Der Gesetzgeber verfolgt mit der Eingriffsermächtigung allerdings auch den besonderen Zweck, in die Strukturen und in den Innenbereich der Organisierten Kriminalität einzudringen. Dieser Zweck ist im Laufe der Entstehungsgeschichte des Art. 13 Abs. 3 GG sowie der Ermächtigungen in der Strafprozessordnung immer wieder als tragende, wenn auch nicht ausschließliche Rechtfertigung der Überwachungsmaßnahmen genannt worden. Die Aufdeckung der Strukturen der Organisierten Kriminalität soll dazu beitragen, diese zu zerschlagen und dadurch auch die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern. Damit knüpft der Gesetzgeber an den auch von vielen Kriminologen unter Einschluss der vom Gericht angehörten Sachverständigen betonten Befund an, dass Repression und Prävention bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eng miteinander verflochten sind. Das intensiv in Grundrechte eingreifende Mittel der Wohnraumüberwachung wird gerade damit gerechtfertigt, dass es über die Repression auch Präventionszwecke in einem als besonders gefährlich eingeschätzten Kriminalitätsbereich erfüllen hilft, und zwar durch Einblick in dessen Strukturen und durch deren Zerschlagung.
(a) Das Phänomen der Organisierten Kriminalität lässt sich allerdings nur schwer fassen, so dass gegenwärtig nur begrenzte Aussagen möglich sind, wie weit das vom Gesetzgeber angestrebte besondere Ziel erreicht werden kann.
Schon die Definition des Begriffs der Organisierten Kriminalität fällt schwer. In der öffentlichen Diskussion wird meist der Begriffsbestimmung der gemeinsamen Arbeitsgruppe der Innenminister- und der Justizministerkonferenz gefolgt. Danach versteht man unter Organisierter Kriminalität “die vom Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken” (MinBl NW 1990, S. 1721). Diese Begriffsbestimmung zeigt, dass als Organisierte Kriminalität nicht ein eingrenzbarer Straftatbestand oder die Summe einzelner Straftatbestände, sondern eine komplexe Erscheinungsform abweichenden Verhaltens verstanden werden soll.
Zur Unbestimmtheit des Begriffs treten Ungewissheiten über das in Deutschland bestehende Ausmaß und die Erscheinungsform der Organisierten Kriminalität hinzu. Das Phänomen ist trotz mehrerer Untersuchungen, insbesondere des Kriminalistischen Instituts des Bundeskriminalamtes, kriminologisch nur begrenzt aufgeklärt. In der jüngsten, bisher umfassendsten, wenn auch nicht repräsentativen Untersuchung zur Organisierten Kriminalität in Deutschland kommt der vom Gericht als Sachverständiger angehörte Privatdozent Dr. Kinzig zu einer skeptischen Einschätzung (näher dazu Kinzig, Die rechtliche Bewältigung von Erscheinungsformen organisierter Kriminalität, 2003). Er hat in seinen Untersuchungen ein gegenüber herkömmlichen Kriminalitätsfeldern deutlich gesteigertes Bedrohungspotential in den von ihm analysierten Fällen nicht oder allenfalls vereinzelt finden können. Als Unterschiede zu Fällen gewöhnlicher Kriminalität benennt er: die Begehung so genannter opferloser Delikte, ein hoher Ausländeranteil sowie die Internationalität der Tatbegehung. Hinzu träten eine gewisse Arbeitsteilung und Dauerhaftigkeit sowie Planmäßigkeit, Professionalität und Konspirativität.
(b) Ob damit Strukturen gegeben sind, zu deren Durchdringung die akustische Wohnraumüberwachung als Mittel der Strafverfolgung in besonderer Weise beitragen kann, lässt sich gegenwärtig nicht abschließend beurteilen. Die Bundesländer gehen in den von der Bundesregierung eingeholten und dem Gericht vorgelegten Stellungnahmen allerdings übereinstimmend davon aus, dass die Ermittlungsmaßnahme in der Praxis grundsätzlich geeignet ist, nicht nur Delikte aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität aufzuklären, sondern auch in deren kriminelle Organisationsstrukturen einzudringen.
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber von einer entsprechenden Einschätzung ausgegangen ist. Die verbleibende Unsicherheit macht es erforderlich, die Entwicklung zu beobachten und fortlaufend zu prüfen, ob das Ermittlungsinstrument tatsächlich geeignet ist, auch das mit ihm verfolgte spezielle Ziel in hinreichendem Maße zu erreichen (zur Überprüfung gesetzlicher Regelungen vgl. BVerfGE 33, 171 ≪189 f.≫; 37, 104 ≪118≫; 88, 203 ≪310≫).
Der Gesetzgeber hat dafür schon Vorkehrungen getroffen. Eine fortlaufende Prüfung wird insbesondere durch die nach Art. 13 Abs. 6 GG in Verbindung mit § 100e StPO bestehenden Berichtspflichten sichergestellt. Darüber hinaus hat die Bundesregierung zur weiteren Unterrichtung des Parlaments eine rechtstatsächliche Untersuchung zu den Wirkungen der akustischen Wohnraumüberwachung in Auftrag gegeben, die im Mai 2004 abgeschlossen sein soll.
cc) Das angegriffene Gesetz ist zur Erreichung seines Zwecks auch erforderlich. Ein gleich wirksames, aber die Grundrechte weniger beeinträchtigendes Mittel steht nicht zur Verfügung (1). Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Wahrung der Erforderlichkeit der akustischen Wohnraumüberwachung durch normative Vorgaben des Eingriffstatbestandes hinreichend sichergestellt (2).
(1) Es sind keine Ermittlungsmaßnahmen ersichtlich, die generell weniger belastend und zur Erreichung desselben Aufklärungszwecks ebenso geeignet wären.
Auch bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der erstrebten Ziele steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, dessen Handhabung vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (vgl. BVerfGE 90, 145 ≪173≫). Nach der Einschätzung des Gesetzgebers haben zur Einführung der akustischen Wohnraumüberwachung keine weniger grundrechtsbeeinträchtigenden Alternativen bestanden. Herkömmliche Ermittlungsmethoden, einschließlich der Telefonüberwachung, würden in der Regel nicht ausreichen, um bei organisiert vorgehenden Banden, die sich fast völlig nach außen abschotteten, die Ermittlungsmaßnahmen in den Kernbereich der Organisierten Kriminalität hineinzutragen. Aus der zunehmenden Bedrohung von Bürgern und Staat folge das dringende Erfordernis, über die bisherigen Strafverfolgungsmaßnahmen hinaus auch den Einsatz technischer Mittel zum Abhören von Wohnungen zuzulassen (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 4 und 13/8651, S. 9, 10 und 13). Diese Einschätzung ist zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand über die Erscheinungsformen Organisierter Kriminalität verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Aufklärungszweck ist von der konkreten Ermittlungssituation abhängig, so dass sich nur im Einzelfall zuverlässig beurteilen lässt, ob eine weniger belastende Alternative tatsächlich besteht. So kann der Einsatz eines verdeckten Ermittlers jedenfalls dann kein gleich geeignetes milderes Mittel sein, wenn es um Ermittlungen in einem konspirativ abgeschotteten Feld der Organisierten Kriminalität mit ethnisch homogenen Führungsebenen geht. Das Abhören von Telefonen kann ebenfalls nicht stets den gleichen Erfolg bringen, weil damit nur Gespräche abgehört werden können, die telefonisch geführt werden. Auf entscheidende Gespräche der Führungsebene einer Organisation wird dies jedoch häufig nicht zutreffen. Auch die Personenobservation ist generell kein gleich geeignetes Mittel. Mit ihr lässt sich zwar das Umfeld eines Beschuldigten ermitteln, nicht aber eine Kenntnis von den Inhalten der Kommunikation des Beschuldigten erlangen.
(2) Der Gesetzgeber hat darüber hinaus rechtliche Sicherungen dafür eingeführt, dass die akustische Wohnraumüberwachung nur als letztes Mittel eingesetzt wird.
Schon Art. 13 Abs. 3 GG bestimmt, dass die akustische Wohnraumüberwachung nur eingesetzt werden darf, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Diese Subsidiaritätsregelung ist in die angegriffene Vorschrift des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO aufgenommen worden. Die akustische Wohnraumüberwachung ist danach nur als letztes Mittel der Strafverfolgung zulässig.
(a) Art. 13 Abs. 3 GG erlaubt die akustische Wohnraumüberwachung, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert wäre. Das Merkmal “unverhältnismäßig erschwert” umschreibt den Ermittlungsaufwand, der voraussichtlich benötigt würde, wenn die Strafverfolgungsbehörden auf die akustische Wohnraumüberwachung im konkreten Fall verzichteten und stattdessen andere Ermittlungsmaßnahmen ergriffen. Die Strafprozessordnung kennt in den bisher bestehenden Subsidiaritätsklauseln für prozessuale Eingriffsbefugnisse die Begriffe “erschwert” und “wesentlich erschwert”. Die unverhältnismäßige Erschwernis enthält gegenüber diesen Merkmalen eine weitere Steigerung und bringt damit eine Rangfolge zum Ausdruck, in der die akustische Wohnraumüberwachung als letztes Mittel gekennzeichnet ist (vgl. auch BTDrucks 13/8650, S. 5). Der ultima ratio-Gedanke setzt die Aussichtslosigkeit anderer Ermittlungsmaßnahmen voraus und ist auch für die Erschwernisprognose maßgeblich. Dem verfassungsändernden Gesetzgeber kam es darauf an, die ermittlungstaktischen Notwendigkeiten in besonderer Weise gegen das Gewicht der Rechtsgutbeeinträchtigung abzuwägen. Es sind bis zum Grade der Unverhältnismäßigkeit Erschwernisse in der Ermittlungsarbeit hinzunehmen, ehe auf das Mittel der Wohnraumüberwachung zurückgegriffen werden darf.
(b) Die akustische Wohnraumüberwachung ist auch hinsichtlich des Merkmals der Aussichtslosigkeit in der Konkurrenz mit anderen Ermittlungsmaßnahmen das letzte Mittel der Strafverfolgung.
Neben dem Abhören und Aufzeichnen des in der Wohnung nichtöffentlich gesprochenen Wortes sind allerdings die Telefonüberwachung, das Abhören außerhalb von Wohnungen und der Einsatz des verdeckten Ermittlers ebenfalls nur gesetzlich zulässig, wenn die Sachverhaltserforschung auf andere Weise aussichtslos wäre. Bei wortgetreuer Auslegung entstünde auf diese Weise ein Ringverweis zwischen denjenigen Normen, die die Aussichtslosigkeit anderer Ermittlungsmaßnahmen als Subsidiaritätsmerkmal enthalten. Dies entspräche dem Sinn der Regelung nicht.
Die akustische Wohnraumüberwachung tritt gegenüber sämtlichen anderen Ermittlungsmaßnahmen bereits von Verfassungs wegen zurück. Sie soll nur dort zum Einsatz gelangen, wo andere Ermittlungsmaßnahmen versagen. Die Absicht des verfassungsändernden Gesetzgebers, die akustische Wohnraumüberwachung wegen der Schwere des Eingriffs mit Hilfe der gewählten Subsidiaritätsklausel als ultima ratio der Strafverfolgung auszugestalten, bezieht sich insoweit nicht nur auf das Merkmal der unverhältnismäßigen Erschwernis, sondern in gleicher Weise auf das Merkmal der Aussichtslosigkeit. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die Subsidiaritätsklausel unmittelbar in den Art. 13 Abs. 3 GG aufgenommen und ihr damit gegenüber anderen einfachgesetzlichen Subsidiaritätsklauseln ein verfassungsrechtliches und damit besonderes Gewicht gegeben.
dd) Soweit die akustische Wohnraumüberwachung den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht betrifft, hat der verfassungsändernde Gesetzgeber unter Konkretisierung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Art. 13 Abs. 3 GG besondere Anforderungen an die Rechtmäßigkeit aufgestellt. Der Straftatenkatalog des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen insoweit allerdings nicht, als er sich nicht auf besonders schwere Straftaten im Sinne des Art. 13 Abs. 3 GG beschränkt.
Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die Ermächtigung in Art. 13 Abs. 3 GG dahingehend eingeschränkt, dass der Verdacht sich auf eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat beziehen muss. In der Folge ist die Ermächtigung in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO auf so genannte Katalogtaten begrenzt worden. Das Erfordernis, dass der intensive Eingriff in das Grundrecht des Art. 13 Abs. 1 GG nur bei einer besonderen Schwere der Straftat gerechtfertigt ist, hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien zwar erkannt (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 3; 13/8651 S. 13; 13/9642, S. 4; 13/9661, S. 6), aber nicht in stimmiger Weise umgesetzt. Anhand des Straftatenkatalogs des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO wird nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die dort aufgeführten verschiedenartigen Vergehen und Verbrechen ausgewählt worden sind. Die in Bezug genommenen Normen dienen dem Schutz je unterschiedlicher Rechtsgüter, und die Straftaten weisen je unterschiedliche Unrechtsgehalte auf. Eine besondere Schwere der Straftat wird auch nicht stets durch den jeweiligen Strafrahmen indiziert. Aufgeführt werden Straftaten, für die Geldstrafen oder Freiheitsstrafen ab drei Monaten als Mindeststrafen vorgesehen sind, und solche mit Höchststrafen bis zu drei Jahren, aber auch bis zu lebenslänglich. Dieser Straftatenkatalog wird dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der Beschränkung der Wohnraumüberwachung auf die Verfolgung besonders schwerer Straftaten nur teilweise gerecht.
(1) Maßgeblich für die Schwere des tatbestandlichen Unrechts sind der Rang des verletzten Rechtsguts und andere tatbestandlich umschriebene, gegebenenfalls auch in einem Qualifikationstatbestand enthaltene Begehungsmerkmale und Tatfolgen. Sie allein müssen bereits die besondere, deutlich über dem Durchschnitt liegende Schwere des jeweiligen Straftatbestandes begründen.
(a) Der verfassungsrechtliche Begriff der besonders schweren Straftat kann nicht mit dem strafprozessualen Begriff einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichgesetzt werden. In der Strafprozessordnung gibt es neben der akustischen Wohnraumüberwachung weitere Eingriffsmaßnahmen, die ein bestimmtes Gewicht der aufzuklärenden Tat voraussetzen. So sind der genetische Fingerabdruck (§ 81g), die Rasterfahndung (§ 98a), die Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation (§ 100g) und der Einsatz eines verdeckten Ermittlers (§ 110a) nur zulässig, wenn das zu verfolgende Delikt eine Straftat von erheblicher Bedeutung ist. Eine solche Straftat muss mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein, den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 103, 21 ≪34≫; 107, 299 ≪322≫).
