Tz. 55
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Im Zeitpunkt der Übertragung eines WG in den Fällen des § 6 Abs 5 S 3 EStG ist (nachträglich) der Tw anzusetzen (s Tz 52a), wenn und soweit der Anteil einer Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse (inkl optierende Pers-Ges iSd § 1a KStG) an dem nach § 6 Abs 5 S 3 EStG übertragenen (Einzel-)WG nach dem Zeitpunkt der Übertragung innerhalb einer Frist von sieben (Zeit-)Jahren begründet oder erhöht wird (s § 6 Abs 5 S 6 EStG). Die Anteilsminderung einer Kö wird nicht erfasst (s Urt des BFH v 15.07.2021, BFH/NV 2021, 1588 unter Rn 58).
Die Sperrfrist beginnt im Zeitpunkt des Übertragungsvorgangs gem § 6 Abs 5 S 3 EStG (s Tz 46a) und endet taggenau sieben Jahre später.
Anteil iSd § 6 Abs 5 S 6 EStG ist die unmittelbare oder mittelbare vermögensmäßige Beteiligung einer Kö an den stillen Reserven des übertragenen WG (s Urt des BFH v 15.07.2021, BFH/NV 2021, 1588 unter Rn 20; v 18.08.2021, BFH/NV 2022, 459 unter Rn 30).
Erfasst werden alle möglichen Sachverhalte, die zeitlich nach der Übertragung des WG innerhalb der Sperrfrist zu einer Begr/Erhöhung der Beteiligung an dem WG führen. Es kann sich um einen "Vorgang beliebiger Art" handeln (s Urt des BFH v 15.07.2021, BFH/NV 2021, 1588 unter Rn 27; v 18.08.2021, BFH/NV 2022, 459 unter Rn 31). Noch nicht einmal ein Rechtsträgerwechsel ist zwingende Voraussetzung.
"Schädliche" Vorgänge iSd § 6 Abs 5 S 6 EStG können folglich – neben dem späteren Hinzutritt einer Kö als MU der erwerbenden Pers-Ges oder der Erhöhung der Beteiligungsquote einer Kö – auch durch eine Einbringung des (Teil-)Betriebs der Pers-Ges oder von MU-Anteilen, zu deren BV das begünstigt eingebrachte WG gehört, in eine Kap-Ges (s § 20 UmwStG Tz 243), durch einen Formwechsel der Pers-Ges in eine Kap-Ges oder durch Option der Pers-Ges gem § 1a KStG eintreten (s § 25 UmwStG Tz 75–79 mit Bsp). Auch die Veräußerung eines MU-Anteils an eine Kö ist ein Vorgang, der zu einer Begr/Erhöhung der Beteiligung iSd § 6 Abs 5 S 6 EStG führt (s Urt des BFH v 15.07.2021, BFH/NV 2021, 1588 unter Rn 50; Ausnahmen s Tz 55c).
Vorstehendes gilt auch, wenn bei mehrstufigen MU-Schaften die/eine Ober-Pers-Ges in eine Kap-Ges umgewandelt wird ("mittelbare" Begründung einer Kö am Anteil eines WG, s Urt des BFH v 15.07.2021, BFH/NV 2021, 1588 unter Rn 26). Der nachträgliche Tw-Ansatz bei der Übertragung eines Einzel-WG auf eine Pers-Ges wird gem § 6 Abs 5 S 6 EStG auch dann ausgelöst, wenn das übertragene WG oder der (Teil-)Betrieb der Pers-Ges oder ein MU-Anteil an der Übernehmerin auf eine andere Pers-Ges übergeht, an der eine Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse (unmittelbar oder über andere Pers-Ges mittelbar) beteiligt ist. Denn die "Kö-Klausel" des § 6 Abs 5 S 6 EStG gilt auch, wenn der Anteil einer Kö an dem übertragenen WG "mittelbar" begründet oder erhöht wird. Die st-schädliche mittelbare Beteiligung einer Kö kann nur durch die Mitgliedschaft an Pers-Ges vermittelt werden; eine Kap-Ges in der Beteiligungskette hat insofern Absperrwirkung (s Vfg der OFD Ddf v 25.10.2004, DStR 2005, 153 mit Bsp; ebenso s Kulosa, in Schmidt, 41. Aufl, § 6 EStG Rn 836; s Niehus/Wilke, in H/H/R, § 6 EStG Rn 1674).
Fraglich ist, ob im Fall der Übertragung von BV in eine Kap-Ges nach den §§ 20, 25 UmwStG unterhalb des gW die Anwendung des § 6 Abs 5 S 6 UmwStG teleologisch einzuschränken ist, weil die st-begünstigte Einbringung ihrerseits eine umandlungstliche Sperrfrist nach § 22 Abs 1 oder 2 UmwStG (ebenfalls Missbrauchsverhinderungsvorschrift, s § 22 UmwStG Tz 1d) auslöst (idS zB s Ortmann-Babel/Bolik/Wernicke, SteuK 2011, 335; s Weiss/Brühl, DStR 2019, 1065; s Heerdt, FR 2019, 479). Die Missbrauchsregelungen der Begünstigungsnormen in § 6 Abs 5 S 6 EStG und § 22 UmwStG betr unterschiedliche WG (Einzel-WG bzw alle WG einer Sachgesamtheit), wirken zu anderen Stichtagen (Übertragung des Einzel-WG nach § 6 Abs 5 S 3 EStG bzw stlicher Einbringungsstichtag der Sachgesamtheit), haben eigene am jeweiligen Normzweck ausgerichtete Beschränkungen (s Heerdt, Ubg 2018, 70; s Niehus/Wilke, in H/H/R, § 6 EStG Rn 1676) und führen betragsmäßig zu abw Gewinnrealisierungen (nachträglicher Tw-Ansatz bzw nachträglicher Ansatz der gW mit "Abschmelzung" ab dem zweiten Jahr der Sperrfrist). Von daher kann die Sperrfrist des § 22 UmwStG nicht zur Suspendierung der sog Kö-Klausel gem § 6 Abs 5 S 6 EStG führen; dies auch schon deswegen nicht, weil sachliche Anwendungsbereich der Missbrauchsverhinderung bei § 6 Abs 5 S 6 EStG weitergehend als der von § 22 UmwStG ist (s Urt des BFH v 15.07.2021, BFH/NV 2021, 1588 unter Rn 39). Der Ges-Geber sieht bei § 6 Abs 5 S 6 EStG bereits die Beteiligung einer Kö an dem st-begünstigt übertragenen WG als schädlich an, ohne dass es in der Folge darauf ankommt, ob und wann tats bei der Kö stille Reserven nach dem KSt-Regime aufgedeckt und besteuert werden (s Tz 55a). Demggü erfordert § 22 UmwStG den tats Eintritt einer stlichen Statusverbesserung durch eine schädliche Verfügung (zB Veräußerung) über die sperr...