Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft durch Abschluss eines Treuhandvertrags mit deren Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1. Für Zwecke des § 1 Abs. 2a GrEStG sind Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen über alle Beteiligungsebenen als transparent zu behandeln.
2. Eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG setzt voraus, dass sich im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum der Gesellschafterbestand einer an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft unverändert beteiligt gebliebenen Kapital- oder Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar, d.h. auf den weiteren Beteiligungsebenen, im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig geändert hat.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2a
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 7. Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. April 2011 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob durch den Abschluss von Treuhandverträgen zwischen den Treugebern und der Treuhandkommanditistin sowie der damit verbundenen Erhöhung des Kommanditkapitals mehr als 95 v.H. der Anteile an der Klägerin mittelbar i.S.d. § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) auf neue Gesellschafter übergegangen sind.
An der am 27. Juni 2003 gegründeten Klägerin, einem geschlossenen Publikumsfonds mit Sitz in, waren als Gründungsgesellschafter die am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligte A GmbH als Komplementärin, B und die C GmbH mit einer Einlage von jeweils 100 EUR als Kommanditisten sowie die D GmbH mit einer Einlage von 4.800 EUR als Treuhandkommanditistin beteiligt.
Lt. Gesellschaftsvertrag war die Treuhandkommanditistin berechtigt, ihre Kommanditeinlage auf 72.500.000 EUR zu erhöhen und dazu mit einzelnen Treugebern Treuhandverträge abzuschließen. Im Innenverhältnis waren die Treugeber, deren Beteiligungen von der Treuhandkommanditistin gehalten wurden, mit allen Rechten und Pflichten wie unmittelbar an der Klägerin beteiligte Gesellschafter zu behandeln.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Juli 2003 erwarb die Klägerin Grundvermögen.
Mit Schreiben vom 31. März 2005 informierte die Klägerin den Beklagten (das Finanzamt – FA–), unter Bezugnahme auf die Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 Nr. 3a GrEStG, dass sich ihr Gesellschafterbestand zum Stichtag 31. Dezember 2004 um mehr als 95 v.H. i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG geändert haben könnte. Durch den Abschluss von Treuhandverträgen hätten sich bis zum 31. Dezember 2004 verschiedene Treugeber über die Treuhandkommanditistin mit Einlagen von annähernd 72.500.000 EUR an der Klägerin beteiligt. Als im Handelsregister eingetragene Kommanditisten seien der Klägerin seit Gründung jedoch keine weiteren Personen beigetreten. Die Klägerin bat um Prüfung des Sachverhalts.
Das FA sah in dem Hinzutritt der Treugeber bis Ende 2004 und der damit verbundenen Erhöhung der Einlage der Treuhandkommanditistin den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG als erfüllt an. Mit Bescheid vom 7. Juni 2006 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer stellte das FA daher gem. § 17 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG fest, dass sich der Gesellschafterbestand der Klägerin zum 31. Dezember 2004 i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG um mehr als 95 % geändert habe.
Den Einspruch der Klägerin vom 6. Juli 2006 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2011 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der Klage vom 20. Mai 2011 trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG seien im Streitfall nicht erfüllt. Der Abschluss der Treuhandverträge zwischen den Treugebern und der Treuhandkommanditistin und die damit verbundene Erhöhung des Kommanditkapitals führe nicht dazu, dass i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG Anteile an der Klägerin auf die Treugeber übergegangen seien. Dass sich der Gesellschafterbestand der Klägerin durch die Aufnahme der Treugeber über die Treuhandkommanditistin nicht unmittelbar i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG geänderte habe, sei unstreitig. Die Aufnahme der Treugeber bewirke darüber hinaus auch keine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes der Klägerin, denn auch die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes verlange zwingend, dass Gesellschaftsanteile auf neue Gesellschafter übergingen. Die Treugeber seien aber nicht Gesellschafter der Klägerin geworden. Dinglich Berechtigter sei grundsätzlich nur der Treuhänder. Dieser bleibe alleiniges Zuordnungssubjekt für die sich aus seiner Gesellschafterstell...