Die von Art. 13 Abs. 3 GG vorausgesetzten “besonders schweren Straftaten” müssen den mittleren Kriminalitätsbereich deutlich übersteigen. Es würde dem Sinn und Zweck des Art. 13 Abs. 3 GG nicht entsprechen, die akustische Wohnraumüberwachung nur von Voraussetzungen abhängig zu machen, die für Ermittlungsmaßnahmen geringerer Eingriffstiefe vorgesehen sind. Während beim Einsatz eines verdeckten Ermittlers die Informationserlangung mit dem – wenn auch auf Täuschung beruhenden – Einverständnis des Betroffenen erfolgt, wird die akustische Wohnraumüberwachung ohne Wissen des Betroffenen durchgeführt. Die Auskunft über die Verbindungsdaten der Telekommunikation stellt zwar einen erheblichen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dar (vgl. BVerfGE 107, 299 ≪318≫), führt jedoch nicht zur Kenntnisnahme von Gesprächsinhalten und weist deshalb eine geringere Nähe zum Kernbereich privater Lebensgestaltung auf. Nach der Einschätzung des verfassungsändernden Gesetzgebers stellt die akustische Wohnraumüberwachung im Spektrum der strafprozessualen Maßnahmen einen besonders schweren Grundrechtseingriff dar, der deshalb auch im Hinblick auf die Schwere der zu verfolgenden Straftat an besonders strenge Eingriffsvoraussetzungen gebunden worden ist.
(b) Damit ist der Gesetzgeber indes nicht auf die Auswahl von Tatbeständen beschränkt, die als Verbrechen im Sinne des § 12 StGB einzuordnen sind. Hätte der verfassungsändernde Gesetzgeber sich an der Einteilung der Straftaten nach Verbrechen und Vergehen orientieren wollen, hätte es nahe gelegen, den Art. 13 Abs. 3 GG entsprechend zu formulieren. Auch die Aufnahme von Vergehenstatbeständen in den Straftatenkatalog der angegriffenen Vorschrift ist nach Art. 13 Abs. 3 GG zulässig, wenn die Tatbestände das Merkmal der besonders schweren Straftat ausfüllen.
(c) Bei der Auswahl der in Betracht kommenden Delikte ist der Gesetzgeber durch Art. 13 Abs. 3 GG nicht auf solche Straftaten beschränkt worden, die typische Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität darstellen oder im konkreten Einzelfall in diesem Umfeld begangen werden. Zwar war und ist die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität Hintergrund und Anlass der Änderung des Art. 13 GG. Das hat in Absatz 3 jedoch nicht zu einer Beschränkung des Straftatenkatalogs auf ausschließlich der Organisierten Kriminalität zurechenbare Delikte geführt.
Andererseits können Straftaten nicht allein deshalb als besonders schwer angesehen werden, weil sie für die Organisierte Kriminalität typisch sind. In ihrem Umfeld werden sowohl schwere wie auch leichte Straftaten begangen. Den Anforderungen des Art. 13 Abs. 3 GG ist nicht schon dadurch Genüge getan, dass ein Delikt im Rahmen der Organisierten Kriminalität erfolgt, wenn sich diese Begehungsform nicht im Tatbestand niederschlägt und zugleich das besonders schwere Unrecht der Tat begründet.
(d) Art. 13 Abs. 3 Satz 1 GG fordert, dass die aufgezählten Katalogtaten schon als solche und nicht nur im Einzelfall besonders schwer sind. Würde bereits das mögliche schwere Tatunrecht eines Delikts im Einzelfall als ausreichend für eine Aufnahme in den Straftatenkatalog angesehen werden, käme dem Merkmal der besonders schweren Straftat in Art. 13 Abs. 3 GG keine eingriffsbegrenzende Funktion mehr zu, weil letztlich nahezu jedes Delikt des Strafgesetzbuchs im Einzelfall besonders schwer sein kann und damit Aufnahme in den Straftatenkatalog finden könnte. Die Gestaltung des Katalogs wäre bei dieser Auslegung des Art. 13 Abs. 3 GG beliebig und vor allem auch beliebig erweiterbar.
(e) Der Eingriff durch akustische Wohnraumüberwachung hat in einengender Auslegung des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO zur Voraussetzung, dass der Verdacht einer abstrakt schweren Katalogstraftat auch im konkreten Fall besonders schwer wiegt (vgl. – zu § 100g StPO – BVerfGE 107, 299 ≪322≫). Denn der Eingriff in das Wohnungsgrundrecht muss auch im Einzelfall mit dem Blick auf die von der Straftat ausgehende Rechtsgutsverletzung gerechtfertigt sein.
Ein Anhaltspunkt für die Schwere sind die Folgen der Tat für betroffene Rechtsgüter. Bei bestimmten Straftaten – wie Mord und Totschlag – ist die hinreichende Schwere auch im Einzelfall schon durch das verletzte Rechtsgut indiziert, bei anderen bedarf sie der eigenständigen Feststellung. Die besondere Schwere der Tat im Einzelfall kann insbesondere durch die faktische Verzahnung mit anderen Katalogstraftaten oder durch das Zusammenwirken mit anderen Straftätern begründet werden. Diese Lage ist bei einem arbeitsteiligen, gegebenenfalls auch vernetzt erfolgenden Zusammenwirken mehrerer Täter im Zuge der Verwirklichung eines komplexen, mehrere Rechtsgüter verletzenden kriminellen Geschehens gegeben, wie es der verfassungsändernde Gesetzgeber für die Organisierte Kriminalität als typisch angesehen hat. Für die ebenfalls aufgeführten Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und bestimmter Delikte der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats kann Gleiches gelten. Dass der Gesetzgeber an solche Tatkomplexe gedacht hat, wird insbesondere daraus ersichtlich, dass er ausweislich der Gesetzesmaterialien hoffte, mit dem Instrumentarium des Art. 13 Abs. 3 GG auch an Hauptverantwortliche, Organisatoren, Finanziers und Drahtzieher heranzukommen (vgl. BTDrucks 13/8651, S. 9). Zwar kann sich die Schwere der Straftat nur auf die jeweils begangene Tat beziehen, nicht etwa auf erst zukünftig zu erwartende Taten. Insoweit aber kann der Unrechtsgehalt des gesamten Tatkomplexes auf die Bewertung der Tat als schwer zurückwirken.
(2) Der Gesetzgeber hat die Normierung der Katalogtaten nicht auf Straftaten begrenzt, die bei abstrakter Betrachtung besonders schwer im Sinne des Art. 13 Abs. 3 GG sind. Soweit dies nicht geschehen ist, genügt § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO nicht Art. 13 Abs. 3 GG. Der Überprüfung unterliegen insoweit gemäß § 78 Satz 2, § 82 Abs. 1 BVerfGG, die im Verfassungsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden sind (vgl. BVerfGE 18, 288 ≪300≫), auch die nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde erfolgten Gesetzesänderungen.
(a) Aus dem Strafrahmen der Deliktsnorm ergibt sich, ob die Tat vom Gesetzgeber als besonders schwer eingestuft worden ist. Der Straftatenkatalog des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO umfasst neben Verbrechenstatbeständen Vergehenstatbestände, darunter auch solche, deren Strafrahmen keinen überdurchschnittlichen Unrechtsgehalt zum Ausdruck bringt. Die Mindeststrafen reichen von Geldstrafen über Freiheitsstrafen von drei oder von sechs Monaten bis zu solchen von einem Jahr, von zwei, drei, fünf oder zehn Jahren. Auch die Höchststrafen variieren von drei Jahren über fünf und zehn Jahre bis zu lebenslänglich.
Der Gesetzgeber verfügt über einen Beurteilungsspielraum bei der Bestimmung des Unrechtsgehalts eines Delikts und bei der Entscheidung, welche Straftaten Anlass für die akustische Wohnraumüberwachung sein sollen. Bezogen auf Art. 13 Abs. 3 GG muss es sich abstrakt um eine besonders schwere Straftat handeln. Dafür gibt der Strafrahmen einen maßgebenden Anhaltspunkt. Von der besonderen Schwere einer Straftat im Sinne des Art. 13 Abs. 3 GG ist nur auszugehen, wenn sie der Gesetzgeber jedenfalls mit einer höheren Höchststrafe als fünf Jahre Freiheitsstrafe bewehrt hat. Nach der gesetzlichen Systematik wird in Tatbeständen mit einem fünf Jahre übersteigenden oberen Strafmaß sogleich eine Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug oder mehr normiert. Sie ist denjenigen Delikten vorbehalten, die ein besonders schweres Tatunrecht aufweisen und damit den Bereich der mittleren Kriminalität eindeutig verlassen.
(b) Unter Anwendung dieses Maßstabs erweist sich die Bezugnahme des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO auf solche Straftatbestände als verfassungswidrig, die ausweislich ihrer Strafandrohung allenfalls dem mittleren Kriminalitätsbereich zugeordnet werden können. Dazu zählen in der aktuell geltenden Fassung des § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a StPO: Vorbereitung einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Europaschecks (§ 152b Abs. 5 i.V.m. § 149 Abs. 1 StGB); Vorbereitung einer Verschleppung (§ 234a Abs. 3 StGB); Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte (§ 261 Abs. 1, 2 StGB); Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1, auch i.V.m. Abs. 3 StGB); Bestechung (§ 334 StGB). In § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b StPO sind betroffen: § 51 (mit Ausnahme der Qualifikation nach Abs. 2) sowie § 52 Abs. 1 Nr. 1, 2 Buchstabe c und d, Abs. 6 Waffengesetz; § 34 Abs. 1 bis 3 Außenwirtschaftsgesetz; § 19 Abs. 1 und 3 Nr. 1 sowie § 22a Abs. 1 und 3 Kriegswaffenkontrollgesetz. Aus § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe c wird erfasst: § 30b Betäubungsmittelgesetz in Verbindung mit § 129 StGB. Aus § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe d StPO genügen den Anforderungen nicht: Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80a StGB); Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot (§ 85 StGB); Agententätigkeit zu Sabotagezwecken (§ 87 StGB); verfassungsfeindliche Sabotage (§ 88 StGB); Offenbaren von Staatsgeheimnissen (§ 95 Abs. 1 StGB); Auskundschaften von Staatsgeheimnissen (§ 96 Abs. 2 StGB); landesverräterische Agententätigkeit (§ 98 Abs. 1 Satz 1 StGB); geheimdienstliche Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 StGB); landesverräterische Fälschung (§ 100a Abs. 1 und 2 StGB). Schließlich genügen in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e StPO nicht den Anforderungen: Bildung einer kriminellen Vereinigung in einem besonders schweren Fall (§ 129 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StGB); Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 3 sowie Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz und Satz 2, jeweils auch i.V.m. § 129b Abs. 1 StGB).
Verfassungswidrig waren auch der Verweis in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a auf § 152a Abs. 5 in Verbindung mit § 149 Abs. 1 StGB und die in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b StPO erfolgte Bezugnahme auf § 52a des Waffengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Waffenrechts vom 31. Mai 1978 (BGBl I S. 641) mit Ausnahme der Qualifikation nach Absatz 2 sowie auf § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, Satz 2 des Waffengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes vom 4. März 1976 (BGBl I S. 417). Gleiches gilt für die Verweisung des § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b StPO auf § 22a Abs. 1 und 3 Kriegswaffenkontrollgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Waffenrechts vom 31. Mai 1978 (BGBl I S. 641; damals § 16). Ebenfalls verfassungswidrig waren die Bezugnahmen in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e StPO auf § 129a Abs. 3 StGB in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 164) sowie auf § 129a Abs. 3 StGB in der bis zum 27. Dezember 2003 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches vom 26. Juni 2002 (BGBl I S. 2254).
Soweit eine Höchststrafe von über fünf Jahren vorgesehen ist, entspricht die Bezugnahme auf den Straftatenkatalog den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ist der Verweis auf solche Qualifikationstatbestände ausgesetzt, die eine höhere Höchststrafe als fünf Jahre unter spezifischen, in einem Qualifikationstatbestand zumindest mit einem Regelbeispiel näher umschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen vorsehen, wie etwa § 261 Abs. 4 StGB oder § 51 Abs. 2 WaffG. Erfüllt der Grundtatbestand die Anforderungen, so fällt er aus dem Katalog nicht insoweit heraus, als in minder schweren, vom Gesetzgeber tatbestandlich nicht näher festgelegten Fällen eine niedrigere Höchststrafe als fünf Jahre Freiheitsentzug vorgesehen worden ist.
ee) Die gesetzliche Ermächtigung trägt im Übrigen den Anforderungen des Art. 13 Abs. 3 GG und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne jedenfalls bei restriktiver Auslegung hinreichend Rechnung.
(1) In dem Spannungsverhältnis zwischen der Pflicht des Staates zur Gewährleistung einer rechtsstaatlichen Strafrechtspflege und dem Interesse des Beschuldigten und der Drittbetroffenen an der Wahrung ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Rechte ist es zunächst Aufgabe des Gesetzgebers, einen abstrakten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen. Ferner haben die Gerichte im Rahmen der Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Normen für die Angemessenheit der von ihnen getroffenen konkreten Entscheidung Sorge zu tragen. Gleiches gilt für die Behörden, die Überwachungsmaßnahmen ausführen. Dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch insoweit maßgebend, als Art. 13 Abs. 3 GG keine ausdrücklichen Vorgaben für die Ausgestaltung der angegriffenen strafprozessualen Eingriffsbefugnis und ihrer Anwendung im Einzelfall getroffen hat.
(2) § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO ist nach diesen Grundsätzen – abgesehen von dem überschießenden Straftatenkatalog – bei restriktiver Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
(a) Der in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO festgelegte Verdachtsgrad begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Gemäß § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO ist eine akustische Wohnraumüberwachung zulässig, wenn “bestimmte Tatsachen den Verdacht” der Begehung einer besonders schweren Straftat begründen. Die angegriffene Vorschrift wiederholt wortgleich die Formulierung des Art. 13 Abs. 3 GG, so dass die Vereinbarkeit des Gesetzes mit der verfassungsrechtlichen Grundrechtsschranke insoweit nicht in Zweifel steht.
Der durch bestimmte Tatsachen begründete Verdacht unterliegt zwar höheren Anforderungen als der bloße Anfangsverdacht, erreicht jedoch nicht bereits den Grad eines “hinreichenden” oder gar “dringenden” Tatverdachts, den andere Normen der Strafprozessordnung vorsehen. § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO erfordert eine konkretisierte Verdachtslage. Hierfür reicht das bloße Vorliegen von Anhaltspunkten nicht aus. Es müssen vielmehr konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorhanden sein (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪395≫). Nur bereits ermittelte und in Antrag und Anordnung genannte Tatsachen kommen für die jeweilige Bewertung in Betracht. Da sich die akustische Wohnraumüberwachung nur gegen den Beschuldigten richten und erst als letztes Mittel der Strafverfolgung eingesetzt werden darf, muss auf Grund der bereits vorliegenden Erkenntnisse eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Begehung der besonders schweren Katalogstraftat bestehen.
