Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Beteiligung eines Organträgers an der Organgesellschaft von Beginn ihres Wirtschaftsjahres an
Leitsatz (NV)
1. Entspricht nach dem Gesellschaftsvertrag der Organgesellschaft das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr, so bedarf die Bildung zweier Rumpfwirtschaftsjahre einer Änderung des Gesellschaftsvertrages in der nach § 53 Abs. 1 und 2 GmbHG vorgeschriebenen Form.
2. Wegen § 54 Abs. 3 GmbHG wird die Änderung erst mit der Eintragung im Handelsregister wirksam.
3. Der Eintragung kann keine Rückwirkung beigelegt werden.
Normenkette
KStG 1977 § 7 Abs. 4, §§ 14, 17; HGB § 39 Abs. 2; GmbHG § 13 Abs. 3, § 53 Abs. 1-2, § 54 Abs. 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die am 27. 1. 1978 alle Geschäftsanteile an der P-GmbH erwarb. Die P-GmbH war im Jahre 1976 gegründet worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag der P-GmbH (§ 6) entsprach das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr. Die Klägerin faßte den Gesellschaftsvertrag der P-GmbH nach dem Erwerb der Anteile neu. Dabei blieb § 6 jedoch unverändert. Am 27. 12. 1978 schloß die Klägerin mit der P-GmbH einen Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrag rückwirkend auf den Tag des Erwerbs aller Anteile durch die Klägerin (27. 1. 1978) ab. Danach verpflichtete sich die P-GmbH, erstmals für ihr ab dem 27. Januar 1978 laufendes Geschäftsjahr den Gewinn an die Klägerin abzuführen. Die Klägerin verpflichtete sich, Verluste der P-GmbH auszugleichen. Die P-GmbH ermittelte für die Zeit vom 1. 2. bis 31. 12. 1978 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 341 275 DM. Diesen Verlust glich die Klägerin aus.
Die P-GmbH beantragte bei dem für sie zuständigen FA nicht gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG 1977 die Zustimmung zur Umstellung des Wirtschaftsjahres. Sie erstelle auch für die Zeit vom 1. 1. bis 31. 1. 1978 keinen Jahresabschluß. Allerdings reichte sie einen Jahresabschluß für die Zeit vom 1. 2. bis 31. 12. 1978 beim FA ein. Dieses erließ am 6. 3. 1981 einen KSt-Bescheid 1978, in dem auf die nicht anzuerkennende Organschaft hingewiesen wurde und in dem der erklärte Verlust als Besteuerungsgrundlage angesetzt wurde.
Die Klägerin ging in ihrer KSt-Erklärung 1978 von einer Verlustzurechnung gemäß §§ 14, 17 KStG 1977 in Höhe von 341 275 DM aus. Das FA behandelte dagegen die Verlustübernahme als nachträgliche Anschaffungskosten der Klägerin auf die Beteiligung an der P-GmbH. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Klägerin statt. Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA sinngemäß die Verletzung des § 17 i. V. mit § 14 KStG 1977.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 14 Satz 1 KStG 1977 ist das Einkommen einer Organgesellschaft - vorbehaltlich des im Streitfall nicht einschlägigen § 16 KStG 1977 - unter im einzelnen näher genannten Voraussetzungen dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen. Dies bedeutet bei einem Verlust der Organgesellschaft, daß der Organträger diesen auszugleichen verpflichtet ist. Nach § 17 Satz 1 KStG 1977 gilt diese Rechtsfolge auch dann, wenn als Organgesellschaft keine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, sondern eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland auftritt. Voraussetzung ist allerdings jeweils u. a., daß der Organträger an der Organgesellschaft von Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen in einem solchen Maß beteiligt war, daß ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zustand (§ 14 Satz 1 Nr. 1 KStG 1977).
2. Zu diesen Tatbestandsvoraussetzungen hat das FG in einer den erkennenden Senat bindenden Weise in tatsächlicher Hinsicht festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß die Klägerin alle Anteile an der P-GmbH erst durch Vertrag vom 27. Januar 1978 erwarb. Die P-GmbH war bereits im Februar 1976 gegründet worden. Ihr Geschäftsjahr entsprach dem Kalenderjahr (§ 6 des Gesellschaftsvertrages). Am 3. Februar 1978 beschloß die Klägerin als Alleingesellschafterin der P-GmbH eine teilweise Neufassung des Gesellschaftsvertrages. Danach verblieb es bei der Übereinstimmung zwischen Geschäftsjahr und Kalenderjahr (§ 6 des neu gefaßten Gesellschaftsvertrages). Das erste Geschäftsjahr sollte mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister beginnen. Die P-GmbH erhielt damals auch einen neuen Firmennamen, der erst am 1. Juni 1978 in das Handelsregister eingetragen wurde. Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen war die Klägerin nicht ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres 1978 der P-GmbH an der Organgesellschaft i. S. des § 14 Satz 1 Nr. 1 KStG 1977 beteiligt.
