Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme der Bestellung als Steuerbevollmächtigter in der DDR
Leitsatz (NV)
Zur Rücknahme einer Bestellung als Steuerbevollmächtigter, der eine Zulassung als Helfer in Steuersachen vorausgegangen ist, die in dem Zeitraum zwischen Außerkrafttreten des §107 a AO DDR 1970 und dem Inkrafttreten der StBerO (DDR) beantragt und nach der Wiedervereinigung ausgesprochen worden ist.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 1 S. 2; AO DDR 1970 § 107a; StBerO § 19 Abs. 1-2, § 70 Abs. 1; MdF-AnO vom 7. 2. 1990
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die ihre Berufsausbildung und berufliche Tätigkeit bis zum Jahre 1990 in den alten Bundesländern absolviert hat, erwarb im September 1990 die Staatsbürgerschaft der DDR. Am 1. November 1990 wurde ihr von einem Beamten des Finanzamts (FA) A (im Beitrittsgebiet) die Urkunde über die Bestellung als Steuerbevollmächtigte ausgehändigt, die von der Bezirksverwaltungsbehörde A am 15. Oktober 1990 ausgestellt worden war. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (die Oberfinanzdirektion -- OFD --) nahm am 7. Mai 1993 die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte zurück. Die Beschwerde und die Klage gegen die Rücknahmeverfügung blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte im wesent lichen aus, die OFD habe die Bestellung der Klägerin nach §46 Abs. 1 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zu Recht zurückgenommen. Die Bestellung als Steuerbevollmächtigte sei rechtswidrig, weil die Klägerin nicht die dafür geltende Zulassungsvoraussetzung einer mindestens zweijährigen praktischen Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR erfüllt habe (§70 der Steuerberatungsordnung der DDR -- StBerO -- vom 27. Juni 1990, Gesetzblatt der DDR -- GBl DDR -- vom 27. Juli 1990, Sonderdruck Nr. 1455, i. V. m. der Anordnung des Ministers der Finanzen der DDR über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern -- MdF-AnO -- vom 7. Februar 1990, GBl DDR I Nr. 12 S. 92). Die Klägerin habe auch leicht erkennen können, daß §2 Abs. 2 Buchst. a MdF-AnO eine Tätigkeit auf dem Gebiet des DDR-Steuerrechts voraussetze und ihre Bestellung deshalb rechtswidrig sei.
Außerdem ergebe sich die Rechtmäßigkeit der Rücknahmeverfügung aus §46 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative StBerG, da die Bestellung nicht -- wie in §2 Abs. 1 MdF-AnO vorgeschrieben -- von der Abteilung Finanzen des Rates des Kreises, sondern von der Bezirksverwaltungsbehörde A als in jedem Fall sachlich unzuständige Behörde ausgesprochen worden sei. Da die Bezirksbehörde die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte verfügt habe, komme es auf die Aushändigung der Bestellungsurkunde durch den Vertreter des Vorstehers des FA A, der insoweit nur als Gehilfe der Bestellungsbehörde tätig geworden sei, nicht an.
Mit der Revision macht die Kläger u. a. als Verfahrensrüge geltend, das FA habe ihr Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und erörtert, den Sachverhalt insoweit nicht hinreichend aufgeklärt und angebotene Beweise nicht erhoben.
