Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung als Bevollmächtigter: Rechtsanwalt als Konkursverwalter
Leitsatz (NV)
Führt ein Rechtsanwalt als Konkursverwalter die Praxis des in Konkurs geratenen Steuerberaters fort, so darf er -- jedenfalls solange die Bestellung des Steuerberaters noch nicht rechtskräftig widerrufen ist -- als Bevollmächtigter von Mandanten der fortgeführten Praxis nicht zurückgewiesen werden.
Normenkette
AO 1977 § 80 f.; KO § 129 Abs. 2, § 132; StBerG § 3 Abs. 1 Nr. 2, §§ 6, 46 Abs. 2 Nr. 5
Tatbestand
Durch Beschluß des zuständigen Amtsgerichts vom April 1989 wurde über das Vermögen des Steuerberaters N das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Rechtsanwalt und Notar, zum Konkursverwalter bestellt. In der Gläubigerversammlung vom Mai 1989, in der neben einer Bank nur das beklagte und revisionsklagende Finanzamt (FA) als Gläubiger anwesend waren, wurde -- unter Ermächtigung des Konkursverwalters, die Steuerberaterpraxis des N bestmöglichst zu veräußern -- einstimmig beschlossen, daß die Steuerberaterpraxis weitergeführt werde. Der Kläger stellte N als Steuerfachgehilfen mit Wirkung vom 1. November 1989 gegen ein monatliches Gehalt von ... DM ein und führte als Konkursverwalter die Steuerberaterpraxis fort.
Der zuständige Finanzminister widerrief durch Bescheid vom Juli 1989 die Bestellung des N als Steuerberater. Die gegen den Widerruf der Bestellung eingelegte Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) blieb erfolglos.
Mit Schreiben vom 10. November 1989 be antragte der Kläger beim FA für Frau S die Stundung bzw. Aussetzung der Vollziehung von Einkommensteuervorauszahlungen. Das Schreiben trägt neben dem Briefkopf des N -- unter Streichung der Bezeichnung "Steuerberater"-- einen Stempelaufdruck, aus dem sich Name und Beruf des Klägers und sein Tätigwerden als Konkursverwalter ergeben. Das FA wies durch Bescheid vom Dezember 1989 den Kläger nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO 1977) als Bevollmächtigten für Frau S mit der Begründung zurück, als Konkursverwalter sei er nicht befugt, die Mandanten des Gemeinschuldners auf fremde Rechnung als Helfer in Steuersachen zu vertreten. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) vom Mai 1990 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klage des Klägers führte zur Aufhebung des Zurückweisungsbescheids des FA und der Beschwerdeentscheidung der OFD. Das FG führte aus:
Der Kläger sei als Rechtsanwalt zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 des Steuerberatungsgesetzes -- StBerG --, § 3 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung -- BRAO --). Auch die Ausübung der Aufgaben eines Konkursverwalters gehöre zu seiner zulässigen Berufstätigkeit. Die Vorschriften der Konkursordnung (KO) -- insbesondere §§ 1, 6, 117, 129 Abs. 2 KO -- enthielten keine Regelung, nach der dem Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen eines vormaligen Steuerberaters die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen fehlen könnte.
Nach § 129 Abs. 2 KO dürfe der Konkursverwalter bis zur Beschlußfassung durch die Gläubigerversammlung und danach aufgrund eines entsprechenden Beschlusses das Geschäft des Gemeinschuldners fortführen. Ein solcher Beschluß sei im Streitfall mit Zustimmung des FA im Mai 1989 gefaßt worden. Selbst wenn unter Geschäft i. S. des § 129 Abs. 2 KO nur ein gewerblicher Betrieb zu verstehen sein sollte, müsse aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. November 1973 VIII ZR 228/72 (Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1974, 602), wonach die Veräußerung einer freiberuflichen Praxis mit Zustimmung des Gemeinschuldners zulässig sei, hergeleitet werden, daß auch die (zeitweilige) Fortführung einer freiberuflichen Praxis zulässig sei, weil anderenfalls deren Veräußerung aus praktischen Gründen nicht durchführbar wäre. Die erforderliche Zustimmung des Gemeinschuldners zur Praxisfortführung ergebe sich hier konkludent aus der Einstellung des N als Steuerfachgehilfen durch den Kläger (Konkursverwalter).
