Leitsatz (amtlich)
1. Auch eine erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens entstandene Steuerforderung kann "ein zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens begründeter Vermögensanspruch an den Gemeinschuldner" und damit eine Konkursforderung sein.
2. Die wegen Aufgabe des begünstigten Zwecks nachzuerhebende Grunderwerbsteuer für einen vor Konkurseröffnung erfüllten Grundstückserwerb ist auch dann nicht Masseforderung, sondern Konkursforderung, wenn der Nachversteuerungstatbestand erst nach der Konkurseröffnung dadurch verwirklicht wird, daß der Konkursverwalter den begünstigten Zweck aufgibt.
Normenkette
StAnpG § 3 Abs. 1; KO § 3 Abs. 1, §§ 57-59; Bay. GrESWG Art. 4 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Diese hatte am 15. Juni 1962 für insgesamt 173 056 DM in Bayern belegene unbebaute Grundstücke gekauft. Auf die Versicherung, auf deren Grundflächen steuerbegünstigte Gebäude des sozialen Wohnungsbaus zu errichten, war sie von der Grunderwerbsteuer freigestellt worden. Am 30. September 1964 ist über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden. Im Jahr 1965 hat der Kläger als Konkursverwalter die Grundstücke in unbebautem Zustand veräußert. Das FA (Beklagter) hat eine Grunderwerbsteuer von 13 335 DM festgesetzt. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
Mit dem angefochtenen Urteil ist davon auszugehen, daß die Steuer - wie es offenbar auch die Beteiligten annehmen - gegen den Konkursverwalter (Kläger) in dieser Eigenschaft - also als eine Masseforderung - festgesetzt werden sollte und festgesetzt worden ist.
Diese Festsetzung war - im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO - rechtswidrig. Denn die festgesetzte Steuerforderung war keine Masseforderung im Sinne des § 57 der Konkursordnung (KO), sondern eine Konkursforderung im Sinne des § 3 KO. Sie hätte folglich nicht durch Steuerbescheid (§ 211 AO) festgesetzt werden dürfen, sondern hätte gemäß §§ 138 ff. KO zur Konkurstabelle angemeldet werden müssen (vgl. § 226 a AO).
Das angefochtene Urteil verletzt demnach § 3 KO. Das FG hat verkannt, daß diese Vorschrift der Konkursordnung vom 10. Februar 1877 (RGBl 1877, 351) nicht der Diktion des BGB und der ebenfalls späteren Reichssteuergesetze folgt, und daß eine Forderung auch dann im Sinne dieser Vorschrift "begründet" sein kann, wenn sie zwar nach den für ihren Bestand geltenden Rechtsnormen noch nicht "entstanden" ist, ihren inneren Grund aber in Rechtsverhältnissen findet, die vor der Konkurseröffnung bestanden haben.
Vorweg aus der Konkursmasse zu befriedigen sind - unbeschadet der Möglichkeiten abgesonderter Befriedigung (§§ 4, 47 ff. KO), der Aussonderung (§§ 43 ff. KO) und der Aufrechnung im Konkurse (§§ 53 ff. KO) - nur die Massekosten im Sinne des § 58 KO und die Masseschulden im Sinne des § 59 KO (§§ 3, 57 KO). Dazu hat sich das FG auf § 58 Nr. 2 KO berufen. Massekosten im Sinne dieser Vorschrift sind aber nur "die Ausgaben für die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse". Zu diesen kann zwar eine Steuerforderung, wenn auch nur mittelbar, gehören, wenn der Steuerbetrag kraft Gesetzes vorweg vom Konkursverwalter zu entrichten ist, er also diese "Ausgabe" für die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Masse machen muß. Die Vorschrift bietet aber keine Grundlage dafür, den Konkursverwalter zu einer solchen Ausgabe zu verpflichten. In Frage kommt hier also allenfalls eine Masseschuld gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO wegen "Ansprüchen, welche aus Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters entstehen". Doch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift für den festgesetzten Steueranspruch nicht erfüllt.
Der Kauf der Grundstücke unterlag der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1940. Er war von dieser gemäß Art. 1 Nr. 1 Buchst. a des Bayerischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau (GrESWG) vom 11. Februar 1954 (GVBl 1954, 38) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 12. November 1958 (GVBl 1958, 330) befreit. Die Steuer war gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 GrESWG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 23. Juli 1965 (GVBl 1965, 201) mit der Aufgabe des begünstigten Zwecks der Bebauung entstanden (vgl. Beschluß vom 10. März 1970 II B 7/70, BFHE 98, 374 [376], BStBl II 1970, 389).
