Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagerecht einer Gemeinde gegen GewSt-Meßbescheide nur in den in § 40 Abs.3 FGO geregelten Fällen. Gewerbesteuermeßbetrag 1983 bis 1985 betreffend die Fa. … GmbH i.K.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I
Streitig ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht, ob die Klägerin, eine Gemeinde, Rechtsschutz gegen die Herabsetzung von Gewerbesteuermeßbetragen begehren kann.
Die Klägerin ist eine Gemeinde, in deren Bereich die am 2. September 1991 in Konkurs gegangene … GmbH (im folgenden GmbH) eine Betriebsstatte unterhalt Gegen die GmbH erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA–) für die Streitjahre unter dem 14. November 1994 bzw. 13. Dezember 1994 geänderte Gewerbesteuermeßbescheide. Überdies meldete das FA am 11. November 1994 Körperschaftsteueransprüche für 1984 bis 1990 infolge geänderter Besteuerungsgrundlagen zur Konkurstabelle an und rechnete für das Jahr 1983 aus gleichem Grund den Erstattungsbetrag ab Die Änderungen beruhten auf Erkenntnissen der Steuerfahndung nach Durchführung einer Prüfung, die bei der GmbH vom 13. Juni 1991 bis zum 13. Juni 1994 durchgeführt worden war Danach waren durch die GmbH in erheblichem Umfang Abgaben (Zolle, Einfuhrumsatzsteuer, Umsatzsteuer) hinterzogen worden, die verdeckte Gewinnausschüttungen nach sich zogen Weil die GmbH diese Abgaben bislang nicht als Betriebsausgaben abgezogen hatte, verminderten sich andererseits die erklärten und den Steuerveranlagungen zugrunde gelegten Gewinne und Gewerbeerträge und damit auch die Gewerbesteuermeßbeträge Über die Änderungsbescheide erhielt die Klägerin entsprechende Mitteilungen Dadurch ergaben sich Gewerbesteuererstattungen von insgesamt 1.918.105 DM, die das FA bereits durch Pfandungs- und Arrestverfügung vom 11. Juli 1991 gepfändet hatte.
Gegen die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide legte die Klägerin Einspruch ein.
Das FA verwarf diesen als unzulässig. Zur Begründung führte es aus, Gemeinden könnten Steuermeßbescheide grundsätzlich nicht anfechten. Durch die gegen die GmbH ergehenden Meßbescheide seien grundsätzlich nicht die Rechte, sondern nur die Interessen der Gemeinde (Klägerin) berührt. Die prozessuale Sonderregelung des § 40 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die den Fall einer Interessenkollision regle, sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Weder der Bund noch das Land schuldeten hier die Abgabe. Der Unterschied zu dem in § 40 Abs. 3 FGO geregelten Rechtsschutzbedürfnis bestehe im vorliegenden Fall darin, daß der Steuerschuldner ein außenstehender Dritter (GmbH) und nicht – wie in § 40 Abs. 3 FGO vorausgesetzt – die verwaltende Körperschaft selbst sei. Anders als dem Steuerschuldner, dem die Festsetzung der Meßbeträge obliege, müsse einem außenstehenden Dritten ein Vertrauensschutz in den Bestand der ergangenen Bescheide zugebilligt werden. Davon abgesehen hätte der Gesetzgeber zweifelsfrei zum Ausdruck bringen müssen, wenn er in Fällen wie dem Streitfall ein Klagerecht gewollt hätte. Außerdem entstehe die von der Klägerin dargestellte Interessenkollision immer, wenn das FA von ihm festgesetzte Steuerforderungen selbst vollstrecke. Diese Interessenkollision fließe daher nicht aus dem Umstand, daß das FA bei Herabsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge Forderungen schaffe, aus denen es andere Steuerrückstände befriedigen könne. Sie erwachse vielmehr aus dem Recht, diese Forderungen selbst vollstrecken zu können. Hiergegen stellten Abgabenordnung (AO) und Zivilprozeßordnung (ZPO) eigene Rechtsbehelfsmöglichkeiten zur Verfügung, die dem Drittschuldner einen ausreichenden Rechtsschutz gewährten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 17. April 1997 Bezug genommen.
Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zwar stehe steuerberechtigten Gemeinden gegen Steuermeßbescheide grundsätzlich kein Klagerecht zu. In den Fällen einer möglichen Interessenkollision auf Seiten der Finanzbehörden sei die Gemeinde kraft ausdrücklicher Regelung in § 40 Abs. 3 FGO klagebefugt. Diese Regelung sei nicht abschließend, so daß auch in Fällen einer vergleichbaren Interessenkollision ein Klagerecht begründet sei. Im vorliegenden Fall sei aufgrund der Eigenart der Sachverhaltskonstellation eine dem § 40 Abs. 3 FGO vergleichbare Interessenkollision auf Seiten des FA gegeben. Das FA sei zuständig für die Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge und zugleich Vollstreckungsgläubiger gegenüber der GmbH mit dem Interesse, zugunsten des Freistaats Bayern möglichst hohe Gewerbesteuer-Erstattungsansprüche zu realisieren. Daraus ergebe sich ein unmittelbares Interesse an einer möglichst niedrigen Meßbetragsfestsetzung, die ebenso wie im Fall des § 40 Abs. 3 FGO die Unparteilichkeit des FA besorgen lasse. Das Argument, daß Steuerschuldner im Streitfall ein außenstehender Dritter und nicht – wie in § 40 Abs. 3 FGO vorausgesetzt – die verwaltende Körperschaft sei, sei nicht stichhaltig. Für das ...