Aber selbst wenn die konkursrechtliche Fortführungsbefugnis zu verneinen wäre, würde sich an der aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 StBerG, § 3 Abs. 1 BRAO folgenden Befugnis des Klägers zur Hilfeleistung in Steuersachen auch für die Betreuung solcher Mandanten nichts ändern, für die er nur kraft seiner Stellung als Konkursverwalter, d. h. als Amtsträger, tätig werde. Dem stehe das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 4. Juli 1969 VII C 52.68 (BVerwGE 32, 316) nicht entgegen. Denn in dem dortigen Urteilsfall sei dem Konkursverwalter die Fortführung eines Güternahverkehrsunternehmens nur deshalb untersagt worden, weil die zuständige Behörde die dem Gemeinschuldner erteilte Erlaubnis zur Ausübung des allgemeinen Güternahverkehrs nach Eröffnung des Konkursverfahrens zurückgenommen hatte. Im Streitfall sei der Kläger hingegen als Rechtsanwalt zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt unbeschadet des Umstands, daß der Gemeinschuldner die Berufszulassung als Steuerberater verloren habe.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG, § 80 Abs. 5 AO 1977 i. V. m. §§ 6, 117, 129 KO. Im Streitfall könne nicht darauf abgestellt werden, daß der Kläger als Rechtsanwalt zur Hilfelei stung in Steuersachen befugt sei. Denn er sei nicht im Rahmen dieses Berufs, sondern ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter und damit im Rahmen einer vom Gemeinschuldner abgeleiteten Rechtsposition tätig geworden. Da der Gemeinschuldner wegen des Widerrufs seiner Bestellung als Steuerberater keine Hilfe in Steuersachen mehr leisten durfte, habe auch der Konkursverwalter dessen Steuerberatungspraxis nicht fortführen dürfen.
Die Praxis eines Steuerberaters sei im Gegensatz zu einem gewerblichen Betrieb kein Vermögensbestandteil i. S. des § 1 KO und damit konkursfrei. Denn der eigentliche Wert der Praxis eines Freiberuflers beruhe auf dessen persönlichem Ansehen, auf seinem Arbeitseinsatz und in dem Vertrauensverhältnis zu seinen Mandanten. In diese persönlichen Verhältnisse könne ein Konkursverwalter nicht eintreten und deshalb die Praxis nicht fortführen. Die im Mai 1989 erteilte Zustimmung der Vollstreckungsstelle des FA zur Fortführung der Praxis des N durch den Kläger sei im Zusammenhang zu sehen mit der gleichzeitigen Ermächtigung des Konkursverwalters, die Praxis baldmöglichst zu veräußern. An eine längere Fortführung der Praxis, wie sie nunmehr seit über vier Jahren erfolge, sei jedenfalls nicht gedacht worden. Der Konkursantrag des FA habe von vornherein darauf abgezielt, die Bestellung des N als Steuerberater gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG zu widerrufen. Der inzwischen erfolgte Widerruf der Berufszulassung dürfe nicht durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts als Konkursverwalter unterlaufen werden.
Entscheidungsgründe
Die -- zulässige -- Revision des FA ist unbegründet.
Das FG hat zu Recht die Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter der Steuerpflichtigen S durch das FA als rechtswidrig angesehen und den angefochtenen Verwaltungsakt (§ 80 Abs. 5 AO 1977) aufgehoben. Der Kläger war auch als Konkursverwalter über das Vermögen des früheren Steuerberaters N befugt, dessen Mandanten im Rahmen der von ihm fortgeführten Steuerberaterpraxis gegenüber den Finanzbehörden steuerlich zu vertreten.