Wie in der Klageschrift vorgetragen, habe sie am 20. Juli 1990 bei dem zuständigen Rat des Bezirks A -- Abteilung Finanzen -- die prüfungsfreie Zulassung als Steuerberaterin, hilfsweise als Helferin in Steuersachen, beantragt. Die Zulassungsurkunde als Helferin in Steuersachen vom 15. Oktober 1990 sei ihr nach Befreiung von der Eignungsprüfung durch die Prüfungskommission im Auftrag des Vorstehers des FA A durch dessen Vertreter am 22. Oktober 1990 ausgehändigt worden. Dabei sei ihr eröffnet worden, ihre Bestellung als Steuerbevollmächtigte könne noch nicht ausgesprochen werden, da die Außenstelle des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in Berlin dem FA mitgeteilt habe, dieser Zulassungsantrag werde noch überprüft. Am 31. Oktober 1990 habe der Ver treter des FA-Vorstehers der Klägerin tele fonisch mitgeteilt, das BMF -- Außenstelle Berlin -- habe das FA dienstlich nach positiver Prüfung ihres Antrags angewiesen, die Bestellung als Steuerbevollmächtigte vorzunehmen, und sie aufgefordert, zwecks Bestellung im FA zu erscheinen. Bei der am 1. November 1990 auf Weisung des BMF vorgenommenen Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte habe das FA sodann ebenfalls auf Weisung des BMF die Urkunde der Bezirksverwaltungsbehörde A vom 15. Oktober 1990 verwendet. Es sei aber nicht deren Bote, sondern selbst Bestellungsbehörde gewesen.
Aufgrund ihrer Zulassung als Helferin in Steuersachen, die aufgrund des vor Inkrafttreten der StBerO gestellten Antrags erfolgt und bisher nicht zurückgenommen worden sei, sei die Klägerin kraft Gesetzes Steuerbevollmächtigte (§19 Abs. 1 und 2 StBerO). Als solche sei sie endgültig bestellt und falle nicht unter die Vorschriften der §§40 a, 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG. Deshalb habe sie die Rechtswidrigkeit der Bestellung nicht kennen müssen. Im übrigen könne der Klägerin die Kenntnis einer etwaigen Rechtswidrigkeit ihrer Bestellung nicht zugerechnet werden, nachdem im Oktober 1990 aufgrund einer Prüfung des Streitfalles sogar das BMF die Bestellung für Rechtens erachtet habe. Es sei ferner zum damaligen Zeitpunkt -- nach der Wiedervereinigung und unter Berücksichtigung der damaligen Umbruchstimmung -- nicht erkennbar gewesen, daß die Berufszulassung nach der MdF-AnO -- wie vom erkennenden Senat später entschieden -- praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR vorausgesetzt habe. Wegen der im Oktober 1990 bestehenden unklaren Rechtslage hinsichtlich der für die Bestellung von Steuerbevollmächtigten zuständigen Behörde und der Einschaltung des BMF -- Außenstelle Berlin -- im Streitfall könne hier auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Bestellung durch eine unzuständige Behörde erfolgt sei.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil, die Beschwerdeentscheidung des Finanzministeriums und die Rücknahmeverfügung der OFD aufzuheben.
Die OFD beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie meint, die Rücknahme der Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte sei jedenfalls nach §46 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative StBerG gerechtfertigt. Die dieser Bestellung vorausgegangene Zulassung als Helferin in Steuersachen mit Urkunde des FA A vom 15. Oktober 1990 sei nichtig und müsse deshalb unberücksichtigt bleiben, weil zum damaligen Zeitpunkt der Beruf des Helfers in Steuersachen bereits geschlossen gewesen sei. Eine endgültige Bestellung, die nach §46 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. §40 a StBerG nicht zurückgenommen werden könne, liege entgegen der Auffassung der Klägerin auch deshalb nicht vor, weil dies nur für diejenigen Steuerberater und Steuerbevollmächtigten gelte, die schon vor dem 7. Februar 1990 als Helfer in Steuersachen zugelassen gewesen seien (§40 a Abs. 1 letzter Satz StBerG). Die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit ihrer (vorläufigen) Bestellung als Steuerbevollmächtigte kennen müssen, denn aus den Vorschriften der StBerO sei ersichtlich gewesen, daß die Zulassung zu diesem Beruf Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR vorausgesetzt habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Revision rügt zu Recht, daß die Vorinstanz das tatsächliche Vorbringen der Klägerin hinsichtlich ihrer Zulassung als Helferin in Steuersachen, die der Bestellung als Steuerbevollmächtigte vorausgegangen sein soll, bei der Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Das FG hat bei seiner Beurteilung des Streitfalles allein auf die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte durch Urkunde der Bezirksverwaltungsbehörde vom 15. Oktober 1990, die ihr am 1. November 1990 vom Vertreter des FA A ausgehändigt worden ist, abgestellt. Die Klägerin hat aber -- wie mit der Revision vorgetragen -- bereits in ihrer Klagebegründung (Schriftsatz vom 3. Februar 1995) darauf hingewiesen, sie sei auf ihren am 20. Juli 1990 beim Rat des Bezirks A, Abteilung Finanzen, gestellten Antrag hin, der jedenfalls hilfsweise auf die prüfungsfreie Zulassung als Helferin in Steuersachen gerichtet gewesen sei, nach Befreiung von der Eignungsprüfung durch die zuständige Prüfungskommission am 22. Oktober 1990 durch das FA A mit Urkunde ebenfalls vom 15. Oktober 1990 zunächst als Helferin in Steuersachen zugelassen worden. Bei diesem Anlaß sei ihr, wie in der Klagebegründung und nunmehr mit der Revision vorgetragen wird, von dem Vertreter des FA A mitgeteilt worden, daß die Voraussetzungen für eine Bestellung als Steuerbevollmächtigte durch das BMF -- Außenstelle Berlin -- noch geprüft würden. Die nachfolgende Aushändigung der Urkunde über die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte durch den Vertreter des FA A am 1. November 1990 sei dann nach dem Vorbringen der Klägerin im Revisions- und im Klageverfahren aufgrund einer Weisung des BMF -- Außenstelle Berlin -- erfolgt.
Das FG hat das Vorbringen der Klägerin über ihre Zulassung als Helferin in Steuersachen in seinem Urteil nicht erwähnt, hierzu trotz Beweisantritts durch die Klägerin keine Feststellungen getroffen und eine Zulassung als Helferin in Steuersachen in seine rechtliche Würdigung nicht einbezogen. Dasselbe gilt hinsichtlich der vorgetragenen Umstände über die Mitwirkung des BMF bei der Überprüfung und Entscheidung über den von der Klägerin gestellten Zulassungsantrag. Das Urteil des FG ist damit verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Es liegt zumindest ein Verstoß gegen §96 Abs. 1 Satz 1 FGO vor, da das FG seiner Entscheidung nicht -- wie nach dieser Vorschrift geboten -- das gesamte Ergebnis des Ver fahrens zugrunde gelegt hat, so daß es auf etwaige weitere Verfahrensmängel (z. B. Verletzung rechtlichen Gehörs, Verletzung der Sachaufklärungspflicht) nicht ankommt. Der Verfahrensfehler des FG ist auch entscheidungserheblich, da nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats eine im Jahre 1990 im Beitrittsgebiet antragsgemäß erfolgte Zulassung als Helfer in Steuersachen sich kraft Gesetzes in eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter umwandelt, die im Vergleich zu sonstigen Bestellungen als Steuerberater oder Steuer bevollmächtigter nach §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nur unter erschwerten Umständen zurückgenommen werden kann.
2. Eine Zulassung der Klägerin als Helferin in Steuersachen entsprechend ihrem Vorbringen wäre nach den bisherigen Feststellungen des FG als wirksam anzusehen.
a) Als Rechtsgrundlage für die der Bestellung als Steuerbevollmächtigte vorausgegangene Zulassung als Helferin in Steuer sachen, auf die sich die Klägerin beruft, kommt allein §107 a der Abgabenordnung der DDR vom 18. September 1990 -- AO DDR 1970 -- (GBl DDR Sonderdruck Nr. 681) i. V. m. der MdF-AnO vom 7. Februar 1990 in Betracht.
Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag der Klägerin (hier nach dem Revisionsvorbringen am 15. bzw. 22. Oktober 1990) war zwar die Rechtsgrundlage für eine Zulassung als Helferin in Steuersachen entfallen, weil die AO DDR 1970 am 1. Juli 1990 außer Kraft getreten war (§19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung der DDR vom 22. Juni 1990, GBl DDR Sonderdruck Nr. 1428) und die mit ihrer Veröffentlichung am 27. Juli 1990 in Kraft getretene StBerO (§69) nur noch eine Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter vorsah (vgl. §§13, 19, 20 Abs. 1 StBerO). Die MdF-AnO vom 7. Februar 1990 über die Zulassung als Helfer in Steuersachen fand nunmehr gemäß §70 Abs. 1 StBerO bis zum 31. Dezember 1990 nur noch für die Prüfung und Bestellung von Steuerbevollmächtigten gemäß §19 StBerO weiterhin Anwendung. Die fehlende Rechtsgrundlage für eine nach Inkrafttreten der StBerO verliehene Berufsbezeichnung Helfer in Steuersachen macht aber -- wie der Senat mit Urteilen vom 26. März 1996 VII R 40/95 (BFH/NV 1996, 853) und vom 5. November 1996 VII R 36/96 entschieden hat -- die Bestellung nicht nichtig, sondern allenfalls rechtswidrig.
b) Der Senat hat die Rechtswirksamkeit einer nach Außerkraftsetzung des §107 a AO DDR 1970 ausgesprochenen Zulassung als Helfer in Steuersachen im wesentlichen damit begründet, daß allein die fehlende gesetzliche Grundlage einen Verwaltungsakt nicht gemäß §§125 Abs. 1, 124 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) nichtig bzw. unwirksam mache. Da eine Zulassung als Helfer in Steuersachen bis zum 30. Juni 1990 rechtlich zulässig gewesen und auch noch nach diesem Stichtag -- wie dem Senat aus anderen Fällen bekannt sei -- wegen der unklaren Rechtslage jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der StBerO (27. Juli 1990) noch vielfach erfolgt sei, könne die Fehlerhaftigkeit einer derartigen Berufsbezeichnung, wenn sie weiter verliehen worden sei, nicht in dem Sinne als schwerwiegend und offenkundig gewertet werden, daß diese Berufsbezeichnung als jeder rechtlichen Grundlage entbehrend schlechterdings als unerträglich, d. h. mit tragenden Verfassungsprinzipien und der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar angesehen werden könne (Senat in BFH/NV 1996, 853, mit Hinweisen auf die vorangegangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesverwaltungsgerichts). Nach dieser Begründung müßte auch die mit der Klage und der Revision behauptete Zulassung der Klägerin als Helferin in Steuersachen durch das FA A am 15. bzw. 22. Oktober 1990 als rechtswirksam angesehen werden.
Der Streitfall unterscheidet sich zwar von den Sachverhalten, die den oben zitierten Senatsurteilen zugrunde lagen, dadurch, daß hier nach dem Vortrag der Klägerin auch der Zulassungsantrag erst am 20. Juli 1990, und damit nach Außerkrafttreten des §107 a AO DDR 1970 gestellt worden ist. Das zusätzliche Argument, mit dem der Senat in den oben genannten Entscheidungen die Rechtswirksamkeit einer Zulassung als Helfer in Steuersachen trotz Wegfalls der Rechtsgrundlage begründet hat, ist deshalb im Streitfall ohne Gewicht. Danach ist, wenn ein Bewerber seinen Antrag auf Berufszulassung so rechtzeitig bei der zuständigen Finanzbehörde gestellt hat, daß im Falle der Bearbeitung mit einer der Bedeutung der Angelegenheit entsprechenden und gebotenen Beschleunigung eine Entscheidung noch vor einer eingetretenen Rechtsänderung erwartet werden konnte, die Entscheidung nach der alten Rechtslage zu treffen, falls diese für den Bewerber günstiger ist (Urteil des Senats vom 22. März 1966 VII 265/63, BFHE 85, 239, BStBl III 1966, 296). Im Streitfall darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, daß im Zeitpunkt der Antragstellung durch die Klägerin (20. Juli 1990) die Rechtslage hinsichtlich der Zulassung zum steuerberatenden Beruf in der DDR völlig unklar war: Die StBerO war noch nicht veröffentlicht und in Kraft getreten, und die MdF-AnO vom 7. Februar 1990, die die Zulassung als Helfer in Steuersachen regelte, war trotz des Wegfalls des §107 a AO DDR 1970 nicht ausdrücklich aufgehoben worden. Wenn bei dieser Sach- und Rechtslage die Zulassungsbehörde aufgrund eines Antrags, der vor Inkrafttreten der StBerO gestellt war, die Berufszulassung unter der früher geltenden Berufsbezeichnung erteilt hat, so kann darin keine so schwere und offenkundige Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts erblickt werden, daß diesem als nichtigem Bescheid jede Rechtswirksamkeit abgesprochen werden müßte.
