rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ort der Geschäftsleitung nach DBA-Luxemburg. vermögensverwaltende Gesellschaft. Übertragung der laufenden Geschäfte auf eine andere Person

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Befindet sich der Ort der Geschäftsleitung der ausschüttenden Gesellschaft mit ausländischem Satzungssitz abkommensrechtlich im Inland, ist die im Ausland gezahlte Quellensteuer nicht gem. § 32d Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 32d Abs. 5 Satz 1 EStG anrechenbar.

2. Der Ort der Geschäftsleitung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 DBA-Luxemburg bestimmt sich nach dem Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung im Sinne des § 10 AO, also der laufenden Geschäftsführung.

3. Die laufende Geschäftsführung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft hat ihren Schwerpunkt regelmäßig im Bereich der Verwaltung ihres Vermögens (vgl. BFH, Urteil v. 7.12.1994, I K 1/93, BStBl 1995 II S. 175).

4. Übernimmt in diesem Bereich ein Auftragnehmer die wesentlichen Aufgaben, bestimmt sich der Ort der Geschäftsleitung nach dem Ort der Geschäftsleitung des Auftragnehmers (BFH, Urteil v. 3.7.1997, IV R 58/95, BStBl 1998 II S. 86).

5. Zu einer faktischen Geschäftsführung der im Inland ansässigen Gesellschafter einer ausländischen vermögensverwaltenden Gesellschaft könnte es führen, wenn die Gesellschaft Gesellschafter oder beteiligungsidentische Gesellschaften mit wesentlichen Aufgaben der Verwaltung ihres Vermögens beauftragt.

 

Normenkette

AO § 10; EStG § 32d Abs. 5 Sätze 2, 1; DBA LUX Art. 22 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa, Art. 10, 4 Abs. 1, 3

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller (Ast) beantragen Aussetzung der Vollziehung (AdV) in einem anhängigen Einspruchsverfahren.

Streitig ist in diesem Einspruchsverfahren die Anrechnung luxemburgischer Quellensteuer auf ausgeschüttete Dividenden.

Der Ast war ab dem 5. Mai 2015 an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit satzungsmäßigem Sitz in Luxemburg (X-SARL) beteiligt. Sein Anteil am Stammkapital belief sich in den Streitjahren auf zwischen 2,62 und 11,97 %, sein Gewinnbezugsrecht auf zwischen 9,85 und 14,19 %. X-SARL schüttete in 2015, 2017 und 2018 Dividenden aus und führte luxemburgische Kapitalertragsteuer ab.

Zu Geschäftsführern der X-SARL waren in 2015 der in Deutschland ansässige Mehrheitsgesellschafter A, der in der Schweiz ansässige Gesellschafter B sowie der in Luxemburg ansässige C, in 2017 B, C sowie die in Luxemburg ansässigen D und E, in 2018 B (lt. Ast bis zum 18. Juli 2018), C (lt. Ast bis zum 1. Januar 2018), D, E sowie der in Luxemburg ansässige F (ab dem 27. März 2018) bestellt.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärten die Ast von X-SARL ausgezahlte Dividenden des Ast in Höhe von 886.432 EUR in 2015, 1.405.645 EUR in 2017 und insgesamt 2.494.947 EUR in 2018 als ausländische Kapitalerträge sowie davon in Luxemburg einbehaltene und abgeführte anrechenbare Quellensteuer in Höhe von 132.964,80 EUR in 2015, 210.846,75 EUR in 2017 und insgesamt 374.242,05 EUR in 2018.

Aufgrund der Feststellungen in Außenprüfungen des Finanzamts München bei Y-SA, einer Gesellschaft mit teilweise identischem Gesellschafterkreis wie bei X-SARL, und einigen sog. Objektgesellschaften sowie von Steuerfahndungsprüfungen u. a. bei A, Gründungsgesellschafter der Y-SA und der X-SARL, und dem Ast änderte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) seine Auffassung zum Ort der Geschäftsleitung und nahm eine steuerliche Ansässigkeit und damit unbeschränkte Steuerpflicht der Gesellschaften, einschließlich der X-SARL, in Deutschland an.

Mit gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (– AO – 2015, 2017) und § 164 Abs. 2 AO (2018) geänderten Bescheiden vom 19. Februar 2020 setzte das FA die Einkommensteuer auf 583.706 EUR für 2015, 1.359.691 EUR für 2017 und 1.016.202 EUR für 2018 sowie den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer auf 31.855,66 EUR in 2015, 74.529,56 EUR in 2017 und 55.635,03 EUR in 2018 fest. Dabei berücksichtigte das FA die von X-SARL gezahlten Dividenden als inländische Kapitalerträge und rechnete daher in Luxemburg gezahlte Quellensteuer nicht mehr an.

Dagegen legten die Ast Einsprüche ein, über die das FA noch nicht entschieden hat.

Mit (aus nicht streitgegenständlichem Grund) gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 19. Juni 2020 setzte das FA die Einkommensteuer 2017 auf 1.359.503 EUR und den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer auf 74.519,22 EUR herab.

Einen AdV-Antrag der Ast in Sachen Einkommensteuer 2015, 2017 und 2018 lehnte das FA mit Bescheid vom 5. Juni 2020 ab.

Ihren bei Gericht gestellten AdV-Antrag begründen die Ast im Wesentlichen wie folgt:

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden ernstliche Zweifel.

X-SARL sei ausschließlich in Luxemburg steuerlich ansässig. Somit seien die Dividenden ausländische Kapitalerträge und die in Luxemburg abgeführte Quellensteuer sei anzurechnen.

Vertretungsberechtigte Geschäftsführer der X-SARL seien in den Streitjahre...

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