Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Der im Erbbaugrundbuch eingetragene Erbbauzins ist eine dauernde Last im Sinne des § 11 Absatz 2 Ziffer 2 Satz 2 GrEStG.
Die Grunderwerbsteuer ist vom Wert des Grundstücks auch dann zu berechnen, wenn eine Gegenleistung deswegen nicht vorhanden ist, weil das vereinbarte Entgelt nach § 11 Absatz 2 Ziffer 2 Satz 2 GrEStG nicht zur steuerlichen Gegenleistung gehört.
Normenkette
GrEStG § 11 Abs. 2 Ziff. 2 S. 2, § 10/2/1
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Beschwerdegegner - Bg. -) erwarb von dem Erbbauberechtigten das seit 1946 bestehende Erbbaurecht an einem unbebauten Grundstück. Als Entgelt übernahm er die Zahlung des Erbbauzinses. Das Finanzamt zog ihn mit dem Fünfundzwanzigfachen des Jahresbetrages des Erbbauzinses zur Grunderwerbsteuer heran.
Das Finanzgericht stellte den Bg. von der Steuer frei, indem es mit näherer Begründung das zum Grunderwerbsteuergesetz 1927 ergangene Urteil des Reichsfinanzhofs II A 468/29 vom 25. Februar 1930, Slg. Bd. 26 S. 280, auch auf das Grunderwerbsteuergesetz 1940 für anwendbar erachtete. In diesem Urteil hat es der Reichsfinanzhof unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Doppelbesteuerung abgelehnt, die auf den Erwerber übergangene Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses in den für die Steuerberechnung maßgebenden Veräußerungspreis einzubeziehen. Der Anspruch des Grundstückseigentümers auf den im Erbbaugrundbuch eingetragenen Erbbauzins bilde nach § 2 Absatz 2 (richtig: § 9 Absatz 2) der Verordnung über das Erbbaurecht vom 15. Januar 1919 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - S. 72) in Verbindung mit § 96 BGB einen untrennbaren Bestandteil des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks und wirke im Falle der Veräußerung des Grundstücks preiserhöhend; aus Gründen der Vermeidung einer Doppelbesteuerung dürfe deshalb die Erbbauzinsverpflichtung nicht auch bei der Veräußerung des Erbbaurechts in den Veräußerungspreis einbezogen werden.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung.
Wenn der Finanzamtsvorsteher die Anwendung des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 25. Februar 1930 auf das neue Grunderwerbsteuerrecht bekämpft, so sind die diesbezüglichen Ausführungen ebenso wie die Darlegungen des Finanzgerichts bedeutungslos. Ist nämlich, was die Grundlage der Entscheidung des Reichsfinanzhofs bildet, der Erbbauzins (nach § 9 Absatz 1 der VO über das Erbbaurecht als Reallast) auf dem Erbbaugrundstück eingetragen, so stellt diese Belastung eine dauernde Last im Sinne des § 11 Absatz 2 Ziffer 2 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) dar. Daß der eingetragene Erbbauzins eine kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehende Grundstückslast ist, steht außer Zweifel. Die Belastung ist auch eine dauernde, den Wert des Erbbaurechts mindernde Last; denn sie besteht nach § 9 Absatz 2 Satz 1 der VO über das Erbbaurecht für die ganze Dauer des Erbbaurechts. Daß besondere Umstände, etwa das Erlöschen im Zwangsversteigerungsverfahren nach § 52 Absatz 1 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG), eine vorzeitige Beendung der Belastung herbeiführen können, vermag, wie auch bei den sonstigen dauernden Lasten, z. B. der Grunddienstbarkeit, eine andere Beurteilung nicht zu begründen. Der Vorsteher des Finanzamts kann sich auch nicht darauf berufen, daß Reallasten im Schrifttum meist als Beispiele für nichtdauernde Lasten genannt werden. Tatsächlich sind sie dies auch in den meisten Fällen, z. B. bei allen Altenteilen und den sonstigen auf Lebenszeit abgestellten Reallasten; die Erbbauzinsverpflichtung besteht aber, solange das Recht besteht. Fällt nun die Belastung mit dem Erbbauzins unter die Lasten im Sinne des § 11 Absatz 2 Ziffer 2 Satz 2 GrEStG, so gehört sie nicht zur Gegenleistung, unabhängig davon, daß ihre übernahme nach bürgerlichem Recht eine Gegenleistung darstellt.
War hiernach dem Finanzgericht im Ergebnis darin beizustimmen, daß die Erbbauzinsverpflichtung nicht zur Gegenleistung gehört, so kann ihm nicht gefolgt werden, wenn es weiterhin die Berechnung der Steuer vom Einheitswert abgelehnt hat. Die Erwägung: "Falls nach Ansicht der Parteien unter Berücksichtigung der übernahme des Erbbauzinses ein weiterer Gegenwert nicht vorhanden ist, so kann ein solcher auch der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, denn er ist dann gleich 0 Mark ermittelt" vermag die Auffassung des Finanzgerichts nicht zu rechtfertigen. Das Gesetz 1940 hat in § 10 Absatz 2 Ziffer 1 allgemein angeordnet, daß die Steuer vom Wert des Grundstücks berechnet wird, wenn eine Gegenleistung (gemeint eine solche im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes, insbesondere des § 11) nicht vorhanden ist. Das führt allerdings dazu, daß bei Vorliegen einer geringen Gegenleistung die Steuer von dieser, beim Fehlen einer Gegenleistung aber von dem gegenüber der geringen Gegenleistung höheren Einheitswert zu berechnen ist. Darin liegt, daß der Gesetzgeber, der für die Fälle der vorhandenen Gegenleistung nicht die Mindestbesteuerung nach dem Wert beibehalten hat, auf die Grunderwerbsteuer vom Unterschiedsbetrag verzichtet hat.
In den vorstehenden Ausführungen ist in übereinstimmung mit dem Finanzgericht, das den Tatbestand des Streitfalls dem des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 25. Februar 1930 gleichgesetzt hat, davon ausgegangen, daß der Erbbauzins im Erbbaugrundbuch eingetragen ist. Aus den Akten ist dies aber nicht ersichtlich. Ist die Eintragung tatsächlich nicht erfolgt, so ist die Zinsverpflichtung nicht dinglich gesichert, also keine auf dem Grundstück ruhende Belastung. Die übernahme des Erbbauzinses durch den Erwerber des Erbbaurechts stellt dann eine steuerliche Gegenleistung dar, die der Berechnung der Steuer zugrunde zu legen ist.
Das Finanzamt, an das die nicht spruchreife Sache zurückgeht, wird festzustellen haben, ob der Erbbauzins im Erbbaugrundbuch eingetragen ist oder nicht. Im ersten Fall ist die Steuer vom Einheitswert zu berechnen, im zweiten bewendet es bei der Berechnung vom kapitalisierten Erbbauzins.
Fundstellen
Haufe-Index 407367 |
BStBl III 1952, 98 |
BFHE 1953, 250 |
BFHE 56, 250 |