Eine Evidenz der Fehlerhaftigkeit ist hier auch im Vergleich mit den Fällen, in denen der Zulassungsantrag noch unter der Geltung des §107 a AO DDR 1970 gestellt worden war, schon deshalb nicht gegeben, weil der Zeitpunkt der Antragstellung aus der Bestellungsurkunde nicht hervorgeht (vgl. Senat in BFH/NV 1996, 853, 855). Daß die Klägerin aufgrund ihres späten Zulassungsantrags -- im Gegensatz etwa zu den Anragstellern in den oben zitierten Entscheidungen des Senats, für die diese Frage aber unentschieden geblieben ist -- keinen Anspruch auf Zulassung als Helferin in Steuersachen hatte, würde ihre Zulassung zu diesem Beruf zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig machen. Auch in den vorangegangenen Entscheidungen hat der Senat die Zulassungen als Helfer in Steuersachen trotz ihrer Rechtswidrigkeit (hier wegen Fehlens der Zulassungsvoraussetzungen) als rechtswirksam angesehen.
3. Da nach den vorstehenden Ausführungen die von der Klägerin behauptete Zulassung als Helferin in Steuersachen nicht nichtig, sondern rechtswirksam wäre, wäre die Klägerin gemäß §19 Abs. 1 und 2 StBerO kraft Gesetzes als Steuerbevollmächtigte zu behandeln, die nach §40 a Abs. 1 Satz 1 StBerG als vorläufig bestellt gilt (Senatsurteile in BFH/NV 1996, 853 und vom 5. November 1996 VII R 36/96, BFH/NV 1997, 266). Ihre nachfolgende Bestellung als Steuerbevollmächtigte, auf die das FG bei seiner Entscheidung allein abgestellt hat, hätte demgegenüber nur deklaratorische Bedeutung, so daß es auf deren Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit nicht ankäme.
Nach der Rechtsprechung des Senats erfaßt aber eine Rechtswidrigkeit der Zulassung als Helfer in Steuersachen auch die daraus folgende Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach §19 Abs. 1 und 2 StBerO, so daß ein derartiger Rechtsmangel auch der gesetzlichen Bestellung als Steuerbevollmächtigter anhaftet (vgl. die vorstehend zitierten Entscheidungen und Senatsurteil vom 7. März 1996 VII R 61, 62/95, BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334, 337). Daraus folgt, daß die vorläufige Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte (§40 a Abs. 1 und 2 StBerG), die sich aus §19 Abs. 1 und 2 StBerO ergeben würde, zurückzunehmen wäre, wenn hinsichtlich der vorangegangenen Zulassung als Helferin in Steuersachen ein Rücknahmegrund nach §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG gegeben ist.
4. Nach §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG ist eine vorläufige Bestellung zurückzunehmen, wenn sie rechtswidrig ist und der Begünstigte die Umstände kannte oder kennen mußte, die die Rechtswidrigkeit begründen, oder wenn die Bestellung von einer sachlich unzuständigen Behörde ausgesprochen wurde und die zuständige Behörde die Bestellung nicht hätte aussprechen dürfen. Der Senat hat die 1. Alternative dieser Rücknahmevorschrift, auf die die OFD im Streitfall die Rücknahme der Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte stützt, einschränkend dahin ausgelegt, daß die rechtswidrige Bestellung nur dann zurückzunehmen ist, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit als solche (d. h. nicht nur die "Umstände") kannte oder kennen mußte (vgl. Urteil in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334, 337, m. w. N.).