1. Nach § 80 Abs. 5 AO 1977 sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein; das gilt nicht für Notare und Patentanwälte. Zweck der Vorschrift ist es, die Allgemeinheit vor sachunkundiger und unzuverlässiger Hilfe in Steuersachen durch geschäftsmäßig handelnde Personen zu schützen. Die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen soll nur solchen Personen anvertraut werden, welche die nötige Sachkunde besitzen und nach ihrer persönlichen Eignung hinreichende Gewähr für die einwandfreie Behandlung steuerlicher Angelegenheiten bieten (Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 80 AO 1977 Tz. 118 m w. N.). Die gesetzliche Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen ergibt sich aus §§ 2 bis 4 StBerG. Danach ist der Kläger persönlich als Rechtsanwalt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 StBerG uneingeschränkt befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten (vgl. auch § 3 Abs. 1 BRAO: Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten). Außerdem ergibt sich die Befugnis des Klägers zur (beschränkten) Hilfeleistung in Steuersachen aus seiner Bestellung als Notar (§ 4 Nr. 1 StBerG). Als solcher darf er nach § 80 Abs. 5 2. Halbsatz AO 1977 auch dann nicht zurückgewiesen werden, wenn er die ihm in der Bundesnotarordnung (BNotO) zugewiesenen Befugnisse überschreitet (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 80 AO 1977 Tz. 25).
2. Die nach den vorstehenden Vorschriften bestehende Befugnis des Klägers zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen wird im Streitfall nicht dadurch ausgeschlossen, daß er in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen des Steuerberaters N als Bevollmächtigter der S gegenüber dem FA aufgetreten ist. Die Übernahme des Amtes als Konkursverwalter ist einem Rechtsanwalt und/oder Notar nicht verboten; für einen Notar ist sie in § 8 Abs. 3 BNotO ausdrücklich als nicht genehmigungspflichtige (Neben-)Tätigkeit benannt.
Da der Hauptzweck des § 80 Abs. 5 AO 1977 -- wie oben ausgeführt -- darin besteht, eine sachkundige und zuverlässige Hilfeleistung in Steuersachen zu gewährleisten und diese beim Tätigwerden von Rechtsanwälten und Notaren kraft Gesetzes unterstellt wird, ist ein Grund für die Zurückweisung dieser Personen als Bevollmächtigte auch dann nicht gegeben, wenn sie nicht auf eigene Rechnung, sondern in ihrer Eigenschaft als Konkursverwalter tätig werden. Denn für die Frage, ob der Bevollmächtigte nach dieser Vorschrift zurückzuweisen ist, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob er persönlich nach seiner Vorbildung und Berufszulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, und nicht darauf, unter welchen Umständen oder in welcher rechtlichen Eigenschaft er in dem jeweiligen Einzelfall tätig wird.
3. Die Vorschriften der KO stehen der vorstehenden Auslegung nicht entgegen.
Wenn Rechtsanwälte oder Notare als Konkursverwalter bestellt werden, so geschieht dies in der Regel gerade deshalb, weil sie im Hinblick auf ihre berufliche Befähigung besonders zur Verwaltung, Vertretung und zur Verwertung des zur Konkursmasse gehörigen Vermögens (§§ 6, 117 KO) geeignet erscheinen. Ob die Praxis eines Steuerberaters und der dazu gehörige Mandantenstamm (ebenso wie die eines Arztes oder Rechtsanwalts) zur Konkursmasse (§ 1 KO) gehören, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die Zulässigkeit der Veräußerung und der Verwertung solcher freiberuflicher Praxen wird heute jedenfalls allgemein anerkannt, wenn auch teilweise noch gewisse Verwertungsbeschränkungen (z. B. Übertragung des Klienten- oder Patientenstamms nur mit Einwilligung des Gemeinschuldners) angenommen werden, auf die es aber im Streitfall nicht ankommt (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., § 1 Rdnr. 78 a m. w. N.; Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 27 Rdnr. 6; BGH in NJW 1974, 602). Der Konkursverwalter über das Vermögen eines Steuerberaters ist somit zumindest während einer beschränkten Zeit, in der er das freiberufliche Unternehmen -- die Praxis -- mit dem Ziele der Verwertung fortführt, befugt, in dieser amtlichen Eigenschaft als Bevollmächtigter i. S. des § 80 AO 1977 für die Mandanten des Gemeinschuldners aufzutreten. Er handelt nach überwiegender Auffassung nicht als rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners. Vielmehr ist der Konkursverwalter nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Amtstheorie als amtliches Organ zur Durchführung des Konkursverfahrens anzusehen, das seine Legitimation unmittelbar aus dem Gesetz herleitet und kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen, jedoch mit Wirkung für und gegen die Masse handelt (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 6 Rdnr. 17 m. w. N.).