(b) Eine Anhebung der in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO enthaltenen Verdachtsstufe ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht geboten. Neben der Schwere der Tat ist zwar auch die Stärke des Tatverdachts mitentscheidend dafür, ob eine strafprozessuale Ermittlungsmaßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der Grundrechtsbeeinträchtigung steht (vgl. BVerfGE 107, 299 ≪322≫). Es ist jedoch auch in Anbetracht der Eingriffsintensität der akustischen Wohnraumüberwachung nicht verfassungsrechtlich geboten, die Maßnahme vom Vorliegen eines Verdachtsgrades abhängig zu machen, der für andere Maßnahmen gilt. So ist es Sinn und Zweck des Ermittlungsverfahrens, den zureichenden Verdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO zu einem für die Anklageerhebung erforderlichen Tatverdacht gemäß § 170 Abs. 1 StPO zu erhärten oder den Beschuldigten zu entlasten. Die Verhängung der Untersuchungshaft nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO setzt voraus, dass der Straftatverdacht dringend ist, das heißt nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Verurteilung des Beschuldigten besteht. In solchen Fällen liegt der Sachverhalt offen zutage. Folglich bedarf es seiner Erforschung durch den Einsatz technischer Mittel zur akustischen Wohnraumüberwachung regelmäßig nicht mehr. Wäre für die akustische Wohnraumüberwachung ein dringender Tatverdacht zu fordern, entfiele damit auch die Tauglichkeit des Mittels weitgehend.
Als Mittel der Sachverhaltserforschung soll die akustische Wohnraumüberwachung den für weitere Schritte, insbesondere eine Anklageerhebung (§ 170 Abs. 1 StPO) oder später den Eröffnungsbeschluss (§ 203 StPO), erforderlichen hinreichenden oder gar den für die Verhängung der Untersuchungshaft (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) geforderten dringenden Tatverdacht erst noch erbringen. Sie kann ihn deshalb nicht für ihre Zulässigkeit voraussetzen.
(3) § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO ist auch insoweit mit Art. 13 Abs. 3 GG und den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit vereinbar, als er neben der Erforschung des Sachverhalts auch die Ermittlung des Aufenthaltsorts des “Täters” zulässt.
Art. 13 Abs. 3 GG erwähnt als Fahndungsziel allein die Erforschung des Sachverhalts. Zudem erlaubt er nur die Überwachung von Wohnungen, in denen sich der Beschuldigte vermutlich aufhält. Die akustische Wohnraumüberwachung darf sich daher nur gegen den Beschuldigten, nicht auch gegen andere Personen richten. Dies setzt aber voraus, dass bekannt ist oder zumindest vermutet werden kann, dass sich der Beschuldigte in der Wohnung aufhält. Allerdings kann die Maßnahme dazu dienen, Informationen über den ständigen Aufenthalt des Täters zu gewinnen, soweit dies zur Sachverhaltsermittlung erforderlich ist. Darüber hinaus kommt sie zur Ermittlung des Aufenthalts von Mittätern in Betracht. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sieht der verfassungsändernde Gesetzgeber die Ermittlung des Aufenthalts von Mittätern als Teil der Erforschung des Sachverhalts und damit als zulässiges Ermittlungsziel einer akustischen Wohnraumüberwachung zu Strafverfolgungszwecken an (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 5 sowie BTDrucks 13/8651, S. 13).
(4) Bei einer restriktiven Auslegung der angegriffenen Vorschrift des § 100c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 4 und 5 und Abs. 3 StPO kann auch sichergestellt werden, dass unverdächtige Dritte von der akustischen Wohnraumüberwachung nur in einem Maße betroffen werden, das in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Ermittlungsmaßnahme verfolgten Allgemeininteressen einer effektiven Strafverfolgung steht. Eine Überwachung Dritter scheidet allerdings – wie stets – von vornherein aus, wenn die Kommunikation den Kernbereich ihrer privaten Lebensgestaltung betrifft. Dies wird nicht der Fall sein, wenn sich der Tatverdächtige in einer von einem Dritten angemieteten konspirativen Wohnung aufhält. Demgegenüber ist der Kernbereich eher betroffen, wenn der Beschuldigte die Wohnung eines Dritten, etwa eines Freundes oder Familienmitglieds, nur vorübergehend und besuchsweise aufsucht.
(a) Für die Angemessenheit einer grundrechtsbeschränkenden Maßnahme ist die Eingriffsintensität mitentscheidend. Daher ist bedeutsam, wie viele Personen wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind und ob diese Personen hierfür einen Anlass gegeben haben (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪376≫). Das Gewicht der Beeinträchtigung hängt davon ab, ob die Betroffenen als Personen anonym bleiben, welche Umstände und Inhalte der Kommunikation erfasst werden können und welche Nachteile den Grundrechtsträgern aus der Überwachungsmaßnahme drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪376≫; 107, 299 ≪320≫). Auch macht es einen Unterschied, ob die Ermittlungsmaßnahmen in einer Privatwohnung oder in Betriebs- und Geschäftsräumen stattfinden und ob und in welcher Zahl unverdächtige Dritte mitbetroffen werden.
(aa) Die akustische Wohnraumüberwachung ist ein besonders schwerwiegender Grundrechtseingriff. Bei ihrer Durchführung können in erheblichem Umfang solche Personen betroffen sein, die in keiner Beziehung zu dem Tatvorwurf stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, aber mit dem Täter in Verbindung stehen oder sich in derselben Wohnung aufhalten.
Drittbetroffene in diesem Sinne sind diejenigen, die nicht selbst Zielpersonen der Maßnahme sind. Dazu gehören die Gesprächspartner des Beschuldigten, andere Personen, die sich in dessen Wohnung vorübergehend oder dauerhaft aufhalten, und nicht zuletzt auch diejenigen, die von Überwachungsmaßnahmen in Büro- und Geschäftsräumen betroffen werden. Außer dem Beschuldigten werden ferner solche Personen beeinträchtigt, deren Wohnung wegen des vermuteten Aufenthalts des Beschuldigten zum Objekt einer Überwachung wird. Auch insoweit sind diejenigen betroffen, die sich zu irgendeinem Zeitpunkt während der Durchführung der Maßnahme in der überwachten Wohnung aufhalten. Wird die Kommunikation Unverdächtiger erfasst, so schafft die akustische Wohnraumüberwachung für sie das Risiko, Gegenstand staatlicher Ermittlungen zu sein, das zu dem allgemeinen Risiko hinzutritt, einem unberechtigten Verdacht ausgesetzt zu werden (vgl. BVerfGE 107, 299 ≪321≫).
Dass mit der Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung die Beeinträchtigung Unverdächtiger auch tatsächlich in erheblicher Anzahl verbunden ist, zeigt der Anteil der Nichtbeschuldigten an den insgesamt von Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO Betroffenen. Im Durchschnitt ergibt sich nach den jährlichen Berichten der Bundesregierung ein Anteil Nichtbeschuldigter an den formell Betroffenen von annähernd 50 vom Hundert. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass als Betroffene nur die Beschuldigten und diejenigen Personen erfasst werden, die Inhaber des Schutzguts Wohnung sind. In den statistischen Angaben sind diejenigen Personen nicht enthalten, die sich zufällig in der überwachten Wohnung aufhalten (vgl. BTDrucks 14/8155, S. 8). Deren Anzahl kann aber auch bei der Überwachung einer Privatwohnung beträchtlich sein. Daher ist der Anteil der Nichtbeschuldigten, die von der Maßnahme erfasst werden, wahrscheinlich noch deutlich höher als die Statistik angibt.
Neben der hohen Anzahl der unverdächtig Betroffenen begründen vor allem Inhalt und Umfang der Kommunikation, die im Rahmen einer akustischen Wohnraumüberwachung abgehört wird, die besondere Intensität des Eingriffs. Zum Gegenstand der Überwachung kann die gesamte Alltagskommunikation werden, die innerhalb des Überwachungszeitraums in der Wohnung stattfindet. Daher ist der Anteil der überwachten Gespräche, deren Inhalt keinerlei strafrechtliche Relevanz aufweist, wahrscheinlich hoch.
(bb) Die heimliche Überwachung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in Wohnungen betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern kann sich auch auf die Kommunikation der Gesellschaft insgesamt auswirken. Von der Möglichkeit zur akustischen Wohnraumüberwachung können Einschüchterungseffekte ausgehen, denen insbesondere auch der Unverdächtige ausgesetzt ist, weil auch er nach den gesetzlichen Regelungen jederzeit und ohne sein Wissen von der Ermittlungsmaßnahme betroffen werden kann. Allein die Befürchtung einer Überwachung kann aber schon zu einer Befangenheit in der Kommunikation führen. Art. 13 GG schützt den Einzelnen vor staatlichen Eingriffen in die räumliche Privatsphäre und gewährleistet damit in seinem objektivrechtlichen Gehalt die Vertraulichkeit der Kommunikation auch in ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung. Die zum Schutze des einzelnen Grundrechtsträgers geschaffenen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorkehrungen kommen auch dem Vertrauen der Allgemeinheit in eine grundrechtsschonende Überwachungspraxis zugute (vgl. BVerfGE 107, 299 ≪328≫).
(cc) Soweit Art. 13 Abs. 3 GG nur die vermutliche Anwesenheit des Beschuldigten in der zu überwachenden Wohnung verlangt, formuliert er eine Mindestanforderung an die Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte sich in der Wohnung aufhält. Die Angemessenheit der akustischen Wohnraumüberwachung bleibt mit Blick auf die Eingriffstiefe allerdings nur dann gewahrt, wenn die Überwachungsmaßnahme von vornherein ausschließlich auf Gespräche des Beschuldigten gerichtet ist, weil nur insoweit angenommen werden kann, dass die Gespräche einen hinreichenden Bezug zur verfolgten Straftat aufweisen. Dies aber bedeutet zugleich, dass die akustische Wohnraumüberwachung nur bei aktueller, wenn auch gegebenenfalls nur vermuteter Anwesenheit des Beschuldigten in der zu überwachenden Wohnung zulässig ist. Dies kommt auch dem Schutz unverdächtiger Dritter entgegen.
(b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begrenzung der Eingriffe gegen unverdächtige Dritte werden die gesetzlichen Vorschriften gerecht.
(aa) § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO nimmt eine Eingrenzung auf das Abhören und die Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes des Beschuldigten vor. Hieraus kann zwar nicht hergeleitet werden, dass Worte anderer Personen einem Abhörverbot unterliegen, weil die Ermittlungsmaßnahme wegen der zwangsläufigen Beteiligung Dritter an Gesprächen des Beschuldigten dann nicht mehr durchgeführt werden könnte. Die Formulierung bringt aber gleichwohl zum Ausdruck, dass auch in der Wohnung des Beschuldigten allein die Aufnahme von Gesprächen erlaubt ist, an denen der Beschuldigte selbst als Gesprächsteilnehmer mitwirkt.
(bb) § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO begrenzt die Möglichkeit, die Wohnung eines Nichtbeschuldigten in eine Überwachung einzubeziehen, in angemessener Weise.
§ 100c Abs. 2 Satz 5 StPO gestattet es, die Wohnungen Nichtbeschuldigter nur abzuhören, “wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der Beschuldigte sich in diesen aufhält, die Maßnahme in Wohnungen des Beschuldigten allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts … führen wird und dies auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre”. Nach dem Wortlaut dieser Regelung bedarf es zunächst eines konkretisierten Verdachts, dass sich der Beschuldigte zur Zeit der Maßnahme in der Wohnung einer anderen Person aufhält. Dies ist gegebenenfalls durch andere Maßnahmen, wie eine Observation, sicherzustellen. Nicht auf konkrete Anhaltspunkte gestützte Vermutungen für die Anwesenheit des Beschuldigten in der Wohnung des Dritten reichen daher für den Beginn der Maßnahme nicht aus.
Dass darüber hinaus die aktuelle Anwesenheit des Beschuldigten während der Dauer der Durchführung der Maßnahme gefordert ist, folgt unmittelbar aus § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO, da hiernach nur Gespräche des Beschuldigten abgehört und aufgezeichnet werden dürfen. Dieses Erfordernis wird auch durch § 100c Abs. 2 Satz 1 StPO klargestellt, in dem es heißt, dass sich Maßnahmen nach Absatz 1 nur gegen den Beschuldigten richten dürfen. Eine Ausnahme hiervon, wie dies für Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO vorgesehen ist, gibt es nicht (vgl. BTDrucks 13/8651, S. 13). Die Einschränkung auf den Beschuldigten gilt deshalb auch für die Überwachung der Wohnung anderer Personen nach § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO.
Allein mit der aktuellen Anwesenheit des Beschuldigten in der Wohnung eines unverdächtigen Dritten wird die Angemessenheit der Maßnahme in Wohnungen Dritter aber noch nicht erreicht. Neben der von § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO vorgeschriebenen Subsidiarität einer Überwachung von Wohnungen Nichtbeschuldigter muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, verfahrensrelevante Informationen zu gewinnen. Das verlangt nach tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass der Beschuldigte in den zu überwachenden Räumlichkeiten im Überwachungszeitraum verfahrensrelevante und im weiteren Verfahren verwertbare Gespräche führen wird. Bloße Vermutungen und eine Überwachung “ins Blaue hinein”, allein getragen von der Hoffnung auf Erkenntnisse, genügen nicht.
(cc) Wegen der besonderen Intensität des Grundrechtseingriffs für unverdächtige Dritte betreffen die zur Wahrung der Angemessenheit gebotenen Einschränkungen nicht nur die Wohnungen Dritter. Sie gelten auch für den Regelfall der Überwachung der Wohnung des Beschuldigten nach § 100c Abs. 2 Satz 4 StPO, soweit sich in der Wohnung des Beschuldigten unverdächtige Dritte dauerhaft oder vorübergehend aufhalten.
(dd) Der Gesetzgeber hat eine die Angemessenheit der gesetzlichen Ermächtigung wahrende Einschränkung ferner durch § 100c Abs. 3 StPO vorgenommen. Zwar heißt es dort nur, dass Maßnahmen auch durchgeführt werden dürfen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Im Umkehrschluss folgt daraus jedoch ebenfalls, dass die akustische Wohnraumüberwachung unzulässig ist, wenn diese zu einer vermeidbaren Beeinträchtigung führt.
Dritte im Sinne des § 100c Abs. 2, 3 StPO sind all diejenigen Personen, die nicht Zielperson der Maßnahme sind. Da Zielpersonen einer akustischen Wohnraumüberwachung nach der ausdrücklichen Regelung des § 100c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 StPO ausschließlich Beschuldigte sind, gehören zu den Dritten im Sinne des § 100c Abs. 3 StPO sämtliche anderen Betroffenen ungeachtet dessen, ob diese sich in der Wohnung des Beschuldigten oder in der überwachten Wohnung eines Dritten aufhalten. Unter § 100c Abs. 3 StPO fallen damit ebenso Familienangehörige des Beschuldigten wie zufällig in der Wohnung anwesende Personen. Die Anforderungen, die an die Unvermeidbarkeit der Betroffenheit Dritter zu stellen sind, hängen maßgeblich von den tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten des Ausschlusses Dritter im Einzelfall ab.
III.
Die gesetzliche Ausgestaltung des Richtervorbehalts in § 100d Abs. 2 und 4 Satz 1 und 2 StPO verletzt nicht die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Grundrechte.
1. Art. 13 Abs. 3 Satz 3 und 4 GG sieht für die Anordnung der akustischen Wohnraumüberwachung einen qualifizierten Richtervorbehalt vor. Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle durch eine unabhängige und neutrale Instanz. Das Grundgesetz geht davon aus, dass Richter auf Grund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer ausschließlichen Bindung an das Gesetz (Art. 97 GG) die Rechte der Betroffenen im Einzelfall am besten und sichersten wahren können (vgl. BVerfGE 77, 1 ≪51≫; 103, 142 ≪151≫; 107, 299 ≪325≫). Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, das die Staatsanwaltschaft in eigener Verantwortung führt, ist der Richter – entsprechend der Trennung von Anklagebehörde und Gericht im deutschen Strafprozess – unbeteiligter Dritter. Der Richtervorbehalt dient bei der akustischen Wohnraumüberwachung der Wahrung des Schutzes durch das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪151≫ für die Durchsuchung).
