Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Abzug von Unterhaltsleistungen an Sohn, Schwiegertochter und Enkel in Griechenland als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (NV)
1. Werden mehrere Personen, die in einem Haushalt zusammenleben, unterstützt, sind die Unterstützungsleistungen nach Köpfen zu teilen.
2. Unterhaltszahlungen an die Schwiegertochter sind mangels gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung nicht abziehbar.
3. Großeltern sind ihren Enkeln gegenüber gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet, wenn die Eltern nicht über ausreichende Mittel verfügen. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass Großeltern ihre Unterhaltsleistungen in diesem Fall dann nicht nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen können, wenn die Eltern der Enkel Kindergeld bezogen haben, denn das an die Eltern der Enkel gezahlte Kindergeld mindert ihre Unterhaltsverpflichtung und kommt ihnen daher mittelbar zugute. Dem inländischen Kindergeld gleichgestellt sind kindergeldähnliche Leistungen nach ausländischem Recht.
4. Ist der Unterhaltsempfänger verheiratet, sind bei der Berechnung seiner Einkünfte und Bezüge in intakter Ehe die Einkünfte der Ehegatten zusammenzuzählen und danach zu halbieren. Unterhaltsleistungen des Unterhaltsempfängers an seine minderjährigen Kinder, zu denen er mangels ausreichender eigener Einkünfte und der deshalb primären Unterhaltspflicht der Großeltern gesetzlich nicht verpflichtet ist, mindern seine Einkünfte und Bezüge nicht.
Normenkette
BGB §§ 1360, 1360a, 1360b, 1601, 1603, 1607; EStG 1998 § 2 Abs. 2, § 9a Nr. 1a, §§ 26, 31 S. 6, § 32 Abs. 6, § 33a Abs. 1, §§ 62, 65; FGO § 118 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1998 die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an den Sohn, die Schwiegertochter und an vier Enkel in Höhe von insgesamt 17 500 DM. Im Einkommensteuerbescheid versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den begehrten Abzug mit der Begründung, die Schwiegertochter gehöre nicht zum Kreis der gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen, gegenüber den Enkeln sei ein Abzug ausgeschlossen, weil in Griechenland für die Kinder eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung an den Sohn gewährt werde und der Sohn sei nicht bedürftig, weil er über ausreichende eigene Einkünfte verfüge. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloss sich der Auffassung des FA an. Zudem war es der Auffassung, die Unterhaltszahlungen für den Sohn seien schon deshalb steuerlich nicht abziehbar, weil keine der Zahlungsüberweisungen nach Griechenland ihn als Empfänger auswiesen. Nach den vorgelegten Unterlagen habe der Sohn 28 600 DM verdient und sei somit nicht bedürftig.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts (§ 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Nach den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. November 1993 III R 39/92 (BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731) und vom 15. November 1991 III R 84/89 (BFHE 166, 241, BStBl II 1992, 245) sei zu berücksichtigen, wie viele Personen der Unterhaltsempfänger und Einkommensbezieher aus seinem Einkommen zu unterhalten habe, so dass dessen Einkommen durch die Zahl der Familienmitglieder zu dividieren sei. Hier bestehe die Familie des Sohnes der Kläger aus ihm als Alleinverdiener, der Ehefrau und vier minderjährigen Kindern, die sämtlich keine eigenen Einkünfte hätten, so dass sich das Nettoeinkommen des Sohnes zuzüglich des bescheidenen Kindergeldes auf sechs Personen verteile. Mit dem dann für den Sohn der Kläger übrig bleibenden Anteil sei dieser fraglos nach § 33a Abs. 1 EStG gegenüber den Klägern unterhaltsberechtigt. Die Zahlungen seien daher als Unterhaltsleistungen steuerlich anzuerkennen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen von 17 500 DM anderweitig festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des Streitjahres 1998 auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 12 000 DM im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld für die unterhaltene Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, so vermindert sich der Betrag von 12 000 DM um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 1 200 DM im Kalenderjahr übersteigen (§ 33a Abs. 1 Satz 4 EStG).
Werden mehrere Personen, die in einem Haushalt zusammenleben, unterstützt, so ist nach der ständigen BFH-Rechtsprechung wie auch nach Verwaltungsauffassung grundsätzlich nicht darauf abzustellen, an welchen Angehörigen die Beträge überwiesen wurden, vielmehr sind die Unterstützungsleistungen nach Köpfen aufzuteilen (BFH-Urteile vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753, und in BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731; H 190 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--).
Die von den Klägern an die Schwiegertochter geleisteten Zahlungen sind danach als Unterhaltszahlungen an sämtliche Haushaltsmitglieder zu beurteilen und somit durch sechs zu teilen.