a) Nach der auf der Grundlage des §107 a AO DDR 1970 ergangenen MdF-AnO vom 7. Februar 1990 war gemäß §2 die Erteilung der Zulassung als Helfer in Steuer sachen an den Nachweis einer entsprechenden fachlichen Qualifikation -- je nach Vorbildung eine mindestens zweijährige bzw. mindestens zehnjährige praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts -- und die Ablegung einer Eignungsprüfung geknüpft. Die Prüfungskommission war aber berechtigt, den Antragsteller bei nachgewiesener fachlicher Eignung von der Prüfung zu befreien.
b) Nach dem Wortlaut der vorstehenden Vorschriften hat die Klägerin -- sofern die Feststellungen des FG das Vorbringen der Klägerin bestätigen -- die Voraussetzungen für eine Zulassung als Helferin in Steuersachen erfüllt.
Nach ihrem Vorbringen, das im wesentlichen mit dem Urteilstatbestand übereinstimmt, hat sie als Diplom-Finanzwirtin einen Fachhochschulabschluß erworben und ist seit mindestens 1979 im Büro eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters, seit 1983 als Steuerfachgehilfin, auf dem Gebiet des Steuerrechts tätig. Nach dem Revisionsvorbringen ist die Klägerin auch von der zuständigen Prüfungskommission von der Eignungsprüfung befreit worden.
Der erkennende Senat hat aber in Anwendung der StBerO für die Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter entschieden, daß eine Bestellung nach dieser Verordnung nur für Bürger der DDR in Betracht kam und daß die als Zulassungsvoraussetzung geforderte praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der ehemaligen DDR gewonnen sein muß (vgl. Urteile vom 11. Mai 1993 VII R 98/92, BFH/NV 1994, 194; vom 4. November 1993 VII R 26/93, BFH/NV 1994, 663; vom 1. Februar 1994 VII R 27/93, BFHE 173, 471, BSTBl II 1994, 822). Die vorstehende Auslegung gilt nach den zitierten Entscheidungen auch für die MdF-AnO vom 7. Februar 1990, die gemäß §70 Abs. 1 StBerO bis zum 31. Dezember 1990 für die Prüfung und Bestellung von Steuerbevollmächtigten weiterhin Anwendung fand. Das bedeutet, daß die in §2 Abs. 2 Buchst. a MdF-AnO als Zulassungsvoraussetzung geforderte praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR gewonnen sein muß.
Daß die in der MdF-AnO getroffenen Regelungen nur für Bürger der DDR anzuwenden sind, ist nunmehr in §70 Abs. 1 Satz 2 StBerO (eingefügt durch die Berichtigung vom 27. August 1990, GBl DDR 1990, 1257) ausdrücklich bestimmt. Diese Voraussetzung hatte die Klägerin im Zeitpunkt der von ihr behaupteten Zulassung als Helferin in Steuersachen zwar erfüllt. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats wäre die Zulassung der Klägerin als Helferin in Steuersachen aber -- abgesehen von dem Außerkrafttreten des §107 a AO DDR 1970 auch -- deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin die Zulassungsvoraussetzung einer mehrjährigen praktischen Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR nicht erfüllt.
c) In seinem Urteil in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334 hat der Senat entschieden, daß die Rücknahme einer rechtswidrigen (vorläufigen) Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht ohne weiteres darauf gestützt werden kann, der Betroffene habe im Zeitpunkt seiner Zulassung als Helfer in Steuersachen die in den maßgeblichen Vorschriften nicht wörtlich aufgeführten Zulassungsvoraussetzungen (im genannten Urteil: Bürger der DDR zu sein und Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR zu haben) gekannt oder kennen müssen. Hinsichtlich der dort fehlenden Zulassungsvoraussetzung hat der Senat ausgeführt, daß dem dortigen Kläger, der vor Inkrafttreten der StBerO zum Helfer in Steuersachen zugelassen worden war, die Rechtswidrigkeit seiner Zulassung nicht erkennbar gewesen sei, weil §2 Abs. 2 Buchst. a der MdF-AnO lediglich "praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts" gefordert habe und der Senat erst mit den oben (vgl. 4 b) zitierten Urteilen -- erstmals im Jahre 1993 -- entschieden habe, daß diese Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR gewonnen sein mußten. Die Rechtsaus legung, wie sie vom Senat schließlich vertreten worden sei, sei für den damaligen Kläger nicht vorhersehbar (erkennbar) gewesen. Denn mit den genannten Entscheidungen sei die Rechtslage nach Inkrafttreten der StBerO und unter Einbeziehung der in dieser enthaltenen Vorschriften über die Berufszulassung zu beurteilen gewesen.
