Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldner der Verbrauchsteuer, Steuerschuldner andere Person als Erstbesitzer der Ware im Bestimmungsmitgliedstaat, Tabaksteuer, Verbringung aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten
Leitsatz (amtlich)
Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren in der durch die Richtlinie 92/108/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 7 der Richtlinie 92/12 ist dahin auszulegen, dass diese Vorschrift es einem Mitgliedstaat erlaubt, eine Person, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Steuergebiet dieses Staates zu gewerblichen Zwecken verbrauchsteuerpflichtige Waren in Besitz hält, die in einem anderen Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, als Schuldner der Verbrauchsteuer zu bestimmen, selbst wenn diese Person nicht die erste Besitzerin der Waren im Bestimmungsmitgliedstaat gewesen ist.
Normenkette
EWGRL 12/92 Art. 9 Abs. 1
Beteiligte
Hauptzollamt Braunschweig |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Steuerrecht ‐ Richtlinie 92/12/EWG ‐ Art. 7 bis 9 - Allgemeines System für verbrauchsteuerpflichtige Waren ‐ Waren, die in einem Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind und sich zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat befinden ‐ Steuerschuldnerschaft eines Besitzers dieser Waren, der sie im Bestimmungsmitgliedstaat erworben hat ‐ Erwerb nach Beendigung des Verbringungsvorgangs“
In der Rechtssache C-165/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. Dezember 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 3. April 2013, in dem Verfahren
Stanislav Gross
gegen
Hauptzollamt Braunschweig
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis (Berichterstatter), J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und C. Barslev als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 7 bis 9 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1) in der durch die Richtlinie 92/108/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 (ABl. L 390, S. 124) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/12).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Gross und dem Hauptzollamt Braunschweig wegen dessen Entscheidung, den Kläger des Ausgangsverfahrens auf Zahlung der Verbrauchsteuer auf Tabakwaren in Anspruch zu nehmen.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 92/12
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 5 und 6 der Richtlinie 92/12 lauten:
„Jede Warenlieferung, jeder Besitz von zur Lieferung bestimmten Waren oder jede Bereitstellung von Waren für den Bedarf eines Wirtschaftsbeteiligten, der eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, oder einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung innerhalb eines anderen Mitgliedstaats als dem, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, lässt den Verbrauchsteueranspruch in diesem anderen Mitgliedstaat entstehen.
Bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die Privatpersonen für ihren Eigenbedarf erwerben und die sie selbst befördern, sind die Steuern im Mitgliedstaat des Erwerbs zu erheben.“
Rz. 4
Art. 6 der Richtlinie 92/12 bestimmt:
„(1) Die Verbrauchsteuer entsteht mit der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr oder mit der Feststellung von Fehlmengen gemäß Artikel 14 Absatz 3.
Als Überführung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr gelten
a) jede ‐ auch unrechtmäßige ‐ Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung;
b) jede ‐ auch unrechtmäßige ‐ Herstellung dieser Erzeugnisse außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung;
c) jede ‐ auch unrechtmäßige ‐ Einfuhr dieser Waren, sofern sie nicht einem Verfahren der Steueraussetzung unterstellt worden sind.
(2) Die Voraussetzungen für das Entstehen des Steueranspruchs und der maßgebende Verbrauchsteuersatz richten sich nach den Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr stattfindet oder die Fehlmengen festgestellt werden. Die Verbrauchsteuer wird nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bestimmungen erhoben und eingezogen, wobei die Mitgliedstaaten auf im Inland h...