Der Richtervorbehalt in Art. 13 Abs. 3 GG geht in zweifacher Hinsicht weiter als im Falle der Durchsuchung gemäß Art. 13 Abs. 2 GG. Die richterliche Anordnung muss Absatz 3 Satz 3 zufolge grundsätzlich durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper getroffen werden. Nur bei Gefahr im Verzug genügt nach Satz 4 die Anordnung eines einzelnen Richters; eine Anordnung der Staatsanwaltschaft oder ihrer Hilfsbeamten reicht selbst im Eilfall nicht aus. Damit soll dem besonderen Gewicht des durch Art. 13 Abs. 3 GG zugelassenen Grundrechtseingriffs Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 5).
Im Übrigen ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Richtervorbehalts nach Art. 13 Abs. 3 GG frei. Zu sichern ist jedoch die hinreichende Wirksamkeit der vom Gesetzgeber zur Gewährleistung einer verfahrensmäßigen Kontrolle getroffenen Regelungen. Defiziten der Wirksamkeit hat der Gesetzgeber von vornherein zu begegnen; ihnen ist aber auch durch die Gerichte und die Strafverfolgungsbehörden bei der Anwendung der mit einem Richtervorbehalt versehenen Ermittlungsmaßnahme entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪152≫).
2. Die gesetzlichen Regelungen über die Art und Weise der gerichtlichen Anordnung der akustischen Wohnraumüberwachung genügen diesen Anforderungen.
a) Das verfassungsrechtliche Gebot vorbeugender richterlicher Kontrolle aus Art. 13 Abs. 3 GG stellt strenge Anforderungen an den Inhalt und die Begründung der gerichtlichen Anordnung nach § 100d Abs. 2 StPO.
aa) Es ist die Aufgabe und Pflicht des anordnenden Gerichts, sich eigenverantwortlich ein Urteil darüber zu bilden, ob die beantragte akustische Wohnraumüberwachung zulässig und geboten ist. Dazu gehören eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung der zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall führenden Gesichtspunkte. Der Anordnungsbeschluss muss den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die heimliche Maßnahme durchzuführen ist (vgl. BVerfGE 107, 299 ≪325≫). Die maßgeblichen Erwägungen des Gerichts sind in der Begründung der Anordnung hinreichend zu dokumentieren. Das Gericht hat durch geeignete Formulierungen des Anordnungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪151 f.≫).
bb) Diesen Anforderungen tragen die gesetzlichen Regelungen hinreichend Rechnung. Nach § 100d Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 100b Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO sind in der Anordnung Art, Dauer und Umfang der Maßnahme zu bestimmen. Aus § 34 in Verbindung mit § 100d Abs. 6 Satz 1 StPO folgt, dass die Anordnung schriftlich zu begründen ist. Darüber hinausgehender gesetzlicher Regelungen bedarf es nicht. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften sind aber den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechend auszulegen und anzuwenden.
Die Staatsschutzkammer hat durch die Begründung der Anordnung dafür Sorge zu tragen, dass die Interessen der Betroffenen gewahrt werden, da es diesen auf Grund der Heimlichkeit verwehrt ist, präventiv Einwände gegen die Anordnung zu erheben. Da die Kammer eine angemessene Begrenzung der Maßnahme sicherzustellen hat und die Betroffenen in die Lage versetzen soll, von ihren Möglichkeiten des nachträglichen Rechtsschutzes Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪151 f.≫), muss die Begründung sich auf sämtliche materiellen und prozessualen Voraussetzungen beziehen. Aus ihr muss sich die konkrete Verdachtslage ergeben, und es muss erkennbar werden, dass eine Abwägung auf Grund der im Einzelfall relevanten Umstände stattgefunden hat. Wegen der ultima ratio-Klausel sind auch die Umstände anzugeben, die belegen, dass der Subsidiaritätsgrundsatz beachtet worden ist.
Durch die Angaben zu Art, Dauer und Umfang der Anordnung nach § 100d Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 100b Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO hat die Kammer ferner zu gewährleisten, dass die Maßnahme auch inhaltlich den Anforderungen des Grundrechts aus Art. 13 GG genügt. So müssen die Person, gegen die sich die akustische Wohnraumüberwachung richtet, der Tatvorwurf sowie die Erwartungen an die zu erhebenden Informationen in der Anordnung bezeichnet werden. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich, dass die konkret zu überwachenden Räume der Wohnung anzugeben sind, wenn die Maßnahme von vornherein nur für bestimmte Bereiche innerhalb der Wohnung gerechtfertigt ist. Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und bestehende Beweisverbote können es gebieten, die von der Anordnung ausgenommenen Gesprächspartner des Beschuldigten festzulegen. In zeitlicher Hinsicht ist die Höchstdauer der Maßnahme zu benennen. Schließlich wird die Kammer je nach den Umständen des Einzelfalls auch Regelungen zu Art und Weise des Vollzugs zu treffen haben, darunter auch zu Vorbereitungs- und Begleitmaßnahmen sowie gegebenenfalls zur technischen Durchführung.
b) Da die Anordnungskompetenz die Regelung der Art und Weise der Durchführung umfasst, ist das Gericht auch berechtigt, den durchführenden Stellen eine in bestimmten Abständen erfolgende Unterrichtung über den Verlauf der Maßnahme aufzugeben und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen, etwa um zu sichern, dass der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht berührt wird und im Übrigen die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.
Das anordnende Gericht hat den Abbruch der Maßnahme anzuordnen, wenn sich zeigt, dass sie fortgesetzt wird, obwohl die gesetzlichen oder in der Anordnung festgelegten Voraussetzungen fehlen. Es würde der besonderen Bedeutung des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG und der grundrechtssichernden Funktion des Richtervorbehalts aus Art. 13 Abs. 3 GG nicht gerecht, wenn das anordnende Gericht eine einmal angeordnete Maßnahme in einem solchen Fall nicht abbrechen ließe und die Verletzung der räumlichen Privatsphäre deshalb fortdauern könnte. Dies gilt umso mehr, als die abgehörte Person ihre Interessen wegen der Heimlichkeit der Maßnahme nicht von sich aus gerichtlich verfolgen kann.
3. Die vom Gesetzgeber gemäß Art. 13 Abs. 3 Satz 2 GG in § 100d Abs. 4 Satz 1 StPO vorgesehene Höchstdauer für die Anordnung von vier Wochen ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Sie gewährleistet eine der Tiefe des Grundrechtseingriffs angemessene regelmäßige gerichtliche Überprüfung der Überwachung.
Den Ermittlungsbehörden wird in § 100d Abs. 4 Satz 1 StPO eine relativ kurze Höchstfrist gesetzt. Die Frist wird von Verfassungs wegen bereits mit der richterlichen Anordnung in Lauf gesetzt. Die Effektivität der richterlichen Anordnungs- und Prüfungsbefugnisse erfordert im Hinblick auf den einschneidenden Eingriff der akustischen Wohnraumüberwachung eine vorausschauende Beurteilung, die verantwortungsvoll nur für einen überschaubaren Zeitraum vorgenommen werden kann (vgl. BVerfGE 96, 44 ≪52 f.≫ für Art. 13 Abs. 2 GG). Dies wäre nicht hinreichend gewährleistet, wenn die Frist erst mit dem Beginn der Überwachungsmaßnahme einsetzen würde.
Eine Verlängerung der Anordnung wird durch Art. 13 Abs. 3 GG nicht ausgeschlossen. § 100d Abs. 4 Satz 2 StPO gestattet eine solche unter denselben Voraussetzungen, die für die Grundanordnung erfüllt sein müssen. Die Entscheidung hat allerdings unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Ermittlungsergebnisse zu erfolgen. Eine Verlängerung ist deshalb auch dann möglich, wenn sich der Verdacht nunmehr auf eine andere Katalogtat bezieht. Andererseits ist die Frist nicht zu verlängern, wenn die Überwachung bisher ergebnislos verlaufen ist und sich nach der Sachlage für die Zukunft keine hinreichenden Erfolgschancen prognostizieren lassen oder wenn erkennbar wird, dass andere Ermittlungsmaßnahmen ausreichen. Bei einer Verlängerung bestehen daher sowohl für die beantragende Staatsanwaltschaft als auch für das anordnende Gericht Prüfungs- und Begründungspflichten im Hinblick auf die bisherigen Ergebnisse der Maßnahme und die Erfolgsprognose.
Eine absolute Höchstdauer, nach der eine Verlängerung nicht mehr erfolgen darf, ist weder in Art. 13 Abs. 3 GG noch durch die Strafprozessordnung bestimmt worden. Eine solche Begrenzung kann aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall geboten sein, da mit zunehmender Dauer der akustischen Wohnraumüberwachung der Eingriff in die räumliche Privatsphäre immer intensiver wird und sogar dazu führen kann, dass Art. 13 GG in seinem Menschenwürdegehalt verletzt wird (siehe oben C I 3b dd ≪5≫).
4. Die Eilkompetenz des Vorsitzenden der Staatsschutzkammer gemäß § 100d Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO ist mit Art. 13 Abs. 3 GG ebenfalls vereinbar. Mit ihr wird nicht auf den grundrechtssichernden Richtervorbehalt verzichtet, sondern nur einstweilig das besondere Schutzinstrument der Kammerentscheidung durch das andere der Entscheidung des Vorsitzenden ersetzt. Dies bleibt in Übereinstimmung mit Art. 13 Abs. 3 Satz 4 GG auf eine besonders eilbedürftige Situation, die Gefahr im Verzug, beschränkt.
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Bestätigung der Kammer nach § 100d Abs. 2 Satz 3 StPO nur für die Zukunft wirkt und keine Überprüfung einer vorausgegangenen Eilentscheidung des Vorsitzenden darstellt. Das Risiko einer Umgehung der Anordnungskompetenz der Kammer besteht, anders als bei dem Richtervorbehalt für Durchsuchungen (vgl. hierzu BVerfGE 103, 142), für die akustische Wohnraumüberwachung praktisch nicht; der Erfolg einer Abhörmaßnahme kann innerhalb von drei Tagen in der Regel nicht erwartet werden, und die Voraussetzungen einer Eilentscheidung werden wegen der zeitumfänglichen Vorbereitung der Maßnahme nur im Ausnahmefall vorliegen. Erfolgt die Bestätigung durch die Kammer nicht, so tritt die Anordnung des Vorsitzenden außer Kraft, bleibt aber für die Vergangenheit wirksam.
Die Wirksamkeit einer Eilentscheidung des Vorsitzenden ohne Kammerbestätigung ist auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG unbedenklich. Bereits die Eilentscheidung wird durch einen Richter und nicht einen der Exekutive zuzurechnenden Staatsanwalt getroffen (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪156≫). Zudem verbleibt es auch hinsichtlich der Eilentscheidung bei den auch sonst gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten.
IV.
Die in § 101 StPO für die akustische Wohnraumüberwachung getroffenen Regelungen über die Pflicht zur Benachrichtigung der Beteiligten stehen mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG nur teilweise in Einklang.
1. § 101 Abs. 1 Satz 1 StPO ist mit Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit darin die Benachrichtigung der von akustischen Wohnraumüberwachungen betroffenen Personen davon abhängig gemacht wird, dass sie ohne Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten erfolgen kann. Durch die einmalige Entscheidung des Gerichts über die Zurückstellung der Benachrichtigung sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 StPO wird die Einhaltung der verfassungsrechtlich gebotenen Benachrichtigungspflicht zudem verfahrensrechtlich nicht hinreichend gesichert.
a) Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Erfordernis eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) vermittelt den Grundrechtsträgern einen Anspruch auf Kenntnis von Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung, die sie betreffen.
Bei nicht erkennbaren Eingriffen steht dem Grundrechtsträger auf Grund der Gewährleistung effektiven Grundrechtsschutzes grundsätzlich ein Anspruch auf spätere Kenntnis der staatlichen Maßnahme zu (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪361≫ zu Art. 10 GG). Ohne eine solche Kenntnis können die Betroffenen weder die Unrechtmäßigkeit der Informationsgewinnung noch etwaige Rechte auf Löschung der Aufzeichnungen geltend machen. Die nachträgliche Unterrichtung ist auch geboten, weil auf Grund der Heimlichkeit des Eingriffs die Anhörung unterblieben ist. Wie die Kenntnisgewährung im Einzelnen auszugestalten ist, gibt das Grundgesetz nicht vor. Art. 13 GG gebietet nur, dass eine Benachrichtigung dann stattfindet, wenn Datenerhebungen heimlich erfolgen, Auskunftsansprüche aber nicht eingeräumt worden sind oder den Rechten der Betroffenen nicht angemessen Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪361≫ zu Art. 10 GG). Die aus dem Grundrecht folgende Mitteilungspflicht unterliegt denselben Schranken wie das Grundrecht selbst. Soweit die Kenntnis des Eingriffs dazu führen kann, dass dieser seinen Zweck verfehlt, ist es daher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, die Kenntnisgewährung entsprechend einzugrenzen.
Daneben gebietet auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich eine Benachrichtigung, wenn dies Voraussetzung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes ist. Begrenzungen des Anspruchs sind allerdings auch nach Art. 19 Abs. 4 GG, der einer gesetzlichen Ausgestaltung zugänglich ist, nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪364≫). Aus Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG steht damit den jeweiligen Betroffenen nur grundsätzlich ein Anspruch auf Mitteilung der Anordnung und Durchführung der Wohnraumüberwachung zu. Die Eingrenzung der Mitteilungspflicht stellt ihrerseits einen Eingriff in die Grundrechte aus Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dar, der einer Rechtfertigung bedarf und damit auch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen muss (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪365, 398 f.≫). Da die Zurückstellung der Benachrichtigung die Rechtsschutzmöglichkeiten verzögert und mit zunehmendem zeitlichen Abstand zu der angeordneten Maßnahme die Effektivität des Rechtsschutzes abnimmt, ist die Zurückstellung auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken.
b) Der Begriff des Beteiligten in § 101 Abs. 1 Satz 1 StPO ist unter Berücksichtigung des Zwecks der Benachrichtigungspflicht zu bestimmen.
Die Benachrichtigungspflicht dient der Gewährleistung effektiven Schutzes der hier betroffenen Grundrechte. Demzufolge sind all diejenigen von der heimlichen Maßnahme zu unterrichten, in deren Grundrechte durch sie eingegriffen worden ist und denen somit Rechtsschutzmöglichkeiten und Anhörungsrechte offen stehen müssen. Zielperson einer akustischen Wohnraumüberwachung ist zwar allein der Beschuldigte. Der Grundrechtseingriff einer akustischen Wohnraumüberwachung bleibt aber nicht auf diesen begrenzt.