Im Streitfall ist die Klägerin nach ihrem Revisionsvorbringen zuerst am 15. bzw. am 22. Oktober 1990, und damit nach Inkrafttreten der StBerO, als Helferin in Steuersachen zugelassen worden, so daß in dem für die Kenntnis der Rechtswidrigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Berufszulassung auch für sie eine Mitberücksichtigung der Vorschriften der StBerO möglich gewesen wäre. Der Senat ist aber der Auffassung, daß auch von einem Bewerber um die Zulassung zu einem steuerberatenden Beruf nicht erwartet werden konnte, daß er die vom BFH in späteren Entscheidungen vorgenommene Auslegung des §2 Abs. 2 Buchst. a MdF-AnO über dessen Wortlaut hinaus im Lichte der Vorschriften der StBerO bei seiner Einschätzung der Rechtslage in ähnlicher Wesie vorwegnehmen mußte.
Wie bereits in dem Senatsurteil in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334, 338 ausgeführt, war deshalb hinsichtlich der in §2 Abs. 2 Buchst. a MdF-AnO vorgeschriebenen Erfahrung auf dem "Gebiet des Steuerrechts" nach Abschluß des Vertrages über die Währungsunion und hier sogar nach der Wiedervereinigung die Auffassung der Klägerin vertretbar, daß diese Zulassungsvoraussetzung sich nicht nur auf das -- dort nicht ausdrücklich genannte -- Steuerrecht der DDR beziehe (ebenso Senatsurteil vom 5. November 1996 VII R 36/96). Da hier -- im Gegensatz zu den bisherigen Entscheidungen des Senats über die Rücknahme der Bestellung als Steuerberater, bei denen sich die Kenntnis der Rechtswidrigkeit aus der klaren und eindeutigen Regelung des nach §15 Abs. 2 StBerO begünstigten Personenkreises (Berufskatalog) ergab (vgl. Senatsurteil vom 7. März 1995 VII R 4/94, BFHE 177, 180, 184, BStBl II 1995, 421) -- der Klägerin hinsichtlich ihrer Zulassung als Helferin in Steuersachen mit dem §107 a AO DDR 1970 und der MdF-AnO vom 7. Februar 1990 nicht derartige eindeutige Vorschriften entgegengehalten werden können, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der Zulassung bereits nach dem klaren Wortlaut der Bestimmungen ergibt, kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß sie diese kannte oder kennen mußte.
d) Nach den Senatsurteilen in BFH/NV 1996, 853 und vom 5. November 1996 VII R 36/96 ergibt sich allein daraus, daß die Zulassung als Helfer in Steuersachen nach Wegfall der maßgeblichen Rechtsgrundlage (§107 a AO DDR 1970) ausgesprochen wird, nicht, daß der Begünstigte ihre Rechtswidrigkeit kannte oder kennen mußte. Diese Schlußfolgerung ist auch dann geboten, wenn der Zulassungsantrag -- wie im Streitfall behauptet -- in dem Zeitraum gestellt worden ist, in dem die AO DDR 1970 nicht mehr galt, die StBerO aber noch nicht veröffentlicht und in Kraft getreten war. Wie oben ausgeführt (vgl. 2. a), war die Rechtslage zum Steuerberatungsrecht der DDR in diesem Zeitraum völlig unklar. Mit Rücksicht darauf muß dem Betroffenen zugestanden werden, daß er im Falle seiner späteren Zulassung als Helfer in Steuer sachen davon ausgehen durfte, die Zulassungsbehörde sei befugt gewesen, seinem Antrag nach der alten Rechtslage und insbesondere auf der Grundlage der fortgeltenden MdF-AnO vom 7. Februar 1990, die für den Zeitpunkt seiner Antragstellung weiterhin eine Zulassung als Helfer in Steuer sachen vorsah, zu entsprechen.
