Leitsatz (amtlich)
Zur Bilanzierung eines Erbbaurechtsverhältnisses beim Erbbauberechtigten.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, betreibt ein Bauunternehmen. Ihr Bilanzstichtag ist der 31. Januar.
Durch Vertrag vom 24. Juni 1963 ließ sich die Klägerin vom Eigentümer eines 5 293 qm großen, in M belegenen Grundstücks (Flurstück 217) ein Erbbaurecht an diesem Grundstück einräumen. Das Erbbaurecht wurde 1966 und 1976 dahin erweitert, daß in die belastete Grundstücksfläche zunächst das Flurstück 240 (137 qm) und sodann das Flurstück 301 (848 qm) einbezogen wurde. Das Erbbaurecht läuft bis zum 14. Januar 2031. Der jährlich vorauszuzahlende Erbbauzins betrug für die ersten 10 Jahre 0,40 DM pro qm und für die Folgezeit 0,70 DM pro qm. Der Erbbauzins war in der Weise wertgesichert, daß er sich auf schriftliches Verlangen einer der Parteien entsprechend erhöhen oder ermäßigen sollte, wenn sich das Bruttogrundgehalt eines ledigen Justizinspektors um mindestens 15% nach oben oder unten verändert. Infolge der vereinbarten Wertsicherung belief sich der Erbbauzins im Wirtschaftsjahr 1. Februar 1976 bis 31. Januar 1977 bereits auf 1,16 DM pro qm.
Die Klägerin nutzt das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück für betriebliche Zwecke, u. a. in der Weise, daß sie aufgrund des Erbbaurechts ein Betriebsgebäude errichtet hat.
In den Bilanzen der Klägerin bis zum 31. Januar 1976 ist das Erbbaurecht als Aktivposten nur mit den bei der Erbbaurechtsbestellung entstandenen einmaligen Aufwendungen ausgewiesen; die Erbbauzinsverpflichtung ist nicht passiviert.
Erstmals in der Bilanz zum 31. Januar 1977 passivierte die Klägerin die Erbbauzinsverpflichtung mit einem Kapitalwert von 96 770 DM. Dieser Kapitalwert ist auf der Grundlage eines Rechnungszinsfußes von 8% und unter Berücksichtigung der durch die Wertsicherungsklausel eingetretenen Erhöhungen des jährlichen Erbbauzinses errechnet. Gleichzeitig erhöhte die Klägerin den Aktivposten für das Erbbaurecht um Anschaffungskosten in Höhe der "bisher nicht aktivierten Barwerte" der Erbbauzinsverpflichtung von zusammen 42 458 DM abzüglich einer Absetzung für Abnutzung (AfA) von 241 DM, also um 42 217 DM. Diese Barwerte sind ebenfalls auf der Grundlage eines Rechnungszinsfußes von 8%, aber ohne Berücksichtigung der durch die Wertsicherungsklausel eingetretenen Erhöhungen des jährlichen Erbbauzinses errechnet.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) vertrat im Anschluß an eine Betriebsprüfung, die die Jahre 1975 bis 1977 umfaßte, die Auffassung, die Erbbauzinsverpflichtung dürfe ebenso wie eine Mietzinsverpflichtung nach den Grundsätzen über die Bilanzierung schwebender Verträge nicht passiviert werden; demgemäß gehöre der Barwert der Erbbauzinsverpflichtung auch nicht zu den Anschaffungskosten des Erbbaurechts. Dieses dürfe nur mit den einmaligen Aufwendungen für den Erwerb (Notariats-, Vermessungs- und Gerichtskosten) und eventuell vorausgezahlten Erbbauzinsen aktiviert werden (Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen vom 15. März 1972, BStBl I 1972, 172).
Auf dieser Grundlage erließ das FA Gewinnfeststellungsbescheide für 1975 bis 1977, mit denen die Gewinne der Klägerin für 1975 auf ... DM, für 1976 auf ... DM und für 1977 auf ... DM festgestellt sind.
Die Klägerin legte gegen diese Bescheide jeweils Einspruch ein. Sie begehrte nunmehr, im Hinblick auf die durch die Betriebsprüfung veranlaßten Steuernachforderungen aus anderen nicht streitigen Gründen entsprechende Aktiv- und Passivposten für das Erbbaurecht und die Erbbauzinsverpflichtung bereits bei den Gewinnermittlungen für 1975 und 1976 zu berücksichtigen. Das Erbbaurecht sei ein dingliches Recht, das mit den Anschaffungskosten zu aktivieren sei; zu diesen gehöre auch die Erbbauzinsverpflichtung.