2. Zu Recht hat das FG die Unterhaltszahlungen von danach 2 917 DM (1/6 von 17 500 DM) an die Schwiegertochter nicht zum Abzug zugelassen. Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG sind abzugsfähig nur Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen. Die Schwiegertochter gehört nicht zu diesem Kreis. Da sie auch nicht zu den gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellten Personen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG gehört, sind die Unterhaltszahlungen nicht zu berücksichtigen.
3. Nicht abziehbar sind auch die Unterhaltsleistungen von jeweils 2 917 DM an die Enkel. Nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG ist Voraussetzung für den Abzug von Unterhaltsleistungen, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat. Hierdurch wird ausgeschlossen, dass für dasselbe Kind in einem Kalenderjahr sowohl ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld als auch eine Steuerentlastung nach § 33a Abs. 1 EStG gewährt wird (BFH-Urteil vom 22. August 1996 III R 105/93, BFH/NV 1997, 282).
Als Kindergeld im Sinne der Vorschrift gelten auch nach ausländischem Recht bezahlte kindergeldähnliche Leistungen.
§ 33a Abs. 1 EStG will wie seine Vorgängervorschriften die wirtschaftlichen Belastungen, die durch den Unterhalt und die Berufsausbildung von Kindern und anderen gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen erwachsen, berücksichtigen (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2001 III R 47/00, BFHE 197, 233, BStBl II 2002, 195; vom 12. Dezember 2002 III R 41/01, BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Das Gesetz geht dabei typisierend davon aus, dass das Existenzminimum des Unterhaltsempfängers bereits sichergestellt ist und die Unterhaltsaufwendungen damit nicht zwangsläufig anfallen, wenn dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person für den Unterhaltsempfänger ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht.
Diese Vermutung des Gesetzes greift grundsätzlich auch bei Unterhaltsempfängern, für die im Ausland ansässige Personen eine dem inländischen Kindergeld nach Art und Höhe vergleichbare Familienbeihilfe erhalten. Die gegenteilige Auffassung führte zu einer nicht gerechtfertigten Privilegierung von Unterhaltsleistungen an Enkelkinder mit Wohnsitz bei ihren Eltern im Ausland. Während Unterhaltsleistungen für Enkel, die bei ihren Eltern im Inland wohnen, nicht abziehbar sind, da den Eltern bereits ein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld i.S. der §§ 62 ff. EStG zusteht, wären Unterhaltsleistungen an Enkel, die zusammen mit ihren Eltern im Ausland wohnen, begünstigt, und zwar auch dann, wenn für das Kind von dem Wohnsitzstaat eine dem deutschen Kindergeld entsprechende Leistung gewährt würde. Eine unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung beider Sachverhalte wäre sachlich nicht gerechtfertigt und entspräche auch nicht dem Zweck des Gesetzes.
Aus der Regelung zum Familienleistungsausgleich ist ersichtlich, dass das Existenzminimum minderjähriger Kinder grundsätzlich abschließend durch Kinderfreibetrag und Kindergeld steuerlich berücksichtigt werden soll. § 33a Abs. 1 EStG gilt nur subsidiär. Jedoch werden auch Kindergeld und Kinderfreibetrag nur gewährt, wenn nicht bereits kindergeldähnliche Leistungen bezogen werden. Dabei stellt das Gesetz nicht darauf ab, ob der notwendige Unterhalt zu Lasten des deutschen Fiskus, sondern dass er überhaupt --etwa durch eine nach ausländischem Recht gewährte Familienbeihilfe-- berücksichtigt wird. So folgt sowohl aus § 31 Satz 6 EStG i.d.F. für das Streitjahr 1998 als auch aus § 65 EStG, dass Kinderfreibetrag und Kindergeld gemindert werden oder gänzlich entfallen, wenn kindergeldähnliche Leistungen nach ausländischem Recht für dieses Kind bezogen werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll demnach zwar --wie verfassungsrechtlich geboten-- der notwendige Unterhalt von gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen entweder steuermindernd durch Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG oder Kinderfreibetrag oder durch Zahlung von Kindergeld berücksichtigt werden, aber nur dann, wenn nicht bereits kindergeldähnliche Leistungen bezogen werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 282).
