Entscheidungsstichwort (Thema)

Statthafte Klageart; Leistungsklage auf Rückzahlung von Beträgen, die im eigenen Namen auf die Steuerschuld eines Dritten gezahlt wurden; Erstattungsanspruch in Abgabenangelegenheiten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Leistungsklage i.S.v. § 40 Abs. 1 letzte Alt. FGO gegen das Finanzamt auf Rückzahlung von Beträgen, die im eigenen Namen auf die Steuerschuld eines Dritten gezahlt wurden, ist nicht statthaft.

2) Ein Erstattungsanspruch in Abgabenangelegenheiten kann nicht aus § 812 Abs. 1 BGB hergeleitet werden.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 1-2, § 218 Abs. 1; BGB § 812 Abs. 1; FGO § 40 Abs. 1 letzte Alt

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.04.2014; Aktenzeichen II B 59/13)

BFH (Beschluss vom 16.04.2014; Aktenzeichen II B 59/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von dem Beklagten die Rückzahlung eines Betrages verlangen kann, welchen der Kläger in eigenem Namen auf die Steuerschuld eines Dritten gezahlt hatte.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt für Herrn Dr. C. A., I., tätig. Herr Dr. A. betreibt eine Facharztpraxis als ….

Herr Dr. A. hatte bei dem Beklagten Steuerrückstände in Höhe von insgesamt … EUR (Stand März 2010). Der Beklagte stellte deshalb bereits mit Schriftsatz vom 11.02.2010 bei dem Amtsgericht E. einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Antrag bezog sich ausdrücklich auf Rückstände in Höhe von … EUR, die aus Lohnsteuer für November 2009, Einkommensteuer 1997, Umsatzsteuer 2006 und 2007 sowie steuerlichen Nebenleistungen resultierten. Mit Beschluss vom 20.04.2010 bestellte das Amtsgericht E. einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Ein wegen des Insolvenzeröffnungsantrags bei dem Finanzgericht Münster gestellter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung blieb ohne Erfolg, Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 07.06.2010 7 V 1582/10 AO.

Im März 2010 verhandelte der Kläger als Rechtsanwalt des Herrn Dr. A. mit dem Beklagten über weitere Zahlungsmodalitäten, eine Stundung und den Insolvenzantrag. In einem Schreiben vom 10.03.2010 erklärte der Beklagte, eine „Erledigung” des gestellten Insolvenzantrags könne nur erfolgen, „wenn die im Insolvenzantrag benannten Steuern i.H.v. rund … EUR vollständig gezahlt sind”.

Aus einem Aktenvermerk in der Verwaltungsakte des Beklagten geht hervor, dass am 23.03.2010 ein Gespräch u.a. zwischen einem Mitarbeiter des Klägers (Herrn M.) und einer Mitarbeiterin des Beklagten (Frau S.) stattfand, wonach eine „Rücknahme bzw. Erledigungserkl. des Insolvenzantrages nur bei Zahlung von … innerhalb der nächsten 4 Wochen, außerdem Vermögensaufstellung etc” möglich sei.

Nach weiteren Verhandlungen über eine eventuelle Ratenzahlung, welche der Beklagte ablehnte, teilte der Kläger mit Schreiben vom 06.05.2010 dem Beklagten mit, er selbst habe an diesem Tag in dem Verfahren des Herrn Dr. A. unter Angabe von dessen Steuernummer „aus treuhänderischen Mitteln einen Betrag von … EUR” an den Beklagten überwiesen. Weiter führte er aus:

„Die Überweisung erfolgt ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass durch Sie der Insolvenzantrag beim Amtsgericht E. Aktenzeichen … zurückgenommen wird.”

Nachdem dieser Betrag tatsächlich am 07.05.2010 bei dem Beklagten eingegangen war, forderte der Beklagte den Kläger noch an demselben Tag auf, Namen und Anschrift der Treugeber mitzuteilen sowie nachzuweisen, dass der Kläger die Zahlung der Dritten unmittelbar auf sein Anwalts-Treuhandkonto erhalten habe. Außerdem solle der Rechtsgrund der Zahlung sowohl mitgeteilt als auch nachgewiesen werden. Da der Kläger diese nun geforderten Auskünfte aber nicht erteilte, nahm der Beklagte den Insolvenzantrag nicht zurück. Er verbuchte die Zahlung des Klägers auch nicht auf die Steuerrückstände des Herrn Dr. A., da aus seiner Sicht nicht geklärt war, ob die Zahlung insolvenzrechtlich unanfechtbar war.

Mit Schreiben vom 24.06.2010 teilte der Kläger mit, bei den drei Treugebern handele es sich um Frau N. Y., Frau T. W. und Herrn F. J. Aus einer von den drei Treugebern unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung vom 18.06.2010 ergab sich zudem, dass ein Privatdarlehen Grundlage für die Zahlung zugunsten des Herrn Dr. A. gewesen sei. Der Darlehensbetrag sei dann – über den Kläger als Treuhänder – direkt an den Beklagten ausgezahlt worden.

Da der Beklagte den Insolvenzantrag nicht zurücknahm, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 21.07.2010, er widerrufe „Namens der Treugeber” seine Zahlung in Höhe von … EUR, und forderte den Beklagten zur Rückzahlung auf. Der Beklagte lehnte eine Rückzahlung mit Schreiben vom 30.07.2010 ab und führte aus, bei der begehrten Rückzahlung handele es sich um eine Steuererstattung, die nur an denjenigen erfolgen dürfe, auf dessen Rechnung der Betrag gezahlt worden sei. Dies sei Herr Dr. A. Für Verfügungen über dessen Ansprüche sei außerdem die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erforderlich. Weiterhin sei das zugrunde liegende Treuhandverhältnis unklar; der Kläger habe auch keine Geldempfangsvollmacht vorgelegt.

Der Kläger entgegne...

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