Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Feststellung der Versicherungsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
Wird bei einer Statusfeststellung durch einen Verwaltungsakt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, aber keine Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt, ist der Kläger formell beschwert und klagebefugt. Ausreichend ist die Behauptung, es liege eine selbständige Tätigkeit vor. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Feststellung der Versicherungsfreiheit auf die zutreffenden Normen gestützt wird.
Auch bei einer Feststellung der Versicherungsfreiheit ist ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der zutreffenden Feststellung, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird, und der sich hieraus ergebenden Folgen der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit.
Normenkette
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 4 Nr. 1, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 183 S. 1, § 193 Abs. 1 S. 1, § 197a Abs. 1 S. 1; SGB III §§ 25, 28 Abs. 1 Nr. 1; SGB IV § 7 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der versicherungsrechtliche Status des Klägers zu 1 in der Zeit ab 1.1.2013 als technischer Leiter und Prokurist bei der Klägerin zu 2.
Der 1945 geb. Kläger zu 1 war Alleingesellschafter der Klägerin zu 2. Geschäftszweck ist die Herstellung von Fahrzeugen aller Art. Im Anstellungsvertrag vom 27.12.1985, der anlässlich der damaligen Bestellung des Klägers zu 1 zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 geschlossen wurde, war ein festes monatliches Gehalt incl. eines 13. Monatsgehalts geregelt, Erholungsurlaub von 6 Wochen, Gehaltsfortzahlung von 6 Monaten im Krankheitsfall, Reisekosten und Aufwendungsersatz gegen Einzelnachweis, keine feste Arbeitszeitenregelung sowie die Möglichkeit zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung.
Der Kläger zu 1 war auch alleiniger Gesellschafter der A. GmbH, die Komplementärin der A. GmbH & Co. KG ist. 2001 übertrug der Kläger zu 1 33% der Anteile an der A. GmbH auf seinen Sohn und blieb Mehrheitsgesellschafter. Die A. GmbH & Co.KG wurde alleinige Gesellschafterin der Klägerin zu 2.
Mit Wirkung ab 1.1.2013 übertrug der Kläger zu 1 im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge die verbliebenen 67% der Anteile an der A. GmbH und seine Kommanditanteile auf seinen Sohn, der alleiniger Gesellschafter der A. GmbH und alleiniger Kommanditist der A. GmbH & Co KG ist (Notarielle Verträge vom 6.11.2012, URNr. B xxx/2012 und B xxx/2012). Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin zu 2 sind seit 1.1.2013 die Ehefrau und der Sohn des Klägers zu 1. Der Kläger zu 1 hat Gesamtprokura mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen. Der Sohn ist ferner einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. GmbH. Die Ehefrau des Klägers zu 1 hat Einzelprokura bei der A. GmbH & Co.KG.
Am 20.7.2012 beantragte der Kläger zu 1 eine Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Er sei auch nach Aufgabe der Gesellschafterstellung als technischer Leiter Kopf und Seele des Unternehmens. Der Anstellungsvertrag aus dem Jahre 1985 gelte inhaltlich weiter. Das monatliche feste Gehalt betrage jetzt 6.000 €, die ordentliche Kündigung sei ausgeschlossen. An Weisungen des Geschäftsinhabers sei er nicht gebunden. Er übe Arbeitgeberfunktionen aus. Ihm stehe ein Vetorecht bzgl. sämtlicher Entscheidungen zu. An den Kompetenzen und Tätigkeiten, so wie sie im Anstellungsvertrag beschrieben sind, habe sich auch nach Aufgabe der Gesellschafterstellung nichts geändert. Seine Auftragsausführung werde durch niemanden kontrolliert. Er unterliege keinerlei Weisungen bzgl. seiner Arbeitszeit. Seine Erfahrungen und sein Wissen seien durch niemanden zu ersetzen.
Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 18.10.2013 gegenüber dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1 als technischer Leiter und Prokurist für die Klägerin zu 2 seit 1.1.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und keine Versicherungspflicht in der Renten- und Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung würden überwiegen. Am Stammkapital der Klägerin zu 2 sei der Kläger zu 1 nicht beteiligt. Er habe damit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschafterversammlung.
Hiergegen legten der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 Widerspruch ein. Die von der Beklagten vorgenommene Gesamtwürdigung sei unzutreffend und lasse unberücksichtigt, dass es sich um ein Familienunternehmen handle. Der Kläger zu 1 habe faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft. Der Sohn des Klägers zu 1 müsse allein aus familiärer Verpflichtung und Rücksichtnahme die Anwei...