Der Wortlaut des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG steht dieser Auslegung nicht entgegen. Er ist nicht eindeutig. Er lässt die Deutung zu, dass unter den Begriff des Kindergeldes nicht nur Kindergeld i.S. des § 62 ff. EStG, sondern auch kindergeldähnliche Leistungen fallen. Das EStG verwendet den Begriff des Kindergeldes an anderer Stelle in einem auch kindergeldähnliche Leistungen umfassenden Sinne. So regelt § 31 Satz 6 EStG i.d.F. für das Streitjahr 1998, inwieweit nach ausländischem Recht gezahltes "Kindergeld" auf den Kinderfreibetrag angerechnet wird. Ebenso ist in § 62 Abs. 1 EStG von einem Anspruch auf Kindergeld "nach diesem Gesetz" die Rede. Hieraus folgt, wie vom FA zutreffend hervorgehoben, dass der Gesetzgeber den Begriff "Kindergeld" in einem Familienbeihilfen nach ausländischem Recht umfassenden Sinn versteht. Dieser Gedanke liegt schließlich auch der Regelung in § 65 Abs. 1 Satz 2 EStG zugrunde.
Da der Sohn der Kläger unstreitig in Griechenland für seine vier Kinder eine dem Grunde nach dem inländischen Kindergeld vergleichbare Leistung bezieht, sind die Unterhaltsleistungen an die Enkel nicht abziehbar (vgl. Schreiben des Bundesamtes für Finanzen --BfF-- vom 30. Juni 1998, BStBl I 1998, 888, 898).
Gegen dieses Ergebnis bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Kläger sind zwar zivilrechtlich ihren Enkeln gegenüber --jedenfalls nach deutschem Recht-- zum Unterhalt verpflichtet, wenn der Sohn und die Schwiegertochter weder über ausreichende Einkünfte noch Vermögen verfügen sollten (§§ 1601, 1603 Abs. 2 Satz 3, 1607 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Gleichwohl verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), dass sie ihre Unterhaltsleistungen nicht nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen können. Denn das an die Eltern der Enkel bezahlte Kindergeld mindert die Unterhaltsverpflichtung der Kläger und kommt ihnen daher mittelbar zugute (vgl. Bundesverfassungsgericht --BVerfG--, Beschluss vom 25. September 1992 1 BvR 310/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 128).
4. Im Ergebnis zu Recht hat das FG auch die Unterhaltszahlungen an den Sohn nicht nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt, weil die dem Sohn zuzurechnenden eigenen Einkünfte die maßgebende Größe des § 33a Abs. 1 EStG übersteigen.
a) Nach dem Senatsurteil in BFHE 166, 241, BStBl II 1992, 245 sind Einkünfte, die ein Ehegatte erzielt, bei intakter Ehe mit den Einkünften des anderen Ehegatten zusammenzuzählen und danach zu halbieren (s. auch H 190 EStR).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Geltung des durch das Jahressteuergesetz 1996 (JStG 1996) geänderten § 33a Abs. 1 EStG fest, nach dem nur noch Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen abgezogen werden können.
Das Einkommensteuerrecht geht --wie sich aus den §§ 26 ff. EStG ergibt-- davon aus, dass zusammenlebende Eheleute eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen Ehegatten wirtschaftlich zur Hälfte teilhat (BTDrucks III/260, S. 34; 7/1470, S. 222). Damit berücksichtigt es nicht nur die wirtschaftliche Realität der intakten Durchschnittsehe, in der ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit zwischen den Partnern stattfindet, sondern steht auch im Einklang mit dem Familienrecht, das mit seinen Instituten des Zugewinn- und Versorgungsausgleichs den Grundsatz erkennen lässt, dass das während der Ehe Erworbene beiden Ehegatten gebührt (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. November 1982 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80, BVerfGE 61, 319, 345 f.). Zudem unterliegen Eheleute gemäß §§ 1360, 1360a, 1360b BGB einer gesteigerten bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht. Dies rechtfertigt die Annahme, dass Ehegatten in intakter Ehe Einkünfte, unabhängig davon, welcher Ehegatte den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt, gemeinschaftlich erwirtschaften.
b) Dagegen besteht zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern weder wirtschaftlich noch familienrechtlich eine Gemeinschaft des Erwerbs, die zu einer anteiligen Teilhabe am Familieneinkommen führt, sondern ein Unterhaltsverhältnis (BVerfG, Urteil in BVerfGE 61, 319, 348). Daher können die vom Sohn der Kläger erwirtschafteten Einkünfte nicht den in seinem Haushalt lebenden Kindern anteilig zugerechnet werden.
c) Die Einkünfte des Sohnes sind auch nicht um Unterhaltsleistungen für seine Kinder zu mindern.
Nach ständiger Senatsrechtsprechung sind anrechenbare Einkünfte i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG; Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sind nicht zu berücksichtigen. Für die Anrechnung ist grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Einkünfte dem Unterhaltsberechtigten zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stehen (z.B. BFH-Urteile vom 8. Mai 1992 III R 66/90, BFHE 167, 534, BStBl II 1992, 900, und in BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).
