Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht bzgl. in Bankdepots gehaltener und im Umlaufvermögen erfasster Aktien vermögensverwaltender Kapitalgesellschaften nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG
Leitsatz (amtlich)
Eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft kann ein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG sein.
Von der Absicht, kurzfristig einen Eigenhandelserfolg zu erzielen, ist bei Streubesitzaktien regelmäßig auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft die Aktien im Umlaufvermögen erfasst. Will die Kapitalgesellschaft die Besteuerung vermeiden, trägt sie die Feststellungslast dafür, dass diese Buchung von Anfang an unrichtig war oder dass ausnahmsweise dennoch keine Eigenhandelsabsicht vorlag.
Da die Eigenhandelsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs der Aktien vorliegen muss, hat eine spätere Zweckänderung und Umgliederung der Aktien in das Anlagevermögen keinen Einfluss auf die steuerliche Behandlung.
Normenkette
KStG § 8b Abs. 1-3, 7, 9; KWG a.F. § 1 Abs. 1, 1a, 3 S. 1 Nrn. 1, 3, Abs. 3a, 11 Satz 1, Abs. 12 S. 1 Nr. 1; HGB § 247 Abs. 2, § 271; OECD-MA Art. 10 Abs. 1, Art. 13 Abs. 5, Art. 23 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten um die körperschaft- und gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden und aus der Veräußerung von Aktien erzielten Gewinnen und Verlusten. Dividenden sind nach der im Zuge des im Jahr 2001 durchgeführten Systemwechsels zum Halbeinkünfteverfahren eingeführten Vorschrift des § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) grundsätzlich voll steuerfrei, Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG zu 95 %. Voll steuerpflichtig sind Dividenden und Veräußerungsgewinne nach Absatz 7 Satz 2 der Vorschrift aber ausnahmsweise dann, wenn die betreffenden Anteile von einem Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben wurden. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ein Finanzunternehmen in diesem Sinne ist und die streitgegenständlichen Anteile mit dieser Absicht erworben hat.
I.
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ..... 2002 (Akte Allgemeines Bl. 3 ff.) gegründet und am ..... 2002 in das Handelsregister eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war zunächst Herr A (Senior-Geschäftsführer). Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages war Gegenstand des Unternehmens:
"1. a) der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen, der Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden sowie von Geschäftsbeteiligungen aller Art und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte, ausgenommen die erlaubnispflichtigen Geschäfte,
b) der Kauf und Verkauf von Grundstücken und Gebäuden und grundstücksgleichen Rechten."
Der Senior-Geschäftsführer übertrug ein Geldvermögen von über ..... Mio. Euro auf die Klägerin.
Die Klägerin schloss am ..... 2002 einen Vermögensverwaltungsvertrag mit der Bank 1 (Akte Allgemeines Bl. 23 ff.), der u.a. folgende Bestimmungen enthielt:
"1.) Der Auftraggeber unterhält bei ..... ein Wertpapierdepot sowie entsprechende Abwicklungs- und Erträgniskonten. Der Auftragnehmer ist beauftragt und bevollmächtigt, die dort zur Stammnummer ... (inkl. sämtlicher Unterdepots und -konten) verbuchten oder verwahrten Vermögenswerte nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu verwalten. (...)
2.) Der Auftragnehmer ist berechtigt, nach freiem Ermessen und ohne vorherige Einholung von Weisungen über die Depotbestände und Kontoguthaben zu verfügen. Er ist insbesondere berechtigt, Wertpapiere zu kaufen, zu verkaufen und zu tauschen, Investmentanteilscheine und Bezugsrechte zu kaufen, zu verkaufen oder auszuüben und im Namen des Auftraggebers alle Handlungen vorzunehmen oder Erklärungen abzugeben bzw. entgegenzunehmen und alle übrigen Maßnahmen durchzuführen, die ihm zur Verwaltung des Vermögens zweckmäßig erscheinen. Andere Anlageformen (z.B. Festgelder) sind möglich. (...)
4.) Auftraggeber und Auftragnehmer sind sich einig, dass der Auftragnehmer bei der Vermögensverwaltung die in der Anlage festgelegten Anlagerichtlinien beachtet. (...)"
In den beigefügten Anlagerichtlinien (Akte Allgemeines Bl. 27) war u.a. folgendes bestimmt:
"Ertragserwartung: |
8 % p.a. vor Steuern (...) |
Anlageuniversum: |
weltweite Anlage in Aktien, Renten, Geldmarkt, Fonds |
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Aktien: aus gängigen internationalen Indices |
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Renten: mit einem Rating von mindestens BBB |
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(BB mit Absprache) |
Keine Anlage in Inhaberschuldverschreibungen von nicht börsennotierten Finanzinstituten. (...) |
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Angestrebt wird eine nachhaltige Ertragssteigerung nach Steuern." |
In Ausführung dieses Vertrages erwarb und veräußerte die Bank 1 für die Klägerin in der Folgezeit laufend Aktien und Rentenpapiere.
Daneben richtete die Klägerin bei der Bank 2 ein sog. ".....-Depot" ein, das sie selbst verwaltete und über welches sie ebenfalls laufend Wertpapiergeschäfte abwickelte.
Durch Vertrag vom ..... 2002 (Akte A...