Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde (Vorsteuerrückforderungsanspruch nach Beendigung der Organschaft)
Leitsatz (NV)
1. Die grundsätzliche Bedeutung ist nur dann ,,dargelegt", wenn der Beschwerdeführer zum Ausdruck bringt, daß die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage für die einheitliche Rechtsanwendung wichtig und im Streitfall klärungsfähig ist.
2. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das FG seinem Urteil einen abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung des Revisionsgerichts zugrunde gelegt hat, hieraus jedoch nicht die nach Ansicht des Beschwerdeführers zutreffende Schlußfolgerung gezogen hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3; UStG § 17
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) führte seit 1971 einen Betrieb, der die Bearbeitung von . . . zum Gegenstand hatte. Ab 1980 verpachtete er die für die Produktion erforderlichen Gebäude, Maschinen, Büroeinrichtungen und Fahrzeuge an die 1980 gegründete X GmbH (im folgenden: GmbH), deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer er war. Die GmbH führte bis zum . . . Februar 1984 die früher vom Kläger betriebene . . .bearbeitung fort, der Kläger dagegen betätigte sich nur noch als Verpachtungsunternehmer. Am . . . Februar 1984 lehnte das Amtsgericht A einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse ab, nachdem es am . . . Februar 1984 die Sequestration angeordnet hatte.
Aufgrund einer nach Eröffnung des Konkursverfahrens durchgeführten Sonderprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) zu dem Ergebnis, daß ab dem Zeitpunkt der Gründung der GmbH zwischen dieser und dem Kläger eine Organschaft bestanden habe und daß wegen der von der GmbH nicht bezahlten Lieferantenrechnungen ein Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) in Höhe von . . . DM bestehe.
Diesen Rückforderungsanspruch machte das FA gegenüber dem Kläger mit Umsatzsteuerbescheid vom 14. Oktober 1986 geltend, obwohl es davon ausging, daß die Organschaft mit der Anordnung der Sequestration über das Vermögen der GmbH beendet worden sei.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) nur insoweit statt, als der Vorsteuerrückforderungsanspruch auf . . . DM reduziert wurde. Es ging davon aus, daß die Organschaft zwischen dem Kläger und der GmbH jedenfalls nicht über den 29. Februar 1984 (den Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens) hinaus bestanden habe; zu diesem Zeitpunkt sei auch das vereinbarte Entgelt uneinbringlich i. S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 geworden. Im Zusammenhang mit dem Vorsteuerrückforderungsanspruch gehe es um die steuerliche Abwicklung von Umsätzen bzw. um die Änderung der Bemessungsgrundlage von Umsätzen, die dem Organträger - unabhängig vom Fortbestand der Organschaft - als dem damaligen alleinigen Unternehmer weiterhin zuzurechnen sei. Auch nach der Konkurseröffnung sei er der alleinige Adressat der Berichtigungsvorschrift des § 17 UStG 1980 und Schuldner des Vorsteuerrückforderungsanspruchs des FA.
Zum gleichen Ergebnis führe § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Bei dem aus § 17 UStG 1980 resultierenden Rückforderungsanspruch handle es sich um einen Erstattungsanspruch i. S. des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977. Schuldner des Erstattungsanspruchs sei deshalb der Kläger, dem der Vorsteuerabzug gewährt worden sei.
Wegen der Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die er mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und Divergenz begründet.
Der Kläger meint, das Urteil des FG weiche von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Juli 1987 V R 80/82 (BFHE 150, 211, BStBl II 1987, 691) ab. Darin habe der BFH entschieden, daß der Vorsteuerrückforderungsanspruch mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehe, in den der Tag der Konkurseröffnung falle. Bei Berücksichtigung dieser Entscheidung wäre das FG zu dem Ergebnis gekommen, daß der Vorsteuerrückforderungsanspruch erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Februar 1984 entstanden sei und damit nach konkursantragsbedingter Beendigung der Organschaft. Demnach sei es geboten, als Schuldner des Vorsteuerberichtigungsanspruchs denjenigen anzusehen, der im Zeitpunkt der Entstehung dieses Anspruchs als Unternehmer im Sinne des UStG zu behandeln sei. Dies müsse aber nach Beendigung der Organschaft die GmbH sein.
Von grundsätzlicher Bedeutung ist nach Ansicht des Klägers, ob § 37 As. 2 AO 1977 im Streitfall überhaupt anwendbar ist oder ob nicht § 17 UStG 1980 als lex specialis vorgeht.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Urteil des FG weicht nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von dem Urteil des BFH in BFHE 150, 211, BStBl II 1987, 692 in dem vom Kläger genannten Punkt ab. Auch das FG ist ausdrücklich davon ausgegangen, ,,daß der Vorsteuerrückforderungsanspruch des FA erst mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in den der Tag der Konkurseröffnung und damit der Beendigung des Organschaftsverhältnisses fällt". Es hat hieraus lediglich nicht die vom Kläger für richtig gehaltene Schlußfolgerung gezogen, daß die GmbH Schuldnerin des Vorsteuerrückforderungsanspruchs sei. Das Urteil des FG und das genannte Urteil des BFH stimmen also in dem vom Kläger für entscheidend gehaltenen Rechtssatz überein. Somit liegt keine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vor.
2. Soweit der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, genügt seine Beschwerde nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO; ständige Rechtsprechung vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513).
Dies hat der Kläger versäumt. Er hat nicht dargelegt, weshalb die Frage, ob § 37 AO 1977 neben § 17 UStG 1980 im Streitfall anwendbar ist, eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage ist. Er hat auch nicht zum Ausdruck gebracht, daß diese Rechtsfrage im Streitfall klärungsfähig ist, nachdem das FA seine Entscheidung in erster Linie auf die Vorschrift des § 17 UStG 1980 gestützt hat und die Vorschrift des § 37 AO 1977 nur zur Bestärkung seiner Ansicht herangezogen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 418386 |
BFH/NV 1992, 828 |