Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlungsleistung als Hauptleistung oder einheitliches, aus gleichwertigen Leistungen bestehendes Leistungsbündel bei selbstständigem Innehaben eines Wettbüros im Inland für einem im EU-Ausland ansässigen Sportwettenveranstalter
Leitsatz (redaktionell)
Ein selbstständiges Unternehmen im Inland ohne eigene öffentlich-rechtliche Genehmigung zur Veranstaltung von Wetten, das auf Provisionsbasis für einen in einem anderen EU-Staat ansässigen, nicht über eigene Geschäftsräume oder Personal im Inland verfügten Sportwettenveranstalter u. a. ein Wettbüro ausstattet und vorhält, Wetten im Namen des Sportwettenveranstalters mit allein von diesem bestimmten Inhalten und Wettquoten annimmt, die Wettdaten per Internet an den Wettveranstalter übermittelt, die Wetten aufzeichnet, dem Kunden durch die Ausgabe eines Beleges den Abschluss der Wette bestätigt, die Gelder vereinnahmt und treuhänderisch verwaltet, die Gewinne ausbezahlt und gegenüber dem Sportwettenanbeiter die alleinige Verantwortung für die Verwaltung der Gelder und deren Diebstahl und/oder Verlust trägt, erbringt an den Sportwettenanbieter Vermittlungsleistungen i. S. d. § 3a Abs. 2 Nr. 4 S. 1 UStG in der in Jahren 2006 bis 2008 gültigen Fassung, bei denen die Vermittlungsleistung die – nach § 3a Abs. 1 UStG 2006 bis 2008 im Inland nicht steuerbare – Hauptleistung darstellt und bei denen die verschiedenen Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung”Vermittlung” teilen. Es handelt sich insoweit nicht um ein im Inland steuerbares Leistungsbündel, bei dem die Vermittlung der Wetten nur eine Komponente darstellt; es liegt insoweit auch kein Fall des § 3a Abs. 2 Nr. 4 S. 3 i. V. m. Abs. 4 Nr. 10, 14 UStG a. F. vor.
Normenkette
UStG 2006 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4 S. 1, Abs. 3, 4 Nrn. 10, 14
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 15.02.2017; Aktenzeichen XI R 42/14) |
Tenor
1. Die Umsatzsteuer 2006 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2006 vom xx.xx.xxxx in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx ohne Berücksichtigung der Umsätze mit Z erklärungsgemäß (zu 16 % steuerpflichtige Umsätze in Höhe von … EUR) festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.
2. Die Umsatzsteuer 2007 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 vom xx.xx.xxxx in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx ohne Berücksichtigung der Umsätze mit Z erklärungsgemäß (zu 16 % steuerpflichtige Umsätze in Höhe von … EUR, zu 19 % steuerpflichtige Umsätze in Höhe von … EUR) festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.
3. Die Umsatzsteuer 2008 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2008 vom xx.xx.xxxx in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx ohne Berücksichtigung der Umsätze mit Z erklärungsgemäß (zu 19 % steuerpflichtige Umsätze in Höhe von … EUR) festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.
4. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
5. Der Gerichtsbescheid ist – soweit er als Urteil wirkt – hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerbarkeit von Umsätzen der Klägerin aus Sportwettenvermittlungen der Jahre 2006 bis 2008.
Die Klägerin schloss am xx.xx.xxxx mit der Z mit Sitz in (EU-Ausland) einen Vertrag über die Vermittlung von Sportwetten. Ursprünglich – dies geht auch aus diesem Vertrag hervor – sollte von den Gesellschaftern der Klägerin eine GmbH gegründet werden. Da die GmbH nicht zur Eintragung kam, wurden die dem o.g. Vertrag zu Grunde liegenden Vereinbarungen von der Klägerin ab dem xx.xx.xxxx wahrgenommen.
Die Z ist eine Gesellschaft (EU-Ausland) Rechts, die eine Lizenz der (EU-Ausland) Behörde für das Anbieten von Sportwetten besitzt. Die in (EU-Ausland) tätigen Mitarbeiter erstellen regelmäßig neue Wettprogramme, welche den Kunden die Möglichkeit bieten, auf verschiedene Sportereignisse verschiedene Arten von Wetten zu festen Quoten abzuschließen. Nach einer Prüfung und Freigabe der Programme werden diese im PDF-Format zum Zwecke der Auslage in den jeweiligen Shops an die Vermittler versandt. Auf dieser Grundlage wählen die Kunden ihre Wetten aus und füllen den Tippschein aus. Dieser Schein wird mittels eines Lesegerätes in ein elektronisches System übertragen und die Daten werden zur Z übertragen. Sobald die automatische Plausibilitäts- und Vollständigkeitsprüfung sowie das Risikomanagementsystem durchlaufen worden sind, wird ein Wettschein ausgedruckt, der dem Kunden als Nachweis über die Wette dient. Der Kunde zahlt sodann den Wetteinsatz an den Shopbetreiber (hier die Klägerin), welcher das Geld entgegen nimmt. Die dem Vermittler zustehende Provision rechnet die Z in der Regel in einem zweiwöchigen Rhythmus a...