Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaub, Urlaubsentgelt und Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Arbeitnehmer ohne zeitliche Konkretisierung durch den Arbeitgeber nach Kündigung unter unwiderruflicher Freistellung auf die Einbringung von Urlaub und Zeitguthaben in der Kündigungsfrist verwiesen, und einigen sich die Parteien noch während der Kündigungsfrist auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, ist ein Streit der Parteien über ein erfüllungsweises Erlöschen von Urlaub und Gutstunden vor einvernehmlicher Fortsetzung nach folgenden Grundsätzen zu lösen:
2. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer gemäß §§ 366 Abs. 2, 315 Abs. 1, 242 BGB verpflichtet, zunächst Urlaub und Gutstunden einzubringen, sodann die Freistellung in Anspruch zu nehmen.
Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitnehmer der Verweisung auf Urlaub oder Zeitguthaben begründet widerspricht oder wenn er – ohne ausdrücklichen Widerspruch – bereits vor der Kündigung eine besondere – abweichende – Planung der zeitlichen Lage seines Urlaubs getroffen hat.
Eine solche Planung ist im Streitfalle zu berücksichtigen, wenn diese zwischen den Parteien unstreitig ist oder wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass er mit Kollegen und/oder Vorgesetzten eine entsprechende Absprache getroffen oder bereits einen entsprechenden Urlaubsantrag eingereicht hat.
Zur Auslegung, ob dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum Urlaub angerechnet werden sollte, kann auch der erkennbare Wille des Arbeitgebers berücksichtigt werden. Wird dem Arbeitnehmer zustehendes zusätzliches Urlaubsgeld nicht in den Monaten bezahlt, in welchen der Arbeitgeber im Prozess davon ausgeht, dass Urlaubsansprüche eingebracht worden seien, kann dies ein Indiz dafür darstellen, dass auch der Arbeitgeber nicht von einer Urlaubseinbringung ausgegangen ist.
3. Prozessual ist es dem Arbeitnehmer bei Ablehnung des streitig verbrauchten Urlaubs durch den Arbeitgeber gestattet, gerichtlich bereits im Urlaubsjahr einen Urlaubsgewährungsanspruch geltend zu machen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Arbeitnehmer um den Verfall zu verhindern verpflichtet gewesen wäre, einen Anspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 1; BGB § 366 Abs. 2, § 315 Abs. 1, § 242
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 15.02.2001; Aktenzeichen 6 Ca 6358/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15.02.2001 – Az.: 6 Ca 6358/00 – teilweise in Ziffern 1 und 2 abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger nicht gewährte Urlaubstage aus dem Jahr 2000 in Höhe von 17 Urlaubstagen zu gewähren.
3. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 5/8, der Kläger 3/8.
5. Die Revision wird für jede der Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die (Nach-)gewährung von 17,5 Tagen an Urlaub und 43,15 „Gutstunden”.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 06.04.1981 beschäftigt.
Bei der Beklagten existiert eine Betriebsvereinbarung vom 09.12.1999, wonach der Mitarbeiter über Zeitguthaben selbst verfügt (Bl. 112/113 d.A.).
Vor dem Beginn einer Erkrankung des Klägers am 26.01.2000 sprach dieser mit seinem Kollegen die Lage seines Urlaubs für das Jahr 2000 vom 13.06. bis 24.06.2000 (8 Urlaubstage) und 21.08. bis 11.09.2000 (15 Urlaubstage) ab. Ob diesbezüglich schon Urlaubsanträge abgegeben wurden, ist zwischen den Parteien streitig.
Am 26.01.2000 erkrankte der Kläger mit Folge einer Arbeitsunfähigkeit (bis 03.03.2000).
Am 04.02.2000 wurde das Arbeitsverhältnis durch die Beklagte zum 31.08.2000 gekündigt mit sofortiger unwiderruflicher Freistellung unter Anrechnung des restlichen Urlaubs und eventuell vorhandener Zeitguthaben (Bl. 23 d.A.).
Am 03.03.2000 endete die Arbeitsunfähigkeit des Klägers.
Am 14.04.2000 einigten sich die Parteien auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab 17.04.2000.
Die Beklagte vertritt die Ansicht (teilweise zum Ausdruck gekommen in einer Aktennotiz, Bl. 7 d.A.), dass mit der Freistellung des Klägers bis zum 17.04.2000 gemäß dem Kündigungsschreiben und der dortigen Verweisung auf Urlaub und Gutstunden ein Resturlaubsanspruch in Höhe von 10 Tagen für 1999 und ein (Teil-) Urlaubsanspruch von 7,5 Tagen für 2000, wie auch die Gutstunden erfüllt seien (Bl. 22 d.A.).
Mit Klage vom 22.08.2000 in der Form des Antrags vom 01.02.2001 (Bl. 44 d.A.) begehrt der Kläger Schadensersatz für 17,5 Tage und Feststellung der Gutschrift von 43,15 Gutstunden.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Endurteil vom 15.02.2001 unter dem Aktenzeichen 6 Ca 6358/00
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses dem Kläger am 27.03.2001 zugestellten Endurteils wird verwiesen.
Hiergegen legte dieser mit Schriftsatz vom 27.04.2001 Berufung ein. Hinsichtlich der weiteren Formalien der Berufung wird auf die protokollarischen Feststellungen vom 10.04.2002 verwiesen.
Der Kläger trägt in seiner...