Hiervon macht der Senat jedoch dann eine Ausnahme, wenn der Unterhaltsempfänger seine Einkünfte und Bezüge deshalb nicht in voller Höhe für den eigenen Lebensunterhalt verwenden kann, weil er mit bedürftigen Angehörigen in Haushaltsgemeinschaft lebt. Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geht davon aus, dass in Haushaltsgemeinschaft lebende Angehörige aus "einem Topf wirtschaften" und kürzt daher die Sozialhilfeansprüche der anderen Haushaltsmitglieder um die anteiligen Einkünfte und Bezüge (BFH-Urteil in BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).
Entsprechend den Grundsätzen dieses Urteils käme eine nach dem Zweck der Vorschrift einschränkende Auslegung des Begriffes der Einkünfte in Betracht, wenn der Sohn der Kläger gesetzlich verpflichtet wäre, von seinen geringen Einkünften zusätzlich seine Kinder zu unterhalten. Denn auch in diesem Fall wäre die Vermutung des Gesetzes widerlegt, dass demjenigen, der Einkünfte erzielt, diese auch zu seinem Unterhalt zur Verfügung stehen. Notwendige gesetzliche Unterhaltspflichten des Unterhaltsberechtigten müssen im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG bei der Ermittlung der Höhe seiner Einkünfte und Bezüge berücksichtigt werden. Denn hat der Gesetzgeber selbst die Ursache für die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gesetzt, indem er eine Unterhaltspflicht gesetzlich anordnet, hat er dem grundsätzlich durch einen gesetzlichen Abzug der Unterhaltsleistungen in Höhe des existenznotwendigen Bedarfs Rechnung zu tragen (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 III R 8/01, BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760, unter II. 3. b bb).
Der Sohn der Kläger ist aber --jedenfalls nach deutschem Recht-- seinen Kindern gegenüber nur mit denjenigen Einkünften und Bezügen jenseits seines Existenzminimums zum Unterhalt verpflichtet. Nach § 1603 Abs. 1 BGB endet die Unterhaltspflicht grundsätzlich, wenn der eigene angemessene Unterhalt gefährdet ist.
Allerdings sind Eltern ihren minderjährigen Kindern gegenüber --anders als gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten-- verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und ihrer Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden, auch wenn diese nicht für ihren eigenen Unterhalt und den der minderjährigen Kinder ausreichen (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt aber nicht, wenn noch andere Unterhaltsverpflichtete vorhanden sind (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Dann sind diese primär zum Unterhalt verpflichtet (§ 1607 BGB). Im Streitfall müssen danach die Kläger als Großeltern (§ 1601 BGB) die Enkel insoweit unterhalten, als der Sohn und die Schwiegertochter mangels ausreichender Einkünfte und zureichenden Vermögens nicht den Unterhalt gewährleisten können.
Die Vermutung des Gesetzes in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG, dass jenseits eigener Einkünfte von 12 000 DM eine Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten nicht gegeben ist, ist daher auch insoweit gerechtfertigt, als minderjährige Kinder im Haushalt des Unterhaltsempfängers leben, sofern leistungsfähige andere Personen vorhanden sind, die den Kindern (hier: Enkeln) gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, so dass eine einschränkende Auslegung des Begriffs der Einkünfte in diesen Fällen nicht erforderlich ist. Ob und ggf. in welcher Höhe der Sohn trotz der geringen Einkünfte tatsächlich Unterhalt an seine Kinder leistet, ist unerheblich.
d) Da der Sohn der Kläger auch nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nach § 9a Nr. 1 a EStG von 2 000 DM und des anrechnungsfreien Betrages von zweimal 1 200 DM (vgl. H 190 EStR "Unterhalt für mehrere Personen") bei hälftiger Aufteilung seines Verdienstes auf die Ehegatten mehr als 12 000 DM an Einkünften im Streitjahr erzielt hat, sind auch die auf den Sohn entfallenden Unterhaltsleistungen der Kläger nicht nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbar.
Soweit die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 15. April 2004 vortragen, das Einkommen des Sohnes liege unter dem Unterhaltshöchstbetrag, weil darin zusätzlich abziehbare kindergeldähnliche Leistungen in Höhe von 2 705 DM enthalten seien, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH-Urteil vom 6. Dezember 1994 IX R 11/91, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192, m.w.N.). Die Kläger haben für das Streitjahr weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren geltend gemacht, dass und in welcher Höhe in dem Einkommen des Sohnes von umgerechnet 28 600 DM kindergeldähnliche Leistungen enthalten seien.
Fundstellen
Haufe-Index 1244327 |
BFH/NV 2004, 1631 |
JWO-FamR 2004, 340 |