3. § 14 Satz 1 Nr. 1 KStG 1977 knüpft an den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an. Nach § 7 Abs. 4 KStG 1977 bestimmt sich bei Steuerpflichtigen, die - wie die P-GmbH - verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) zu führen, das Wirtschaftsjahr nach dem Zeitraum, für den regelmäßig Abschlüsse zu machen sind. Da die P-GmbH gemäß § 13 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) als Handelsgesellschaft i. S. des HGB galt, bestimmte sich die Bildung ihres Geschäftsjahres nach § 39 Abs. 2 HGB. Dabei ist allerdings zu beachten, daß das Geschäftsjahr der P-GmbH von Anfang an in deren Satzung zeitlich festgelegt war. Bei dieser Sachlage bedurfte die Änderung des Geschäftsjahres der in § 53 Abs. 1 und 2 GmbHG vorgeschriebenen Form (vgl. Scholz / Priester, GmbH-Gesetz, 7. Aufl., § 53 Rdnr. 134). Wegen § 54 Abs. 3 GmbHG konnte die Änderung erst mit ihrer Eintragung im Handelsregister wirksam werden. Der Satzungsänderung konnte keine Rückwirkung beigelegt werden (Scholz / Priester, a. a. O., Rdnr. 182).
4. Von dieser Rechtslage ausgehend ist aufgrund des § 6 des Gesellschaftsvertrages als Geschäftsjahr der Klägerin das Kalenderjahr anzusehen. Entsprechend begann das Geschäftsjahr 1978 am 1. Januar 1978 und endete am 31. Dezember 1978. Es hätte nur dann als Rumpfwirtschaftsjahr am 31. Januar 1978 geendet, wenn die Gesellschafter der P-GmbH für 1978 die Bildung zweier Rumpfwirtschaftsjahre in der Form des § 53 Abs. 1 und 2 GmbHG beschlossen hätten. An einem solchen Beschluß fehlt es. Er ergibt sich nicht aus § 6 des am 3. Februar 1978 beschlossenen Gesellschaftsvertrages, weil dort von der Bildung zweier Rumpfwirtschaftsjahre keine Rede ist. Statt dessen wird die schon früher geltende Regelung über das Geschäftsjahr wiederholt. Zwar enthält § 6 des neugefaßten Gesellschaftsvertrages auch den Hinweis auf den Beginn des ersten Geschäftsjahres. Dieser Hinweis bezieht sich aber auf die Gründung der P-GmbH im Jahre 1976. Aus ihm ergibt sich die Bildung zweier Rumpfwirtschaftsjahre für 1978 nicht. Soweit das FG in der Vorentscheidung eine andere Auffassung vertreten hat, verstößt diese gegen die Denkgesetze, weil sie mit dem Wortlaut des § 6 des Gesellschaftsvertrages nicht in Einklang zu bringen ist.
5. Die frühere Mantelkauf-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. Urteile vom 15. Februar 1966 I 112/63, BFHE 85, 217, BStBl III 1966, 289; vom 17. Mai 1966 I 141/63, BFHE 86, 369, BStBl III 1966, 513; vom 19. Dezember 1973 I R 137/71, BFHE 111, 155, BStBl II 1974, 181) kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Der erkennende Senat hat diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1986 I R 202/82, BFHE 148, 153, BStBl II 1987, 308, und I R 318-319/83, BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310). Die Körperschaftsteuersubjektfähigkeit einer GmbH knüpft an deren Zivilrechtsfähigkeit an. Deshalb ist auch für Besteuerungszwecke die Personenidentität einer Kapitalgesellschaft solange zu bejahen, als sie zivilrechtlich fortbesteht. Im Streitfall ist von einem entsprechenden Fortbestand der P-GmbH über den 31. Dezember 1977 hinaus auszugehen, weil kein Anhaltspunkt für ihr Erlöschen i. S. des § 60 GmbHG bzw. i. S. der Vorschriften des Löschungsgesetzes erkennbar ist.
6. Fehlt es aber bezogen auf das Geschäftsjahr 1978 an einer rechtswirksamen Bildung zweier Rumpfwirtschaftsjahre für die P-GmbH, so begann das nach § 14 Satz 1 Nr. 1 KStG 1977 im Streitfall maßgebende Wirtschaftsjahr am 1. Januar 1978. Damals war die Klägerin nicht an der P-GmbH beteiligt. Deshalb sind die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt. Ihre Rechtsfolge kann nicht eintreten.
7. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Die Klägerin hatte vor dem FG hilfsweise eine Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der P-GmbH geltend gemacht. Das FG hat zu der Frage, ob die Vornahme einer solchen Abschreibung steuerrechtlich zulässig ist, in tatsächlicher Hinsicht keine Feststellungen getroffen. Auf die Feststellungen kommt es jedoch an, weil der abgeschlossene Ergebnisabführungsvertrag die Teilwertabschreibung nicht von vornherein ausschließt (vgl. Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 14 KStG Rdnr. 91). Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 416638 |
BFH/NV 1990, 326 |