Das FA wies die Einsprüche als unbegründet zurück.
Mit der Klage beantragte die Klägerin, die angefochtenen Bescheide zu ändern und die Gewinne 1975 bis 1977 "unter Einbeziehung der Bilanzposten Erbbaurecht und Erbbauzinsverpflichtung" festzustellen, d. h., die Gewinne für 1975 auf ... DM, für 1976 auf ... DM und für 1977 auf ... DM festzustellen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in vollem Umfange statt. Zu Recht habe die Klägerin bei der Aktivierung des Erbbaurechts neben den Anschaffungsnebenkosten auch den kapitalisierten Erbbauzins (jedoch ohne die Erhöhung durch die Wertsicherungsklausel) als Anschaffungskosten berücksichtigt und zugleich eine entsprechende Verbindlichkeit unter Einbeziehung der nachträglichen Erhöhung des Erbbauzinses aufgrund der Wertsicherungsklausel passiviert.
Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA rügt Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Der Senat kann dem FG nicht darin folgen, daß die Klägerin berechtigt und verpflichtet ist,
a) die Erbbauzinsverpflichtung mit dem Barwert (unter Einbeziehung der aufgrund der Wertsicherungsklausel eingetretenen Erhöhungen der Jahresleistungen) zu passivieren und
b) bei der Aktivierung des Erbbaurechts als Anschaffungskosten auch den Kapitalwert der Erbbauzinsverpflichtung im Zeitpunkt der Bestellung des Erbbaurechts anzusetzen.
Die Klägerin darf und muß das Erbbaurecht nur mit den bei der Erbbaurechtsbestellung entstandenen einmaligen Aufwendungen aktivieren; dem Ausweis eines höheren Aktivwerts und des von der Klägerin erstrebten Passivpostens stehen die Rechtsgrundsätze über die Bilanzierung schwebender Geschäfte entgegen.
1. Gemäß § 5 Abs. 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, die Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Zu diesen ungeschriebenen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung mit einer rechtlichen Aussage darüber, welchen Inhalt die Bilanz haben muß, gehört auch der Grundsatz der Nichtbilanzierung eines schwebenden Geschäftes. Danach sind Rechte und Pflichten aus schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht zu bilanzieren, solange und soweit sich diese Rechte und Pflichten (bzw. die nach dem Inhalt dieser Rechte und Pflichten noch zu erbringenden Leistungen) gleichwertig gegenüberstehen, insbesondere das Gleichgewicht nicht durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände gestört ist oder aus sonstigen Gründen Verluste drohen (z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. Juni 1980 IV R 35/74, BFHE 130, 533, 535, BStBl II 1980, 506; vom 3. Juli 1980 IV R 138/76, BFHE 131, 57, 60, BStBl II 1980, 648, mit weiteren Nachweisen). Dieser Grundsatz begründet Aktivierungs- und Passivierungsverbote für bestimmte Rechte und Pflichten und damit eine Ausnahme zu dem aus dem Vollständigkeitsgebot (vgl. § 40 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches -- HGB -- "sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden") abgeleiteten Aktivierungsgebot für Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter) und Passivierungsgebot für Verbindlichkeiten.
2. Ein befristetes Erbbaurechtsverhältnis ist -- auch noch nach der Entstehung des Erbbaurechts als dingliches Recht durch Einigung und Eintragung im Grundbuch (§ 873 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) -- sowohl für den Erbbauberechtigten als auch für den Grundstückseigentümer ein schwebendes Geschäft im Sinne des oben zu 1. erwähnten Grundsatzes ordnungsmäßiger Buchführung, bei dem sich
a) beim Erbbauberechtigten die Rechte aus dem Erbbaurecht in Verbindung mit dem der Erbbaurechtsbestellung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Grundgeschäft und die sich aus diesem Grundgeschäft ergebende Pflicht zur Entrichtung wiederkehrender Erbbauzinsen, und
b) beim Grundstückseigentümer das sich aus dem schuldrechtlichen Grundgeschäft ergebende Recht auf den wiederkehrenden Erbbauzins und die sich aus dem Inhalt des Erbbaurechts in Verbindung mit dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Grundgeschäft ergebenden Pflichten in der Regel gleichwertig gegenüberstehen.