Die Voraussetzungen für die Rücknahme der vorläufigen Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte nach §46 Abs. 1 Satz 2 StBerO lägen somit, falls diese gemäß §19 Abs. 1 und 2 StBerO auf der vorangegangenen Zulassung als Helferin in Steuersachen beruhte, nicht vor. Bei dieser Beurteilung kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß sogar der BMF im Schreiben vom 26. November 1990 (BStBl I 1990, 777, 779 -- Tz. 4 --) die prüfungsfreie Bestellung von Bürgern der alten Bundesländer, die noch nach Inkrafttreten der StBerO aufgrund der MdF-AnO als Helfer in Steuersachen zugelassen worden waren, zu Steuerbevollmächtigten für zulässig erklärt hat, wenn sie -- wie die Klägerin -- vor der rechtmäßigen Bestellung zum Helfer in Steuersachen Bürger der DDR geworden waren. In welchen Fällen auch noch nach Inkrafttreten der StBerO eine rechtmäßige Bestellung als Helfer in Steuersachen gegeben sein kann, ist dort nicht näher ausgeführt.
5. Da die Vorentscheidung trotz entsprechenden Sachvortrags die Zulassung der Klägerin als Helferin in Steuersachen und die sich nach der aufgezeigten Rechtslage daraus für die Rücknahme der Bestellung gemäß §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG ergebenden Rechtsfolgen unberücksichtigt gelassen hat, war sie wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Das FG wird tatsächliche Feststellungen zu der behaupteten Zulassung der Klägerin als Helferin in Steuersachen nachzuholen und -- soweit sich diese Zulassung bestätigen sollte -- auf der Grundlage der vorstehenden Rechtsausführungen des Senats zu entscheiden haben.
Für den Fall, daß sich die angefochtene Rücknahmeverfügung nicht bereits aus den vorstehend genannten Gründen als rechtswidrig erweist, wird das FG auch das weitere, bisher unerörtert gebliebene Vorbringen der Klägerin in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen haben. Das gilt insbesondere hinsichtlich des bereits in der Klage enthaltenen Vortrags, der Ablauf des vorliegenden Bestellungsverfahrens -- zunächst als Helferin in Steuersachen, dann als Steuerbevollmächtigte -- beruhe auf einer rechtlichen Überprüfung des Zulassungsantrags der Klägerin durch das BMF -- Außenstelle Berlin -- und den von diesem erteilten Weisungen an das FA A als Zulassungsbehörde. Dieses Vorbringen wird, falls es sich als zutreffend erweist, sowohl für die Frage des Kennenmüssens der Rechtswidrigkeit der Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte durch das FA am 1. November 1990 mit der von der Bezirksverwaltungsbehörde A ausgestellten Urkunde vom 15. Oktober 1990 (nur für den Fall, daß dem nicht eine Zulassung als Helferin in Steuersachen vorausgegangen ist) als auch ggf. -- wegen des behaupteten Zusammenwirkens aller genannten Behörden -- für die Frage der Bestellung durch eine sachlich unzuständige Behörde rechtlich zu würdigen sein.
Da die OFD die Rücknahmeverfügung allein auf die 1. Alternative des §46 Abs. 1 Satz 2 StBerG stützt, erscheint eine Erörterung der Frage, ob die hier maßgebliche Zulassung bzw. Bestellung der Klägerin durch die zuständige Behörde erfolgt ist (§46 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative StBerG), durch den Senat im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht geboten. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, daß im Falle der Zulassung der Klägerin als Helferin in Steuer sachen als maßgeblicher Bestellungsakt auch nach der Rechtsauffassung des FG keine unzuständige Behörde tätig geworden ist (vgl. hierzu auch das Senatsurteil vom 5. November 1996 VII R 36/96).
Fundstellen
Haufe-Index 303012 |
BFH/NV 1998, 90 |