Entgegen dem Standpunkt der Revision ist die Steuerforderung nicht schon im Zeitpunkt der Konkurseröffnung entstanden (vgl. Beschluß vom 29. September 1970 II B 22/70, BFHE 100, 140 [143], BStBl II 1970, 830). Auch blieb die Befreiung aus Art. 1 Nr. 1 Buchst. a GrESWG nicht deshalb erhalten, weil der Nacherwerber seinerseits den durch diese Vorschrift begünstigten Zweck erstrebte (vgl. Urteile vom 8. Dezember 1970 II 43/65, BFHE 102, 120 [122], BStBl II 1971, 530, und vom 13. September 1972 II R 49/72, BFHE 107, 313 [314], BStBl II 1973, 86). Die Aufgabe des begünstigten Zwecks liegt spätestens in der Veräußerung der Grundstücke (vgl. Urteil vom 20. Februar 1968 II 146/64, BFHE 91, 491 [492], BStBl II 1968, 386 und Beschluß vom 10. März 1970 II B 7/70, BFHE 98, 374 [377], BStBl II 1970, 389), ohne daß bei dieser die fristgemäße Bebauung der Grundstücke durch den Veräußerer vorbehalten worden wäre (Urteil vom 28. April 1970 II 109/65, BFHE 99, 250 [254], BStBl II 1970, 600).
Obwohl die nachzuerhebende Steuer (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 GrESWG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) erst nach der Konkurseröffnung entstanden ist (§ 3 Abs. 1 StAnpG), ist sie keine Masseforderung (vgl. Beschluß vom 29. September 1970 II B 22/70, BFHE 100, 140 [144 ff.], BStBl II 1970, 830; RdVerf. der OFD Köln vom 26. August 1971, DB 1971, 1696). Masseschuld ist zwar beim freihändigen Verkauf eines Grundstücks durch den Konkursverwalter (§ 117 Abs. 1, § 134 Nr. 1 KO) dessen Gesamtschuld (§ 15 Nr. 1 GrEStG, § 7 Abs. 1 StAnpG) für die dabei anfallende Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), weil dieser Anspruch aus einem Rechtsgeschäft des Konkursverwalters entstanden ist (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 KO). Daraus folgt aber nicht, daß auch die für den vorangegangenen Erwerb des Gemeinschuldners nachzuerhebende Steuer etwa deshalb zu den Masseforderungen zählen könnte, weil sie durch diesen Verkauf ausgelöst wird. Denn für die Nachversteuerung gemäß Art. 4 Abs. 1 GrESWG ist der Verkauf des Grundstücks nicht als Handlung des Konkursverwalters bedeutsam, sondern als Nichterfüllung eines vom Gemeinschuldner bereits vor der Konkurseröffnung begründeten Zwecks.
Erkennbar wird das, wenn der Nachversteuerungstatbestand des Art. 4 Abs. 1 GrESWG nicht durch Aufgabe des begünstigten Zwecks (Satz 2), sondern durch Fristablauf (Satz 1) verwirklicht wird. In diesem Fall kann die entstandene Grunderwerbsteuerschuld ersichtlich weder zu den Massekosten (§ 58 KO) noch zu den Masseschulden (§ 59 KO) gehören. In diesem Tatbestande und nicht in dem des Satzes 2 liegt indessen der Kern des Nachversteuerungsgrundes (Urteil vom 24. Juli 1974 II R 3/70, BFHE 113, 134 [136], BStBl II 1974, 691). Die Nachsteuer bei Aufgabe des begünstigten Zwecks entsteht nur deshalb früher, weil die Aufgabe des Zwecks das Bekenntnis enthält, diesen Zweck nicht mehr fristgemäß erfüllen zu wollen. Die nachzuerhebende Steuer entsteht folglich auch in diesem Fall wegen des Unterlassens, den vom Gemeinschuldner vorgegebenen Zweck zu erfüllen.