2.1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. November 1980 IV R 126/78 (BFHE 132, 418, 419, BStBl II 1981, 398) ausgeführt, daß zwischen den Beteiligten eines Erbbaurechtsverhältnisses (Erbbauberechtigter, Grundstückseigentümer) während dessen gesamter Laufzeit, insbesondere also auch nach Entstehung des Erbbaurechts als dingliches Recht, aufgrund der gesetzlichen Vorschriften über das Erbbaurecht und des der Erbbaurechtsbestellung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Grundgeschäfts Rechtsbeziehungen bestehen, die bilanzrechtlich betrachtet auf einen fortwährenden Leistungsaustausch zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten gerichtet sind, nämlich einerseits auf laufende Leistungen des Grundstückseigentümers, insbesondere in Gestalt einer Duldung der Nutzung des Grundstücks durch den Erbbauberechtigten, und andererseits als Entgelt hierfür auf laufende Leistungen des Erbbauberechtigten in Form des wiederkehrenden Erbbauzinses.
An dieser Rechtsansicht hält der Senat auch nach Würdigung der hieran geübten Kritik (z. B. Martin, Der Betrieb -- DB -- 1982, 1077, 1082) und der Einwände der Klägerin fest.
2.2. Inhalt des einer Erbbaurechtsbestellung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrages (schuldrechtliches Grundgeschäft) ist regelmäßig und im wesentlichen die Verpflichtung des Grundstückseigentümers, das Erbbaurecht zu bestellen (vgl. § 11 Abs. 1 der Verordnung über das Erbbaurecht -- ErbbauV --), also das Grundstück mit einem beschränkten dinglichen Recht zu belasten, und die Verpflichtung des (künftigen) Erbbauberechtigten, ein Entgelt in Form wiederkehrender Leistungen, also den Erbbauzins (vgl. §§ 9, 9a ErbbauV) zu entrichten. Mit der Begründung des Erbbaurechts (§ 873 BGB) hat der Grundstückseigentümer somit einen wesentlichen Teil der ihm aufgrund des schuldrechtlichen Grundgeschäfts obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Das besagt aber nicht, daß ein schwebendes Geschäft im bilanzrechtlichen Sinne nicht mehr vorliegt, sobald das Erbbaurecht als dingliches Recht entstanden ist. Entscheidend für die bilanzrechtliche Beurteilung muß sein, daß mit der Bestellung des Erbbaurechts wiederum ein Dauerrechtsverhältnis mit "verdinglichten" (vgl. Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 41. Aufl., Überblick vor § 1012 Anm. 4) Rechten und Pflichten entsteht, das teilweise neben das schuldrechtliche Grundgeschäft tritt. Insofern unterscheidet sich das Erbbaurechtsverhältnis, bestehend aus dem schuldrechtlichen Grundgeschäft und dem durch die Erbbaurechtsbestellung entstehenden dinglichen Rechtsverhältnis, grundlegend von einem auf Grundstücksübereignung gerichteten Kaufvertrag und der Erfüllung dieses Kaufvertrags durch Auflassung und Eintragung (§§ 925, 873 BGB).
Das Erbbaurecht ist das -- regelmäßig befristete (vgl. § 27 ErbbauV) -- dingliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks "ein Bauwerk zu haben" (§ 1 Abs. 1 ErbbauV). Das Erbbaurecht ist somit -- obschon nicht ausschließlich, so doch wesentlich auch -- ein befristetes Nutzungsrecht, dessen Inhalt zum einen die "verdinglichte" Befugnis des Erbbauberechtigten, das Grundstück fortwährend in bestimmter Weise zu nutzen, und zum anderen die damit korrespondierende "verdinglichte" Verpflichtung des Grundstückseigentümers, diese Nutzung fortwährend zu dulden, umfaßt. Daß es sich insoweit "wirklich" um eine fortwährende Nutzungsbefugnis und eine ihr entsprechende fortwährende Duldungspflicht (und damit eine Duldungsleistung) handelt, wird besonders deutlich, soweit sich das Erbbaurecht gemäß § 1 Abs. 2 ErbbauV auf nicht bebaute sogenannte Nebenflächen wie Zufahrt, Hof, Garten, Park- oder Lagerplatz erstreckt, also auf Flächen, die anders als die überbaute Grundstücksfläche während der Dauer des Erbbaurechts (nach Errichtung des Bauwerks) tatsächlich einer anderen Nutzung als der durch den Erbbauberechtigten zugänglich sind.