Die unterschiedlichen Theorien zur Konkursverwaltung sind indes nicht dazu geeignet, auf alle Fragen nach der Befugnis und Rechtsstellung des Konkursverwalters unmittelbar selbst Antwort zu geben (vgl. Kilger/Karsten Schmidt, Konkursordnung, 16. Aufl., § 6 Anm. 2 b). Aus der -- unbestritten -- selbständigen, unmittelbar auf dem Gesetz beruhenden Stellung des Konkursverwalters als Amtsträger (vgl. § 116 Satz 1 Nr. 1 der Zivilprozeßordnung: "Partei kraft Amtes") kann jedoch hergeleitet werden, daß sich die hier maßgebliche Frage nach der Zulässigkeit seines Auftretens als Bevollmächtigter im Besteuerungsverfahren gemäß § 80 AO 1977 nach seiner eigenen (persönlichen) beruflichen Qualifikation bestimmt. Selbst wenn man -- wie das FA -- die Rechtsstellung des Konkursverwalters als eine vom Gemeinschuldner abgeleitete ansieht, steht die Konkurseröffnung über dessen Vermögen dem Auftreten des Konkursverwalters als Bevollmächtigter gemäß § 80 Abs. 5 AO 1977 nicht entgegen, daß die Konkurseröffnung allein -- abgesehen von den Beschränkungen gemäß § 6 KO -- die Befugnis des Gemeinschuldners N zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen noch nicht beseitigte (zum Widerruf nach § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG vgl. unten 4.).
Daß der Kläger im Streitfall in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen des Steuerberaters N als Bevollmächtigter der Steuerpflichtigen S aufgetreten ist, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Stempelaufdruck, mit dem der Briefkopf seines Schreibens vom 10. November 1989 an das FA versehen war. Zur Fortführung der Praxis des N und damit zur steuerlichen Beratung und Vertretung von dessen Mandantin S war der Konkursverwalter nach § 129 Abs. 2, § 132 KO aufgrund des Beschlusses der Gläubigerversammlung vom Mai 1989 befugt, in der auch das FA der Weiterführung der Steuerberaterpraxis mit dem Ziele ihrer späteren Veräußerung zugestimmt hatte.
Als vom Konkursverwalter fortführbares "Geschäft" i. S. von § 129 Abs. 2 KO wurde zwar von der älteren Kommentarliteratur nur ein gewerblicher Betrieb angesehen. Diese Auslegung wird aber nach neuerer Auffassung als zu eng beurteilt mit der Folge, daß grundsätzlich auch freiberufliche Unternehmen vom Konkursverwalter fortgeführt werden können (Kilger/Karsten Schmidt, a.a.O., § 129 Anm. 2; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 129 Rdnr. 5). Gewisse tatsächliche und rechtliche Grenzen der Fortführung solcher freiberuflichen Unternehmen, die sich daraus ergeben sollen, daß in rein persönliche Tätigkeiten des Gemeinschuldners, z. B. als Arzt, Rechtsanwalt oder Künstler, nicht eingegriffen werden kann und darf -- z. B. keine Ausnutzung der persönlichen Arbeitskraft des Gemeinschuldners für die Masse -- (vgl. die vorstehenden Zitate), sind im vorliegenden Falle der Fortführung der Steuerberaterpraxis des N durch den Kläger ohne Bedeutung. Denn der Gemeinschuldner hat, wie sich konkludent aus seiner Anstellung als Steuerfachgehilfe gegen Zahlung eines festen monatlichen Gehalts ergibt, der Fortführung seiner Praxis durch den Konkursverwalter zugestimmt. Die Einstellung des bisherigen Praxisinhabers (Gemeinschuldners) als entlohnten Arbeitnehmer in den fortzuführenden Betrieb ist konkursrechtlich nicht verboten, da das Verwaltungs- und Verfügungsrecht beim Konkursverwalter verbleibt (§ 6 KO).