Die bei Verwirklichung des Nachversteuerungstatbestandes entstehende Steuer ist zwar formell eine neue Steuer (§ 3 Abs. 1 StAnpG) mit zusätzlichen eigenen Tatbestandsmerkmalen (Urteil vom 25. März 1969 II R 68/68, BFHE 95, 512 [515], BStBl II 1969, 471; Beschluß vom 10. März 1970 II B 7/70, BFHE 98, 374 [376], BStBl II 1970, 389; vgl. Urteil vom 14. August 1974 II R 73/68, BFHE 113, 573 [574], BStBl II 1975, 219). Materiell stimmt diese aber - abgesehen von dem Nachversteuerungszuschlag des Art. 4 Abs. 4 GrESWG - mit der Steuer überein, die auf den ursprünglichen Erwerbsvorgang zu erheben gewesen wäre, wenn dieser nicht gemäß Art. 1 GrESWG befreit gewesen wäre (Urteil vom 15. Dezember 1970 II 96-97/65, BFHE 101, 558 [559], BStBl II 1971, 370). Das kommt auch in § 11 der Durchführungsbestimmungen vom 21. Dezember 1959 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 6. Oktober 1970 (GVBl, 512) zum Ausdruck, der von einem "vorläufigen und endgültigen Besteuerungsverfahren" spricht, ohne damit den Bereich der §§ 100, 225 AO meinen zu können. Die ursprünglich wegen der Befreiung aus Art. 1 GrESWG nicht entstandene Steuer aus § 1 GrEStG entsteht also mit der Verwirklichung des Nachversteuerungstatbestandes des Art. 4 Abs. 1 GrESWG (Urteil vom 5. März 1968 II 165/64, BFHE 92, 43 [45], BStBl II 1968, 416). Materiell ist sie folglich - ebenso wie in den Fällen des § 4 Abs. 2 GrEStG und des § 9 Abs. 2 GrEStG - die Steuer auf den ursprünglichen Erwerbsvorgang (Urteil vom 15. Dezember 1970 II 96-97/65). Sie erfordert, daß dieser gemäß § 1 GrEStG der Steuer unterlag und nicht aufgrund anderer Befreiungstatbestände ohne Nachversteuerungsvorbehalt (vgl. z. B. § 3 GrEStG) befreit war; anderweitige Vergünstigungen des Erwerbs (z. B. aus § 3 oder aus §§ 5 bis 7 GrEStG) bleiben im Falle der Nachversteuerung erhalten.
Ist somit die nachzuerhebende Steuer zwar von der Erfüllung des Nachversteuerungstatbestandes (Art. 4 GrESWG), aber auch von der Erfüllung der Besteuerungsmerkmale des vorangegangenen Erwerbs abhängig, so zeigt sich für den Konkurs des Erwerbers, daß die Nachsteuer nicht auf das - gegebenenfalls nur passive - Verhalten des Konkursverwalters gelegt ist, sondern auf den vom Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung getätigten Erwerb. Die - etwaige - Aufgabe des begünstigten Zwecks durch den Konkursverwalter stellt nur das auslösende Moment für die Entstehung der Steuerschuld dar. Ihren inneren Grund findet sie aber in dem vor der Konkurseröffnung getätigten Erwerb durch den Gemeinschuldner. Liegt demnach der Rechtsgrund der nachzuerhebenden Steuer in einem Rechtsgeschäft, das der Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung abgeschlossen hat (vgl. umgekehrt § 1 Abs. 1 KO), so stellt die nachzuerhebende Steuer auch dann einen im Sinne des § 3 Abs. 1 KO "zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Gemeinschuldner" dar, wenn die Steuerschuld gemäß § 3 Abs. 1 StAnpG erst nach der Eröffnung des Konkursverfahrens entsteht.
Gemäß § 3 Abs. 1 KO dient die Konkursmasse zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller persönlichen Gläubiger, welche einen zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Gemeinschuldner haben. Darunter fallen auch vor Eröffnung des Konkurses "begründete" Steueransprüche (vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO).
