Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
Rz. 2
Die Regelung entspricht im Wesentlichen § 2 BKKG a. F. § 62 EStG legt die Anspruchsvoraussetzungen in der Person des Kindergeldberechtigten fest. § 63 EStG umschreibt, welche Gruppen von Kindern bei Anspruchsberechtigten i. S. v. § 62 EStG zu berücksichtigen sind. Die Anknüpfung in § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG an den Kindbegriff des § 32 Abs. 1 EStG (im ersten Grad verwandte Kinder und Pflegekinder) bezweckt die weitgehende Vereinfachung und Vereinheitlichung des Familienleistungsausgleichsverfahrens.
Über § 32 Abs. 1 EStG hinaus werden nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 EStG aber auch in den Haushalt aufgenommene Stiefkinder und Enkelkinder berücksichtigt. Für diese Kinder besteht nach § 32 Abs. 6 EStG auf Antrag die Möglichkeit der Übertragung des Kinderfreibetrags sowie des einheitlichen Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsfreibetrags auf den Stiefeltern- oder auf den Großelternteil mit der Folge, dass sich Freibeträge und Kindergeld wieder entsprechen (s. § 32 EStG Rz. 136ff.). Durch die entsprechende Anwendung von § 32 Abs. 3 bis 5 EStG aufgrund der Verweisung in § 63 Abs. 1 S. 2 EStG werden die weiteren Berücksichtigungsvoraussetzungen (Lebensalter, Berufsausbildung, Übergangszeiten, Behinderung, Verlängerungstatbestände) festgelegt. Im Gegensatz zum Freibetragsrecht sind Kinder, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland oder EU-/EWR-Raum haben, von der Berücksichtigung ausgeschlossen. Für diese Kinder stehen Eltern nur die – ggf. nach der Ländergruppeneinteilung ermäßigten – Freibeträge nach § 32 Abs. 6 S. 4 EStG zu (§ 32 EStG Rz. 122ff.).
Geschwister können nur noch unter der Voraussetzung eines Pflegekindschaftsverhältnisses berücksichtigt werden (§ 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG); zu Geschwistern als Pflegekinder s. § 32 EStG Rz. 24.
Rz. 3
Ein bei einem Anspruchsberechtigten nach § 63 Abs. 1 EStG zu berücksichtigendes Kind ist ein sog. "Zählkind". Ein Zählkindschaftsverhältnis ist notwendige, aber nicht ausreichende Voraussetzung für die tatsächliche Auszahlung des Kindergelds (dann sog. "Zahlkind"). Ein Kind wird als Zählkind bezeichnet, wenn es nach Abs. 1 zwar zu berücksichtigen ist, gleichwohl aber kein Kindergeld zu zahlen ist, weil der Anspruch vorrangig einer anderen Person zusteht (§ 64 Abs. 2, 3 EStG) oder ein Ausschlusstatbestand nach § 65 EStG bzw. nach über- oder zwischenstaatlichem Recht greift. Bei der Bestimmung der Reihenfolge der Geburten, die sich bis zum Kj. 2022 auf die Höhe des Kindergelds auswirkt (§ 66 Abs. 1 EStG), waren die Zählkinder zu berücksichtigen, sodass sich der Anspruch für jüngere Zahlkinder erhöhen konnte (§ 66 Rz. 4 EStG). Mit dem G. zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Inflationsausgleichsgesetz) v. 8.12.2022 wurde § 66 EStG neu gefasst. Mit Wirkung vom 1.1.2023 beträgt das Kindergeld monatlich für jedes Kind 250 EUR (§ 66 Abs. 1 EStG). Die Reihenfolge der Geburten ist demnach für die Höhe des Kindergeldes nicht mehr maßgebend.
Damit erhalten alle Kinder den gleichen Kindergeldbetrag und der bisherige Effekt, dass ein Berechtigter für ein Kind aufgrund vorhandener sog. "Zählkinder" ein höheres Kindergeld erhalten konnte (sog. "Zählkindvorteil") entfällt ab 1.1.2023.