Rn. 135
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Der BFH hat die vorweggenommene Erbfolge in Anlehnung an das Zivilrecht als Singularsukzession begriffen, die sich im Vorgang der unentgeltlichen Übertragung des WG erschöpft (BFH vom 09.07.1985, BStBl II 1985, 722). Damit wird die vorweggenommene Erbfolge als Sonderfall der Schenkung betrachtet.
Eine (Teil-)Entgeltlichkeit liegt vor, soweit die Schenkung mit Auflagen verbunden ist, die über die Einbringung von Sachleistungen oder die Einräumung von Nutzungsrechten aus dem übernommenen Vermögen hinausgehen.
Sog Gleichstellungsgelder an Dritte und – anders als bei Schuldübernahmen iRd Erbauseinandersetzung – auch übernommene Verbindlichkeiten führen zu AK des Übernehmers und einem Veräußerungsentgelt des Übergebers, das an die Stelle des übertragenen Vermögens tritt und in der Forderung auf Gewährung der Ausgleichszahlungen an den begünstigten Dritten besteht.
Rn. 136
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Die Anschaffung zu einem besonders niedrigen Kaufpreis ist, jedenfalls bei Verträgen unter fremden Dritten, nur dann eine teilentgeltliche Übertragung, wenn sich die Beteiligten hinsichtlich des Mehrwerts über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig waren. Ansonsten, dh, wenn die Beteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ausgehen, ist grundsätzlich ein vollentgeltlicher Erwerbsvorgang anzunehmen.
Beim Verkauf unter Abkömmlingen besteht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Übertragung aus familiären Gründen, nicht aber im Wege eines Veräußerungsgeschäfts unter kaufmännischer Abwägung von Leistung und Gegenleistung erfolgt. Die Trennung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil erfolgt nach dem Verhältnis des Kaufpreises zum Verkehrswert des Kaufgegenstandes (s auch BMF vom 05.10.2000, BStBl I 2000, 1383 Rz 30).
Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils liegt keine Anschaffung vor, und es gilt der Zeitpunkt des Erwerbs durch den Rechtsvorgänger. Der entgeltliche Teil wird dagegen neu angeschafft, so dass eine neuerliche Behaltefrist zu laufen beginnt. Wird das Grundstück innerhalb der Behaltefrist bebaut, ist der auf das Gebäude entfallende Teil des Veräußerungserlöses in die Berechnung des Veräußerungsgewinns einzubeziehen, soweit das Grundstück entgeltlich erworben wurde.
Beispiel:
S erwirbt im Jahre 2016 ein Grundstück (Verkehrswert: TEUR 400) von seinem Vater (V) für TEUR 100, das dieser im Jahre 2013 erworben hatte. Er bebaut es (HK: TEUR 400) im Jahre 2020 und veräußert es im Jahre 2024 für TEUR 1 000.
Lösung:
Soweit der Erwerb des Grundstücks durch S entgeltlich erfolgte – hier: zu einem Viertel – beginnt im Erwerbszeitpunkt (2016) eine neue Zehnjahresfrist; soweit er unentgeltlich erfolgte – hier: zu drei Vierteln – ist der Erwerb durch V in 2013 maßgeblich, sodass insoweit wegen Fristüberschreitung keine Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft in Betracht kommt.
Die HK des in die Besteuerung mit einzubeziehenden Gebäudes sind nach dem gleichen Verhältnis aufzuteilen, weil das Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens ist (§ 94 BGB) und seine Behandlung dem des Grundstücks zu folgen hat. Es ergibt sich folgende Berechnung:
Kaufpreis Grund und Boden |
TEUR 100 |
HK des Gebäudes zu 1/4 |
TEUR 100 |
|
TEUR 200 |
Veräußerungspreis zu 1/4 |
TEUR 250 |
Veräußerungsgewinn |
TEUR 50 |
Rn. 137
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Eine Auflagenschenkung ist ein unentgeltlicher Vorgang. Verpflichtet sich der Beschenkte, Teile des erhaltenen Vermögens in natura an Dritte weiterzugeben, stellt dies kein Entgelt dar. Hat der Beschenkte dagegen Geldleistungen zu erbringen und erfüllt er diese an Erfüllungs statt durch Hingabe von WG, liegt darin ein Entgelt, das der Zuwendungsempfänger an einen anderen leistet (BMF vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80 Rz 7, 8).
Rn. 138
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Soweit mit der Zuwendung die Übernahme von Verbindlichkeiten einhergeht, stellt dies eine entgeltliche Übertragung dar. Dieser Vorgang wird genauso behandelt, als hätte der Beschenkte den zur Ablösung der Verpflichtung erforderlichen Betrag an den Schenkenden gezahlt und dieser die Verbindlichkeit tatsächlich abgelöst. Dies ist zB der Fall bei einer Grundstücksschenkung, wenn das Grundstück mit Grundpfandrechten belastet ist und der Zuwendungsempfänger den Übertragenden von der Erfüllung einer zugrunde liegenden Verbindlichkeit freistellt oder diese unter Abrede mit dem Gläubiger übernimmt; insoweit liegt dann Teilentgeltlichkeit vor.
Rn. 139
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Bei Einzelrechtsnachfolge durch Schenkung kann nach altem Recht (dh für Veräußerungsvorgänge bis einschließlich VZ 1998) eine Zurechnung der Anschaffung des Schenkers beim Beschenkten nicht erfolgen. Die für einen unentgeltlichen Erwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge geltenden Grundsätze sind mangels gesetzlicher Grundlage nicht auf den unentgeltlichen Erwerb durch Schenkung übertragbar (BFH vom 12.07.1988, BStBl II 1988, 942).
Bei Vornahme einer Schenkung mit dem Zweck, die Besteuerung eines privaten Ver...