In diesem Zusammenhang bedeutet das Wort "begründet" weder "entstanden" noch gar "fällig". Unter § 3 KO fallen vielmehr auch betagte (§ 65 KO) und aufschiebend bedingte (§ 67 KO) Forderungen, obschon die letztgenannten im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB noch nicht entstanden sind. Forderungen können somit im Sinne des § 3 KO schon dann "begründet" sein, wenn im Zeitpunkt der Konkurseröffnung zu ihrer "Entstehung" noch ein ungewisses künftiges Ereignis fehlt. Es genügt also - ebenso wie umgekehrt bei der Einbeziehung in die Konkursmasse (§ 1 Abs. 1 KO) -, daß die Forderung in der Eigenschaft als bedingte vorlag (vgl. in anderem Zusammenhang §§ 160, 161 BGB).
Unter § 67 KO fallen nicht nur rechtsgeschäftlich,sondern auch gesetzlich bedingte Forderungen (Urteil des RG vom 27. November 1903 VII 278/03, RGZ 58, 11); selbst ein im ganzen aufschiebend bedingtes Schuldverhältnis reicht aus (Urteil des RG vom 4. Oktober 1904 II 58/04, RGZ 59, 53 [57]). Die engere Diktion des BGB hat die Tragweite des § 3 KO unberührt gelassen (Jaeger/Lent, Konkursordnung, 8. Aufl. 1958, § 67 Anm. 1). Deshalb genügt es für die "Begründung" einer Forderung im Sinne des § 3 Abs. 1 KO, daß bei Eröffnung des Konkurses das der späteren Forderung zugrunde liegende Grundverhältnis, das die Grundlage des späteren Anspruches bildet, bereits gegeben und deshalb im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens bereits ein "Grund" für die spätere Entstehung des Anspruchs gelegt ist (Böhle/Stamschräder, Konkursordnung, 11. Aufl. 1974, § 3 Anm. 4, vgl. § 67 Anm. 1; Jaeger/Lent, Konkursordnung, 8. Aufl. 1958, § 3 Anm. 15, unklar Anm. 16; Mentzel/Kuhn, Konkursordnung, 7. Aufl. 1962, § 3 Anm. 11).
Im besonderen steht der Annahme einer Konkursforderung nicht entgegen, daß die Nichterfüllung einer Pflicht des Gemeinschuldners ihren Grund in dem Nichtwollen oder Nichterfüllen des Konkursverwalters hat (Urteile des RG vom 5. Februar 1890 I 334/89, RGZ 26, 85 [92] und vom 4. Oktober 1904 II 58/04, RGZ 59, 53 [55 f.]. Vielmehr zeigen §§ 17 ff. KO, daß die Ansprüche wegen Nichterfüllung durch den Konkursverwalter, soweit sie überhaupt aus der Konkursmasse zu befriedigen sind (vgl. § 63 KO; Urteil des RG vom 8. März 1888 VI 332/87, RGZ 21, 5), nur als Konkursforderungen Berücksichtigung finden (vgl. Frotscher, Steuern im Konkurs 1974 S. 121 f.). Auch Steuerforderungen können im Sinne des § 3 Abs. 1 KO bereits "zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens begründet" sein, selbst wenn sie im steuerrechtlichen Sinne (§ 3 StAnpG) noch nicht entstanden sind (Beschluß vom 29. September 1970 II B 22/70, BFHE 100, 140 [145 f.], BStBl II 1970, 830 mit Literaturhinweisen).
Dem Urteil des BFH vom 7. November 1963 IV 210/62 S (BFHE 78, 172, BStBl III 1964, 70), auf das sich das FG berufen hat, ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Es hebt vielmehr ausdrücklich hervor, daß "am Konkursverfahren der Steuergläubiger in gleicher Weise - mit gleichen Rechten und Pflichten - teilnimmt wie jeder andere Gläubiger" (BFHE 78, 175); dies muß auch für die Abgrenzung der Konkursforderungen im Sinne des § 3 Abs. 1 KO gelten. Die Steuer auf Veräußerungsgewinne aus der Geschäftsführung des Konkursverwalters rechnet das Urteil vom 7. November 1963 als "Ausgaben für die Verwertung der Masse" (§ 58 Nr. 2 KO) zu den Massekosten (BFHE 78, 177). Die dem zugrunde liegende einkommensteuerrechtliche Beurteilung ist für den vorliegenden Fall unerheblich. Zu § 3 Abs. 1 KO ist nur die Aussage gemacht, daß auch der Steuergläubiger als Konkursgläubiger seine Befriedigung nur innerhalb des Konkurses und nur mittels des für den Konkurs vorgeschriebenen Verfahrens (Anmeldung) verfolgen kann (vgl. §§ 138 ff. KO, § 226 a AO). Die Auffassung, daß jede nach Eröffnung des Konkurses entstandene und auf Befriedigung aus der Konkursmasse gerichtete Steuerforderung Masseforderung sei, läßt sich auf dieses Urteil nicht stützen.
