Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlrecht zusammen veranlagter Eheleute bei § 7 b-Absetzungen zwischen Folge- und Zweitobjekt
Leitsatz (NV)
1. Haben Eheleute unter den Voraussetzungen des § 26 EStG beim Erstobjekt die erhöhten Absetzungen deshalb nicht voll ausnutzen können, weil ihnen das Erstobjekt nicht bis zum Ablauf des Zeitraumes zuzurechnen war, für den erhöhte Absetzungen zulässig sind (§ 7 b Abs. 5 Sätze 4 und 5 EStG 1983), so können sie wählen, ob ein innerhalb des in § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 bezeichneten Zeitraums hergestelltes oder angeschafftes Objekt als Folgeobjekt im Sinne des § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 oder als zweites Objekt im Sinne des § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG 1983 gelten soll.
2. Machen Eheleute in einem Veranlagungszeitraum, in dem sie ein begünstigtes Objekt veräußert und ein weiteres begünstigtes Objekt erworben haben, erhöhte Absetzungen für zwei Objekte geltend und werden sie aufgrund dessen bestandskräftig veranlagt, so haben sie damit ihr Wahlrecht zugunsten eines Zweitobjekts ausgeübt. Sie sind infolge der Bestandskraft des Bescheids an die getroffene Wahl gebunden.
Normenkette
EStG 1983 § 7b Abs. 5 Sätze 2, 4, Abs. 6
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Der Kläger war von 1980 bis zum Verkauf am 6. Oktober 1983 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau Eigentümer eines Einfamilienhauses. Am 19. Oktober 1983 erwarb er eine Eigentumswohnung. Seit dem 19. November 1983 lebten die Eheleute getrennt. 1984 wurde die Ehe geschieden.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1983 hatten der Kläger und seine mit ihm zusammenveranlagte damalige Ehefrau erhöhte Absetzungen gemäß § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowohl für das ihnen gemeinsam gehörende Einfamilienhaus (wie in den Vorjahren) als auch für die dem Kläger gehörende Eigentumswohnung geltend gemacht. Der Einkommensteuerbescheid für 1983 ist bestandskräftig.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1984) begehrte der Kläger erhöhte Absetzungen gemäß § 7 b EStG für die Eigentumswohnung wie im Vorjahr von . . . DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte dies auch im Einspruchsverfahren wegen Objektverbrauchs ab. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, seine Eigentumswohnung als Folgeobjekt steuerlich zu begünstigen. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Seine Revision stützt der Kläger auf Verletzung des § 7 b EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat dem Kläger rechtsfehlerfrei erhöhte Absetzungen wegen Objektverbrauches gemäß § 7 b Abs. 5 EStG in der Fassung des Streitjahres (EStG 1983) versagt.
1. Erhöhte Absetzungen werden nach § 7 b Abs. 5 Satz 1 EStG 1983 grundsätzlich nur für ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung gewährt. Eheleute, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die erhöhten Absetzungen für insgesamt zwei begünstigte Objekte geltend machen (§ 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG). Ist ein Bauwerk mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen, so wird der Anteil eines Steuerpflichtigen hieran einem begünstigten Objekt gleichgestellt (§ 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG). Dies gilt nicht, wenn ein Objekt ausschließlich dem Steuerpflichtigen sowie seinem Ehegatten zuzurechnen ist und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (§ 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG 1983). In einem solchen Fall stellt nicht der einzelne Anteil des Ehegatten das nach § 7 b EStG begünstigte Objekt dar. Begünstigtes Objekt ist vielmehr das Bauwerk als solches.