Als Beteiligte im Sinne des § 101 Abs. 1 StPO sind daher neben dem Beschuldigten die Inhaber und Bewohner einer Wohnung zu benachrichtigen, in denen Abhörmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Eine Benachrichtigungspflicht besteht grundsätzlich auch gegenüber solchen Personen, die sich als Gast oder sonst zufällig in einer überwachten Wohnung aufgehalten haben und die in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Recht am gesprochenen Wort und in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht betroffen sind.
Allerdings kann die Benachrichtigung weiterer Beteiligter den Grundrechtseingriff bei der in erster Linie betroffenen Zielperson der Maßnahme vertiefen. Das gilt insbesondere, wenn die Überwachung keine verwertbaren Ergebnisse erbracht hat. Außerdem kann die Benachrichtigungspflicht dort auf praktische Hindernisse stoßen, wo die Identität des Beteiligten im Rahmen der Maßnahme der Behörde nicht bekannt geworden ist. Auch die Nachforschung zur Feststellung der Identität sonstiger Beteiligter könnte den Grundrechtseingriff sowohl für die Zielperson wie für sonstige Beteiligte noch vertiefen. Das Bestehen von Benachrichtigungspflichten hängt unter diesen Umständen von einer Abwägung ab. Für sie ist zum einen die Intensität des Überwachungseingriffs bedeutsam, insbesondere in welchem Umfang und zu welchem Inhalt Kommunikation des unbekannten Betroffenen abgehört und aufgezeichnet worden ist, und zum anderen, welchen Aufwand die Feststellung der Identität des Betroffenen fordert und welche Beeinträchtigungen mit ihr für die Zielperson und sonstige Beteiligte verbunden sein könnten.
c) Die in § 101 Abs. 1 Satz 1 StPO genannten Gründe für die Zurückstellung der Benachrichtigung sind im Hinblick auf die akustische Wohnraumüberwachung nur teilweise mit dem Grundgesetz vereinbar.
aa) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Beteiligten nach § 101 Abs. 1 StPO von einer akustischen Wohnraumüberwachung erst zu benachrichtigen sind, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks und von Leib und Leben einer Person geschehen kann. Die genannten Zurückstellungsgründe sind hinreichend gewichtig, um eine Einschränkung der Benachrichtigungspflicht zu rechtfertigen.
bb) Die Zurückstellung der Benachrichtigung ist aber insoweit nicht mit Art. 13 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar, als nach § 101 Abs. 1 StPO eine Unterrichtung über die Durchführung einer akustischen Wohnraumüberwachung auch dann bis auf weiteres unterbleibt, wenn durch die Unterrichtung die öffentliche Sicherheit oder der weitere Einsatz eines nicht offen ermittelnden Beamten gefährdet würde.
(1) Mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit wird die Suspendierung der Benachrichtigungspflicht unter eine Generalklausel gestellt, die üblicherweise im Polizei- und Ordnungsrecht verwendet wird, dort aber sehr weit ist und praktisch sämtliche in der Rechtsordnung geschützten Rechtsgüter umfasst (zum Begriff siehe BVerfGE 69, 315 ≪352≫). Nicht alle betroffenen Schutzgüter reichen indessen zur Zurückstellung der Benachrichtigung. Daher muss der Gesetzgeber präzisieren, welche der unter dem Begriff der öffentlichen Sicherheit zusammengefassten Rechtsgüter er als so gewichtig einschätzt, dass sie eine Zurückstellung oder gar einen Ausschluss der Benachrichtigung bei heimlichen Grundrechtseingriffen rechtfertigen. Das aber ist nicht geschehen.
(2) Die Gefährdung der weiteren Verwendung eines nicht offen ermittelnden Beamten vermag die Zurückstellung der Benachrichtigung im Falle der akustischen Wohnraumüberwachung nicht zu rechtfertigen.
Der weitere Einsatz des Beamten bezieht sich nicht allein auf das Ermittlungsverfahren, in dem die akustische Wohnraumüberwachung angewendet worden ist. Sonst würde dieses Tatbestandsmerkmal sich in den meisten Fällen im Ergebnis mit dem der Gefährdung des Untersuchungszwecks decken. Offenbar soll vielmehr ausreichen, dass infolge der Benachrichtigung jede weitere Verwendung des verdeckt ermittelnden Beamten auch im Zusammenhang mit anderen Ermittlungsverfahren gefährdet wäre. Damit löst sich dieses Kriterium von dem jeweiligen Verfahren, innerhalb dessen die Überwachungsmaßnahme durchgeführt worden ist. Soweit der Gesetzgeber in erster Linie die Gefährdung von Leib und Leben von Personen, insbesondere der Ermittlungsbeamten und ihrer Angehörigen, ausschließen wollte, ist diese Gefährdungslage bereits durch die vorstehend unter aa behandelte Alternative erfasst. Die Möglichkeit zum weiteren Einsatz eines verdeckten Ermittlers ist kein gleichgewichtiges Anliegen. Auch kann sich die darauf gestützte Hinauszögerung der Benachrichtigung über einen erheblichen Zeitraum erstrecken. Damit wird die Benachrichtigungspflicht für unabsehbare Zeit ausgeschlossen und letztlich von zukünftigen ermittlungstaktischen Erwägungen der Strafverfolgungsbehörden abhängig gemacht. Dies widerspricht dem verfassungsrechtlichen Anliegen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes zum Zwecke der Abwehr von Beeinträchtigungen der hier in Rede stehenden Grundrechte.
d) Die Einhaltung der auch verfassungsrechtlich gebotenen Benachrichtigungspflicht ist zudem verfahrensrechtlich nicht hinreichend gesichert, wenn das Gericht gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 StPO ungeachtet der Zeitdauer der Zurückstellung nur einmalig eingeschaltet wird.
Die Befassung unabhängiger Stellen auch mit der Überprüfung der Gründe für die weitere Geheimhaltung staatlicher Eingriffe ist ein wesentliches Element des Grundrechtsschutzes, den die Betroffenen selbst nicht wahrnehmen können (vgl. MVVerfG, LKV 2000, S. 345 ≪355≫). Dass das Gericht erst eingeschaltet wird, wenn die Zurückstellung der Benachrichtigung über die Sechsmonatsfrist hinauswirkt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Verfassungsrechtliche Einwände bestehen aber gegen die Einmaligkeit der gerichtlichen Überprüfung auch bei einer lang andauernden Zurückstellung der Benachrichtigung.
Die jährlichen Berichte der Bundesregierung zeigen, dass eine Benachrichtigung der Betroffenen über Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung in einer Vielzahl von Fällen erst relativ spät erfolgt ist. Als Gründe für die Zurückstellung der Benachrichtigung werden ganz überwiegend die noch andauernden Ermittlungen oder Gefährdungen des Ermittlungszwecks genannt. Für den Rechtsschutz der Betroffenen ist in solchen Fällen wichtig, dass auch die Entscheidung über die Zurückstellung gerichtlich kontrolliert wird. Um sicherzustellen, dass die Zurückstellung auch im weiteren Verlauf auf das unbedingt Erforderliche begrenzt bleibt, bedarf es in Zeitabständen einer wiederkehrenden gerichtlichen Überprüfung. Die grundrechtssichernde Funktion des Richtervorbehalts endet erst, wenn der Betroffene unterrichtet ist und sich selbst bei Gericht gegen die Maßnahme wehren kann.
Die gemäß § 100e Abs. 1 Satz 3 StPO vier Jahre nach Beendigung der Maßnahme einsetzende Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft gegenüber der obersten Justizbehörde (siehe unten VI), die zudem nur jährlich anfällt, ist kein angemessener Ersatz für die Einschaltung des Richters.
2. Unvereinbar mit dem Grundgesetz ist auch die in § 101 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz StPO vorgesehene Zuständigkeitsregelung. Danach entscheidet nach Erhebung der öffentlichen Klage das Prozessgericht über die Zurückstellung der Benachrichtigung. Dies verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet hingegen § 101 Abs. 4 StPO, wonach die Unterlagen über die akustische Wohnraumüberwachung erst zu den Hauptakten gelangen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung vorliegen.
a) Verfassungsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, dass Unterlagen über Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung nach § 101 Abs. 4 Satz 1 StPO bei der Staatsanwaltschaft aufbewahrt werden, auch wenn sie dadurch dem Prozessgericht nicht vorliegen und der Beschuldigte sie deshalb nicht einsehen kann.
aa) Die grundgesetzliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs umfasst nicht die Pflicht des Gerichts, dem Beschuldigten Zugang zu dem Gericht nicht bekannten Unterlagen zu ermöglichen. Soweit er ein Recht auf Kenntnis von Akteninhalten hat, ist dieses Recht auf die dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten beschränkt (vgl. BVerfGE 63, 45 ≪59 f.≫).
bb) Auch unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf ein faires Verfahren lässt sich gegen eine von den Hauptakten des Verfahrens getrennte Verwahrung der Unterlagen über die akustische Wohnraumüberwachung bei der Staatsanwaltschaft im Grundsatz nichts einwenden.
Das Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung wendet sich nicht nur an die Gerichte, sondern ist auch von allen anderen Organen zu beachten, die auf den Gang des Strafverfahrens Einfluss nehmen. Verpflichtet ist auch die Staatsanwaltschaft, wenn sie sich im Hinblick auf die in § 101 Abs. 1 StPO genannten Zurückstellungsgründe veranlasst sieht, Unterlagen zurückzuhalten, die im Rahmen der Ermittlungen gegen den Beschuldigten entstanden sind und deshalb eigentlich zu den Hauptakten gehören (vgl. BVerfGE 63, 45 ≪62≫). Dies kann für die Verteidigung trotz formaler Wahrung aller prozessualen Rechte zu erheblichen Nachteilen führen. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass die bei der akustischen Wohnraumüberwachung angefallenen Informationen auch Entlastendes enthalten.
Vor der Verfassung hat eine getrennte Verwahrung der Akten bei der Staatsanwaltschaft nur Bestand, wenn rechtsstaatliche Grundsätze beachtet werden und die Unterlagen der eigenen Beurteilung durch das Gericht nicht weiter entzogen werden, als dies zur Wahrung verfassungsrechtlich geschützter Belange unumgänglich ist (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪283 f.≫ zur Zurückhaltung von Beweismitteln).
Die Verfassungsmäßigkeit einer Vorenthaltung der Unterlagen hängt mithin entscheidend vom Gewicht der in § 101 Abs. 1 Satz 1 StPO enthaltenen Zurückstellungsgründe ab. Hinsichtlich einer Gefährdung des Ermittlungszwecks und von Leib und Leben einer Person bestehen auch insoweit keine durchgreifenden Bedenken. Die Gefährdung des Ermittlungszwecks bezieht sich ausschließlich auf das den Beschuldigten selbst betreffende Ermittlungsverfahren. Dieser Gefährdungstatbestand kommt daher für eine Rechtfertigung getrennter Aktenverwahrung spätestens nach Anklageerhebung nicht mehr in Betracht. Die Gefährdung von Leib und Leben einer Person kann dagegen dazu führen, dass auch noch während der Hauptverhandlung Unterlagen über die akustische Wohnraumüberwachung zurückgehalten werden dürfen (vgl. auch BVerfGE 57, 250 ≪284≫). Allerdings haben die Strafverfolgungsbehörden alles Zumutbare und der Bedeutung der Sache Angemessene zu tun, um die der Herausgabe der Unterlagen entgegenstehenden Gründe auszuräumen, damit die erforderliche Sachaufklärung sich auch auf die heimlich gewonnenen Informationen beziehen kann und die damit verbundenen Rechte der Verfahrensbeteiligten nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigt werden (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪285≫).
Demgegenüber vermögen die anderen Zurückstellungsgründe – eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des weiteren Einsatzes eines nicht offen ermittelnden Beamten – eine Vorenthaltung der Unterlagen über die akustische Wohnraumüberwachung nicht zu rechtfertigen, soweit sie, wie ausgeführt, einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten (vgl. oben C IV 1c bb).
b) Für die in § 101 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz StPO vorgesehene Ablösung der Zuständigkeit der Staatsschutzkammer durch das Prozessgericht für Entscheidungen über die Zurückstellung der Benachrichtigung nach Erhebung der öffentlichen Klage mögen Gründe der Prozessökonomie sprechen; diese sind jedoch nicht gewichtig genug, um eine Beeinträchtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu rechtfertigen.
Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, dass das Strafgericht seiner Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zu Grunde legt, zu denen sich der Beschuldigte äußern konnte. Das Verfahrensgrundrecht will verhindern, dass das Gericht ihm bekannte, dem Beschuldigten aber verschlossene Sachverhalte zu dessen Nachteil verwertet (vgl. BVerfGE 63, 45 ≪59≫). Dieser Grundsatz lässt sich nicht im Zuge einer allein formalen Betrachtungsweise dahingehend reduzieren, dass bestimmte Informationen, die das Gericht erlangt hat, dem Beschuldigten aber vorenthalten bleiben, weder in der mündlichen Verhandlung zur Sprache kommen noch zur Begründung der Entscheidung ausdrücklich herangezogen werden dürfen.
Auch wenn das Gericht mit Blick auf die Verfahrensgrundsätze der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der Mündlichkeit der Verhandlung an einer formalen Verwertung solcher Informationen gehindert ist, kann aus der Sicht des Beschuldigten die begründete Besorgnis bestehen, dass sich das Gericht dem Erkenntniswert des informellen Beweismaterials bei seiner Urteilsfindung nicht wird verschließen können. Die Offenbarung geheim zu haltender Tatsachen nur gegenüber dem Strafgericht und nicht auch gegenüber dem Angeklagten verstößt im Strafverfahren gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪288≫; 101, 106 ≪129≫). Sind berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Exekutive anzuerkennen, führt dies im Strafverfahren dazu, dass die Informationen auf keine Weise zu Lasten des Angeklagten wirken dürfen. Werden die geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen über eine akustische Wohnraumüberwachung nur dem erkennenden Gericht offenbart, kann dies die Rechtsschutzposition des Angeklagten auch dann verschlechtern, wenn das Gericht an einer Verwertung im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung gehindert ist.
V.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßgaben für die Benachrichtigung ist der nachträgliche Rechtsschutz der Betroffenen gegen Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung hinreichend gesichert.
Wegen der hohen Eingriffsintensität der akustischen Wohnraumüberwachung hat der Gesetzgeber ausdrücklich in § 100d Abs. 6 StPO geregelt, dass der Beschuldigte und der Wohnungsinhaber in den Fällen des § 100c Abs. 2 Satz 5 StPO auch nach Erledigung der Maßnahme die Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie der Art und Weise des Vollzuges gerichtlich überprüfen lassen können. Dies entspricht dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Soweit allerdings das mit der Hauptsache befasste Gericht nach Klageerhebung für die Entscheidung über den Antrag zuständig ist, kann dies mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG einschränkend nur für die Fälle gelten, in denen auch der Angeklagte bereits von der Maßnahme unterrichtet worden ist und in die betreffenden Unterlagen Einsicht nehmen konnte. Anderenfalls würde das Prozessgericht wie im Fall des § 101 Abs. 1 Satz 3 StPO von Tatsachen Kenntnis erlangen, zu denen der Angeklagte sich nicht äußern kann.
