Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage bei verpachteten Tankstellen
Leitsatz (redaktionell)
1. Zum Vorliegen einer Betriebsstätte bedarf es der tatsächlichen Verfügungsmacht des Investors über die betrieblichen Anlagen und Einrichtungen sowie die Ausübung einer eigengewerblichen Tätigkeit mit oder in diesen Anlagen.
2. Ein Tankstellenpächter der die Wartungs- und Betriebskosten der Tankstelle sowie die Personalverantwortung trägt, übt regelmäßig auch dann eine eigengewerbliche Tätigkeit aus, wenn er Kraftstoffe im Namen und für Rechnung des Verpächters auf Provisionsbasis verkauft.
3. Die investitionszulagenrechtliche Beurteilung rechtlich selbständiger Unternehmen als Einheit ist nur dann zulässig, wenn sie personell und sachlich miteinander verbunden sind.
4. Anlagevermögen eines vermieteten Unternehmens erfüllt nicht die Zugehörigkeitsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 InvZulG.
Normenkette
InvZulG § 2 Abs. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
1991, 1992
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von Investitionszulage. Streitig ist insbesondere, ob die von der Klägerin an Dritte überlassenen Tankstelleneinrichtungen Betriebsstätten der Klägerin darstellen.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das die Errichtung und Verpachtung von Tankstellen zum Gegenstand hat. Sie ist durch Umwandlung der am 15.08.1991 gegründeten GbR durch notariellen Vertrag vom 23.12.1991 entstanden. Das Stammkapital beträgt 100.000,-- DM.
Gesellschafter sind zu je 50 % Herr D und Herr W. Sämtliche Aktiva und Passiva der GbR sind in die Bilanz der Klägerin zu Buchwerten übernommen worden.
In 1992 errichtete die Klägerin in M und G auf fremden Grund und Boden Tankstellen und Waschanlagen. Gleichzeitig investierte sie in 1992 in bereits bestehende Tankstellen in K und R. Dabei wird die Tankstelle in R auf eigenem Grund und Boden betrieben. Das Anlagevermögen an den einzelnen Tankstellenstandorten setzt sich zusammen aus den Tanksäulen, den Tanks, Rohrleitungen und der Hofbefestigung sowie den Tankstellengebäuden und in M, R und G aus einer zusätzlichen Waschanlage. Im einzelnen wurden in 1992 folgende Investitionen getätigt, für die die Klägerin Investitionszulage beantragte:
1. Tankstelle K: 16.658,-- DM,
2. Tankstelle R: 43.933,-- DM,
3. Tankstelle G: 1.294.109,-- DM,
4. Tankstelle M: 987.918,-- DM.
Die einzelnen angeschafften Gegenstände ergeben sich aus dem Investitionszulageantrag der Klägerin vom 05.04.1993 auf den insoweit verwiesen wird. Durch Bescheid vom 27.08.1993 bewilligte das Finanzamt die beantragte Investitionszulage i.H.v. insgesamt 254.409,-- DM für Investitionen im Fördergebiet. Der Festsetzungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu dem Ergebnis, daß die getätigten Investitionen nicht investitionszulagefähig seien, da die Klägerin über keine Betriebsstätten im Fördergebiet verfüge. Da die im Fördergebiet errichteten Tankstellen verpachtet seien und demzufolge nicht für eigene unternehmerische Zwecke der Klägerin genutzt würden, seien die Tankstellen Betriebsstätten der Pächter.
Dieser Beurteilung lagen folgende Feststellungen zugrunde:
Zum Betreiben der Tankstellen hatte die Klägerin mit ortansässigen Personen langfristige Mietverträge über die Vermietung der Tankstellen inklusive Waschanlagen und Tankstellenshop geschlossen. Gleichzeitig schloß die Klägerin mit diesen Personen sog. Verwalterverträge. Nach den Verwalterverträgen verkauft der jeweilige Verwalter die Kraftstoffe im Namen und für Rechnung der Klägerin und erhält dafür eine Provision pro 100 Liter verkauften Kraftstoff. Soweit Waschanlagen vorhanden sind, steht der Verwalter für den Betrieb der Waschanlage eine Provision von den Wascheinnahmen zu. Die Nebengeschäfte in den Tankstellenshops werden von dem Verwalter auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben. Alle Verträge enthalten eine Bestimmung wonach die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf Dritte übertragen werden können, bei Übertragung durch den Verwalter jedoch nur mit Zustimmung der Klägerin. Im einzelnen bestanden in den Streitjahren folgende Rechtsbeziehungen:
1. Tankstelle K
Den Grund und Boden und das dazugehörige Tankstellengebäude hat die Klägerin von der Erbengemeinschaft S mit Pachtvertrag vom 11.12.1990 für 30 Jahre angepachtet. Mit Vertrag gleichen Datums hat die Klägerin die Räume zum Betrieb eines Tankstellenbetriebs mit Nebengeschäften an die Erbengemeinschaft mit Mietvertrag für gewerbliche Räume zurückvermietet. Als Mietzeit wurde eine Mietdauer von 30 Jahren bis zum 31.12.2021 mit Verlängerungsoption vereinbart. Der Verwaltervertrag sieht neben dem Verkauf von Kraftstoffen auf Provisionsbasis im Namen und für Rechnung der Klägerin vor, daß das Nebengeschäft vom Verwalter selbst betrieben wird. Die Verwaltung der Tankstelle soll nach den Gesichtspunkten eines ordentlichen Kaufmanns erfolgen. Die täglichen Öffnungszeiten sollen den Gegebenheiten des Tankstellenmark...