Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiträge an die inländische Rentenversicherung als Sonderausgaben
Leitsatz (amtlich)
1. Erzielt ein Steuerpflichtiger Arbeitslohn in der Schweiz, welcher aufgrund des DBA-Schweiz im Inland steuerfrei bleibt und löst dieser Tatbestand zugleich Pflichtbeiträge an die inländische gesetzliche Rentenversicherung aus, können diese Beiträge nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.
2. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist dadurch gegeben, dass die steuerfreien Einnahmen verpflichtend der Finanzierung der Vorsorgeaufwendungen dienen.
3. Die Nichtberücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben stellt in diesem Fall keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip dar.
Normenkette
EStG §§ 3c, 10 Abs. 1-2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; DBA-Schweiz Art. 15; DBA CHE Art. 15a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Beiträge an die inländische gesetzliche Rentenversicherung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 2 Buchstabe a EStG abzugsfähig sind.
Der im Inland ansässige Kläger und seine Ehefrau werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Bauleiter nichtselbständig tätig und unterliegt den Vorschriften über die gesetzliche Sozialversicherung. Er bezog im Streitjahr neben inländischem Bruttoarbeitslohn von seinem Arbeitgeber auch Arbeitslohn in Höhe von 75.788,- € aus der Schweiz. Die Ehefrau des Klägers ist Hausfrau. Beide Eheleute erzielten im Streitjahr 2012 zudem Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Der Schweizer Arbeitslohn wurde durch den Arbeitgeber nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 21.12.1992 (BGBl II 1993, 1888) - DBA Schweiz - in Höhe von 75.788,- € steuerfrei gestellt und auf der Lohnsteuerbescheinigung für das Streitjahr 2012 entsprechend bescheinigt und an das Finanzamt übermittelt. Vom inländischen Arbeitslohn über 18.277,- € wurden Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) über insgesamt 2.173,84 € abgeführt, welche ebenfalls auf der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen waren.
ln ihrer Steuererklärung für das Streitjahr beantragten der Kläger und seine Ehefrau bei den Vorsorgeaufwendungen die Berücksichtigung eines Betrages von insgesamt 13.171,00 € (6.586,- € Arbeitnehmeranteil und 6.585,- € Arbeitgeberanteil) an Beiträgen für die Altersvorsorge des Klägers (Bl. 3 R Einkommensteuerakten - EStA).
In dem teilweise nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufigen Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 19.06.2013 (Bl. 10 EStA) berücksichtigte der Beklagte nur die bescheinigten und übermittelten Beiträge für die Altersvorsorge über 2.173,- € und setzte diese mit den anderen Vorsorgeaufwendungen des Klägers und seiner Ehefrau als Sonderausgaben an. Den steuerfreien Bruttoarbeitslohn aus der Schweiz bezog er ebenso wie das bezogene Verletztengeld über 3.910,- € in die Berechnung des Steuersatzes ein (Progressionsvorbehalt). Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 2.810 €.
Am 16.07.2013 legten der Kläger und seine Ehefrau Einspruch ein (Bl. 15 EStA) und begehrten die Rentenversicherungsbeiträge von 13.171,00 € in voller Höhe als Sonderausgaben anzuerkennen. Die Beiträge an die deutsche Rentenversicherungsanstalt führten bei Eintritt des Klägers ins Rentenalter zu voll steuerpflichtigen Renteneinkünften nach § 22 EStG.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26.03.2014 (Bl. 39 EStA) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus: Die Beiträge an die deutsche Rentenversicherung erfüllten die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG und seien somit grundsätzlich als Sonderausgaben abzugsfähig. Der Sonderausgabenabzug für die Kläger scheitere jedoch gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG daran, dass die Beiträge in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen des Klägers stünden. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG sei dadurch gegeben, dass die steuerfreien Einnahmen aus der Schweiz verpflichtend der Finanzierung der Vorsorgeaufwendungen gedient hätten. Hingegen komme es nicht darauf an, ob die Vorsorgeaufwendungen zu steuerfreien Einnahmen geführt hätten.
Die Altersvorsorgeaufwendungen seien zwar seit der Neuregelung durch das AltEinkG ihrer Rechtsnatur nach Werbungskosten. Der Gesetzgeber habe diese Vorsorgeaufwendungen aber konstitutiv den Sonderausgaben und nicht den Werbungskosten zugewiesen. Somit sei es systemgerecht, für die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entscheidend auf die Steuerfreiheit der Einnahmen, aus denen die Vorsorgeaufwendungen stammten, abzustellen, obwohl die künftigen Renteneinkünfte dem deutschen Besteuerungsrecht unterlägen und gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Bu...