Anderen von der akustischen Wohnraumüberwachung betroffenen Personen steht die Beschwerde nach § 304 StPO zur nachträglichen gerichtlichen Kontrolle zur Verfügung. Aus der Beschränkung des § 100d Abs. 6 StPO auf den Beschuldigten und den Wohnungsinhaber kann nicht im Umkehrschluss hergeleitet werden, dass andere Betroffene von der Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes ausgeschlossen bleiben sollen. § 100d Abs. 6 StPO trifft eine besondere Regelung des nachträglichen Rechtsschutzes für diejenigen, gegen die sich die Anordnung gerichtet hat. Einen Ausschluss der sonst nach der Strafprozessordnung gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten für andere von der akustischen Wohnraumüberwachung Betroffene enthält die Vorschrift nicht.
Mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes darf eine Beschwerde gegen die Anordnung einer akustischen Wohnraumüberwachung eines Drittbetroffenen nicht allein deswegen als unzulässig verworfen werden, weil die Anordnung vollzogen und die Maßnahme damit erledigt ist (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪39 f.≫; 107, 299 ≪337 f.≫). Auch bei der Anordnung der akustischen Wohnraumüberwachung wird schon wegen des Gewichts des Eingriffs in Art. 13 Abs. 1 GG oder in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein Rechtsschutzinteresse regelmäßig zu bejahen sein. Ein Indiz für einen tief greifenden Grundrechtseingriff ist es, wenn das Grundgesetz die Entscheidung über eine Maßnahme vorbeugend dem Richter vorbehalten hat (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫). Das ist gemäß Art. 13 Abs. 3 GG bei der akustischen Wohnraumüberwachung der Fall. Die Möglichkeit nachträglicher gerichtlicher Überprüfung der Maßnahme kann auch denjenigen Personen nicht verwehrt werden, die von der Maßnahme betroffen wurden, ohne dass sich die Anordnung gegen sie gerichtet hat.
VI.
Die von den Beschwerdeführern zu 2 erhobenen Rügen gegen die gesetzliche Ausgestaltung der Berichtspflichten der Bundesregierung bleiben ohne Erfolg.
1. Soweit sie geltend machen, dass diese Berichtspflichten nach Art und Umfang gesetzlich nicht hinreichend konkretisiert seien, um den nachträglichen gerichtlichen Rechtsschutz durch eine Kontrolle des Bundestags ersetzen zu können, geht dieser Einwand schon im Ansatz fehl.
Die von § 100e StPO vorgesehenen Berichtspflichten sind nicht darauf gerichtet, eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Bundestag und die von ihm gebildeten Gremien zu ermöglichen. Die nach Art. 13 Abs. 6 GG vorzunehmende Überprüfung dient nicht einer nachgehenden parlamentarischen Rechtmäßigkeitskontrolle der einzelnen Maßnahme, sondern zielt auf die Wahrnehmung politischer Verantwortung des Parlaments, insbesondere auf die gesetzgeberische Beobachtung der Eignung und der Folgen der Maßnahmen. Dies ist Ausdruck der allgemeinen Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive (vgl. BTDrucks 13/8650, S. 5). Art. 13 Abs. 6 GG hat hingegen keine der Aufgabe der G 10-Kommission entsprechende parlamentarische Kontrolle geschaffen, die den gerichtlichen Rechtsschutz ersetzen könnte, der durch Art. 10 Abs. 2 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 3 GG ermöglicht wird.
2. Die darüber hinaus aufgeworfene Frage, ob die Berichtspflicht der Bundesregierung in § 100e StPO hinreichend konkretisiert sei, um eine wirksame parlamentarische Nachprüfung der Verhältnismäßigkeit sowie des Erfolges des Ermittlungsinstruments zu ermöglichen, betrifft Rechtsbeziehungen oberster Bundesorgane und berührt die Beschwerdeführer nicht in eigenen Rechten. Den diesbezüglich erhobenen Bedenken kann auch in der Sache nicht gefolgt werden. Die gesetzliche Regelung der Berichtspflichten in § 100e StPO entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 13 Abs. 6 GG.
Eine inhaltliche Konkretisierung, welche Angaben die Berichte zu enthalten haben, hat der Gesetzgeber zwar nur in § 100e Abs. 1 StPO für die Staatsanwaltschaften vorgesehen. Aus ihr ergeben sich aber auch Folgerungen für die nach § 100e Abs. 2 StPO zu fertigenden Ländermitteilungen und die auf dieser Grundlage zu erfüllenden Berichtspflichten der Bundesregierung. Anderenfalls bliebe die detaillierte Regelung der staatsanwaltschaftlichen Berichtspflichten in § 100e Abs. 1 StPO ohne die vom Gesetzgeber beabsichtigte Wirkung. Die Berichte müssen daher insgesamt so substantiiert sein, dass die von Art. 13 Abs. 6 GG vorgeschriebene parlamentarische Kontrolle gewährleistet ist. Deshalb haben die Landesjustizverwaltungen die Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Bundesregierung zur Erfüllung der ihr durch Art. 13 Abs. 6 GG in Verbindung mit § 100e Abs. 2 StPO auferlegten Berichtspflicht benötigt. Sie haben darauf hinzuwirken, dass die staatsanwaltschaftlichen Berichte dies ermöglichen.
VII.
Die Regelungen in § 100d Abs. 5 Satz 2 und § 100 f Abs. 1 StPO über die Verwendung personenbezogener Informationen in anderen Verfahren sind mit Art. 13 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG insoweit nicht vereinbar, als keine Pflicht zur Kennzeichnung der weitergegebenen Informationen begründet worden ist.
1. Die Vorschriften über die Weitergabe der aus Wohnraumüberwachungen zu Strafverfolgungszwecken gewonnenen Informationen nach § 100d Abs. 5 und § 100 f Abs. 1 StPO sind von den Beschwerdeführern zu 2 allerdings nicht fristgerecht angegriffen worden. Nicht zulässigerweise angegriffene Vorschriften können aber bei bestehendem Regelungszusammenhang von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden, wenn ihre Verfassungswidrigkeit auf zulässigerweise angegriffene Vorschriften ausstrahlen würde (vgl. BVerfGE 30, 1 ≪29≫) oder wenn sie notwendiger Bestandteil einer Gesamtregelung sind (vgl. MVVerfG, LKV 2000, S. 345 ≪347≫). So liegt es hier. Die Tragweite der heimlichen akustischen Wohnraumüberwachung erschließt sich erst, wenn die Vorschriften für die Verwendung der Informationen unter Einschluss von Zufallsfunden (§ 100d Abs. 5 StPO) in die Betrachtung einbezogen werden.
Die Schutzwirkungen des Art. 13 Abs. 1 und des Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 1 Abs. 1 GG beziehen sich nicht nur auf die Erhebung, sondern ebenso auf die Weitergabe der Daten und Informationen, die durch einen Eingriff in die räumliche Privatsphäre gewonnen worden sind (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360≫ zu Art. 10 GG). Denn die verfassungsrechtliche Beurteilung der Informationserhebung hängt auch davon ab, in welchen Verwendungszusammenhängen die gewonnenen Informationen genutzt werden können und welche Schutzvorkehrungen, insbesondere welche datenschutzrechtlichen Regelungen, getroffen worden sind. Wäre eine weitere Verwendung der Daten ohne verfassungsrechtlich hinreichende Sicherungen möglich, wäre auch die Datenerhebung verfassungswidrig. Solche Wirkungen sind durch die Einbeziehung der Verwendungsvorschriften in die verfassungsrechtliche Prüfung auszuschließen.
Nicht Gegenstand der Prüfung ist jedoch die Vorschrift des § 100 f Abs. 2 StPO. Sie regelt mit Blick auf das Strafverfahren die Verwendung personenbezogener Informationen, die aus präventiv-polizeilichen Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung gewonnen worden sind. Die im vorliegenden Verfahren zu überprüfenden Regelungen zur Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung zum Zwecke der Strafverfolgung hätten auch dann Bestand, wenn sich die Verwendung von präventiv-polizeilich gewonnenen Daten im Strafverfahren als verfassungswidrig erwiese. § 100 f Abs. 2 StPO ist auch kein notwendiger Bestandteil der gesetzlichen Normen zur Durchführung der durch Art. 13 Abs. 3 GG ermöglichten Wohnraumüberwachung.
2. § 100d Abs. 5 Satz 2 und § 100 f Abs. 1 StPO sind für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet die in den Vorschriften zugelassene Zweckänderung der durch akustische Wohnraumüberwachung gewonnenen personenbezogenen Informationen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Die Speicherung und Verwendung der mit der Wohnraumüberwachung gewonnenen personenbezogenen Informationen und Daten sind grundsätzlich an den Zweck und auch an das Ermittlungsverfahren gebunden, für die sie erhoben worden sind (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360≫ zu Art. 10 GG). Sollen die gewonnenen Informationen zu einem anderen Zweck als dem ursprünglich verfolgten verwendet werden, so stellt dies grundsätzlich einen eigenständigen Grundrechtseingriff dar, da sich der Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG nicht nur auf die Phase der Datenerhebung in und aus Wohnungen beschränkt, sondern auch die Weitergabe einbezieht (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360≫ zu Art. 10 GG).
Zwar schließt der Grundsatz der Zweckbindung eine Zweckänderung nicht generell aus. Sie bedarf jedoch ihrerseits einer gesetzlichen Grundlage, die formell und materiell verfassungsmäßig ist. Dazu gehört, dass die Zweckänderung durch Allgemeinbelange gerechtfertigt ist, die die grundrechtlich geschützten Interessen überwiegen. Der neue Verwendungszweck muss sich auf die Aufgaben und Befugnisse der Behörde beziehen, der die Daten übermittelt werden, und hinreichend normenklar geregelt sein. Schließlich dürfen der Verwendungszweck, zu dem die Erhebung erfolgt ist, und der veränderte Verwendungszweck nicht miteinander unvereinbar sein (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪51, 62≫; 100, 313 ≪360≫).
b) Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Regelungen für sich gesehen gerecht.
Nach § 100d Abs. 5 Satz 2 StPO dürfen personenbezogene Informationen, die durch eine Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO erlangt worden sind, in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO bezeichneten Straftat benötigt werden. Ferner dürfen die Informationen nach § 100 f Abs. 1 StPO zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit einer Person oder für erhebliche Sach- oder Vermögenswerte verwendet werden. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber spezialgesetzliche Verwendungseinschränkungen getroffen. Sie bleiben durch die allgemeine Vorschrift des § 477 Abs. 2 StPO unberührt (vgl. Franke, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, a.a.O., § 477 Rn. 3 m.w.N.).
aa) Der Zweck der Regelungen ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Daten und Informationen sollen zur Aufklärung anderer Katalogtaten und zur Abwehr von im Einzelfall bestehenden Gefahren für hochrangige Rechtsgüter nutzbar gemacht werden. Der Gesetzgeber ist auch der Anforderung nachgekommen, die Zwecke, zu denen die personenbezogenen Daten verwendet werden dürfen, bereichsspezifisch und präzise festzulegen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪389≫). Die Norm knüpft an die Aufgaben der Daten empfangenden Behörden zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr an und grenzt die Verwendungszwecke auf die Verfolgung der in dem Katalog genannten Straftaten und die Abwehr besonderer Gefahren ein.
bb) Die Zwecke sind darüber hinaus mit dem ursprünglichen Zweck, der die Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung rechtfertigt, vereinbar. Eine Unvereinbarkeit läge vor, wenn mit der Zweckänderung grundrechtsbezogene Beschränkungen des Einsatzes bestimmter Erhebungsmethoden umgangen würden, die Informationen also für den geänderten Zweck nicht oder nicht in dieser Art und Weise hätten erhoben werden dürfen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪389 f.≫). Das ist mit Blick auf die angegriffenen Vorschriften jedoch nicht der Fall.
(1) Der Gesetzgeber hat die Verwendung von Informationen auch in anderen Strafverfahren gemäß § 100d Abs. 5 Satz 2 StPO nur zur Aufklärung einer in § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO aufgezählten Straftat zugelassen. Die durch eine akustische Wohnraumüberwachung erhobenen Daten dürfen nur verwendet werden, wenn die Straftaten aus diesem Katalog abstrakt und im konkreten Fall besonders schwer sind (siehe zur besonders schweren Straftat oben C II 3b dd ≪1≫). Diese Beschränkung gilt nicht nur für die Verwendung zu Beweiszwecken im engeren Sinne, sondern ist darüber hinaus auch bei der Verwendung von Spurenansätzen für die Aufklärung von Straftaten zu beachten. Anderenfalls könnten in einem Folgeverfahren Informationen aus einer akustischen Wohnraumüberwachung verwendet werden, ohne dass in diesem Verfahren jemals der Verdacht einer Katalogtat bestanden hat. Die für die Erhebung der Informationen bestehenden strengen Voraussetzungen sind in gleicher Weise bei der Verwendung in anderen Verfahren zu beachten.
Eine Verwertung aus der Wohnraumüberwachung gewonnener Erkenntnisse setzt voraus, dass die Erkenntnisse eine konkretisierte Verdachtslage begründen. Eine Verwendung von Daten in anderen Zusammenhängen ist nicht zu rechtfertigen, wenn die gewonnenen Erkenntnisse nicht den Grad an Tatverdacht stützen, der ansonsten als Grundlage der Durchführung einer akustischen Wohnraumüberwachung zu verlangen ist (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪394≫). Auch die Subsidiaritätsklausel des § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO ist im Rahmen der Verwertung nach § 100d Abs. 5 Satz 2 StPO entsprechend zu beachten. Eine Verwertung ist nur dann möglich, wenn die Aufklärung des Sachverhalts in dem anderen Strafverfahren ohne den Fund unmöglich oder unverhältnismäßig erschwert wäre. Hierbei stellt die Verhältnismäßigkeit an die Erschwernis aber geringere Anforderungen, weil die belastende Information als sicher feststeht, die Unsicherheit der Prognose damit entfällt und eine alternative Beweiserhebung ebenfalls in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen würde.
Dürfen die erhobenen Erkenntnisse bereits im Anlassverfahren nicht verwertet werden, gilt dies erst recht für die Verwertung in anderen Verfahren, da § 100d Abs. 5 Satz 2 StPO als reine Verwertungsvorschrift eine ordnungsgemäße Erhebung der Informationen voraussetzt. Gesetzliche und verfassungsunmittelbare Verwertungsverbote sind bei der Weiterverwendung oder bei der Verwertung von Zufallsfunden ebenso zu beachten wie im Anlassverfahren selbst (vgl. Rudolphi/Wolter, a.a.O., § 100 f Rn. 6 und 7, Stand: Oktober 2000).
(2) Auch bei einer Übermittlung von strafprozessual gewonnenen Informationen an Polizeibehörden zur Gefahrenabwehr nach § 100 f Abs. 1 2. Alt. StPO haben sich die Voraussetzungen für die Zweckänderung an entsprechenden Grundsätzen zu orientieren. Da die Daten durch einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff erlangt worden sind, wäre es verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, die Übermittlungsschwelle unter diejenige abzusenken, die im Rahmen der Gefahrenabwehr für entsprechende Eingriffe in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gilt (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪394≫). Eine gesetzliche Regelung für die Übermittlung nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO erhobener Daten an Behörden zu präventiv-polizeilichen Zwecken hat daher die verfassungsrechtlichen Wertungen zu berücksichtigen, die in Art. 13 Abs. 4 GG für den Primäreingriff getroffen worden sind.
