Leitsatz (amtlich)
1. Ein in ein Kfz. fest eingebautes Autoradio bildet zusammen mit dem Kfz. ein einheitliches Wirtschaftsgut.
2. Die Gesamtkosten für Fahrzeug und Autoradio können nach dem betrieblichen und dem privaten Nutzungsanteil aufgeteilt werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Ziff. 1, § 7 Abs. 1, 9
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kosten für ein Autoradio in einem überwiegend betrieblich genutzten PKW Lebensführungskosten (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) sind.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtiger) ist Filmkaufmann und Handelsvertreter; er ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Anfang November 1968 ließ er in seinen kurz zuvor erworbenen PKW, der zu 90 v. H. betrieblich genutzt wird, ein Autoradio zum Nettopreis von 567,75 DM zuzüglich 11 v. H. Umsatzsteuer einbauen. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) behandelte die Kosten für Anschaffung und Einbau des Radios als nicht abziehbare Kosten der Lebensführung.
Die Klage, mit der die Zulassung einer Abschreibung von den Anschaffungskosten des Autoradios zusammen mit der Abschreibung von den Anschaffungskosten des PKW begehrt wurde, hatte Erfolg. Das FG führte im wesentlichen aus: Der Steuerpflichtige könne ebenso wie bei dem PKW auch von den Anschaffungskosten des Radios die AfA nach § 7 Abs. 1 EStG vornehmen, weil das Radio zusammen mit dem zu 90 v. H. betrieblich genutzten PKW zu seinem Betriebsvermögen gehöre und der Abnutzung unterliege. Die im Urteil des BFH IV R 110/67 vom 28. Mai 1968 (BFH 92, 322, BStBl II 1968, 541) zu einem Sachverhalt aus 1962 vertretene Auffassung, nach der ein Autoradio als selbständiges Wirtschaftsgut zu behandeln sei, sei durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt. Angesichts der durch die zunehmende Motorisierung herbeigeführten Verkehrsverhältnisse im Streitjahr 1968 gehöre ein Autoradio zur verkehrsgerechten Ausstattung eines Kraftfahrzeugs (Kfz.), weil die über den Rundfunk gegebenen Verkehrshinweise es dem Kraftfahrer ermöglichten, Zeit zu sparen und gefährlichen Verkehrssituationen auszuweichen. Die bei Betriebsfahrten mögliche Benutzung des Radios zu anderen Zwekken, wie z. B. das Hören von Unterhaltungssendungen, sei ein Verwendungszweck von untergeordneter Bedeutung. Handele es sich danach bei dem PKW und dem Radio um ein einheitliches Ganzes, dann bestünden auch keine Bedenken wegen des in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthaltenen Aufteilungsverbotes von Kosten der Lebensführung und Betriebsausgaben. Soweit das Radio bei Privatfahrten benützt werde, könne eine dem privaten Nutzungsanteil des PKW von 10 v. H. entsprechende Aufteilung der Kosten nach objektiven und nachprüfbaren Maßstäben vorgenommen werden.
Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG und macht dazu geltend, ein Autoradio bleibe ein selbständiges Wirtschaftsgut und diene im PKW eines Handelsvertreters vornehmlich privaten Zwecken. Eine Trennung der betrieblichen und privaten Nutzung sei nicht möglich.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Der Steuerpflichtige beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Der Senat stimmt dem FG zu, daß der Steuerpflichtige die Kosten des Autoradios zum Teil als Betriebsausgaben abziehen kann. Dabei geht der Senat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz davon aus, daß der überwiegend betrieblich genutzte PKW und das Radio zusammen ein einheitliches Wirtschaftsgut bilden. Zwar wurde in dem BFH-Urteil IV R 110/67 vom 28. Mai 1968 (a. a. O.) ausgeführt, ein Autoradio bleibe auch nach seinem Einbau in ein Kfz. ein selbständiges Wirtschaftsgut. Diese Auffassung, die für einen Fall aus dem Jahre 1962 galt, kann aber nicht mehr beibehalten werden, wenn man, wie das nach § 1 Abs. 2 StAnpG geboten ist, die seitdem eingetretene Entwicklung der Verhältnisse berücksichtigt.
Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, daß das Autoradio heutzutage ein wertvolles Hilfsmittel ist, um sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu bewegen. Es ist in den letzten Jahren in immer stärkerem Maße zu einem Gerät geworden, durch dessen Einsatz Fahrten besser geplant und zügiger durchgeführt werden können. Die ständig zunehmende Verkehrsdichte auf den Straßen hat es notwendig gemacht, den Verkehrsablauf von außen zu beeinflussen. Dies geschieht zu einem nicht unerheblichen Teil durch Rundfunksendungen - seit längerem über eigens dafür eingerichtete sog. Autofahrerwellen - mit Informationen über die jeweilige Verkehrssituation und Hinweisen zur Vermeidung von Verkehrsstauungen. Dieser Einsatzmöglichkeit des Radios wurde von der Technik her dadurch Rechnung getragen, daß Rundfunkgeräte für den speziellen Gebrauch in einem Kfz. konstruiert wurden. Nach ihrem jederzeit möglichen Einbau in das Fahrzeug sind sie auf Dauer so fest mit diesem verbunden, daß es gerechtfertigt erscheint, Fahrzeug und Autoradio als ein einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen.
Soweit in dem BFH-Urteil IV R 110/67 vom 28. Mai 1968 noch eine andere Auffassung vertreten wurde, hat der IV. Senat auf Anfrage mitgeteilt, daß er daran nicht mehr festhalte.
Bilden danach Fahrzeug und Autoradio ein einheitliches Wirtschaftsgut, dann können, wie dies im Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 2/70 vom 19. Oktober 1970 (BFH 100, 309, BStBl II 1971, 17) für Kfz.-Kosten ausgeführt wurde, die Gesamtkosten nach dem betrieblichen und dem privaten Nutzungsanteil aufgeteilt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 70246 |
BStBl II 1973, 78 |
BFHE 1973, 294 |