Rn. 31
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Bewertungseinheit ist grundsätzlich die einzelne Grundstücksfläche, die selbstständig Gegenstand des Rechtsverkehrs sein kann (BFH vom 29.09.1971, BStBl II 1972, 13; sog Bilanzierungs- und Bewertungseinheit iSd § 252 Abs 1 Nr 3 HGB). Weder § 55 EStG noch § 6 EStG geben aber Auskunft, wann eine (Boden-)Fläche als WG in vorstehendem Sinne anzusehen und somit mit einem einheitlichen Wert anzusetzen ist.
Lediglich für Flächen, die nach dem BodenschätzungsG zu schätzen sind, ist in § 55 Abs 2 Nr 1 EStG bestimmt, dass für jedes katastermäßig abgegrenzte Flurstück die im Liegenschaftskataster ausgewiesene Ertragsmesszahl (EMZ) zu vervierfachen ist, während für andere luf genutzte Flächen ein Ausgangsbetrag je Quadratmeter Nutzfläche angesetzt werden soll. Danach wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass als WG jedes katastermäßig abgegrenzte Flurstück in Betracht kommt, sofern nicht für Teile des Flurstücks unterschiedliche Nutzungen vorliegen (zB wegen einer unterschiedlichen Nutzung eines auf dem Flurstück befindlichen Gebäudes, vgl R 4.2 Abs 4 EStR 2012) oder Teilflächen des (einheitlichen) Flurstücks unterschiedlich nach § 55 Abs 1 bzw 5 EStG bewertet worden sind (zB an die Straße angrenzendes sog Vorderland wird gem § 55 Abs 5 EStG mit einem höheren Teilwert bewertet, das dahinter befindliche sog Hinterland wird nach § 55 Abs 1 und 2 EStG mit dem Achtfachen der – anteiligen – EMZ angesetzt).
Rn. 32
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Von Bedeutung sind die vorstehenden Ausführungen insb in den Fällen, in denen zusammen mit dem Grundstück Anlagen auf demselben oder Aufwuchs bzw Substanzvorkommen veräußert oder entnommen werden oder wenn der Betrieb im Ganzen veräußert oder aufgegeben wird, weil in diesen Fällen jeweils der Kaufpreis (im Verhältnis der Teilwerte bzw der gemeinen Werte) auf die einzelnen WG aufzuteilen ist (im Einzelnen s § 14 Rn 195 (Mitterpleininger)); dies gilt selbst dann, wenn der Erwerber allein am Grund und Boden interessiert ist und nicht auch an den anderen mitveräußerten WG, wie zB aufstehendem Holz (glA Selder in Brandis/Heuermann, § 55 EStG Rz 10).
Soweit der BFH vom 21.07.2009, BFH/NV 2010, 184 ausführte, dass zum luf BV nur Boden bis zu einer Tiefe, bis zu der die Bodenbearbeitung und Wurzelverflechtungen reichen, gehöre, ist daran nicht mehr festzuhalten; auch eine tiefer liegende Bodenschicht kann mit der Oberschicht ein einheitliches WG "Grund und Boden" bilden, solange die obere Bodenschicht mit den unteren Schichten durch Austausch von Wasser und Mineralstoffen eine Einheit bildet (BFH vom 19.04.2021, BFH/NV 2021, 1247).
Die unselbstständigen Bestandteile des WG "Grund und Boden" können sich aber zu einem selbstständigen WG (des PV) verselbstständigen, wenn ein bislang unselbstständiger Bodenbestandteil durch Aufschließung und Verwertung in den Verkehr gebracht wird (wie dies bei einem Bodenschatz der Fall sein kann, BFH vom 24.01.2008, BStBl II 2009, 449), oder wenn sich auf dem Grundstück oder unter der Oberfläche ein Gebäude befindet und die Grundstücks- und Gebäudenutzflächen in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen, wie dies zB bei einem unter der Grundstücksfläche befindlichen Bauwerk (U-Bahnröhre, BFH vom 18.08.1977, BStBl II 1977, 796) oder einem durch Aussolung eines Salzstocks entstandenem Hohlraum (BFH vom 14.10.1982, BStBl II 1983, 203) der Fall ist. Der zu dem jeweiligen Grundstück gehörende Buchwert ist somit bei Veräußerung/Entnahme lediglich demjenigen Kaufpreisanteil bzw Entnahmewert zuzuordnen, der auf das zum luf BV gehörende Grundstück entfällt.
Rn. 33
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Wird aus einem bisher einheitlichen Grundstück eine Teilfläche verkauft, entstehen aus einem bisher einheitlichen WG zwei. Für den abgetrennten (veräußerten) Grundstücksteil ist für Zwecke der Ermittlung eines Veräußerungsgewinnes bzw -verlustes der bisherige Buchwert des gesamten Grundstücks im Verhältnis der Teilwerte des abgegebenen und des verbleibenden Grundstücksteils aufzuteilen. Der Verhältnisrechnung sind die Teilwerte der beiden Grundstücksteile zugrunde zu legen, wie sie sich im Zeitpunkt der Erstbewertung nach § 55 EStG bzw bei erworbenen Grundstücken im Zeitpunkt der Anschaffung des bisherigen Gesamtgrundstücks ergeben (BFH vom 01.12.1982, BStBl II 1983, 130).
Rn. 34
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Zur Anwendung der Verlustausschlussklausel bei Veräußerung mehrerer Grundstücksflächen in einem einheitlichen Vorgang s Rn 121.
Rn. 35
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Darüber hinaus kommt der Frage des WG bei einem Flurstück auch in den Fällen Bedeutung zu, in denen der LuF zB nur eine bislang nicht vermessene Teilfläche (beispielsweise Bauland) aus einem insgesamt verpachteten Flurstück entnehmen will; eine solche Teilentnahme ist mE unzulässig, weil entsprechend R 4.2 Abs 1 EStR iVm R 4.2 Abs 4 EStR 2012 Gegenstand einer Entnahme nur ein WG als Ganzes und nicht Teile davon sein können.