Nach dieser Maßgabe ist § 100 f Abs. 1 2. Alt. StPO verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift stellt hinsichtlich der Gefahrenintensität und des Ranges der Schutzgüter Anforderungen, die den nach Art. 13 Abs. 4 GG bestehenden Voraussetzungen für eine präventiv-polizeiliche Wohnraumüberwachung vergleichbar sind.
Mit den Tatbestandsmerkmalen “Abwehr” und “im Einzelfall” stellt § 100 f Abs. 1 StPO klar, dass eine Übermittlung nur bei konkreten Gefahren im polizeirechtlichen Sinne in Betracht kommt. Im Unterschied zu Art. 13 Abs. 4 GG verlangt § 100 f Abs. 1 StPO für die Übermittlung der Information zwar ausdrücklich keine dringende Gefahr. Dass die Gefahr gleichwohl dringend sein muss, folgt aber in verfassungskonformer Auslegung des § 100 f Abs. 1 StPO aus Art. 13 Abs. 4 GG.
§ 100 f Abs. 1 StPO setzt im Übrigen durch den Verweis auf die Tatbestandsmerkmale Leben, Leib oder Freiheit einer Person Gefahren für Rechtsgüter voraus, die hinreichend gewichtig sind, um den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung von Wohnungen nach Art. 13 Abs. 4 GG zu rechtfertigen. Eine einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Soweit § 100 f Abs. 1 StPO für die polizeiliche Verwendung der Erkenntnisse eine Gefahr für erhebliche Sach- und Vermögenswerte genügen lässt, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 13 Abs. 4 GG Voraussetzung, dass das für eine gemeine Gefahr typische Gefahrenpotential gegeben ist. Nur dann hat die Gefährdung von Sach- und Vermögenswerten ein Gewicht, das der vom verfassungsändernden Gesetzgeber angestrebten Wertigkeit der bedrohten Rechtsgüter in Art. 13 Abs. 4 GG entspricht.
3. Die Vorschriften über die weitere Verwendung der erhobenen Daten sind jedoch insoweit nicht mit Art. 13 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zu vereinbaren, als es der Gesetzgeber versäumt hat, eine Pflicht zur Kennzeichnung der aus der akustischen Wohnraumüberwachung stammenden Daten vorzusehen.
Die Zweckbindung lässt sich nur gewährleisten, wenn auch nach der Informationserhebung erkennbar bleibt, dass es sich um Daten handelt, die durch eine Maßnahme der akustischen Wohnraumüberwachung gewonnen worden sind. Eine entsprechende Kennzeichnung der Daten ist daher von Verfassungs wegen geboten (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360 f.≫ zu Art. 10 GG). Der Gesetzgeber hat sowohl den datenerhebenden als auch den datenempfangenden Behörden zur Sicherung der Zweckbindung eine Kennzeichnungspflicht aufzuerlegen. Sonst könnten die aus der akustischen Wohnraumüberwachung stammenden Daten in einer Weise gespeichert und mit anderen Daten vermischt werden, die ihre Herkunft nicht mehr erkennen lässt (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪396 f.≫). Die in § 100 f Abs. 1 StPO vorgesehenen Verwendungsbeschränkungen wären damit unterlaufen.
VIII.
Die Vorschriften über die Datenvernichtung in § 100d Abs. 4 Satz 3, § 100b Abs. 6 StPO, die ebenso wie die Vorschriften zur Weitergabe von Daten in einem verfassungsrechtlich erheblichen Regelungszusammenhang zu den Vorschriften über die Datenerhebung stehen, verstoßen gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Die Regelungen zur Datenvernichtung sind ungeachtet der Versäumung der Rügefrist aus den gleichen Gründen in die verfassungsrechtliche Prüfung einzubeziehen wie die zur Datenverwendung (siehe oben C VII).
Der sich auch auf die weiteren Phasen der Datenverarbeitung erstreckende Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG verlangt zwar, dass die rechtmäßig erlangten Daten grundsätzlich vernichtet werden, sobald sie für die festgelegten Zwecke nicht mehr benötigt werden (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪362≫ zu Art. 10 GG). Die Regelungen über die Datenvernichtung müssen aber zugleich dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes genügen. Insofern kann eine spezifische Konfliktlage dadurch entstehen, dass es einerseits dem Datenschutz entspricht, nicht mehr benötigte Daten zu löschen, und dass andererseits durch die Löschung ein effektiver Rechtsschutz erschwert, wenn nicht gar vereitelt wird, weil eine Nachprüfung des Vorgangs nach Vernichtung der Unterlagen nur noch eingeschränkt möglich ist (vgl. MVVerfG, LKV 2000, S. 345 ≪354≫). Vor diesem Hintergrund muss die Vernichtungspflicht für die Fälle, in denen der Betroffene die gerichtliche Kontrolle staatlicher Informations- und Datenverarbeitungsmaßnahmen anstrebt, mit der Rechtsschutzgarantie so abgestimmt werden, dass der Rechtsschutz nicht unterlaufen oder vereitelt wird (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪364, 400≫).
Dies kann in der Weise geschehen, dass in Fällen, in denen der Betroffene ein ernsthaftes – grundsätzlich zu vermutendes – Interesse an Rechtsschutz oder an der Geltendmachung seines Datenschutzrechts gegenüber der zuständigen Stelle haben kann, die Daten einstweilen nicht gelöscht, wohl aber gesperrt werden und zu keinem anderen Zweck als dem zur Information des Betroffenen und zur gerichtlichen Kontrolle verwendet werden dürfen. Eine Vernichtung kommt erst dann in Betracht, wenn sichergestellt ist, dass die Daten für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht oder nicht mehr benötigt werden (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪400≫).
Solche Vorkehrungen treffen § 100d Abs. 4 Satz 3 und § 100b Abs. 6 StPO nicht. § 100d Abs. 4 Satz 3 StPO verweist auf § 100b Abs. 6 StPO, der die Datenvernichtung nach erfolgten Telefonüberwachungen regelt. Danach sind die durch die Maßnahme erlangten Unterlagen unverzüglich unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft zu vernichten, wenn sie zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind. § 100d Abs. 4 Satz 3 und § 100b Abs. 6 StPO lassen eine die Rechtsschutzmöglichkeit sichernde Auslegung nicht zu. Die Vorschriften ordnen vielmehr ohne Einschränkung die Vernichtung der Unterlagen an, sobald diese für die Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind.
IX.
Soweit die angegriffenen Vorschriften der Strafprozessordnung unvereinbar mit dem Grundgesetz sind, ist der Gesetzgeber verpflichtet, einen verfassungsgemäßen Rechtszustand bis spätestens zum 30. Juni 2005 herzustellen.
Bis zu diesem Termin können die beanstandeten Normen unter Berücksichtigung des Schutzes der Menschenwürde und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit weiterhin angewandt werden. Für § 100d Abs. 3 Satz 5 StPO gilt während dieser Zeit die Maßgabe, dass das in § 100d Abs. 2 Satz 1 StPO genannte Gericht von Amts wegen über die weitere Verwertbarkeit der Erkenntnisse im vorbereitenden Verfahren entscheidet. Die Entscheidungen nach § 100d Abs. 4 Satz 1 und § 101 Abs. 1 Satz 2 StPO liegen auch nach Erhebung der öffentlichen Klage ebenfalls bei dem in § 100d Abs. 2 Satz 1 StPO genannten Gericht.
D.
Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG.
Abweichende Meinung
der Richterinnen Jaeger und Hohmann-Dennhardt
zum Urteil des Ersten Senats vom 3. März 2004
Wir stimmen dem Urteil unter C I nicht zu. Nach unserer Auffassung ist schon Art. 13 Abs. 3 GG mit Art. 79 Abs. 3 GG nicht vereinbar und daher nichtig. Wohl aber tragen wir die Entscheidung unter C II bis IX mit, soweit sie jedenfalls die gesetzlichen Normen, die die akustische Wohnraumüberwachung mit technischen Mitteln zu Strafverfolgungszwecken regeln, für verfassungswidrig erklärt.
I.
1. Art. 79 Abs. 3 GG verbietet Verfassungsänderungen, durch welche die in den Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden. Zu diesen Grundsätzen gehört auch der Schutz der privaten Wohnung als Lebensraum zur höchstpersönlichen Lebensgestaltung, der zur Aufrechterhaltung einer dem Gebot der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde entsprechenden Ordnung unverzichtbar ist. Insoweit stimmen wir mit der Senatsmehrheit überein, die ebenfalls den Schutz der Menschenwürde in der in Art. 13 Abs. 1 GG verbürgten Unverletzlichkeit der Wohnung verankert sieht. Denn zur Persönlichkeitsentfaltung bedarf es Rückzugsräume, in denen der Einzelne ohne Angst vor Überwachung sich selbst zum Ausdruck bringen und mit Vertrauten über persönliche Ansichten und Empfindungen kommunizieren kann. Gerade in einer Welt, in der es technisch möglich geworden ist, so gut wie jede Bewegung und Kommunikation einer Person zu verfolgen und aufzuzeichnen, dient die Privatwohnung dem Einzelnen mehr denn je als letztes Refugium, in dem sich die Freiheit seiner Gedanken unbeobachtet manifestieren kann. Sie ist damit als Ort Mittel zur Wahrung der Menschenwürde.
2. Auch ist der Mehrheitsmeinung zunächst darin Recht zu geben, dass der absolute Schutz, der der Privatwohnung verfassungsrechtlich zukommt, nur so weit reicht, wie das in ihr ausgeübte Verhalten um der Menschenwürde willen geschützt ist: nicht jede Äußerung in einer Privatwohnung hat höchstpersönlichen Charakter. Dort aber, wo die Privatwohnung dem Ausdruck und Austausch persönlicher Empfindungen und Meinungen dient, ist ihr Schutz zur Wahrung der Menschenwürde absolut.
Allerdings ist es gerade wegen der Abgeschlossenheit einer Privatwohnung für einen Außenstehenden zunächst nicht erkennbar, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihr höchstpersönliche Dinge oder aber solche zur Sprache kommen, die die Sphäre anderer oder Belange der Gemeinschaft berühren. Wie im Urteil ausgeführt, gibt es für eine solche Unterscheidung lediglich Anhaltspunkte, die auf den Inhalt dessen schließen lassen, was in der Wohnung stattfindet. So lässt sich bei Privatwohnungen eher als bei Geschäftsräumen, bei Gesprächen mit eng Vertrauten eher als mit Geschäftspartnern oder Bekannten eine Situation vermuten, die dem höchstpersönlichen Bereich zuzuordnen ist. Gewissheit, ob dies zutrifft, bekommt man jedoch erst, wenn man die Abgeschlossenheit der Wohnung durchbricht und sich Kenntnis von dem verschafft, was in ihr passiert. Damit aber kann man schon in einen Bereich eingegriffen haben, der als intimer durch die eigenen vier Wände gerade absoluten Schutz erfahren soll. Forderte man für die Zuordnung einer Situation hinter verschlossenen Türen zum absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung eine jeweils konkrete Feststellung, hätte dies also zur Folge, dass stets ein Eingriff in diesen Kernbereich zunächst hingenommen wird, was Art. 79 Abs. 3 GG gerade verhindern soll. Um des Schutzes der Möglichkeit freier persönlicher Entäußerung willen zur Wahrung der Menschenwürde ist deshalb jedenfalls für Privatwohnungen, in denen sich der Beschuldigte allein, mit Familienmitgliedern oder mit ersichtlich engen Vertrauten aufhält, zu unterstellen, dass sie Raum bieten und genutzt werden für höchstpersönliche Kommunikation. Sie genießen deshalb umfassenden Schutz, wie ihn Art. 13 Abs. 1 GG gewährleistet.
II.
Art. 13 Abs. 3 GG überschreitet diese materielle Grenze, die Art. 79 Abs. 3 GG Eingriffen in die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG setzt. Er ermächtigt zur gesetzlichen Einführung der akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen sich ein wegen besonders schwerer Straftaten Beschuldigter vermutlich aufhält, mit technischen Mitteln zum Zwecke der Strafverfolgung und ermöglicht so auch das heimliche Belauschen von Gesprächssituationen höchstpersönlicher Art.
1. Der mit Art. 13 Abs. 3 GG eröffnete Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist zwar an mehrere Voraussetzungen geknüpft, die ihn angesichts des hohen Ranges dieses Grundrechts (vgl. MdB Schily, 197. Sitzung des 13. Deutschen Bundestags vom 9. Oktober 1997, Sten. Ber. Band 189, S. 17685) auf das Maß begrenzen sollen, das notwendig ist, um die Organisierte Kriminalität effektiv bekämpfen zu können (vgl. Bundesminister der Justiz Schmidt-Jortzig, a.a.O., S. 17679). So darf eine akustische Wohnraumüberwachung nur bei auf Tatsachen gestütztem Verdacht der Begehung einer besonders schweren Straftat und auch nur als ultima ratio erfolgen. Sie ist zudem auf Wohnungen begrenzt, in denen sich der Beschuldigte vermutlich aufhält, ist zeitlich zu befristen und bedarf der Anordnung durch einen richterlichen Spruchkörper. Eingrenzungen, die sicherstellen könnten, dass bei Einsatz dieses Ermittlungsinstrumentariums der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung geschützt bleibt, enthält Art. 13 Abs. 3 GG seinem Wortlaut nach jedoch nicht.
2. Es erscheint angesichts der zu seiner Einführung geführten parlamentarischen Debatten fraglich, ob der Gesetzgeber eine solche weitere Einschränkung der Wohnraumüberwachung überhaupt gewollt hat. Zwar ist richtig, wenn im Urteil darauf verwiesen wird, dass im Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 13 GG) ausgeführt wurde, dass bei einem Sachverhalt, der dem geschützten, unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung unterfällt, eine Überwachung von vornherein ausscheide und das höchstpersönliche Gespräch mit engsten Familienangehörigen am Schutz der Intimsphäre teilhabe, außerdem Gespräche mit Angehörigen verschiedener Berufsgruppen anderweitigen verfassungsrechtlichen Schutz genießen würden (vgl. BTDrucks 13/9660, S. 4). Änderungsanträge, die darauf abzielten, in Art. 13 Abs. 3 GG eine entsprechende Begrenzung aufzunehmen, sind jedoch mehrheitlich abgelehnt worden (vgl. a.a.O., S. 2 und 3). Auch in der darauffolgenden Lesung im Deutschen Bundestag wurde in einigen Debattenbeiträgen darauf verwiesen, dass weitergehende Beschränkungen des Einsatzes der akustischen Wohnraumüberwachung die Effektivität dieses Ermittlungsinstruments gänzlich in Frage stellten. So führte der Abgeordnete Geis (CDU/CSU) aus, bei einem Beweiserhebungsverbot für Gespräche mit Zeugnisverweigerungsberechtigten lohne sich das ganze Unternehmen einer Verfassungsänderung nicht (vgl. 214. Sitzung des 13. Deutschen Bundestags vom 16. Januar 1998, Sten. Ber. Band 191, S. 19519 f.). Diese Auffassung teilte der Abgeordnete Schily (SPD), der darauf hinwies, dass ein solcher Schutz des Gesprächs mit diesen Personenkreisen jede Maßnahme von vornherein ins Leere laufen lasse (vgl. a.a.O., S. 19545). Der damalige Innenminister des Landes Niedersachsen wies auf die Gefahr hin, dass Beweiserhebungsverbote für Gespräche mit Zeugnisverweigerungsberechtigten staatlich garantierte Schutzzonen für Schwerverbrecher etablieren und eine Handlungsanleitung bieten könnten, wie man seine Verbrechen am besten ungehindert von staatlichen Ermittlungen planen könne (vgl. a.a.O., S. 19552).