Zivilrechtlicher Ausdruck dieser anhaltenden Duldungspflicht des Grundstückseigentümers, also des Bestehens eines Dauerrechtsverhältnisses zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten hinsichtlich des belasteten Grundstücks ist, daß der Grundstückseigentümer mittelbarer Besitzer des belasteten Grundstücks bleibt, die Erbbaurechtsbestellung also in gleicher Weise wie der Abschluß eines Mietoder Pachtvertrags ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne von § 868 BGB begründet (Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch -- Mün-Komm --, v. Oefele, § 1 ErbbauVO Rz. 27 mit weiteren Nachweisen) und somit zum Beispiel der durch Beendigung des Erbbaurechtsvertrags bedingte Herausgabeanspruch des Grundstückseigentümers nach § 870 BGB abtretbar ist (Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 17. April 1970 V ZR 115/67, Wertpapier-Mitteilungen -- WM -- 1970, 680).
Demgemäß steht das Erbbaurechtsverhältnis, das sowohl das schuldrechtliche Grundgeschäft als auch das mit der Begründung des Erbbaurechts entstehende Dauerrechtsverhältnis mit einer fortwährenden verdinglichten Nutzungsbefugnis und einer verdinglichten Duldungsleistungspflicht umfaßt, seinem zivilrechtlichen und dadurch bedingten wirtschaftlichen Leistungsinhalt nach einem -- bilanzrechtlich typischerweise als schwebendes Geschäft zu beurteilenden -- entgeltlichen rein schuldrechtlichen Nutzungsverhältnis wie Miete oder Pacht, dessen Gegenstand ein unbebautes Grundstück ist, jedenfalls erheblich näher als einem auf Übereignung eines Grundstücks gerichteten Kaufvertrag und seiner Erfüllung durch Übereignung, und ist deshalb bilanzrechtlich ebenso wie ein rein schuldrechtliches Nutzungsverhältnis als schwebendes Geschäft zu werten.
Es ist deshalb bilanzrechtlich auch unerheblich, ob das der Erbbaurechtsbestellung zugrunde liegende schuldrechtliche Grundgeschäft, wie im Schrifttum (Martin, a. a. O.) als Einwand gegen die Entscheidung des Senats in BFHE 132, 418, BStBl II 1981, 398 geltend gemacht wird, zivilrechtlich als Rechtskauf (§ 433 Abs. 1 Satz 2, § 451 BGB) oder doch als kaufähnlicher Vertrag im Sinne von §§ 445, 493 BGB (MünKomm, v. Oefele, ErbbauVO § 11 Rz. 7) einzuordnen ist.
2.3. Demgegenüber können die Argumente, auf die die Vorentscheidung gestützt ist, nicht überzeugen.
a) Es mag zutreffen, daß das Erbbaurecht bilanzrechtlich ein immaterielles Wirtschaftsgut ist, das entgeltlich erworben und deshalb bilanzierungsfähig ist (§ 5 Abs. 2 EStG). Daraus folgt aber noch nicht, daß das Erbbaurechtsverhältnis nicht als schwebendes Geschäft beurteilt werden kann, insbesondere, daß die Erbbauzinsverpflichtung zu passivieren und bei den Anschaffungskosten des Erbbaurechts auch der Wert der Erbbauzinsverpflichtung zu berücksichtigen ist.
Auch ein rein schuldrechtliches Nutzungsrecht, wie es durch den Abschluß eines Miet- oder Pachtvertrags entsteht, ist ein entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut; gleichwohl unterliegt dieses Rechtsverhältnis dem Grundsatz, daß schwebende Geschäfte nicht zu bilanzieren sind, soweit sich Rechte und Pflichten zu Leistung und Gegenleistung ausgewogen gegenüberstehen.
b) Zu Recht geht das FG davon aus, daß der Erbbauzins Entgelt "für die Bestellung" des Erbbaurechts ist; das ändert aber nichts daran, daß das entstandene Erbbaurecht seinerseits ein Dauerrechtsverhältnis begründet, d. h. eine befristete fortwährende Nutzungsbefugnis einerseits und Duldungspflicht andererseits zum dinglichen Rechtsinhalt hat, so daß sich der Erbbauzins letztlich (mittelbar) als Entgelt für die fortwährende Duldung der Grundstücksnutzung erweist.
c) Ob ein Rechtsverhältnis schuldrechtlicher oder dinglicher Natur ist, sagt für sich betrachtet noch nichts über seine Bilanzierung aus. Denn den bilanzrechtlichen und bilanzsteuerrechtlichen Vorschriften ist nicht zu entnehmen, daß schuldrechtliche und dingliche Rechtsverhältnisse unabhängig vom jeweiligen Leistungsinhalt unterschiedlich bilanziert werden müssen (vgl. insoweit z. B. auch das eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit betreffende Urteil des Senats vom 24. März 1982 IV R 96/78, BFHE 135, 483, BStBl II 1982, 643). Demgemäß hat der III. Senat des BFH mit Urteil vom 27. Februar 1976 III R 64/74 (BFHE 119, 77, BStBl II 1976, 529) entschieden, daß auch ein Lizenzverhältnis, das eine ausschließliche und damit zivilrechtlich als dingliches Recht zu wertende Lizenz zum Gegenstand hat, bewertungsrechtlich ein schwebendes Geschäft ist.
