Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Rückgängigmachung des im Jahr 2021 für den Betrieb einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) gebildeten Investitionsabzugsbetrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Gewinnerzielungsabsicht ist zweistufig zu prüfen. Sie besteht aus einer Ergebnisprognose und der Prüfung der einkommensteuerrechtlichen Relevanz der Tätigkeit. Bei einer positiven Ergebnisprognose ist die Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen; bei einer negativen Prognose ist weiter zu prüfen, welche Gründe dafür verantwortlich sind.
2. a) Für die Prognose, ob der Betrieb einer Photovoltaikanlage zu einem Totalgewinn führen kann, ist ein Prognosezeitraum von 20 Jahren (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer PV-Anlage nach der amtlichen AfA-Tabelle) zugrunde zu legen.
b) Nach §§ 19 Abs. 1 Nr. 2, 21 Abs. 1 Nr. 1 EEG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 EEG besteht auch nur ein Anspruch auf Einspeisevergütung jeweils für die Dauer von 20 Kalenderjahren ab dem Beginn der Inbetriebnahme. Welcher Marktpreis für eine spätere Stromeinspeisung erzielt werden kann, lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit abschätzen.
3. a) Bei dem Betrieb einer PV-Anlage spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird (vgl. FG Baden-Württemberg 1 K 841/15 vom 09.02.2017).
b) Dieser Anscheinsbeweis wird aber bei summarischer Prüfung im Streitfall dadurch erschüttert, dass nach der Ergebnisprognose innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren mit dem Betrieb der PV-Anlage kein Gewinn erzielt werden kann. Diese negative Totalgewinnprognose indiziert ihrerseits nach der Lebenserfahrung das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht (vgl. BFH-Urteil IV R 37/85 vom 24.11.1988).
Normenkette
EStG § 3 Nr. 72, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, § 7g Abs. 1, 3
Gründe
I.
Streitig ist in der Hauptsache die Rechtmäßigkeit der Rückgängigmachung des im Jahr 2021 für den Betrieb einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) gebildeten Investitionsabzugsbetrags (IAB).
Die Antragsteller erzielten im Streitjahr 2021 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Antragsteller erzielte zudem Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.
Die Antragsteller werden bei dem Antragsgegner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit Schreiben vom 06.01.2022 reichten die Antragsteller den ausgefüllten Fragebogen zur Errichtung und zum Betrieb einer PV-Anlage beim Finanzamt ein. Darin erklärten sie, die geplante PV-Anlage auf der Dachfläche des Hauses A-Straße, Ort 1 - dem privaten Wohnhaus der Antragsteller -, solle voraussichtlich im Frühjahr 2022 in Betrieb genommen werden. Die PV-Anlage sei noch nicht errichtet, aber bereits beauftragt. Es gebe noch keine entsprechende Rechnung, es werde jedoch der am 19.12.2021 unterschriebene Auftrag an die A, B-Straße, Ort 2 (im Folgenden: A), vorgelegt. Diese habe auch eine Wirtschaftlichkeitsprognose vom 11.12.2021 erstellt, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.
Eigentümer und Betreiber der Anlage sei die C GbR (im Folgenden: GbR) in der A-Straße, Ort 1. An der GbR sind zu J % der Antragsteller und zu I % die Antragstellerin beteiligt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag der GbR Bezug genommen.
Die Nennleistung der Anlage betrage 14,8 kWp, der prognostizierte jährliche Stromertrag belaufe sich auf 10.900 kWh. Der erzeugte Strom werde zu 55 % der Gesamterzeugung an das örtliche Energieversorgungsunternehmen abgegeben, zu 45 % der Gesamterzeugung werde der Strom für nichtunternehmerische Zwecke verwendet. Die PV-Anlage werde zu 100 % dem Unternehmensvermögen zugeordnet. Es sei ein Stromspeicher/eine Batterie vorhanden, welche gleichzeitig mit der PV-Anlage angeschafft worden sei. Der Stromspeicher/die Batterie sei vor dem Wechselrichter eingebaut.
Laut Schlussrechnung der A vom 30.09.2022 beliefen sich die Anschaffungskosten für die PV-Anlage insgesamt auf 31.754,10 € brutto.
Ausweislich der Rechnung der A vom 20.12.2021 (1. Akontoforderung) wurde die Lieferung und Installation einer Wallbox in der A-Straße, Ort 1, in Auftrag gegeben.
Ihre Einkommensteuererklärung sowie die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) für den Betrieb der PV-Anlage durch die GbR für das Jahr 2021 reichten die Antragsteller am 16.10.2022 beim Finanzamt ein. Die Betriebseinnahmen sowie die Betriebsausgaben im Rahmen der EÜR erklärten die Antragsteller jeweils mit 0 €. Es sei ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von X € zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich ein Verlust aus dem Gewerbebetrieb der GbR in Höhe von X €. Hiervon entfielen nach der Gewinnverteilungsabrede im Gesellschaftsvertrag der GbR -X € auf den Antragsteller und -X € auf die Antragstellerin.
Mit Einkommensteuerbescheid 2021 vom 02.12.2022 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer teilweise vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Abgabenordnung (AO) auf X € fest. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigte es...