Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge; einstweilige AdV der angefochtenen Entscheidung
Leitsatz (NV)
1. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht.
2. Das Vorbringen, der Senat habe in der Sache unzutreffend entschieden, ist im Rahmen der Anhörungsrüge von vorneherein nicht zu berücksichtigen.
3. Die Voraussetzungen für die Anordnung der einstweiligen AdV der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen liegen bei Zurückweisung der Anhörungsrüge nicht vor, weil es in dem entsprechenden Verfahren dann keinen anhängigen Rechtsstreit zwischen den Beteiligten mehr gibt. Für eine AdV besteht in einem solchen Fall kein Raum mehr.
Normenkette
FGO § 131 Abs. 1 S. 2, § 133a Abs. 6
Tatbestand
I. Mit Beschluss vom 11. Juli 2007 XI B 184/06 hat der Senat die Beschwerde der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Beschwerdeführer) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 13. November 2006 2 K 124/05 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der hiergegen erhobenen Anhörungsrüge tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der Bundesfinanzhof (BFH) habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er sich mit dem Wesenskern der von ihnen "geführten Rechtsargumentation zur Frage der Zulassung der beabsichtigten Revision nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt" habe. Es sei daher nicht auszuschließen, dass der BFH die Revision aus den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründen zulasse. Die Beschwerdeführer präzisieren und ergänzen die im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Argumente zur Begründung der in § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 2 und § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe.
Sie begehren ferner die einstweilige Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Entscheidung nach § 133a Abs. 6 i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hält die Anhörungsrüge für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 FGO).
1. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. August 2004 1 BvR 1557/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 81).
Der Senat hat das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen.
a) Soweit die Beschwerdeführer vortragen, der Senat habe zu Unrecht keine greifbare Gesetzwidrigkeit und Willkür der Entscheidung des FG i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO angenommen und außerdem fehlerhaft eine Gehörsverletzung durch das FG als Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO verneint, machen sie im Grunde geltend, der Senat habe in der Sache unzutreffend entschieden. Mit diesem Vorbringen können sie aber im Rahmen der Anhörungsrüge nach § 133a FGO von vorneherein nicht gehört werden (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2007 III S 33/06, BFH/NV 2007, 953).
b) Dasselbe gilt für den Hinweis der Beschwerdeführer, der Zulassungsgrund des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) sei abweichend von der Rechtsauffassung des BFH nicht erst bei einem greifbaren Gesetzesverstoß oder einer offenbar willkürlichen Entscheidung des FG gegeben, sondern nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift schon bei jedem --nach ihrer Ansicht im Streitfall vorliegenden-- Gesetzesverstoß durch das FG zu bejahen. Auch dieses Vorbringen richtet sich gegen die behauptete Unrichtigkeit der Auslegung des in § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO genannten Zulassungsgrundes durch den BFH und ist daher nicht geeignet, eine Gehörsverletzung im Rahmen der erhobenen Anhörungsrüge zu begründen.
c) Aus demselben Grund können sich die Beschwerdeführer auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der BFH habe in seinem Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde zu Unrecht das Vorliegen der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) verneint. Auch dieser Vortrag richtet sich lediglich gegen die ihrer Ansicht nach vorliegende unrichtige Sachbehandlung und enthält keine Rüge einer Gehörsverletzung.
d) Soweit die Beschwerdeführer die einstweilige AdV der angefochtenen Entscheidung nach § 133a Abs. 6 i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO anregen, hat ihr Begehren ebenfalls keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Anordnung der einstweiligen AdV der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen liegen nicht vor, weil es mit der Zurückweisung der Anhörungsrüge in diesem Verfahren keinen anhängigen Rechtsstreit zwischen den Beteiligten mehr gibt. Für eine AdV besteht in einem solchen Fall kein Raum mehr (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 131 Rz 4).
2. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO). Dies gilt auch für die Entscheidung nach § 133a Abs. 6 i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO (Rüsken in Beermann/Gosch, FGO § 133a Rz 63).
Fundstellen