Eine solche Folgerung ist allerdings in dem Urteil vom 26. März 1971 VIR 285/69 (BFHE 102, 339 [342], BStBl II 1971, 582) gezogen. Dabei hat jedoch der VI. Senat des BFH auf sein Urteil vom 24. Mai 1968 VIR 46/68 (BFHE 92, 396, BStBl II 1968, 473) zurückgegriffen, wonach es für die Belassung der Investitionszulage unschädlich ist, wenn das Wirtschaftsgut in das Anlagevermögen eines anderen Berliner Betriebs übergeht, dagegen zu keinem Zeitpunkt Umlaufvermögen eines Händlers werden dürfe. Indem der VI. Senat die Pflicht zur Rückgewähr der Investitionszulage in § 59 Nr. 1 KO einordnet (BFHE 102, 339 [343]), während das Urteil des IV. Senats vom 7. November 1963 IV 210/62 S (BFHE 78, 172. [175], BStBl III 1964, 70) übereinstimmend mit den Urteilen des RFH vom 19. März 1940 I 316/39 (RStBl 1940, 422) und des BFH vom 4. Juli 1957 V 199/56 U (BFHE 65, 131, BStBl III 1957, 282) andersartige Steuerschulden der Konkursverwaltung den Massekosten (§ 58 Nr. 2 KO) zurechneten (zur Unterscheidung vgl. Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Februar 1916 VII C 238/15 - Pr.OVGE 71, 54 [57] -), wird ersichtlich, daß der VI. Senat "Ansprüche, die aus Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters entstehen". (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 KO) deshalb annahm, weil der Konkursverwalter das Wirtschaftsgut zum Umlaufvermögen eines Dritten veräußert hatte, während die Veräußerung in das Anlagevermögen eines Berliner Betriebs unschädlich gewesen wäre. Eine solche "Handlung" kann hier aber nicht angenommen werden; die Aufgabe des begünstigten Zwecks hat - wie eingangs bemerkt - keine weitergehende Bedeutung als dessen Nichterfüllung.
Bei Auflösung schwebender Geschäfte nach Maßgabe der §§ 17 ff. KO werden, wenn der Konkursverwalter nicht in das Rechtsverhältnis eintritt oder dieses kündigt oder zurücktritt, die Schadenersatzforderungen des anderen Teils Konkursforderungen (die Ausnahme in § 27 KO für den Fall des § 672 Satz 2 BGB entspricht dem Sinn des § 59 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 KO). Entsprechend könnte die Aufgabe des für den Gemeinschuldner begünstigten Zwecks selbst dann nicht zu einer Masseschuld aus einer "Handlung des Konkursverwalters" führen, wenn man von dem Bedenken absähe, daß die Aufgabe des begünstigten Zwecks nicht anders behandelt werden kann als die - im Sinngehalt des Art. 4 Abs. 1 GrESWG vorrangige (Urteil vom 24. Juli 1974 II R 3/70, BFHE 113, 134 [136], BStBl II 1974, 691) - Nichterfüllung des begünstigten Zwecks innerhalb der bestimmten Frist.
Die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht entstandene künftige Steuerforderung aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 4 GrESWG und § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG war demnach im Sinne des § 3 Abs. 1 KO zu diesem Zeitpunkt bereits "begründet" und somit eine der Anmeldung (§ 139 KO) zur Konkurstabelle (§§ 140, 145 KO) bedürftige Konkursforderung. Sie konnte folglich nicht durch Steuerbescheid (§ 211 AO) gegen den Konkursverwalter festgesetzt werden (§ 12 KO). Der in § 226 a AO vorgesehene "schriftliche Bescheid" entspricht nicht dem Steuerbescheid gemäß § 211 AO, sondern dient nur der Feststellung (vgl. § 146 KO) einer im Prüfungstermin bestrittenen (§ 144 KO), also angemeldeten (§ 141 KO) Steuerforderung.
Fundstellen
Haufe-Index 71692 |
BStBl II 1976, 77 |
BFHE 1976, 176 |