Leitsatz (amtlich)
Gehören dem Kreditausschuß eines Unternehmens neben Vertretern der Darlehnsgeber und mittelverwaltender Behörden und neben den Geschäftsführern auch Mitglieder des Aufsichtsrats des Unternehmens an, so schließt deren Doppelfunktion die Abzugsfähigkeit der ihnen (als Mitgliedern des Kreditausschusses) gewährten Sitzungsgelder aus.
Normenkette
KStG § 12 Nr. 3
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) ist eine GmbH, deren Gesellschaftsgegenstand die Gewährung von Krediten an Hauseigentümer zur Instandsetzung von Wohngebäuden ist. Die zur Erfüllung ihres Zweckes erforderlichen Mittel erhält sie im Darlehnswege von einer Reihe von Kreditinstituten sowie mittelverwaltenden Behörden. Organe der Steuerpflichtigen sind die Geschäftsführer, die Gesellschafterversammlung und der Aufsichtsrat. Bei der Kreditgewährung wirkt ein sogenannter Kreditausschuß mit, dem im Streitjahr (1963) außer Vertretern der Darlehnsgläubiger die Geschäftsführer und drei der sechs Aufsichtsratsmitglieder der Steuerpflichtigen angehörten.
Die Bildung dieses Kreditausschusses fällt nach § 4 der Geschäftsanweisung für den Aufsichtsrat vom 5. November 1964, deren Grundsätze auch schon im Streitjahr wirksam gewesen sein sollen (so Tz. 39, 40 des Betriebsprüfungsberichts vom 8. Juni 1966), in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats. Der Revisionsbeklagte (das FA) war deshalb mit dem Betriebsprüfer der Meinung, daß der Kreditausschuß ein Organ des Aufsichtsrats sei und die seinen Mitgliedern gezahlten Sitzungsgelder (einschließlich der Sachzuwendungen) insoweit nach § 12 Nr. 3 KStG nicht abzugsfähig seien, als die Mitglieder des Kreditausschusses zugleich Mitglieder des Aufsichtsrats der Steuerpflichtigen seien.
Gegen den diese Auffassung vertretenden Steuerbescheid vom 11. April 1967 erhob die Steuerpflichtige gemäß § 45 FGO unmittelbar Klage zum FG, das die Klage abwies. Zur Begründung führte es aus:
Die streitigen Vergütungen seien zwar Mitgliedern des Aufsichtsrats der Steuerpflichtigen gewährt worden, wenn auch nicht für ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat. Denn der Kreditausschuß sei weder ein Teil des Aufsichtsrats noch ein Unterausschuß desselben. Dennoch müsse ihre Abzugsfähigkeit nach § 12 Nr. 3 KStG verneint werden, da die Tätigkeit der Mitglieder des Kreditausschusses der Überwachung der Geschäftsführung diene. Der Begriff der Überwachungstätigkeit werde weit ausgelegt und sei insbesondere erfüllt, wenn bestimmte Maßnahmen oder Entscheidungen der Geschäftsführung von der Zustimmung des Überwachungsorgans abhängig sein sollten, wenn es mithin im Ergebnis auf die entscheidende Ansicht des Überwachungsorgans ankomme (Urteil des BFH I 265/62 vom 20. September 1966, BFH 87, 8, BStBl III 1966, 688). Entgegen der ursprünglichen, inzwischen berichtigten Darstellung der Steuerpflichtigen sei im Streitfalle die Bewilligung beantragter Darlehen dem Kreditausschuß vorbehalten gewesen. Dies habe auch die Beweisaufnahme bestätigt. Danach hätten auch im Streitjahr Kredite erst zur Verfügung gestellt werden können, nachdem der Kreditausschuß seine Zustimmung erteilt gehabt habe.
Die Auffassung der Steuerpflichtigen, daß die Mitwirkung des Kreditausschusses bei der Kreditbewilligung keinen überwachenden Charakter gehabt habe, die Kreditbewilligung vielmehr ihrem Wesen nach zur Geschäftsführung gehöre, gehe fehl; ebenso die Einlassung, daß der Kreditausschuß im Grunde ein Gläubigerorgan sei, dessen Tätigkeit der eines Aufsichtsrats nicht gleichstehe. Auch wenn bei den Entscheidungen des Kreditausschusses die Gläubigerinteressen eine - selbst überwiegende - Rolle gespielt haben sollten, schließe dies die Vergleichbarkeit seiner Tätigkeit mit der eines Aufsichtsrats nicht aus.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Steuerpflichtigen mit dem Antrag, die Steuer unter Aufhebung der Vorentscheidung und des berichtigten Körperschaftsteuerbescheides 1963 auf 61 684 DM festzusetzen. Zur Begründung läßt die Steuerpflichtige vortragen:
Im Gegensatz zu den bisher der Vorschrift des § 12 Nr. 3 KStG zugeordneten Fällen sei der Kreditausschuß weder ein satzungsmäßiges Organ der Steuerpflichtigen noch zu außerordentlicher Tätigkeit im Sinne der Satzung berufen. Er sei auf Forderung eines der Hauptdarlehnsgeber vom 23. Dezember 1948 ins Leben gerufen worden, um bei der Kreditbewilligung mitzuwirken, nicht aber, um die Geschäftsführung zu überwachen. Im Gegensatz zum Aufsichtsrat bestehe für den Kreditausschuß keine gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit zur Erfüllung einer Überwachungspflicht. Seine Tätigkeit entspreche der des Ortsausschusses im Urteil des RFH I A 92/35 vom 21. Juni 1935 (RStBl 1935, 1435). Das gelte auch für diejenigen Mitglieder des Kreditausschusses, die zugleich Mitglieder des Aufsichtsrats seien.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Nicht abzugsfähig sind nach § 12 Nr. 3 KStG die Vergütungen jeder Art, die an Mitglieder des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands oder andere mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen gewährt werden. Eine Abzugsfähigkeit von Vergütungen an "mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen" ist danach nur dann gegeben, wenn ihrer spezifischen Tätigkeit für die Gesellschaft eine besondere Vereinbarung zugrunde liegt und diese Tätigkeit über den Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit ganz klar hinausgeht (BFH-Urteil I 265/62, a. a. O.). Demgemäß forderte auch der RFH im Urteil I A 92/35 (a. a. O.), daß die Vereinigung beider Ämter (als Mitglied des Aufsichtsrats und des Ortsausschusses) Zufall sei und nicht auf einer absichtlichen Teilung der Aufsichtsratsfunktionen beruhe.
