Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
... aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland ...
Rz. 111
Begriff der Geschäftsbeziehung. Der Begriff "Geschäftsbeziehung" ist in § 1 Abs. 4 definiert, weshalb insoweit auf die Kommentierung des Abs. 4 verwiesen wird (Rz. 2721 ff.).
Rz. 112
Einkünfteverlagerung ins Ausland. § 1 Abs. 1 verlangt Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus dessen Geschäftsbeziehungen zum Ausland. Der Ausdruck "zum Ausland" wird in § 1 Abs. 1 nicht näher definiert. Er ist deshalb entsprechend dem Zweck der Vorschrift auszulegen. § 1 soll Einkünfteverlagerungen ins Ausland verhindern. Daraus folgt, dass einerseits eine Minderung der im Inland steuerpflichtigen Einkünfte eintreten und der damit korrespondierende Vorteil im Ausland anfallen muss. Tritt die Einkünfteminderung im Ausland ein und fällt der damit korrespondierende Vorteil im Inland an, so liegt eine Geschäftsbeziehung vom Ausland ins Inland vor. Der Begriff ist deshalb weniger unter geographischen Gesichtspunkten als vielmehr unter dem eines vorrangigen Besteuerungsrechtes eines ausländischen Staates zu beurteilen. Nach Auffassung des BFH ist indessen eine korrespondierende Gewinnminderung im Ausland für die Anwendung des § 1 Abs. 1 nicht notwendig. Zwar solle die Vorschrift "vordringlich Fälle der Gewinnverlagerung in das Ausland" erfassen, dies sei aber "von einer korrespondierenden Anpassung der Besteuerung im Ausland unabhängig". Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Norm. Die Notwendigkeit, dass die inländische Einkünfteminderung mit einer Gewinnverlagerung über die Grenze einhergeht, sei dem Wortlaut indessen nicht zu entnehmen. Darüber hinaus diene § 1 "der Erfassung des zutreffenden Inlandsgewinns", sodass die Vorschrift z.B. auch auf Teilwertabschreibungen auf Forderungen aus nicht besicherten Gesellschafterdarlehen anzuwenden ist (zu Einzelheiten Rz. 180 ff.). Diese Argumentation des BFH unter Verweis auf die Gesetzesbegründung aus 1972 ist indessen nicht überzeugend (vgl. zu Einzelheiten Rz. 18.1).
Rz. 113
Steuerpflicht des korrespondierenden Vorteils im Inland. Problematisch sind die Fälle, in denen der im Ausland anfallende korrespondierende Vorteil dennoch im Inland steuerpflichtig ist. Für diesen Fall fragt es sich, ob die den Vorteil im Ausland erzielende nahestehende Person einen Bezug zum Ausland haben muss, der es ausschließt, die auf sie verlagerten Einkünfte im Inland zu besteuern. Eine Geschäftsbeziehung setzt alternativ voraus, dass die schuldrechtliche Beziehung beim Steuerpflichtigen Teil einer Tätigkeit ist, auf die § 13, § 15, § 18 oder § 21 EStG anzuwenden ist oder dass sie bei einem ausländischen Nahestehenden Teil einer Tätigkeit ist, auf die § 13, § 15, § 18 oder § 21 EStG anzuwenden wäre, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass keine für § 1 relevante Geschäftsbeziehung anzunehmen ist, wenn ein Steuerinländer einem ihm nahestehenden Steuerausländer ein zinsloses Darlehen gewährt, das dieser im Inland als Teil einer Tätigkeit einsetzt, auf die § 13, § 15, § 18 oder § 21 EStG anzuwenden ist. Damit werden ein weiteres Mal vergleichbare in- und ausländische Sachverhalte im Inland ungleich besteuert. Problematisch ist das Abstellen auf die Besteuerung beim Leistungsempfänger aber auch dann, wenn der Steuerpflichtige keinen Einfluss auf die Verwendung seiner Leistung hat. Gibt z.B. ein Steuerinländer einer inländischen GmbH, an der er zu 30 % beteiligt ist, ein zinsloses Darlehen, und verwendet die GmbH das Darlehen für Zwecke ihrer ausländischen Betriebsstätte, dann mag sich de facto eine Gewinnverlagerung in den ausländischen Betriebsstättenstaat ergeben. Dennoch ist nicht sicher, dass der Steuerinländer diese Verlagerung beabsichtigt hat. Die Besteuerung des Steuerinländers hängt von dem Verhalten einer anderen Person ab, auf die er nicht immer den nötigen Einfluss hat. Es kommt hinzu, dass die Betriebsstätteneinkünfte unter den Voraussetzungen eines DBA-Aktivitätsvorbehaltes im Inland steuerpflichtig sein können. Es wäre eigenartig, wenn § 1 nur auf ausländische aktive und nicht auf ausländische passive Einkünfte Anwendung finden könnte.
Rz. 114
Ausland, nicht Inland. Die Geschäftsbeziehung muss "zum Ausland" bestehen. Eine Geschäftsbeziehung "zum Inland" oder von dem einen ausländischen Staat zu einem anderen genügt nicht. Die Geschäftsbeziehung muss als solche eine grenzüberschreitende sein. Daran fehlt es, wenn beide Vertragspartner der Geschäftsbeziehung im Inland ansässig sind und der Leistungsempfänger die Leistung lediglich im Ausland nutzt oder verwendet. Gewährt z.B. der Steuerpflichtige einer ihm nahestehenden, jedoch im Inland ansässigen Person ein Darlehen, das der Darlehensnehmer für seine ausländische Betriebsstätte verwendet, so vollzieht sich die Geschäftsbeziehung im Inland. Die Darlehensnutzung innerhalb der Betriebsstätte ist nicht Gegenstand der Geschäftsbeziehung. Nur dann, wenn die Vertragspartner verei...