Revision eingelegt (BFH VI R 11/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Mehraufwendungen für Verpflegung eines Rettungsassistenten mit festem Zustellstützpunkt
Leitsatz (redaktionell)
1. a) Für eine grundsätzliche Zuordnung eines Rettungsassistenten zu einer Rettungswache als erster Tätigkeitsstelle spricht bereits der Wortgebrauch des Arbeitsvertrags in Verbindung mit den Vorschriften des Manteltarifvertrages zur Anwendung des BAT in dem von einer "Dienststelle" die Rede ist und aus dem folgt das eine "Versetzung" möglich ist.
b) Eine dauerhafte Zuordnung des Rettungsassistenten zur Rettungswache ergibt sich aber insbesondere daraus, dass die Tätigkeit arbeitstäglich in der Rettungswache beginnt und endet und dort zwingende Vor- und Nacharbeiten vorzunehmen sind.
c) Maßgeblich für die Ermittlung und den Abzug für Verpflegungsmehraufwendungen ist daher § 9 Abs. 4 a EStG n.F, so dass keine Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen berücksichtigt werden können.
2. Bei der Berücksichtigung beruflich veranlasster Fahrten, bei der das weiträumige Tätigkeitsgebiet in § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG n.F. ausdrücklich genannt ist, ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat. Arbeitnehmer, die einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sind, aber außerhalb derselben tätig werden, üben keine Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern eine Auswärtstätigkeit aus.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4a, 1 Nr. 4a S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Der Kläger wurde im Streitjahr einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus einer Tätigkeit als Rettungsassistent bei A in 1.
Der Dienstvertrag mit dem A, 1 datiert von 1978 und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Laut Dienstvertrag bemisst sich das Beschäftigungsverhältnis nach den Vorschriften des Manteltarifvertrags zur Anwendung des Bundes-Angestellten-Tarifvertrags (BAT) für die Angestellten des A in der jeweils geltenden Fassung.
Der A, 1 betreibt drei Rettungswachen in 1: Die Hauptwache in der Str. 1 sowie eine Rettungswache in Str. 2 und eine in der Straße 3. Für alle Standorte besteht eine 24-Stunden-Einsatzbereitschaft. Der Kläger hat seinen Schichtdienst immer und auch im Streitjahr in der Hauptwache begonnen. Nur in bestimmten Vertretungsfällen hilft er ausnahmsweise in einer der beiden anderen Rettungswachen aus.
Die Arbeitseinteilung der Rettungsassistenten ist in 5-Tages-Dienstplänen organisiert, die von der jeweiligen Wachleitung erstellt werden; die Wachleitung ist Teil der Rettungswache. Wenn der Kläger z.B. Spätschicht hat, beginnt die Schicht um 14.00 Uhr und endet um 22.00 Uhr. D.h., der Kläger muss um 14.00 Uhr angezogen im Auto sitzen und sich bei der Rettungsleitstelle der Berufsfeuerwehr 1 anmelden.
Der Kläger stempelt seine Arbeitszeiten nicht. Er kommt ca. 15 bis 20 Minuten vor Dienstbeginn in die Hauptwache, zieht sich um, wäscht sich und prüft, ob das Fahrzeug sauber ist und die erforderliche Ausstattung enthält. Wenn der Kläger erkrankt ist, meldet er dies bei der Wachleitung in der Rettungswache Str. 1.
Sobald von der Rettungsleitstelle Einsatzdaten übermittelt werden, fährt der Kläger im Sanitätsfahrzeug von der Hauptwache zum Einsatz. Nach dem jeweiligen Einsatz verbleibt er im dortigen Stadtteil. Nach dem letzten Einsatz bringt er das Fahrzeug zum Schichtende wieder zur Hauptwache.
In der Einkommensteuererklärung 2015 machte der Kläger Mehraufwendungen für Verpflegung bei einer Auswärtstätigkeit als Werbungskosten geltend. In Anlage N erklärte er, an allen 205 Arbeitstagen habe eine Abwesenheit von mehr als acht Stunden vorgelegen, so dass die Verpflegungspauschale von 12 € greife. In Zeile 33 der Anlage N gab der Kläger als „Sammelpunkt/nächstgelegener Zugang zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet“ die Adresse der Hauptwache (Str. 1, 1) an. Bei der Ermittlung der über achtstündigen Abwesenheit bezog der Kläger die tägliche Fahrtzeit von jeweils einer Stunde von der Wohnung zur Hauptwache und zurück mit ein.
Das Finanzamt berücksichtigte die erklärten Verpflegungsmehraufwendungen im Einkommensteuerbescheid nicht. Es erläuterte, eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit sei nicht nachgewiesen worden. Die täglichen Fahrzeiten der Hin- und Rückfahrten zur Tätigkeitsstätte zählten daher nicht zu den Mehraufwendungen für Verpflegung.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Er verwies zur Begründung auf das BMF-Schreiben vom 24.10.2014. Darin heiße es, dass eine erste Tätigkeitsstätte vorliege, wenn der Arbeitnehmer dort seine eigentliche berufliche Tätigkeit ausübe (Rn. 26). Als Rettungssanitäter sei seine eigentliche berufliche Tätigkeit das Versorgen von Kranken und Verletzten vor Ort und ggf. der Transport ins Krankenhaus. In der Rettungsleitstell...