1 Allgemeines
1.1 Einordnung und Zweck der Vorschrift
Rz. 1
§ 145 AO regelt die allgemeinen Anforderungen, die an die Führung von Büchern und Aufzeichnungen zu stellen sind. Diese allgemeinen Grundregeln werden ergänzt durch §§ 146, 147 AO mit detaillierten Einzelregelungen. Zusammen ergeben sich aus §§ 145–147 AO die steuerlichen Ordnungskriterien für die formelle Durchführung der Buchführung, die erforderlichen Aufzeichnungen und deren Aufbewahrung sowie technische Bestimmungen für die steuerliche Auswertung. Hierbei handelt es sich um die Mindesterfordernisse, die in jedem Fall erfüllt sein müssen, um den steuerlichen Anforderungen gerecht zu werden, sofern nicht im Einzelfall Erleichterungen gewährt werden können. Sind die Mindesterfordernisse im jeweiligen Einzelfall erfüllt, folgt hieraus die formelle "Ordnungsmäßigkeit der Buchführung". Eine dem § 145 AO entsprechende Regelung gab es in der RAO nicht. Vollständig neu ist die Norm indes nicht. § 145 AO fasst nämlich die Rechtsprechung des BFH aus der Zeit vor der Schaffung der AO zusammen.
Rz. 2
Die Ordnungskriterien der §§ 145–147 AO gelten dabei für alle Formen der Buchführung oder Aufzeichnung, die der nach §§ 140–144 AO und sonstigen steuerlichen Vorschriften Buchführungs- und Aufzeichnungspflichtige im Rahmen seines Gestaltungsrechts (s. Rz. 12) wählt. Sie gelten darüber hinaus auch, wenn die Aufzeichnungen und die Buchführung nicht aufgrund gesetzlicher Verpflichtung, sondern freiwillig erfolgen. Die Verpflichtung zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich der Buchführung oder der sonst erforderlichen Aufzeichnungen wird durch das Bundesdatenschutzgesetz nicht berührt.
Rz. 3
Durch die normierten Ordnungskriterien wird die schnelle technische Entwicklung auf dem Gebiet des kaufmännischen Rechnungswesens nicht beeinträchtigt. Ziel der Bestimmungen ist lediglich, die Nachprüfbarkeit für steuerliche Zwecke der Buchführung oder Aufzeichnung sicherzustellen. Die Verpflichtung zur Buchung der laufenden Geschäftsvorfälle (s. Rz. 14) ist eine selbstständige, von der Erstellung des Jahresabschlusses und der Bilanz unabhängige Rechtspflicht.
1.2 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)
1.2.1 Steuerrechtliche Bedeutung
Rz. 4
Die in §§ 145–147 AO getroffenen Regelungen enthalten einzelne kodifizierte GoB, wie sie auch nach §§ 238ff. HGB für die nach dem Handelsrecht Aufzeichnungs- und Buchführungspflichtigen gelten. Sie sind uneingeschränkt maßgeblich für jedes Buchführungssystem und jede Buchführungsform. Die Bedeutung dieser kodifizierten GoB beschränkt sich aber nicht nur auf die formelle Gestaltung der Aufzeichnungen und Buchführung sowie auf die verfahrensmäßige Auswirkung für das Steuerfestsetzungsverfahren, sondern sie haben rechtliche Wirkung auch für das materielle Steuerrecht, auch wenn zzt. ihre materiell-rechtliche Bedeutung dadurch gemindert ist, dass die Einhaltung dieser Grundsätze nicht mehr Voraussetzung für die Gewährung wichtiger Steuervergünstigungen ist.
Rz. 5
Der Gesetzgeber knüpft, soweit eine Verweisung auf die GoB erfolgt, eine Rechtsfolge an einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat der Gesetzgeber selbst in einer Anzahl verschiedener Vorschriften, z. B. in §§ 238, 239, 257, 261 HGB, im AktG, GmbHG und im GenG, sowie für Zwecke der Besteuerung vorrangig durch §§ 145ff. AO vorgenommen.
1.2.2 Ergänzung der gesetzlichen Regelungen
Rz. 6
Die in den gesetzlichen Bestimmungen getroffenen Regelungen füllen den unbestimmten Rechtsbegriff der "GoB" aber keineswegs abschließend aus. Dies ist auch so gar nicht gewollt, da sich gerade die technische Entwicklung in einem ständigen Fluss befindet. Soweit keine ausdrückliche Regelung vorliegt, müssen die einzelnen Grundsätze jeweil...