Rz. 21
Weil bereits im Gesetzgebungsverfahren u. a. die Frage aufkam, ob z. B. das Frühstück, welches in Deutschland typischerweise zur Übernachtung in einem Hotel dazugehört, auch begünstigt sein soll, hat der Bundestags-Finanzausschuss den S. 2 an den ursprünglichen Text des von den Koalitionsfraktionen beschlossenen Gesetzentwurfs angefügt.
Rz. 22
Es soll also nur die eigentliche Vermietungsleistung begünstigt sein. Das Frühstück, das aus der Sicht des Durchschnittverbrauchers zwanglos als Teil der Beherbergung begriffen werden könnte, dient aber nicht unmittelbar der Vermietung, sondern der Verköstigung des Gastes und ist deswegen nicht begünstigt, selbst wenn der Preis dafür in der Übernachtungspauschale enthalten ist. Der BFH hat diese Auslegung im Urteil v. 24.4.2013 ausdrücklich bestätigt – auch für den Fall, dass der Hotelbetreiber die "Übernachtung mit Frühstück" zu einem Pauschalpreis anbietet. Dann muss das einheitliche Entgelt aufgeteilt werden, s. Rz. 29a ff.
Rz. 22a
Der Begriff "B+B" für Bed and Breakfast, der sich auch im deutschen Sprachgebrauch für Übernachtung und Frühstück durchsetzt, wird mittlerweile auch in Hotelbezeichnungen verwendet.
Rz. 22b
Der V. Senat des BFH hat aber schon im Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH v. 26.5.2021 erhebliche Zweifel angemeldet, ob das in Rz. 22 beschriebene Aufteilungsgebot mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Es ging dabei um den Fall der Vermietung eines Gebäudes mit eingerichteter Putenmastanlage. Dem hat sich der XI. Senat im Beschluss v. 7.3.2022 angeschlossen. Der EuGH hat auf die Vorlage des V. Senats am 4.5.2023 entschieden, dass es sich bei der Vermietung des Gebäudes mit der Masteinrichtung um eine einheitliche Vermietungsleistung handelt, bei der die mit verpachteten Betriebsvorrichtungen nur eine Nebenleistung zur gem. Art. 135 Abs. 2 S. 1 Buchst. c MwStSystRL steuerfreien Vermietung sind. Der BFH hat in seinem Nachfolgeurteil v. 17.8.2023 ebenso geurteilt und damit ausdrücklich seine frühere andere Auffassung aus dem Urteil v. 28.5.1998 aufgegeben. Dieser Fall zeigt, wie wichtig die im Einzelfall oft tatsächlich schwierige Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung sein kann. Es wäre bei einem leicht abgewandelten Sachverhalt durchaus auch möglich gewesen, die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen als Hauptleistung anzusehen, denn dem Pächter ging es sicher bei seiner Anpachtung weniger um das Gebäude als bloßer Umhüllung der Betriebsvorrichtungen, als um diese Einrichtungen selbst, weil er nur mit diesen seine Putenmasttätigkeit ausüben konnte.
Rz. 22c
Diese Rechtsentwicklung zur Behandlung von Haupt- und Nebenleistungen führten dann zu den 3 Vorabentscheidungsersuchen des XI. Senats des BFH v. 10.1.2024 an den EuGH.
Im Beschluss XI R 11/23 geht es um die Frage, ob die Überlassung von Parkplätzen als unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung Beherbergung anzusehen ist. Das möchte der BFH bejahen, weil die Hotelbesucher die Parkmöglichkeit nicht zur eigentlichen Beherbergungsleistung hinzubuchen mussten und das Parkangebot auch nicht abwählen konnten.
Der Beschluss XI R 13/23 befasst sich mit der gleichen Problematik bei den Frühstücksleistungen, die ein Hotelunternehmer gegenüber seinen Gästen erbringt. Er verweist zu den wesentlichen Fragen bei der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Aufteilungsgebots durch eine nationale Vorschrift zur Vermeidung von Wiederholungen auf den ausführlich begründeten Beschluss XI R 11/23. Der BFH sieht das Frühstück als eine eigenständige Hauptleistung an, die zur Beherbergungsleistung hinzutritt und im Ausgangsfall auch getrennt berechnet wurde. Die Wortwahl "Aufteilungsgebot" für die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG hinsichtlich der Verpflegungsleistungen geht damit freilich ins Leere, denn wenn von vornherein 2 Hauptleistungen vorliegen – einerseits Beherbergung, andererseits Frühstücksleistung – dann bedarf es keiner Aufteilung der komplexen Leistung. Sie ist dann schon aufgeteilt.
Und der Beschluss XI R 14/23 stellt das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG bei der Überlassung von Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie der W-LAN-Benutzung durch einen Hotelunternehmer infrage. Auch er verweist auf die Ausführungen im Beschluss XI R 11/23. Hier möchte der BFH wie bei dem Fall der Parkplatzüberlassung mangels Zu- und Abwahlmöglichkeit dieser Leistungen durch die Hotelgäste eigenständige Leistungen verneinen, also das Aufteilungsgebot nicht für nicht einschlägig halten.
Rz. 22d
Alle 3 Beschlüsse lassen erkennen, dass der BFH das Aufteilungsgebot und § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unionsrechtlich grundsätzlich für zulässig hält. Beim Frühstück verweist der BFH zu Recht darauf, dass es dem Neutralitätsprinzip dient, wenn das Frühstück dem Regelsteuersatz unterliegt, ohne dass es darauf ankommt, ob es als selbstständige Hauptleistung in einem Restaurant oder als Nebenleistung zur Beherbergung in einem Hotel erbracht wird. Das sollte den EuGH überzeug...