Haben Eheleute unter den Voraussetzungen des § 26 EStG beim Erstobjekt die erhöhten Absetzungen deshalb nicht voll ausnutzen können, weil ihnen das Erstobjekt nicht bis zum Ablauf des Zeitraumes zuzurechnen war, für den erhöhte Absetzungen zulässig sind (§ 7 b Abs. 5 Sätze 4 und 5 EStG 1983), so können sie wählen, ob ein innerhalb des in § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 bezeichneten Zeitraums hergestelltes oder angeschafftes Objekt als Folgeobjekt im Sinne des § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 oder als zweites Objekt im Sinne des § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG 1983 gelten soll (ebenso Abschn. 63 Abs. 7 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -; Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 7 b Anm. 6 m; Blümich / Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 7 b EStG Rz. 757; Clausen in Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 7 b EStG - grüne Blätter -, Nr. II der Erläuterungen zu Abs. 6; Boeker in Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7 b Anm. 126; Meincke in Littmann / Bitz / Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 7 b Rn. 175; Stuhrmann, in Hartmann / Böttcher / Nissen / Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7 b Rz. 96). Diese Auslegung ergibt sich aus den Sätzen 2 und 4 des § 7 b Abs. 5 EStG 1983. § 7 b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 stellt es in das Ermessen des Steuerpflichtigen, ob er die Vergünstigungen für ein Folgeobjekt in Anspruch nehmen möchte. Können zusammen veranlagte Eheleute gemäß § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG erhöhte Absetzungen für ein weiteres begünstigtes Objekt beanspruchen, so liegt es in ihrer freien Entscheidung, ob sie dieses Objekt als Folgeobjekt oder als Zweitobjekt wählen. Im ersteren Fall ist jedoch zu beachten, daß der Begünstigungszeitraum für ein Folgeobjekt gemäß § 7 b Abs. 5 Satz 5 EStG 1983 erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnt, in dem das Erstobjekt dem Steuerpflichtigen letztmals zugerechnet worden ist.
Machen die Steuerpflichtigen in einem Veranlagungszeitraum, in dem sie ein begünstigtes Objekt veräußert und ein weiteres begünstigtes Objekt erworben haben, erhöhte Absetzungen für zwei Objekte geltend und werden sie aufgrund dessen bestandskräftig veranlagt, so haben sie damit ihr Wahlrecht zugunsten eines Zweitobjekts ausgeübt. Sie sind infolge der Bestandskraft des Bescheids an die getroffene Wahl gebunden (Senatsentscheidung vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369 BStBl II 1992, 621).
Haben Eheleute erhöhte Absetzungen für ein zweites Objekt in Anspruch genommen, so tritt insoweit Objektverbrauch ein, wenn sie die Voraussetzungen des § 26 EStG zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfüllen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. September 1982 VIII R 225/81, BFHE 137, 414, BStBl II 1983, 293; Senatsurteil vom 22. Oktober 1985 IX R 145/83, BFHE 145, 518, BStBl II 1986, 387). Hierbei ist - entgegen der Meinung der Revision - unerheblich, ob mit der Inanspruchnahme der Vergünstigung für das zweite Objekt bereits begonnen wurde, als die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG noch vorlagen (BFH-Urteil vom 20. Juli 1982 VIII R 162/81, BFHE 137, 247, 250, BStBl II 1983, 198).
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen entgegen der Revision gegen dieses Ergebnis nicht. § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG 1983 gewährt Ehegatten gegenüber Ledigen ein zusätzliches Wahlrecht, die Vergünstigung für ein zweites Objekt geltend zu machen. Es bleibt ihnen unbenommen, dieses Recht nicht in Anspruch zu nehmen und statt dessen - wie Ledige auch - das Objekt als Folgeobjekt steuerlich zu behandeln. Haben sie sich jedoch für ein Zweitobjekt entschieden, ist der bei Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG eingetretene Objektverbrauch lediglich Reflex dieser zusätzlichen Wahlmöglichkeit. Er kann nicht als Diskriminierung Verheirateter gegenüber Ledigen verstanden werden.
2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht einen Objektverbrauch des Klägers bejaht. In den Veranlagungszeiträumen 1980 bis 1983 hatte der Kläger mit seiner zusammen veranlagten damaligen Ehefrau erhöhte Absetzungen für ein ihnen gemeinsam gehörendes Einfamilienhaus in Anspruch genommen. Da sie dieses Objekt vor Ablauf des Begünstigungszeitraums veräußerten, hatten sie die Wahl, die vom Kläger 1983 erworbene Eigentumswohnung als Folgeobjekt oder als Zweitobjekt zu behandeln. Diese Wahl übten sie zugunsten eines Zweitobjekts aus, indem sie erhöhte Absetzungen hierfür bereits im Veranlagungszeitraum 1983 geltend machten, als ihnen das Einfamilienhaus noch zuzurechnen war. An diese Wahl ist der Kläger infolge der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids für 1983 gebunden.
Hat der Kläger mithin erhöhte Absetzungen für die Eigentumswohnung als Zweitobjekt tatsächlich in Anspruch genommen, so kann er die erhöhten Absetzungen nach dem Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG infolge Objektverbrauchs nicht mehr fortsetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 418347 |
BFH/NV 1992, 594 |