2. Geht man - was die Bestellung des Kreditausschusses betrifft - mit der Steuerpflichtigen von jener Forderung eines ihrer Hauptdarlehnsgeber vom 23. Dezember 1948 aus, der die Bereitstellung eines Kredites bis zu 1 Mill. DM u. a. davon abhängig machte, daß über Kreditgesuche eine Kreditkommission zu entscheiden habe, der je ein Vertreter ihres Instituts, des Grundeigentümervereins, der zuständigen Landesbehörde für Wirtschaft sowie die Geschäfstführer der Steuerpflichtigen angehörten, so zeigt sich, daß die Entsendung von Mitgliedern des Aufsichtsrats in den Kreditausschuß der freien Entschließung der Steuerpflichtigen entsprang. Das gilt auch dann, wenn man die Geschäftsanweisung für den Aufsichtsrat vom 5. November 1964 über die Bildung des Kreditausschusses "aus seinen Reihen" (und die vom 30. April 1969: über die "Berufung eines Kreditausschusses" durch den Aufsichtsrat) für das Streitjahr außer Betracht läßt.
Das FG hat über Auswahl, Aufgaben und Befugnisse der Mitglieder des Kreditausschusses zwei Zeugen gehört, die über lange Zeit hin diesem Ausschuß angehört haben. Der eine von ihnen (Vertreter der zuständigen Landesbehörde für Wirtschaft) hat ausgesagt, daß er nicht mit Sicherheit sagen könne, wer von den Mitgliedern des Kreditausschusses zugleich dem Aufsichtsrat der Steuerpflichtigen angehört habe, daß er sich bei seiner Tätigkeit im Kreditausschuß jedoch dem Aufsichtsrat verantwortlich gefühlt habe. Er hat auf Vorbehalt eines der Geschäftsführer der Steuerpflichtigen (daß es entscheidend auf die Zustimmung des jeweiligen Gläubigervertreters im Kreditausschuß, nicht auf die des Aufsichtsratsmitglieds angekommen sei, wenn dieses nicht zugleich der Gläubigervertreter gewesen) ausgesagt, daß die Frage der Refinanzierung der Darlehen in der Regel vorab geklärt und außerhalb der eigentlichen Bewilligung behandelt worden sei. Der andere Zeuge (der Leiter des Grundeigentümerverbandes) hat ausgesagt, daß der Kreditausschuß die Interessen der Darlehnsnehmer, der Gläubiger der Steuerpflichtigen wie auch der Steuerpflichtigen selbst wahrzunehmen gehabt habe. Es sei deshalb erforderlich gewesen, daß diesem Gremium Vertreter der verschiedenen Interessenbereiche angehört hätten. Alle Mitglieder des Ausschusses hätten sich indes verpflichtet gefühlt, dafür zu sorgen, daß die Kredite nicht gefährdet gewesen seien. Die Anwesenheit von drei Aufsichtsratsmitgliedern der Steuerpflichtigen im Kreditausschuß habe seiner Meinung nach den Zweck gehabt, die Verbindung zwischen diesen beiden Gremien aufrechtzuerhalten. Besondere Kompetenzen innerhalb des Kreditausschusses hätten sie nicht gehabt.
Wenn das FG danach zu der Überzeugung gelangte, daß die Entsendung von Mitgliedern des Aufsichtsrats in den Kreditausschuß nicht "zufällig" im Sinne des RFH-Urteils I A 92/35 (a. a. O.) gewesen sei und ihre Anwesenheit der Abstimmung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat und damit der Überwachung der Geschäftsführung gedient habe, so ist das nicht zu beanstanden. Der Umstand, daß einzelnen Mitgliedern des Kreditausschusses die Doppelfunktion eines Teiles seiner Mitglieder unbekannt war oder sie nicht wußten, wer von ihnen eine solche Doppelfunktion ausübte, steht dem nicht entgegen. Dasselbe gilt für den Umstand, daß für die Berufung in den Kreditausschuß - gleichgültig, ob diese durch die Geschäftsführung oder durch den Aufsichtsrat erfolgte - der Sachverstand entscheidend gewesen sei.
Die Revision konnte danach keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 69399 |
BStBl II 1971, 310 |
BFHE 1971, 221 |