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob im Wege einer rechtlichen Gestaltung, wie sie im vorliegenden Falle vorliegt, die Steuerberaterpraxis des Gemeinschuldners unter Verzicht auf ihre Verwertung durch den Konkursverwalter -- wie das FA befürchtet -- auf unabsehbare Zeit fortgeführt werden kann. Denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Zurückweisung des Konkursverwalters als Bevollmächtigter nach § 80 Abs. 5 AO 1977 im Falle der Steuerpflichtigen S, die bereits durch Bescheid vom Dezember 1989 und damit ca. ein halbes Jahr nach dem Beschluß der Gläubigerversammlung (Mai 1989) über die Fortführung der Praxis erfolgt ist. Daß der Kläger die Steuerberaterpraxis des N auch noch in der Folgezeit seit mehr als vier Jahren fortgeführt hat, ist für die Entscheidung des Streitfalles ohne Bedeutung.
Die Unzulässigkeit der Geschäftsfortführung durch den Konkursverwalter nach §§ 129 Abs. 2, 132 KO kann sich schließlich auch daraus ergeben, daß eine dem Gemeinschuldner erteilte gewerberechtliche Erlaubnis (z. B. zur Ausübung des Güternahverkehrs, vgl. BVerwG in BVerwGE 332, 316) nach Konkurseröffnung unanfechtbar zurückgenommen worden ist oder daß der Konkursverwalter die für den Betrieb erforderliche Approbation (z. B. als Apotheker) nicht besitzt (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 129 Rdnr. 5 b). Daraus folgt, daß der Konkursverwalter eine freiberufliche Praxis des Gemeinschuldners dann fortführen darf, wenn er persönlich die hierfür erforderliche Berufszulassung besitzt. Diese Voraussetzung ist -- wie oben ausgeführt -- im Streitfall erfüllt, weil der Kläger als Rechtsanwalt zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 StBerG).
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich ferner, daß es nach der Konkurseröffnung für die Geschäftsfortführung nicht mehr auf die berufliche Qualifikation (hier zur Hilfeleistung in Steuersachen) des Gemeinschuldners, sondern auf die des Konkursverwalters ankommt.
4. Im Streitfall ist die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des N vom FA -- wie dieses vorträgt -- von vornherein mit dem Ziel betrieben worden, die Bestellung des N als Steuerberater gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 5 StBerG zu widerrufen. Der Widerruf der Berufszulassung ist sodann nach Konkurseröffnung auch ausgesprochen worden. Auch dieser Umstand steht der Fortführung der Steuerberaterpraxis des N durch den Konkursverwalter und dessen Auftreten als Bevollmächtigter für die Steuerpflichtige S nicht entgegen. Dies folgt bereits daraus, daß im Zeitpunkt der Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter der S nach § 80 Abs. 5 AO 1977 durch das FA (Verfügung vom Dezember 1989) sowie in dem für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung der OFD (Mai 1989) der mit Bescheid vom Juli 1989 ausgesprochene Widerruf der Bestellung des N als Steuerberater noch nicht bestandskräftig war. Die Bestellung erlischt nämlich erst mit der Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheids (Gehre, Steuerberatungsgesetz, 2. Aufl., § 46 Rdnr. 15). Diese früher in § 46 Abs. 5 StBerG a. F. ausdrücklich geregelte Rechtsfolge ergibt sich nunmehr seit dem Wegfall dieser Vorschrift aufgrund des Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 9. Juni 1989 (BGBl I, 1062) ihren Rechtswirkungen nach aus § 69 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wonach -- abweichend von Abs. 1 -- durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung der Berufsausübung (nach dem StBerG) die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt wird (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 69 Rz. 190).
Wegen der in dieser Sache erst im November 1991 ergangenen Revisionsentscheidung des Senats dauerte die hemmende Wirkung der Klage gegen den gegen N erlassenen Widerrufsbescheid im Zeitpunkt des Ergehens der Beschwerdeentscheidung der OFD über die Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter noch an. Die Finanzverwaltung konnte sich deshalb bei ihrer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 AO 1977 nicht auf den Widerruf der Bestellung des N als Steuerberater berufen.
Ob nach der rechtskräftigen Entscheidung über den Widerruf der Bestellung des N im Hinblick auf die Vorschriften des StBerG eine Zurückweisung des Klägers (Konkursverwalters) als Bevollmächtigter nach § 80 Abs. 5 AO 1977 zulässig gewesen wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 423306 |
BFH/NV 1995, 7 |