Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge; Verletzung rechtlichen Gehörs
Leitsatz (NV)
1. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung in seiner Entscheidung zu befassen.
2. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.
3. Das Vorbringen, das Gericht habe in der Sache falsch entschieden, kann nicht zum Erfolg einer Anhörungsrüge führen. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in vollem Umfang nochmals zu überprüfen.
Normenkette
FGO § 133a; GG Art. 103 Abs. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin) betreibt einen sog. Chauffeur- und Limousinenservice.
Ihre Serviceleistungen bestehen u.a. darin, dem Besteller für einen bestimmten Zeitraum an gewünschten Orten im In- und Ausland moderne komfortable Luxuslimousinen mit Chauffeur zu überlassen. Diese Leistungen werden nach Stunden- oder Tagessätzen abgerechnet.
In den Zeiträumen vom 15. Dezember 2000 bis 30. Januar 2001 und vom 13. Oktober 2003 bis zum 19. April 2004 führte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eine Umsatzsteuersonderprüfung bzw. eine Außenprüfung durch. Im Rahmen dieser Prüfungen wurde festgestellt, dass die Klägerin die an verschiedenen Orten im Ausland getätigten Umsätze als nicht steuerbare Beförderungsleistungen behandelte. Die jeweiligen Prüfer kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Gestellung von Beförderungsmitteln mit Fahrer keine Beförderungsleistung, sondern eine Vermietung darstelle und der Ort dieser sonstigen Leistung am Firmensitz der Klägerin liege.
Das FA setzte die Umsatzsteuer für 1999 und 2000 mit entsprechend geänderten Bescheiden fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin als unbegründet zurück (BFH-Beschluss vom 12. Juni 2008 XI B 201/07, nicht veröffentlicht).
Mit ihrer Anhörungsrüge (§ 133a der Finanzgerichtsordnung --FGO--) trägt die Klägerin vor, dass sie sehr wohl nicht steuerbare Beförderungsleistungen im Ausland erbracht habe und begründet dies im Einzelnen unter Hinweis auf ihres Erachtens anwendbare Richtlinienbestimmungen sowie auf einschlägige Rechtsprechung des BFH und entsprechende Kommentarliteratur. Im Übrigen widerspreche die vom BFH zitierte Entscheidung (BFH-Urteil vom 19. Juli 1961 II 202/57 U, BFHE 73, 502, BStBl III 1961, 450) dem BFH-Urteil vom 14. Dezember 1951 II 176/51 U (BFHE 56, 52, BStBl III 1952, 22). Der BFH habe zu entscheidungserheblichen Fragen nicht Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.
1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt daher nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.).
2. Nach diesen Maßstäben sind im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Senat eine Gehörsverletzung begangen hat.
Mit ihren Ausführungen wendet sich die Klägerin gegen die Rechtsauffassung des Senats und macht geltend, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann die Klägerin im Rahmen des § 133a FGO aber nicht gehört werden. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in vollem Umfang nochmals zu überprüfen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. September 2005 V S 12, 13/05, BFHE 211, 6, BStBl II 2006, 75, und vom 14. Oktober 2005 V S 20/05, BFH/NV 2006, 563).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133a Abs. 4 Satz 4 FGO).
4. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes --Kostenverzeichnis--).
5. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).
Fundstellen