Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 67
Erwerber sind in den 3 Konstellationen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbe, der Begünstigte bzw. Vermächtnisnehmer und der Pflichtteilsberechtigte, in den Konstellationen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG die Stiftung und die Vermögensmasse ausländischen Rechts. Der Erbschaftsbesitzer ist als Scheinerbe weder zivilrechtlich noch erbschaftsteuerrechtlich als Erbe zu behandeln. Ein gegen ihn ergangener Erbschaftsteuerbescheid ist materiell rechtswidrig und ist nach Bestandskraft, wenn die tatsächliche Erbrechtslage nachträglich bekannt wird, nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung scheitert an der Anlaufhemmung gem. § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO.
Rz. 68
In der Konstellation des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG setzt die Erwerbereigenschaft die Erbfähigkeit voraus. Erbfähigkeit ist die Fähigkeit, das Vermögen des Erblassers als dessen erbrechtlicher Gesamtrechtsnachfolger zu erlangen. Nach h. M. ergibt sie sich aus der allgemeinen Rechtsfähigkeit und wird in § 1923 BGB vorausgesetzt, der seinem Wortlaut nach auf natürliche Personen abstellt. Erbfähig ist demzufolge jede natürliche Person und jede juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts. Soweit juristische Personen zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht bestehen, können sie nur Nacherbe werden. Davon macht § 84 BGB für Stiftungen, die erst nach dem Tode des Stifters als rechtsfähig anerkannt werden, eine Ausnahme. Vor dem Hintergrund der Kolping-Entscheidung des BGH, in der der BGH die Durchgriffshaftung der Mitglieder eines eingetragenen Ideal-Vereins für dessen Verbindlichkeiten ablehnte, wenn der Verein den zulässigen Rahmen wirtschaftlicher Betätigung überschritten hatte, wird man aus Gründen der Rechtssicherheit einen eingetragenen Verein generell als erbfähig anzusehen haben. Bei einer ausländischen Stiftung ist die Anerkennung nach IPR-Grundsätzen, insbesondere ordre public, erforderlich, was problematisch werden kann, wenn strafrechtliche Zwecke verfolgt werden.
Rz. 69
Die Gemeinschaft zur gesamten Hand ist als solche jedenfalls dann nicht erbfähig, wenn ihr keine Rechtsfähigkeit zugebilligt wird. Das trifft nach wie vor uneingeschränkt auf die Erbengemeinschaft zu, weil der XII. Zivilsenat des BGH deren Rechtsfähigkeit klar abgelehnt hat. Demgegenüber wird für die Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) im Allgemeinen die Fähigkeit, Erbe zu sein, aufgrund von § 124 HGB bejaht. Die Gegenposition wird mit gewichtigen Argumenten von Flume vertreten. In der Tat werfen etwa Fragen der Pflichtteilsansprüche der gesetzlichen Erben bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung, der Erbunwürdigkeit einzelner Gesellschafter oder der Verwaltungstestamentsvollstrecker über den Erbteil einer GbR gewichtige dogmatische Einwände auf. Flume sieht also spezifisch erbrechtliche Hindernisse. Diese Einwände sind insofern berechtigt, als sie erkennen lassen, dass das Erbrecht für die Erbfähigkeit von Personenverbänden eine striktere Trennung der vermögensrechtlichen Verbandssphäre von der vermögensrechtlichen Mitgliedersphäre verlangt, als sie mit dem Personengesellschaftsrecht begründet werden könnte. Die Entstehung einer Erbengemeinschaft soll die Zersplitterung des Nachlasses vor der Befriedigung der Nachlassgläubiger verhindern. Sie dient damit als Haftungsgrundlage für die Nachlassgläubiger. Mit einer Personengesellschaft als Erbin droht aber die Zersplitterung des Nachlasses vor den Befriedigungen der Nachlassgläubiger, weil es bei den Personengesellschaften an einer zwingenden Vermögensbindung fehlt. Die Entnahmeregelung des § 122 HGB unterliegt der vollständigen Disposition der Gesellschafter. Die Gesellschafter dürfen also den Nachlass in ihr Privatvermögen überführen. Demzufolge wird dem Gläubiger entgegen dem Zweck der §§ 2032 ff. BGB die Auseinandersetzung mit mehreren Schuldnern gerade nicht erspart. Deshalb ist die erbrechtliche Interessenlage – ungeachtet der Rechtssubjektivität der Personengesellschaft – eben doch annähernd die der Mehrheit von Erben, die das Erbrecht über die Vorschriften zur Erbengemeinschaft erfasst wissen will. Die Gegenposition wird ausführlich von Krieg begründet. Nichtsdestoweniger bleiben Zweifel, ob hier nicht die Grundsatzentscheidung zur Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften i. S. einer unbesehenen Gleichstellung mit den juristischen Personen überspannt wird.
Rz. 70
Soweit es um die Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR geht, hat sich der BGH in der Grundsatzentscheidung vom 29.1.2001 der ebenfalls maßgeblich von Flume (ZHR 136, 1972, 177) begründeten Meinung angeschlossen, dass die (Außen-)GbR grundsätzlich rechts- und parteifähig sei. Wenn man – entgegen der hier vertretenen Ansicht – den Personenhandelsgesellschaften über § 124 HGB die Erbfähigkeit zubilligt, kann vor dem Hintergrund der zitierten BGH-Entscheidung für die (Außen-)GbR nichts anderes gelten.
Rz. 71
Ein weiterer pathologischer Fall ist die Frage der Erbfähigkeit des...