Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung nicht zur Vertretung befugter Bevollmächtigter nach der Neufassung des § 62 FGO
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird eine Klage von einer Person eingereicht, die auf Anforderung des Gerichts keine Vollmacht vorlegt und bei der auch anderweitig nicht ersichtlich ist, dass sie zu den nach § 62 Abs. 2 FGO n.F. vertretungsbefugten Personen gehört, so weist das Gericht diese Person als Bevollmächtigten zurück.
2. Wird die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters vom (vermeintlichen) Kläger nicht genehmigt, ist die Klage unzulässig. Die Kosten des Verfahrens hat der vollmachtlose Vertreter zu tragen, wenn keine Hinweise auf eine Veranlassung der Klageerhebung durch den (vermeintlichen) Kläger bestehen.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 2-3, 6, § 135 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der als vollmachtloser Vertreter aufgetretene Herr G.
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 22.12.2005 reichte G einen Kindergeldantrag des U für das am 31.01.1997 geborene Kind Z ein. Diesen lehnte die Beklagte (die Familienkasse –FK–) mit Bescheid vom 20.06.2006 mangels Nachweises eines Wohnsitzes im Inland ab. Hiergegen erhob G mit bei der FK am 31.10.2006 eingegangenem Schreiben Einspruch. Mit Schreiben vom 02.11.2006 forderte die FK u.a. eine Vertretungsvollmacht an. Diese wurde nicht vorgelegt. Mit Einspruchsentscheidung vom 16.10.2007 wies die FK den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob G mit bei Gericht am 19.11.2007 eingegangenem Telefax Klage. Auf entsprechende Aufforderung des Gerichts teilte G mit Schreiben vom 26.01.2008 mit, dass er die Prozessvollmacht in den nächsten Tagen nachreichen werde. Mit gerichtlicher Anordnung vom 03.09.2008 wurde G u.a. aufgefordert, bis 01.10.2008 eine Prozessvollmacht vorzulegen. Hierauf erfolgte keine Reaktion. Mit Beschluss vom 08.10.2008 hat der Senat G nach § 62 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) als Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen. U wurde unter Übersendung dieses Beschlusses aufgefordert, bis 30.10.2008 mitzuteilen, ob er die Prozessführung durch G genehmigt. Das Schreiben wurde U am 14.10.2008 zugestellt. Hierauf erfolgte erneut keine Reaktion.
Für den Kläger wurde beantragt,
die FK unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 20.06.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.10.2007 zu verpflichten, Kindergeld für Z ab Mai 2004 festzusetzen.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass keine Vollmacht des Kl vorliege und die Einspruchsfrist versäumt worden sei.
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist unzulässig.
Nach § 62 Abs. 6 FGO n.F. ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter eine in § 62 Abs. 2 S. 1 FGO bezeichnete Person oder Gesellschaft auftritt. Die Vorlage der Prozessvollmacht ist danach eine Sachurteilsvoraussetzung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhof –BFH– vom 28.11.1995 VII R 63/95, BStBl II 1996, 105).
Im vorliegenden Fall wurde G mit Anordnung vom 03.09.2008 unter Fristsetzung zur Vollmachtsvorlage aufgefordert. Eine Vollmacht wurde jedoch nicht vorgelegt. Die FK hat den Mangel der Vollmacht gerügt. Es bestehen keine Anzeichen, dass G zu den in § 62 Abs. 2 S. 1 FGO bezeichneten Personen gehört. Das Gericht hat G daher durch Beschluss vom 08.10.2008 als Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen. Die Prozessführung wurde von U nicht genehmigt. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht daher von Amts wegen zu berücksichtigen und die Klage durch Prozessurteil zurückzuweisen (vgl. im Einzelnen Tipke/Kruse § 62 FGO Rn. 66).
2. Die Kosten des Verfahrens sind dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 FGO), da keine Umstände dafür ersichtlich sind, dass U die Klageerhebung veranlasst hat (BFH-Beschlüsse vom 27.07.1983 II B 68/82, BFHE 138, 529, BStBl II 1983, 644, und vom 02.06.1998 VII B 28/98, BFH/NV 1999, 52; Tipke/Kruse § 62 FGO Rn. 67). Dem steht nicht entgegen, dass der als Prozessbevollmächtigte aufgetretene G inzwischen vom Gericht zurückgewiesen wurde. Der Grund für die Prozesskostenpflicht liegt in der Veranlassung der erfolglosen Prozessführung durch den vorgeblich Bevollmächtigten.
Fundstellen