Rz. 342
Der Rechtsnachfolger des Einbringenden gilt als (derivativ) Einbringender i. S. d. § 22 Abs. 1 bis 5 UmwStG, während der Rechtsnachfolger der übernehmenden Gesellschaft als (derivativ) übernehmende Gesellschaft "nur" i. S. d. § 22 Abs. 2 UmwStG gilt.
Rz. 342a
Umstritten ist, ob die Besteuerungsfolgen beim originär Einbringenden oder beim Rechtsnachfolger eintreten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung treten die Besteuerungsfolgen beim originär Einbringenden ein. Eine Begründung dieser Auffassung erfolgt indessen nicht.
Das FG Düsseldorf trat der Verwaltungsauffassung jüngst entgegen. Die Annahme, dass im Fall der Sperrfristverletzung durch den Rechtsnachfolger eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns beim originär Einbringenden zu erfolgen hat, stehe im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung. Denn der Wortlaut des § 22 Abs. 6 UmwStG differenziere nicht hinsichtlich der Fiktionswirkung. Er trifft insbesondere weder in zeitlicher (Beginn der Fiktion) noch sachlicher Hinsicht (Besteuerung des Einbringungsgewinns) eine Differenzierung. Überzeugend sei es nicht, dass der Rechtsnachfolger nur hinsichtlich der Auslösung des Sperrfristverstoßes, nicht aber hinsichtlich der personellen Zuordnung des Einbringungsgewinns als Einbringender anzusehen sein soll.
Rz. 342b
Nach dem FG Düsseldorf sei von Relevanz, dass der Gesetzgeber im Umwandlungssteuerrecht den Anwendungsbereich der Normen und den Umfang von Fiktionen durch das Wort "gilt" sehr differenziert ausgestaltet hat. Das spreche dafür, dass eine unterbliebene Differenzierung eine umfassende Fiktion darstellt. Die Gesetzesmaterialien seien jedoch insoweit nicht eindeutig.
Rz. 342c
Auch systematische Erwägungen führen nicht dazu, dass eine Besteuerung beim originär Einbringenden in Betracht kommt. Es handelt sich bei der Veräußerung der erhaltenen Anteile zwar um ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO, diese Argumentation geht allerdings ohne Begründung davon aus, dass die Fiktion des § 22 Abs. 6 S. 1 UmwStG bei dem ebenfalls fingierten, rückwirkenden Ergeignis des § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG nicht anwendbar sei.
Rz. 343
Obgleich § 22 Abs. 6 UmwStG das Schicksal der sperrfristverstrickten Anteile nicht ausdrücklich regelt, kann der Rückschluss gezogen werden, dass die übertragenen Anteile auch nach der unentgeltlichen Übertragung noch sperrfristverstrickt sind und mithin entweder als erhaltene Anteile i. S. d. § 22 Abs. 1 UmwStG bzw. als eingebrachte Anteile i. S. d. § 22 Abs. 2 UmwStG gelten. Der Status der Sperrfristverstrickung gilt bis zum Ablauf der Siebenjahresfrist bzw. bis zur Realisierung eines schädlichen Ereignisses fort. Es beginnt keine neue Siebenjahresfrist zu laufen.
Rz. 344
Eine unentgeltliche Übertragung auf einen anderen Rechtsträger liegt auch vor, wenn ein Rechtsträger seine sperrfristverstrickten Anteile unentgeltlich, also gegen Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto oder dem sog. (Eigen-)Kapitalkonto II, auf eine gewerbliche Personengesellschaft überträgt.
Nach dem Gesetzeswortlaut gilt nur noch die Personengesellschaft als einbringende bzw. übernehmende Gesellschaft. Dies hätte Auswirkungen sowohl für den Nachweis i. S. d. § 22 Abs. 3 UmwStG als auch für die Frage, ob im Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an der Personengesellschaft die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 UmwStG erfüllt sind.
Rz. 345
Unstreitig dürfte sein, dass andere als der unentgeltlich übertragende Gesellschafter der gewerblichen Personengesellschaft nicht als Einbringender bzw. übernehmende Gesellschaft gelten können. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die unentgeltliche Übertragung auf die Personengesellschaft eine "unentgeltliche Übertragung" im schenkungsteuerlichen Sinne an die übrigen Gesellschafter der Personengesellschaft darstellen kann.
Rz. 346 einstweilen frei
Rz. 347
In den Fällen des § 22 Abs. 6 UmwStG obliegt dem Rechtsnachfolger und nicht mehr dem originär Einbringenden die Nachweispflicht nach § 22 Abs. 3 UmwStG.