vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Das Anfordern von Unterlagen stellt noch keine konkrete Ermittlungshandlungen der Steuerfahndung dar (Sonderfall)
Leitsatz (redaktionell)
- Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bewirkt keine Hemmung der Festsetzungsverjährung für in der Eröffnungsverfügung nicht genannte, der Strafverfolgungsverjährung unterfallende Jahre, wenn eindeutig ist, welchen Veranlagungszeiträumen die Steuerstraftat zuzuordnen ist und die anordnende Behörde in der Eröffnungsverfügung diese Jahre ausdrücklich bezeichnet.
- Dies gilt auch dann, wenn gleichzeitig mit dem Ziel, spätere Ermittlungshandlungen der Steuerfahndung zu ermöglichen, Unterlagen für einen nicht im Eröffnungsschreiben bezeichneten Zeitraum angefordert werden.
Normenkette
AO § 169 Abs. 2 S. 2, § 171 Abs. 5, § 397 Abs. 1
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für das Streitjahr 1992 Festsetzungsverjährung eingetreten ist und der Beklagte damit am Erlass eines geänderten Einkommensteuerbescheids gehindert ist.
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 1992 beim Beklagten – dem Finanzamt „L-Stadt” – zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung 1992 am 13.09.1993 ab.
Der Kläger war im Streitjahr als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft des „K-Firma” nichtselbständig beschäftigt. Im Rahmen der Errichtung eines „D-Fabrik” in „P-Staat” erhielt er im Streitjahr eine Zahlung i.H.v. ungefähr 1.000.000,00 DM. Das Geld transferierte er auf ein Bankkonto der ihm zuzurechnenden „C-Stifftung” in Liechtenstein. Dabei handelte es sich um eine Stiftung liechtensteinischen Rechts.
Am 05.11.2003 erstattete der Kläger eine Selbstanzeige hinsichtlich der erhaltenen Zahlung. Am gleichen Tag fand eine Besprechung im Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „L-Stadt” in Anwesenheit des Vorstehers, der Mitarbeiterin der Strafsachen und Bußgeldstelle – StraBuSt – und der Bevollmächtigten der Kläger statt. Auf Bl. 12 und 13 der Ermittlungsakten wird verwiesen. Mit Schreiben vom 12.11.2003 leitete das örtlich zuständige Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „L-Stadt” gegenüber den Klägern das Steuerstrafverfahren für die Jahre 1998 bis 2001 ein. Gleichzeitig wurden in den Eröffnungsschreiben „zur steuerlichen Auswertung entsprechende Aufstellungen und Unterlagen ab dem Veranlagungsjahr 1992 - 2001” angefordert. Auf die in den Ermittlungsakten der Steuerfahndung und in der Gerichtsakte (Bl. 13 und 14 der FG-Akte) enthaltenen Eröffnungsschreiben wird verwiesen. Am 14.11.2003 erkundigte sich die zuständige Mitarbeiterin der StraBuSt bei der Staatsanwaltschaft „E-Stadt” über den Sachstand eines gegen den Kläger aufgrund der Zahlung laufenden Strafverfahrens wegen Untreue und informierte die Staatsanwaltschaft über das Vorliegen der Selbstanzeige. Eine Vorabzahlung auf die zukünftigen Steuernachforderungen in Höhe von insgesamt 5.000.000,00 € seitens der Kläger erfolgte Ende November 2003. Die Ermittlungen der Steuerfahndung begannen dann nach Einreichung weiterer Unterlagen am 30.01.2004. An diesem Tag wurde auch dem zuständigen Prüfer der Prüfungsauftrag erteilt (vgl. Bl. 1 der Ermittlungsakte der Steuerfahndung). Hinsichtlich der Feststellungen der durchgeführten Fahndungsprüfung wird auf den Bericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „L-Stadt” vom 28.02.2005 (Bl. 16ff der FG-Akte) verwiesen. Ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 erging seitens des Beklagten am 09.06.2005.
Die Kläger legten gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 am 07.07.2005 Einspruch ein. Sie trugen vor, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Jahresfrist des § 171 Abs. 9 Abgabenordnung – AO – habe mit Ablauf des 05.11.2004 geendet. Der Beklagte verkenne, dass die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 9 AO in den Fällen der Selbstanzeige der Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 AO als speziellere Regelung vorgehe. Die Vorschrift des § 171 Abs. 5 AO greife nach dem Eintritt der Strafverfolgungsverjährung des § 78 Strafgesetzbuch nicht mehr ein. Die Vorschrift sei mit der Aufgabe des Fortsetzungszusammenhangs durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutungslos geworden.
Der Einspruch der Kläger wurde mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die in den Steuerakten enthaltene Einspruchsentscheidung verwiesen.
Mit ihrer Klage führen die Kläger an, aus der Einleitungsverfügung vom 12.11.2003 ergebe sich nicht, dass für das Streitjahr 1992 das Steuerstrafverfahren eingeleitet worden sei. Die Einleitungsverfügung betreffe nur die Jahre 1998 bis 2002. Auch sei für das Jahr 1992 im Zeitpunkt der Selbstanzeige bereits die strafrechtliche Verfolgungsverjährung nach § 78 Strafgesetzbuch eingetreten. Im Gesetz fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass nach Eint...