Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Betriebssteuern durch den Insolvenzverwalter führt zu gewerblichen Einkünften. Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die auf insolvenzrechtlicher Anfechtung beruhenden Rückzahlungen von Sozialversicherungsbeträgen durch die Krankenkasse sowie von Umsatzsteuer und Nebenleistungen durch das Finanzamt stellen Betriebseinnahmen des Insolvenzschuldners im Rahmen seiner ausgeübten gewerblichen Tätigkeit dar.
2. Die auf der Rückgewähr beruhende Einkommensteuer ist eine Masseverbindlichkeit.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, §§ 8, 11, 24 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; InsO §§ 35, 129 Abs. 1, §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Rückgewähr von Zahlungen aufgrund insolvenzrechtlicher Anfechtungen zu steuerbaren Einkünften und Masseverbindlichkeiten im Veranlagungszeitraum 2013 führten.
Der spätere Insolvenzschuldner A war mit einer Einzelfirma gewerblich tätig. Er ermittelte den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG.
Das Amtsgericht X eröffnete mit Beschluss vom 5. November 2012 über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Veröffentlichungen zu einer Freigabe gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 InsO erfolgten nicht. Vor dem Streitzeitraum 2013 hatte der Insolvenzschuldner seine gewerbliche Tätigkeit bereits eingestellt. Er bezog von September bis Dezember 2013 als geringfügig Beschäftigter Arbeitslohn.
Der Kläger machte wegen Zahlungen des Insolvenzschuldners aufgrund seiner gewerblichen Tätigkeit an die Krankenkasse (Sozialversicherungsbeiträge) und an den Beklagten (Umsatzsteuer und Nebenleistungen) insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche nach §§ 129 ff. InsO geltend. Hieraus vereinnahmte er im März 2013 zur freien Insolvenzmasse 3.760,89 Euro von der Krankenkasse und 10.932,82 Euro von dem Beklagten.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger als Verwalter im Insolvenzverfahren für den Insolvenzschuldner A unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Einkommensteuer für 2013 fest. Die aus der nichtselbstständigen Arbeit abgeführte Lohnsteuer rechnete der Beklagte auf die festgesetzte Einkommensteuer an. In der Bemessungsgrundlage legte der Beklagte Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die insolvenzrechtlichen Anfechtungen in Höhe von 14.693 Euro sowie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus elektronisch übermittelten Lohndaten zugrunde. Im Rahmen der Aufteilung der Steuerforderung rechnete der Beklagte diese in vollem Umfang den Masseforderungen zu, da die aus dem insolvenzfreien Vermögen geleisteten Vorsorgeaufwendungen die insolvenzfreien Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit überstiegen. In den Gründen des Bescheides erläuterte der Beklagte, dass „die Steuerfestsetzung (…) zur Geltendmachung der Einkommensteuer, der Zinsen zur Einkommensteuer, des Verspätungszuschlages, des Solidaritätszuschlages und der evangelischen Kirchensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit (ergehe).”
Aus hier nicht streitrelevanten Gründen änderte der Beklagte unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die Einkommensteuer mit Bescheid vom 15. April 2016 ab. Die Zuordnung der Festsetzungen als Masseverbindlichkeit hielt der Beklagte aufrecht.
Durch die Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2013 gegen die Insolvenzmasse auf 822,52 Euro fest und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. In den Besteuerungsgrundlagen rechnete der Beklagte erstmalig Rechtsanwaltskosten als Betriebsausgaben bei den Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Gemäß den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 19. Januar 2017 – VI R 75/1 – zur Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG berücksichtigte der Beklagte nunmehr einen Überbelastungsbetrag (§ 33 Abs. 1 EStG). Darauf beruhend berechnete der Beklagte für das gesamte Einkommen des Steuerpflichtigen die sich ergebende Jahressteuer 2013 auf 997 Euro und die Zinsen zur Einkommensteuer auf 27 Euro. Die Aufteilung der einheitlichen Steuerschuld und der Zinsen in Insolvenzforderungen, Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen und in die Insolvenzmasse nahm der Beklagte nach dem Verhältnis der Teileinkünfte (Masseeinkünfte: 14.141 (= 82,5%), insolvenzfreie Einkünfte: 3.000 Euro (= 17,5%)) vor. Hieraus errechneten sich die Masseforderungen für die Einkommensteuer auf 822,52 Euro (82,5% von 997 Euro) und für die Zinsen auf 22,27 Euro (82,5% von 27 Euro). Die bisher vorgenommene Anrechnung der Lohnsteuer im Bereich der Insolvenzmasse ließ der Beklagte aufgrund der Unanfechtbarkeit der bisherigen Anrechnungsverfügung unverändert bestehen.
Der Kläger trägt vor, dass er das Unternehmen des Insolvenzschuldners mit Schreiben vom 11. Februar 2013 nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freige...