3. Diese bilanzrechtliche Würdigung eines befristeten Erbbaurechtsverhältnisses fügt sich im wesentlichen widerspruchsfrei in die Rechtsgrundsätze ein, die der BFH in anderem Sachzusammenhang zur ertragsteuerlichen Beurteilung von Erbbaurechtsverhältnissen entwickelt hat.
3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bezieht der Eigentümer eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks, soweit dieses Privatvermögen ist, gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Gestalt der Erbbauzinsen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (Urteile vom 11. Oktober 1963 VI 251/62 U, BFHE 77, 665, BStBl III 1963, 564; vom 4. Juli 1969 VI R 259/67, BFHE 96, 506, BStBl II 1969, 724; vom 19. Januar 1982 VIII R 102/78, BFHE 135, 434, 436, BStBl II 1982, 533). Es ist daher nur folgerichtig, ein Erbbaurechtsverhältnis auch beim Erbbauberechtigten grundsätzlich wie ein Miet- oder Pachtverhältnis zu werten.
3.2. Mit Urteil vom 26. Februar 1970 I R 42/68 (BFHE 98, 486, BStBl II 1970, 419) hat der I. Senat des BFH entschieden, daß die Belastung eines Betriebsgrundstücks mit einem Erbbaurecht regelmäßig weder eine Veräußerung noch eine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen darstellt, weil der Erbbauberechtigte lediglich ein Nutzungsrecht erwirbt, das ihm "-- bezogen auf das Grundstück -- weder Miteigentum noch ein Eigentum minderen Rechts an dem gepachteten Grundstück" vermittelt. Auch diese Würdigung spricht für die Rechtsansicht des Senats, daß ein Erbbaurechtsverhältnis beim Erbbauberechtigten ten den für schwebende Geschäfte maßgeblichen Bilanzierungsgrundsätzen unterliegt.
3.3. Zu Recht betont die Klägerin allerdings in ihrer Revisionserwiderung, daß der I. Senat des BFH seine Entscheidung, Erbbauzinsen seien dauernde Lasten im Sinne von § 8 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes -- GewStG -- (Urteil vom 6. Oktober 1976 I R 238/74, BFHE 120, 540, 543, BStBl II 1977, 217; vgl. ferner Urteil vom 21. Juni 1979 I R 141/76, BFHE 128, 393, 395, BStBl II 1979, 679) auch auf die Erwägung gestützt hat, die (damalige) Klägerin versuche zu Unrecht, das Erbbaurecht in die Nähe zur Miete zu rücken, das Erbbaurecht sei im Gegensatz zum Mietrecht ein dingliches Recht, das den Berechtigten in die Lage versetze, das Grundstück wie ein Eigentümer zu nutzen.
Im Streitfall kann auf sich beruhen, inwieweit die Überlegungen angreifbar sind. Entscheidend ist, daß die Rechtsprechung des I. Senats des BFH zu § 8 Nr. 2 GewStG primär auf den Sinn und Zweck des § 8 Nr. 2 GewStG und das daraus abgeleitete Gebot einer Gleichbehandlung von Erbbauzinsen mit z. B. Patronatslasten, Reallasten, Altenteilen usw. gestützt ist.
4. Es ist nicht möglich, dem Begehren der Klägerin, die festgestellten Gewinne um bestimmte Beträge zu ermäßigen, unter einem anderen als dem geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkt zu entsprechen.
Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus einem schwebenden Geschäft liegen nicht vor. Es ist weder vom FG festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen, daß der Klägerin an den Bilanzstichtagen der Streitjahre Verluste aus dem Erbbaurechtsverhältnis drohten, insbesondere, daß nach Eintritt der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Erbbauzinsen aufgrund der Wertsicherungsklausel Leistung (Erbbauzinsen) und Gegenleistung (Grundstücksnutzung) nicht mehr ausgewogen sind, z. B. weil am Grundstücksmarkt ohne weiteres ein vergleichbares Grundstück zur Nutzung gegen erheblich niedrigere laufende Leistungen zu erlangen gewesen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 74617 |
BStBl II 1983, 413 |
BFHE 1983, 53 |