Auf einfachgesetzlicher Ebene ist zwar am Ende des Gesetzgebungsverfahrens in § 100d Abs. 3 StPO noch ein Beweiserhebungsverbot für Gespräche mit den in § 53 StPO genannten Berufsgeheimnisträgern eingeführt worden. Für Gespräche mit nach § 52 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Angehörigen hat sich dagegen lediglich ein unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit stehendes Beweisverwertungsverbot durchsetzen können, wobei Art. 13 Abs. 3 GG aber keine entsprechende Veränderung mehr erfahren hat. Selbst wenn man davon ausginge, dass diese Modifikation auf einfachgesetzlicher Ebene von der Vorstellung des Gesetzgebers getragen gewesen ist, schon Art. 13 Abs. 3 GG enthalte insoweit eine immanente Schranke für den Einsatz der akustischen Wohnraumüberwachung, bleibt durch diese Grundrechtsnorm jedenfalls das höchstpersönliche Gespräch mit Familienangehörigen und engen Vertrauten vom verfassungsändernden Gesetzgeber ungeschützt, da es mit technischen Mitteln belauscht werden darf und lediglich seine Verwertung einfachgesetzlich unter Verhältnismäßigkeitserwägungen in Frage steht.
Folge davon ist, dass das Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen teilweise ausgehöhlt wird, bietet doch ein Verwertungsverbot nur einen unzulänglichen Schutz. Die Kenntnisnahme von Gesprächsinhalten kann nicht ungeschehen gemacht werden und insofern das Verfahren der Strafverfolgungsbehörden gegen den Verdächtigen oder sogar gegen Dritte durchaus beeinflussen. Darüber hinaus werden unverdächtige Gesprächspartner des Beschuldigten, insbesondere wenn ihre Wohnung und nicht die des Beschuldigten abgehört wird, zum Objekt staatlicher Strafverfolgung, wenn ihre enge Verbundenheit mit dem Observierten und die zwischen ihnen in der Wohnung herrschende Vertrauensatmosphäre abgeschöpft werden.
III.
Wir können der Mehrheitsmeinung nicht darin folgen, dass der durch Verfassungsänderung eingeführte Art. 13 Abs. 3 GG durch verfassungskonforme oder verfassungssystematische Auslegung verfassungsfest gemacht werden kann.
1. Es ist richtig, dass gerade auch Verfassungsnormen der Auslegung bedürfen, nicht isoliert zu betrachten und so zu deuten sind, dass sie mit den elementaren Grundsätzen des Grundgesetzes und seiner Wertordnung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 19, 206 ≪220≫). Bei der Frage, welche Grenzen einer Verfassungsänderung durch Art. 79 Abs. 3 GG gesetzt sind, geht es aber nicht um die Herstellung einer Konkordanz von bestehenden Grundrechtsnormen, sondern darum, ob die Änderung die in den Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt. Die Verfassungsänderung ist deshalb an diesen Grundsätzen zu messen, nicht dagegen mit deren Maßstäben auszulegen, um sie erst auf diesem Wege, abweichend vom Wortlaut in Konformität mit der Verfassung zu bringen.
a) Art. 79 Abs. 3 GG, der dem verfassungsändernden Gesetzgeber Schranken setzt, ist als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen, um der Gefahr zu begegnen, dass über das Ausmaß einer Verfassungsänderung letztlich nicht das Parlament als dazu demokratisch legitimiertes Organ, sondern kraft Interpretation das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Allerdings kommt Art. 79 Abs. 3 GG die Bedeutung zu, bestimmte Grundentscheidungen des Grundgesetzgebers für die Dauer der Geltung des Grundgesetzes für unverbrüchlich und damit auch für den Verfassungsgesetzgeber unveränderbar zu erklären, weil sie Eckpfeiler unserer grundgesetzlichen Ordnung sind (vgl. BVerfGE 30, 1; Abweichende Meinung, S. 33 ≪38 f.≫). Berührt eine Verfassungsänderung diese in Art. 79 Abs. 3 GG aufgeführten Grundentscheidungen, ist sie unzulässig, weil selbst verfassungswidrig.
b) Auch die Senatsmehrheit geht davon aus, dass die im Wege der Verfassungsänderung mit Art. 13 Abs. 3 GG eingeführte Ermächtigung zur akustischen Wohnraumüberwachung mit technischen Mitteln zum Zwecke der Strafverfolgung jedenfalls ausdrücklich keine ausreichende Begrenzung gefunden hat, um auszuschließen, dass gesetzliche Regelungen und darauf basierende Maßnahmen den Kernbereich privater Lebensgestaltung derjenigen verletzen, die akustisch überwacht werden dürfen, dass also Art. 13 Abs. 3 GG für sich genommen mit Art. 79 Abs. 3 GG nicht in Einklang steht. Mit dem erklärten, faktisch so aber nicht erreichbaren Ziel, dennoch “das Risiko der Verletzung des Menschenwürdegehalts des Art. 13 Abs. 3 GG bei der Durchführung der Maßnahmen auszuschließen” (vgl. S. 49 des Urteils), fügt die Senatsmehrheit deshalb unter Zuhilfenahme einer systematischen Verfassungsauslegung des verfassungsändernden Gesetzes Art. 13 Abs. 3 GG weitere ungeschriebene Grenzen hinzu und engt damit die Ermächtigung zur akustischen Wohnraumüberwachung über das gesetzgeberisch gesetzte Maß hinaus ein. Dabei dient der Senatsmehrheit wiederum der Menschenwürdegehalt in Art. 13 Abs. 1 GG als Maßstab, anhand dessen die zusätzlichen ungeschriebenen Schranken des Art. 13 Abs. 3 GG im Wege der Auslegung gezogen werden. So aber verliert der Menschenwürdegehalt des Wohnraumschutzes seine Sperrwirkung gegenüber Verfassungsänderungen und dient nur noch dazu, als Interpretationshilfe einer ansonsten verfassungswidrigen Verfassungsänderung zu einem verfassungsgemäßen Bestand zu verhelfen. Gerade das, was in der verfassungsändernden Norm gar nicht geschrieben steht, gereicht dieser damit zur Überwindung der Hürde des Art. 79 Abs. 3 GG.
c) Art. 79 Abs. 3 GG zielt nicht nur darauf, dass bestimmte Standards in der Rechtsordnung eingehalten werden, sondern zuvörderst auf die Wahrung der von ihm aufgeführten Grundsätze in der Verfassung selbst (vgl. Lübbe-Wolff, DVBl 1996, S. 825 ≪834≫). Selbst wenn man die Auffassung vertritt, dass Art. 79 Abs. 3 GG den verfassungsändernden Gesetzgeber grundsätzlich nicht hindert, grundrechtliche Gewährleistungen, auch wenn sie einen Menschenwürdegehalt haben, einzuschränken oder gar aufzuheben (vgl. BVerfGE 94, 49 ≪103 f.≫), wenn und soweit der Schutz der Menschenwürde über Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet bleibt, muss man unseres Erachtens dennoch in der Einführung des Art. 13 Abs. 3 GG eine verfassungswidrige Einschränkung des Art. 13 Abs. 1 GG sehen, die gegen Art. 79 Abs. 3 GG verstößt.
Art. 13 Abs. 3 GG selbst nimmt zunächst vom Grundrechtsschutz der Privatwohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG auch Bereiche aus, die den Menschenwürdegehalt dieser Norm betreffen. Damit entfällt deren Schutz aber nicht, erfahren diese Bereiche doch nunmehr unmittelbar Schutz aus Art. 1 Abs. 1 GG, der sich Einschränkungen und Abwägungen mit anderen verfassungsrechtlich geschützten Belangen entzieht. Allerdings kommt es damit zu sich widersprechendem Verfassungsrecht: während Art. 1 Abs. 1 GG die in der Privatwohnung sich manifestierende Intimsphäre zur Wahrung der Menschenwürde umfassend schützt, lässt Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 GG, der als spezielle Vorschrift eigentlich insoweit Art. 1 Abs. 1 GG verdrängt, Eingriffe in diesen Bereich expressis verbis durch die Verfassungsänderung zu. Will man diesen Widerspruch im Wege der Verfassungsauslegung auflösen, muss dies um der Gewährleistung der Menschenwürde willen dazu führen, dass die vom Verfassungsgesetzgeber vorgenommene Verfassungsänderung inhaltlich weit zurückgenommen wird, obwohl dies in der geänderten Verfassungsnorm gerade nicht angelegt ist und in ihr auch nicht zum Ausdruck kommt. Sie setzt nach wie vor den Schein einer zulässigen Grundrechtseinschränkung, die den nach Art. 79 Abs. 3 GG gewährleisteten Verfassungsstandard nicht einhält.
Damit fehlt es aber zum einen an einer hinreichenden Bestimmtheit, was diese Verfassungsänderung eigentlich bewirkt und in welchem Umfang sie den Gesetzgeber zu Eingriffen in den Schutz der Privatwohnung ermächtigt. Zum anderen wird mit der Auslegung der Gehalt, den der Gesetzgeber der verfassungsändernden Norm gegeben hat, wieder verändert, ohne dass dies in der Norm selbst zum Ausdruck kommt. Eine solche Änderung ist aber ausschließlich Sache des Verfassungsgesetzgebers (vgl. BVerfGE 30, 1; Abweichende Meinung, S. 33 ≪38≫). Nimmt dieser eine Grundgesetzänderung vor, die dem Maßstab des Art. 1 Abs. 1 GG allein nicht stand hält, verbieten es deshalb die Kompetenzzuweisung des Grundgesetzes und der rechtsstaatliche Grundsatz der Normenklarheit, die Verfassungsnorm durch Auslegung soweit einzuengen, dass sie die Hürde des Art. 79 Abs. 3 GG nehmen kann, dann aber kompensatorisch die einfachgesetzlichen Regelungen, die sich auf die in der geänderten Verfassungsnorm zum Ausdruck kommende Eingriffsermächtigung stützen, wegen Verfassungswidrigkeit zu beanstanden. So kann verfassungswidriges Verfassungsrecht nicht geheilt werden. Dies entspricht nicht Art. 79 Abs. 3 GG, der verhindern soll, dass durch Änderung des Grundgesetzes eine Grundlage in der Verfassung für Eingriffe in den Menschenwürdegehalt von Grundrechten geschaffen wird.
2. Die von der Senatsmehrheit angenommene Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit einer verfassungsändernden Norm durch deren verfassungskonforme Auslegung herzustellen, schränkt außerdem den Geltungsbereich von Art. 79 Abs. 3 GG in unzulässiger Weise ein. Sie führt dazu, dass die von Art. 79 Abs. 3 GG für eine Verfassungsänderung gesetzten Schranken letztlich nur noch dort zu greifen vermögen, wo der verfassungsändernde Gesetzgeber sich anschickt, die föderale Ordnung, Art. 1 oder Art. 20 GG selbst in Gänze abzuschaffen. Denn ansonsten können – so lange es Art. 1 und Art. 20 GG in der Verfassung als Interpretationsmaßstab gibt – jeder Verfassungsänderung qua Auslegung im Lichte von Art. 1 oder Art. 20 GG ungeschriebene, immanente Schranken hinzugefügt werden, die ihr dann zur Verfassungsmäßigkeit verhelfen, sodass sie vor Art. 79 Abs. 3 GG stand halten. Der Grundgesetzgeber hat aber in Art. 79 Abs. 3 GG nicht lediglich eine Änderung beziehungsweise Abschaffung von Art. 1 und Art. 20 GG als unzulässig ausgeschlossen, sondern bereits eine, die die in diesen Artikeln niedergelegten Grundsätze berührt. Art. 79 Abs. 3 GG reicht also weiter. Er ist dazu bestimmt, schon den Anfängen eines Abbaues von verfassten Grundrechtspositionen zu wehren, die auf rechtsstaatlichen Grundsätzen beruhen oder der Sicherung der Menschenwürde dienen, und nicht erst dort zu greifen, wo der Rechtsstaat gänzlich aufgehoben werden und die Menschenwürde keinerlei Schutz mehr erfahren soll (vgl. BVerfGE 30, 1; Abweichende Meinung, S. 33 ≪47≫). Damit aber Art. 79 Abs. 3 GG einer allmählichen Demontage der tragenden Grundpfeiler unserer Verfassung entgegenwirken kann, müssen Verfassungsänderungen beim Wort genommen und ihre eigenen Ermächtigungen des Gesetzgebers an den in Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätzen gemessen werden. Werden sie berührt, bietet Art. 79 Abs. 3 GG keinen Raum mehr für eine verfassungskonforme Auslegung, die der unzulässigen Änderung im Nachhinein zur Verfassungsmäßigkeit verhilft.
Im Jahre 1971 haben die Verfassungsrichter Geller, v. Schlabrendorff und Rupp es noch als eine fernliegende, aber dennoch nicht ganz auszuschließende Gefahr angesehen, dass Art. 13 GG einmal dahin erweitert werden solle, dass “unter bestimmten Voraussetzungen Haussuchungen ohne Zuziehung des Wohnungsinhabers und dritter Personen vorgenommen und dabei auch Geheimmikrofone unter Ausschluss des Rechtsweges angebracht werden dürften” (vgl. BVerfGE 30, 1; Abweichende Meinung, S. 30 ≪46 f.≫).
Inzwischen scheint man sich an den Gedanken gewöhnt zu haben, dass mit den mittlerweile entwickelten technischen Möglichkeiten auch deren grenzenloser Einsatz hinzunehmen ist. Wenn aber selbst die persönliche Intimsphäre, manifestiert in den eigenen vier Wänden, kein Tabu mehr ist, vor dem das Sicherheitsbedürfnis Halt zu machen hat, stellt sich auch verfassungsrechtlich die Frage, ob das Menschenbild, das eine solche Vorgehensweise erzeugt, noch einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie entspricht. Umso mehr ist Art. 79 Abs. 3 GG streng und unnachgiebig auszulegen, um heute nicht mehr den Anfängen, sondern einem bitteren Ende zu wehren.
Unterschriften
Papier, Jaeger, Haas, Hömig, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 1120950 |
NJW 2004, 1020 |
NVwZ 2004, 851 |
CR 2004, 318 |
CR 2004, 343 |
NStZ 2004, 270 |
DSB 2004, 18 |
DVP 2004, 342 |
JuS 2004, 522 |
RDV 2004, 218 |
Kriminalistik 2004, 251 |
MMR 2004, 302 |
NPA 2004, 0 |
Blätter 2004, 503 |
JT 2004, 166 |
KammerForum 2004, 112 |
NK 2004, 76 |
Polizei 2004, 119 |