Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der 1%-Methode bei einem Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
- Nach allgemeiner Lebenserfahrung spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die zur privaten Nutzung geeignet sind und zur Verfügung stehen auch tatsächlich privat genutzt werden.
- Es obliegt dem Steuerpflichtigen anhand eines Fahrtenbuches die ausschließlich betriebliche Nutzung nachzuweisen.
- Die Nachweispflicht anhand eines Fahrtenbuches ist nicht durch die Verschwiegenheitspflicht eines Steuerberaters ausgeschlossen.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4; StBewG § 57 Abs. 1; StGB § 203 Abs. 1 Nr. 3; AO § 203 Abs. 1 Nr. 3, § 102 Abs. 1 Nr. 3
Streitjahr(e)
1999
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für einen PKW, der im betrieblichen Anlagevermögen eines Steuerberaters gehalten wird, wegen eines möglichen Gebrauchs zu privaten Zwecken eine Nutzungsentnahme anzusetzen ist. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Kläger wurden vom Beklagten (dem Finanzamt) für das Streitjahr 1999 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Während dieses Zeitraums erzielte der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als Steuerberater. Diese Tätigkeit übte er in einem von ihm allein betriebenen Büro in N sowie im Rahmen von zwei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts mit Sitz in L sowie in E aus. Daneben hatte er Einkünfte aus Kapitalvermögen. Beide Kläger erzielten zudem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Für sein Steuerberatungsbüro in N ermittelte der Kläger den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit durch Einnahmenüberschussrechnung. Dabei berücksichtigte er für das Streitjahr 1999 bei den Betriebsausgaben auch Fahrzeugkosten in Höhe von … DM. In dem zur Gewinnermittlung gehörenden Anlageverzeichnis führte er unter der Rubrik „Pkw” ein Fahrzeug der Marke „ …” auf. Einen Entnahmewert für die private Nutzung des Fahrzeugs setzte er nicht an. Den Gewinn aus der Steuerberatungstätigkeit in N ermittelte er mit … DM. Diesen Betrag legten die Kläger ihrer Einkommensteuererklärung zu Grunde. Auf eine entsprechende Rückfrage teilten sie dem Finanzamt ergänzend mit, der Pkw werde privat nicht genutzt.
Das Finanzamt ging – entgegen dem Vorbringen der Kläger – von der Annahme aus, der Kläger habe den im Anlagevermögen gehaltenen Pkw nicht nur zu beruflichen, sondern auch zu privaten Zwecken genutzt. Den Wert dieser Nutzung ermittelte es gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG, sog. Ein-Prozent-Regelung) in folgender Weise: Anschaffungskosten (netto) … DM zzgl. Umsatzsteuer … DM, Summe … DM, davon 1% x 12 Monate, ergibt … DM, zzgl. Umsatzsteuer (16%) … DM, ergibt … DM. In dieser Höhe setzte es eine Nutzungsentnahme an und erhöhte den von dem Kläger ermittelten Gewinn entsprechend. Auf dieser Grundlage setzte es durch Bescheid vom 05.04.2002 die Einkommensteuer fest. Wegen eines hier nicht streitigen Punktes änderte es die Festsetzung später durch Bescheid vom 03.05.2002.
Gegen den Bescheid vom 05.04.2002 legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung verwiesen sie auf ihr Vorbringen zu dem Klageverfahren, das seinerzeit unter der Geschäftsnummer 10 K 137/06 betreffend die Einkommensteuer 1998 beim Hessischen Finanzgericht anhängig war. Eine weitere Begründung gaben sie – trotz einer Erinnerung durch das Finanzamt – nicht ab. Durch Schreiben vom 24.02.2011 griff das Finanzamt das Verfahren wieder auf und wies die Kläger auf folgendes hin: Der Einspruch sei bisher nur mit dem Verweis auf das Rechtsbehelfsverfahren wegen Einkommensteuer 1998 begründet worden. Dieses Verfahren sei inzwischen abgeschlossen. Mit Urteil vom 10.12.2004 (gemeint wohl: vom 12.03.2009) habe das Hessische Finanzgericht die Klage abgewiesen. Sodann habe der Bundesfinanzhof (BFH) die dort eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 26.03.2010 zurückgewiesen. Es werde nochmals Gelegenheit gegeben, sich zur Begründung des Einspruchs zu äußern.
Auf die Hinweise des Finanzamts entgegneten die Kläger mit einem Schreiben, das am 07.03.2011 beim Finanzamt einging (Datumsangabe vom 07.03.2010). Darin erhoben sie Einwendungen gegen den bisherigen Ablauf des Einspruchsverfahrens sowie gegen Steuerfestsetzungen, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens waren. Zum Ansatz eines Entnahmewerts wegen Privatnutzung des betrieblichen Pkw im Streitjahr 1999 äußerten sie sich nicht.
Mit Schriftsatz vom 07.05.2011 haben die Kläger, vertreten durch den Kläger als Prozessbevollmächtigten, Untätigkeitsklage erhoben. Zu deren Zulässigkeit haben sie – sinngemäß – zunächst vorgetragen: Das Finanzamt habe es zu Unrecht unterlassen, den gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 eingelegten Einspruch abschließend zu bearbeiten. Die Tatsache, dass gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 ein Klageverfahren anhängig gewesen sei, rechtfertige es jedenfalls nicht, die Entscheidung über den Einspruch hinauszuzögern.
Das Finanzamt hat am 10.08.2011 eine Einspruchsen...