Rz. 59
Seit Einführung der Steufa in den 1920er Jahren gibt es keine Aussage im Gesetz zur Organisation der Steufa. Es ist Verwaltungspraxis, Steuerfahndungsdienststellen aufgrund bloßer verwaltungsinterner Vorschriften einzurichten. Dies wird als zulässig angesehen. Gleichwohl erleichtert der dadurch bedingte Verlust an Transparenz nicht gerade den Umgang mit der Dienststelle "Steuerfahndung". Rechtliche Konsequenzen für den Einzelfall ergeben sich daraus allerdings nicht.
Rz. 60
Aufgrund der in Art. 84 Abs. 1 GG, § 17 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 FVG festgeschriebenen Organisationshoheit der einzelnen Bundesländer hinsichtlich der jeweiligen Landesfinanzverwaltung existiert bei der Steufa nach wie vor keine bundeseinheitliche Organisationsstruktur und Führung. Die Norm des § 208 Abs. 1 Satz 2 AO spricht von "mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden". Somit konnten sich die Bundesländer entscheiden, welcher Landesfinanzbehörde die Steuerfahndungsstellen zugeordnet werden. Mithin werden in den Bundesländern auf Grundlage von Rechtsverordnungen nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG unterschiedliche Organisationsmodelle praktiziert, die teilweise erheblicher Kritik ausgesetzt sind. Dies gilt insb., soweit die Steufa als "Außenstelle" einer OFD oder gar als selbständiges FA organisiert ist, bei dem sich neben der Fahndung auch die staatsanwaltschaftliche Aufgaben wahrnehmende BuStra befindet (zur Kritik an dieser Organisationsform s. Fußnote).
Rz. 61
Vergleichbar sind die Organisationsstrukturen noch insoweit, als es in allen Bundesländern "überbezirkliche" Steuerfahndungsstellen für den Bereich mehrerer FÄ gibt. Die Fahndungsstellen sind einem FA zugeordnet; ihr sachlicher Zuständigkeitsbereich umfasst die Bezirke mehrerer ihnen jeweils zugeordneter FÄ (s. auch § 387 Rz. 53).
Zur konkreten Umsetzung dieser Zuständigkeitskonzentration existieren jedoch in den einzelnen Bundesländern zwei unterschiedliche Organisationsmodelle:
Rz. 62
Überwiegend sind die Steuerfahndungsstellen als unselbständige Dienststellen einem bestimmten FA zugeordnet bzw. eingegliedert, so in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen- Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Ihr Kompetenzbereich erstreckt sich dabei regelmäßig über die Bereiche mehrerer FÄ. Die Fahndungsbeamten unterstehen dem Weisungsrecht des jeweiligen Behördenleiters.
Rz. 63
Dagegen sind in Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen selbständige FÄ für Steuerstrafsachen und Steufa bzw. FÄ für Fahndung und Strafsachen eingerichtet. Dieses Modell gleicht der Organisation der Zollfahndungsämter.
Obwohl hierdurch eine Trennung von Besteuerungs- und Strafverfahren auch organisatorisch unterstrichen wird, stößt dieses Modell auf Kritik (s. § 385 Rz. 90). Insbesondere kann es zu bedenklichen Kompetenzüberschneidungen bzw. -überschreitungen kommen, wenn der Vorsteher des FA für Strafsachen und Fahndung einerseits Leiter eines Steuerfahndungssachgebietes, andererseits Vertreter des Leiters der Strafsachenstelle ist und bei dessen Verhinderung in Vertretung entsprechende Anträge auf richterliche Untersuchungshandlungen stellt.
Rz. 64
Die einzelnen Bundesländer haben zumeist im Wege einer Verordnung über Zuständigkeiten der Finanzämter, der Finanzbehörden oder der Finanzverwaltung entsprechende Rechtsakte für die Einrichtung der Steuerfahndungsstellen erlassen. Die einzelnen FÄ, bei denen Steuerfahndungsstellen eingerichtet wurden, ergeben sich aus nachstehender Übersicht:
Bundesland |
Organisationsmodell |
FÄ, bei denen Steuerfahndungsstellen eingerichtet wurden |
Baden-Württemberg |
unselbständige Dienststelle eines FA |
Freiburg-Land, Rottweil, Konstanz, Karlsruhe-Durlach, Mannheim-Neckarstadt, Pforzheim, Heilbronn, Reutlingen, Schwäbisch Gmünd, Stuttgart II, Ulm |
Bayern |
unselbständige Dienststelle eines FA |
Augsburg-Stadt, Kempten, Landshut, München, Rosenheim, Bayreuth, Nürnberg-Süd, Regensburg, Würzburg |
Berlin |
selbständiges "Finanzamt für Fahndung und Strafsachen" |
|
Brandenburg |
unselbständige Dienststelle eines FA |
Cottbus, Frankfurt/O., Oranienburg, Potsdam |
Bremen |
unselbständige Dienststelle eines FA |
Bremerhaven (Außenstelle Bremen) |
Hamburg |
selbständiges "Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen" |
|
Hessen |
unselbständige Dienststelle eines Prüfungsfinanzamts |
Darmstadt, Frankfurt/M. I, Kassel II-Hofgeismar, Wetzlar, Wiesbaden I, Offenbach am Main II |
Mecklenburg-Vorpommern |
unselbständige Dienststelle eines FA |
Schwerin |
Bundesland |
Organisationsmodell |
FÄ, bei denen Steuerfahndungsstellen eingerichtet wurden |
Niedersachsen |
selbständiges "Finanzamt für Fahndung und Strafsachen" |
Braunschweig, Hannover, Lüneburg, Oldenburg |
Nordrhein-Westfalen |
selbständiges "Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung" |
Düsseldorf, Essen, Wuppertal, Aachen, Bonn, Köln, Bielefeld, Bochu... |