Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung, Arbeitskampf, Warnstreik, Sympathiestreik, eigennütziger Solidaritätsstreik, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der uneigennützige Sympathiearbeitskampf, der zur Unterstützung eines fremden Tarifkonflikts geführt wird, ist in der Regel unzulässig.
Der gegen den Arbeitgeberaußenseiter während eines Verbandstarifkonflikts geführte Warnstreik ist unzulässig, wenn der Arbeitgeberaußenseiter sich schon zuvor durch Abschluss eines Firmentarifvertrags verpflichtet hat, das Verbandsergebnis zu übernehmen.
Der Ausspruch einer Abmahnung wegen der Teilnahme eines Arbeitnehmers an einem rechtswidrigen Streik ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Streik von der zuständigen Gewerkschaft geführt wurde und der Arbeitnehmer rechtsirrigerweise davon ausgegangen ist, der Streik sei rechtmäßig.
Normenkette
ESC Art. 6 Nr. 4; GG Art. 9 Abs. 3; BGB §§ 242, 1004
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 11.10.2000; Aktenzeichen 8 Ca 3318/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 11.10.2000 – 8 Ca 3318/00 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden den Klägern auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten den Klägern gegenüber erteilten Abmahnungen vom 10.05.2000.
Die Beklagte betreibt in D2xxxxxx-D7xxxxxxx ein Druckhaus. In dem Druckhaus wird die Tageszeitung R3xx-N1xxxxxxxxx gedruckt. Die Beklagte beschäftigt cirka 80 Arbeitnehmer. Sie ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbands.
Der am 19.03.1948 Kläger zu 1) S1xxxxx ist seit 1972 bei der Beklagten als Rotationsdrucker beschäftigt. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Medien. Sein monatliches Bruttoeinkommen beträgt 5.500,– DM.
Der am 13.05.1959 geborene Kläger zu 2) E2xxxxx ist seit 1990 bei der Beklagten als Rotationshelfer beschäftigt. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Medien. Sein monatliches Bruttoeinkommen beträgt 6.500,– DM.
Unter dem 01.01.1982 schloss die Beklagte mit der Industriegewerkschaft Druck und Papier, Landesbezirk NRW, einen Firmentarifvertrag (Bl. 15 f d.A.), in dem u.a. Folgendes vereinbart wurde:
„Mit dem Tage der Unterschriftsleistung gelten für diegewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden
- der Manteltarifvertrag für die Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 12.04.1979 einschließlich der Vereinbarung bezüglich der Vertrauensleute der IG Druck und Papier vom 12.04.1979;
- der Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 22.12.1970 in der Fassung vom 25.01.1980;
- die Anhänge zum Manteltarifvertrag vom 01.03.1980;
- der Tarifvertrag zur Anwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen vom 20.12.1967 mit der tarifvertraglichen Vereinbarung vom 02.10.1969;
- das Lohnabkommen für die Druckindustrie vom 01.04.1981;
- Tarifvertrag über Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme vom 20.03.1978.
Für diekaufmännischen und technischen Angestellten und Auszubildenden gelten
- der Manteltarifvertrag vom 25.01.1980;
- der Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 22.12.1970 in der Fassung vom 25.01.1980;
- der Tarifvertrag zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen vom 25.01.1980;
- der Gehaltstarifvertrag für Angestellte der Druckindustrie im Land Nordrhein-Westfalen vom 01.04.1981;
- Tarifvertrag über Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme vom 20.03.1978.
Bei fristgerechtem Auslaufen und Neuabschluss von Verträgen zwischen den Arbeitgeberverbänden der Druckindustrie und der IG Druck und Papier, die Inhalt dieses Firmentarifvertrages sind, wird der Inhalt der neu abgeschlossenen Tarifverträge unverzüglich übernommen.
Die Industriegewerkschaft Druck und Papier, Landesbezirk Nordrhein-Westfalen, verpflichtet sich, arbeitsrechtliche, sozialpolitische und betriebswirtschaftliche Informationen an den Vertragspartner weiterzugeben, soweit sie die aufgeführten Tarife betreffen.
Dieser Firmentarifvertrag tritt nach vollzogener Unterschriftsleistung der beiden Tarifvertragsparteien sofort in Kraft.
Als Gesamtvertrag hat er eine Laufdauer auf unbestimmte Zeit und kann mit einer Vierteljahresfrist zum Jahresende gekündigt werden, erstmals zum 31. Dezember 1982.
Mit sofortiger Wirkung endet dieser Vertrag, wenn sich die Firma L1xxxxx-W1xxx Druck GmbH, D2xxxxxx, einem Arbeitgeberverband anschließt, der mit der IG Druck und Papier entsprechende Tarifbindungen unterhält.”
Dieser Tarifvertrag ist in der Folgezeit nicht gekündigt worden.
Im Rahmen von Verbandstarifauseinandersetzungen in den Jahren 1992, 1994 und 1998 führte die zuständige Gewerkschaft im Betrieb der Beklagten Streikmaßnahmen durch. Im Rahmen dieser Streikmaßnahmen forderte die Beklagte ihre Mitarbeiter durch persönliche Anschreiben u.a. auf, von den Streikmaßnahmen Abstand zu nehmen. Abmahnungen wurden nicht angedroht und auch nicht ausgesprochen. Es wurden auch keine gerichtlichen Auseinand...